Verfahrensinformation



Die Klägerinnen, ein Verlag und eine Musikproduktionsfirma, sind Wirtschaftsvereinigungen in der Rechtsform der GmbH. Das Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) verbot die beiden Klägerinnen. Es stellte fest, dass die Klägerinnen Teilorganisationen der im Jahre 1993 verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) sind, löste sie auf, verbot die Verwendung ihrer Kennzeichen für die Dauer der Vollziehbarkeit des Verbots, ihre Internetauftritte sowie Ersatzorganisationen und beschlagnahmte ihre Vermögen einschließlich des Inventars und Warenbestandes und zog es zugunsten des Bundes ein. Darüber hinaus ordnete das BMI die Beschlagnahme von Sachen und Forderungen Dritter sowie die sofortige Vollziehung mit Ausnahme der Einziehungsanordnungen an. Zur Begründung führte das BMI im Wesentlichen aus, bei den Klägerinnen handele es sich um Vereinigungen, die derart in die Struktur der PKK eingegliedert seien, dass sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse als nichtgebietliche Teilorganisationen der PKK anzusehen seien. Die PKK nutze die Klägerinnen zur Aufrechterhaltung des organisatorischen Zusammenhalts der Organisation, in dem diese PKK-Propagandamaterial verbreiteten und durch dessen Verkauf die PKK finanziell unterstützten. Die Klägerinnen seien personell, organisatorisch und finanziell mit der PKK verflochten.


Die Klägerinnen haben gegen die Verbotsverfügung bei dem hierfür erst- und letztinstanzlich zuständigen Bundesverwaltungsgericht Klage erhoben. Sie machen geltend, keine Teilorganisationen der PKK zu sein. Geschäftsfeld der Klägerin zu 1. sei die Verlegung von Büchern zur kurdischen Geschichte, Gegenwartspolitik und mit politisch-philosophischen Texten sowie der Vertrieb zahlreicher Werke der Weltliteratur. Die Klägerin zu 2. sei ein Audioverlag und -vertrieb, dessen Programm sämtliche Spektren der kurdischen und jezidischen Musik und Kultur abdecke. Sie produziere, vertreibe und vermittle kurdische Musik. Sie sei die marktführende Firma in der kurdischen Musikwelt in Europa. Sie wenden sich gegen ihre Einordnung als Teilorganisationen der PKK, insbesondere bestreiten sie, personell, organisatorisch und finanziell mit der PKK verflochten zu sein. Darüber hinaus machen sie die Unverhältnismäßigkeit des Verbots geltend.


Pressemitteilung Nr. 10/2022 vom 27.01.2022

Vereinsrechtliches Verbot von Teilorganisationen der PKK bestätigt

Das mit Verfügung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) vom 1. Februar 2019 ausgesprochene Verbot eines Verlages und einer Musikproduktionsfirma als Teilorganisationen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) ist rechtmäßig. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am 26. Januar 2022 entschieden.


Die Klägerinnen sind Wirtschaftsvereinigungen in der Rechtsform der GmbH. Das BMI verbot sie und löste sie mit der genannten Verfügung auf. Bei den Klägerinnen handele es sich um Teilorganisationen der bereits im Jahre 1993 verbotenen PKK. Zur Begründung verwies das BMI darauf, dass die PKK die Klägerinnen zur Aufrechterhaltung des organisatorischen Zusammenhalts der Organisation nutze, indem diese PKK-Propagandamaterial verbreiteten und durch dessen Verkauf die PKK finanziell unterstützten.


Die Klägerinnen haben gegen die Verbotsverfügung Klage erhoben. Sie haben geltend gemacht, keine Teilorganisationen der PKK zu sein. Geschäftsfeld der Klägerin zu 1. sei das Verlegen von Büchern mit kurdischem Bezug sowie der Vertrieb zahlreicher Werke der Weltliteratur. Die Klägerin zu 2. sei ein Audioverlag und -vertrieb, dessen Programm sämtliche Spektren der kurdischen Musik und Kultur abdecke, und organisiere Musikveranstaltungen. Sie seien nicht mit der PKK verflochten.


Die Klage, über die das Bundesverwaltungsgericht erst- und letztinstanzlich entscheidet, hatte keinen Erfolg. Die PKK, deren Betätigungsverbot nach wie vor Geltung beansprucht, unterhält in Europa von PKK-Funktionären geleitete Firmen und Institutionen einschließlich eines eigenen Medienwesens zur Durchsetzung ihrer Ziele, Verbreitung ihrer Ideologie und Rekrutierung neuer Anhänger. Die Klägerinnen sind in die Strukturen der PKK eingegliedert. Sie sind nach den feststellbaren Indizien vor allem organisatorisch und finanziell, aber auch personell eng mit der PKK verflochten, sodass sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse als deren Teilorganisationen anzusehen sind.


Bei der Klägerin zu 1. handelt es sich um einen Verlag, dem in der PKK-Struktur die Aufgabe zukommt, Propagandamaterial zu vertreiben. Hierfür spricht, dass sie nach den Feststellungen des Gerichts die Produktion des Propagandamaterials zum Teil selbst in Auftrag gibt und das Material wie PKK-nahe Bücher und Zeitschriften sowie PKK-Devotionalien (Fahnen, Banner, Wimpel, Schlüsselanhänger, Guerilla-Kinderkampfanzüge) im In- und Ausland vertreibt. Sie beliefert insbesondere den Dachverband der kurdischen Vereine in Deutschland, der als PKK-nah anzusehen ist. Ihre finanzielle Verflechtung mit der PKK folgt aus den monatlichen Zuschüssen der PKK-Europaführung, ohne die sie ihre Geschäftstätigkeit wegen Überschuldung nicht aufrechterhalten könnte, und der gegenüber der PKK-Europaführung geleisteten Rechenschaft. Weiteres Indiz für die Eingliederung in die Strukturen der PKK ist, dass ihr Geschäftsführer zu den PKK-Funktionären gehört.


Auch bei der Klägerin zu 2., einer Musikproduktionsfirma, die ebenfalls von dem Geschäftsführer der Klägerin zu 1. geführt wird, liegen nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse die Voraussetzungen einer Teilorganisation vor. Indiz hierfür ist, dass die Klägerin zu 2. die Aufgaben einer von der PKK gegründeten, aber insolvent gegangenen Firma übernommen hat, einen kurdischen Musikmarkt zu schaffen und mit den hierdurch erzielten Einnahmen die PKK finanziell zu unterstützen. Diesen Aufgaben entsprechend vertreibt sie - anders als die Klägerin zu 1. - nur in geringem Umfang Propagandamaterial. Sie bedient im Wesentlichen mit ihrer Geschäftstätigkeit die Nachfrage nach kurdischer Musik und kurdischen Künstlern. Entscheidende Bedeutung kommt insoweit dem Umstand zu, dass die Klägerin zu 2. mit den Einnahmen aus ihrer Geschäftstätigkeit in wirtschaftlich beachtlichem Umfang in einem TV-Sender der PKK Werbung schaltet und Großveranstaltungen des Dachverbandes der kurdischen Vereine in Deutschland sponsert, die von der PKK für die Verbreitung ihrer Ideologien genutzt werden. Darüber hinaus leistet die Klägerin zu 2. gegenüber der PKK-Europaführung Rechenschaft hinsichtlich ihrer Einnahmen und Ausgaben.


Bedenken aus verfassungsrechtlicher Sicht bestehen gegen das Verbot nicht.


BVerwG 6 A 7.19 - Urteil vom 26. Januar 2022


Urteil vom 26.01.2022 -
BVerwG 6 A 7.19ECLI:DE:BVerwG:2022:260122U6A7.19.0

Einbeziehung von Teilorganisationen in das Betätigungsverbot der PKK

Leitsätze:

1. § 17 VereinsG erfasst Gesellschaften mit beschränkter Haftung unabhängig von der Zahl ihrer Gründer und Gesellschafter, sodass er auch bei der sog. Einpersonen-GmbH anzuwenden ist.

2. Nichtgebietliche Teilorganisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit können gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 VereinsG auch nach Erlass des Verbots der Gesamtvereinigung in die Verbotsverfügung einbezogen werden (Anschluss an BVerwG, Gerichtsbescheid vom 3. April 2003 - 6 A 12.02 - KirchE 43, 216).

3. Verletzt die Behörde schuldhaft ihre Pflicht zur wahrheitsgetreuen und vollständigen Aktenführung, kann im gerichtlichen Verfahren nach den Grundsätzen der Beweisvereitelung von einer Umkehr der Beweislast auszugehen sein.

  • Rechtsquellen
    GG Art. 5, 9, 12 Abs. 1, Art. 103 Abs. 1
    EMRK Art. 10, 11
    VereinsG §§ 3, 4, 8 Abs. 1, §§ 10, 11, 12 Abs. 1 und 2, §§ 17, 18 Satz 2
    GmbHG § 1
    VwVfG § 28 Abs. 2 Nr. 1
    VwGO §§ 55, 99 Abs. 1 Satz 1, §§ 108, 113 Abs. 1 Satz 1, § 173 Satz 1
    GVG § 184
    ZPO § 142 Abs. 3 Satz 2

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 26.01.2022 - 6 A 7.19 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:260122U6A7.19.0]

Urteil

BVerwG 6 A 7.19

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 26. Januar 2022
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Möller und Dr. Tegethoff sowie die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gamp und Hellmann
für Recht erkannt:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Gründe

I

1 Die Klägerinnen wenden sich gegen eine Verfügung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat - jetzt Bundesministerium des Innern und für Heimat - (BMI) vom 1. Februar 2019, mit der sie als Teilorganisationen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) verboten worden sind.

2 Die Klägerin zu 1. ist eine am 8. November 1995 eingetragene GmbH, die im Jahr 2007 ihren Sitz von ... nach ... verlegt hat. Ihr Geschäftsgegenstand ist nach dem Eintrag in das Handelsregister das Verlegen von Büchern und Zeitschriften, der Groß- und Einzelhandel mit sowie der Im- und Export von Druckerzeugnissen und die Produktion von Bild-, Ton- und Datenträgern. Die Klägerin zu 2. ist im Handelsregister am 14. Januar 2008 als GmbH mit Sitz in ... eingetragen. Laut Handelsregisterauszug besteht ihr Geschäft in der Produktion, dem Vertrieb, dem Im- und Export von Ton-, Bild- und Datenträgern sowie Printmedien und dem Betrieb einer Konzertagentur, einer Werbeabteilung und eines Buchverlags und -vertriebs. Einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Klägerinnen ist Herr X. Beide Klägerinnen sind unter derselben Adresse geschäftsansässig.

3 Das BMI leitete mit Schreiben vom 1. Februar 2018 ein vereinsrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die Klägerinnen ein. Im Zuge dessen wurden vom 8. bis 10. März 2018 u.a. die Geschäftsräume der Klägerinnen sowie die Privatwohnung ihres Geschäftsführers durchsucht und dort aufgefundene Gegenstände beschlagnahmt und sichergestellt.

4 Am 12. Februar 2019 stellte das BMI den Klägerinnen die Verbotsverfügung vom 1. Februar 2019 zu und führte eine erneute Durchsuchung mit anschließender Beschlagnahme und Sicherstellung von Gegenständen durch. In der Verfügung stellte es fest, dass die Klägerinnen Teilorganisationen der verbotenen PKK sind (Ziff. 1), löste sie auf (Ziff. 2), verbot die Verwendung ihrer Kennzeichen für die Dauer der Vollziehbarkeit des Verbots (Ziff. 3), ihre Internetauftritte (Ziff. 4) sowie Ersatzorganisationen (Ziff. 5) und beschlagnahmte ihre Vermögen einschließlich des Inventars und Warenbestandes des in Belgien befindlichen Lagers der Klägerin zu 1. und zog diese zugunsten des Bundes ein (Ziff. 6). Darüber hinaus ordnete es die Beschlagnahme und Einziehung von Sachen und Forderungen Dritter nach Maßgabe der Ziff. 7 und 8 sowie unter Ziff. 9 die sofortige Vollziehung mit Ausnahme der Einziehungsanordnungen an. Die Klägerinnen seien derart in die Struktur der PKK eingegliedert, dass sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse als nichtgebietliche Teilorganisationen der PKK anzusehen seien. Die PKK nutze die Klägerinnen zur Aufrechterhaltung des organisatorischen Zusammenhalts der Organisation, indem diese PKK-Propagandamaterial verbreiteten und durch dessen Verkauf die PKK finanziell unterstützten.

5 Ausgangspunkt sei das 1993 verfügte und unanfechtbar gewordene Betätigungsverbot der PKK in Deutschland. Ungeachtet der nachfolgenden Umbenennungen der PKK hätten sich deren strukturelle Identität und ihre Zielrichtungen nicht geändert, weshalb das Betätigungsverbot fortwirke. Zur Europaführung der PKK gehöre das sog. "Wirtschafts- und Finanzbüro" (EMB). Es organisiere, leite und kontrolliere alle wesentlichen Finanzaktionen in den PKK-Gebieten. Zudem bediene sich die PKK zur Verbreitung ihrer Propaganda und Ideologie eines vielfältigen Medienwesens, um auf den organisatorischen Zusammenhalt ihrer Anhänger hinzuwirken.

6 Die Klägerin zu 1. sei eine nichtgebietliche Teilorganisation der PKK, da sie ihren gesamten Geschäftsbetrieb auf deren Unterstützung ausgerichtet habe und von deren Europaführung finanziert und gesteuert werde. Ihre Gründung diene nach den als Planungspapiere bezeichneten Informationsberichten der Europaführung an den Exekutivratsvorsitz der Koma Civakên Kurdistan (KCK) 2007 und 2008 der Verbreitung der PKK-Ideologie sowie der Erzielung von Einnahmen durch den Vertrieb von Propagandamaterial. Sie sei finanziell, personell und organisatorisch eng mit der PKK verflochten. Als einzige europäische Vertriebsorganisation von Propagandamaterial der PKK erhalte sie monatliche Zuschüsse in beachtlicher Höhe von dem EMB. Ohne diese Zuschüsse wäre sie wegen zu hoher Ausgaben insbesondere für den Druck und den Transport des Materials strukturell überschuldet. Über ihre Einnahmen und Ausgaben leiste sie dem EMB Rechenschaft. Sie verschaffe der PKK durch die Unterstützung von Großveranstaltungen steuerliche Vorteile. Ihr Geschäftsführer sei aufgrund der bei ihm aufgefundenen Unterlagen mit Informationen aus dem inneren Bereich des EMB ein PKK-Funktionär. Ihre weiteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien jedenfalls mehrheitlich PKK-Aktivisten. Die Klägerin zu 1. setze die Vorgaben der Europaführung in einer die Geschäftstätigkeit prägenden Weise um. Sie vertreibe weltweit Propagandamaterial an PKK-nahe Organisationen und Vereine. Über Logistik- und Vertriebsunternehmen liefere sie das Material ins Ausland. Sie habe für das Versammlungsgeschehen der PKK die Herstellung von Bannern und Flaggen mit unter das Betätigungsverbot fallenden Kennzeichen in Auftrag gegeben.

7 Die Klägerin zu 2. sei als Teilorganisation der PKK anzusehen, weil sie unmittelbar nach der 2007 eingetretenen Insolvenz der ... GmbH gegründet worden sei und deren Nachfolge angetreten habe. Aufgabe der ... GmbH sei es nach dem Willen der PKK gewesen, durch die Entwicklung qualitativ hochwertiger neuer Produkte einen kurdischen Musikmarkt zu schaffen, der sich zumindest selbst finanzieren und schließlich Gewinne erwirtschaften solle. Die Europaführung der PKK habe für deren Gründung 600 000 DM zur Verfügung gestellt und sie wegen nachfolgend entstandener Verluste mit 170 000 € entschuldet. Die Klägerin zu 2. habe nach der Insolvenz der ... GmbH diese Aufgabe übernommen. Sie habe fast ausschließlich Bareinnahmen, von denen sie nur zwischen 70 und 80 % auf ihr Konto einzahle. Es sei davon auszugehen, dass diese Bareinnahmen tatsächlich von der PKK-Europaführung stammten und die vorgefundenen Belege und Quittungen samt Durchschriften nur der Verschleierung dienten. Sie unterstütze mit erheblichen Beträgen Großveranstaltungen der PKK und vermittele dadurch der PKK steuerliche Vorteile. Ihre Angestellten seien ebenfalls überwiegend PKK-Aktivisten. Ihre organisatorische enge Verbindung mit der PKK ergebe sich aus ihrer Geschäftstätigkeit, die von einer Unterstützung der PKK geprägt sei. Ihre Waren, ihr Kundenkreis, ihre Werbung in einschlägigen Medien wie ROJ TV und ihre Verkaufstätigkeit auf einschlägigen, etwa von der "YEK-KOM" organisierten Veranstaltungen zeigten, dass die kommerziellen Zielgruppen der Klägerin zu 2. nahezu identisch mit den Anhängern und Sympathisanten der PKK seien. Anderweitige geschäftliche Aktivitäten seien nicht bekannt. Darüber hinaus berate sie Einrichtungen der PKK im Ausland und generiere hierdurch Einnahmen. Sie verfüge über vielfältige Kontakte zu Aktivisten und europäischen Organisationen der PKK, die ein PKK-unabhängiges Unternehmen nicht habe. Sie verkaufe zudem teilweise selbst produziertes PKK-Propagandamaterial.

8 Zahlreiche Indizien sprächen zudem für die Annahme, dass beide Klägerinnen als Einheit anzusehen seien und sich die Teilorganisationseigenschaft auf beide Unternehmen erstrecke.

9 Das Verbot sei verhältnismäßig. Da die Klägerinnen der verbotenen PKK zur Aufrechterhaltung ihres organisatorischen Zusammenhalts dienten, sei deren Auflösung geeignet, diese Unterstützungshandlungen zu unterbinden. Ein milderes Mittel, dieses Ziel zu erreichen, stehe nicht zur Verfügung. Ein Betätigungsverbot sei angesichts der Feststellungen, dass beide Klägerinnen in die Entscheidungsstrukturen der PKK-Europaführung eingebunden und von dieser abhängig seien, nicht ausreichend. Ihre Aktivitäten könnten dauerhaft nur durch die mit dem Vereinsverbot einhergehende Auflösung der Vereinsstrukturen wirksam unterbunden werden. Das Verbot sei auch angemessen. Die Grundrechte der Meinungs- und Pressefreiheit hätten ebenso wie das Grundrecht der Berufsfreiheit demgegenüber zurückzutreten. Aus Art. 10 und 11 EMRK ergebe sich kein weitergehender Schutz.

10 Eine Anhörung der Klägerinnen sei vor Erlass der Verbotsverfügung entbehrlich gewesen, weil die Gefahr bestanden habe, dass sie im Falle einer Anhörung die aufgrund der Fortführung ihrer Geschäftstätigkeit nach der Durchsuchung im März 2018 angefallenen weiteren Beweise ins Ausland geschafft hätten.

11 Die Klägerinnen haben gegen die Verbotsverfügung am 7. März 2019 Klage beim Bundesverwaltungsgericht erhoben und während des gerichtlichen Verfahrens Zugang zu den sichergestellten Asservaten erhalten. Sie wenden sich gegen die Anwendbarkeit des Vereinsgesetzes, weil sie jeweils nur einen Gesellschafter hätten und daher nicht als Verein anzusehen seien. Die nachträgliche Einbeziehung von Teilorganisationen in eine bestandskräftige Verbotsverfügung sei von § 3 Abs. 3 Satz 2 VereinsG nicht gedeckt. Gerügt werde eine unzureichende Aktenführung der Beklagten, die einseitig lediglich diejenigen Unterlagen vorgelegt habe, welche die Verbotsverfügung stützten. Diese Vorgehensweise verhindere ein faires gerichtliches Verfahren, mache eine effektive Rechtsverteidigung unmöglich und verstoße gegen die Grundsätze der Waffengleichheit, des fairen Verfahrens und der Gewährung rechtlichen Gehörs. Wegen der Sicherstellung des gesamten Warenbestands und Betriebsvermögens der Klägerinnen sowie der Abschaltung ihrer Internetseiten verfüge nur die Beklagte über sämtliche Beweismittel für die gegen eine Teilorganisation sprechenden Tatsachen. Hierzu könnten die Klägerinnen nicht weiter vortragen, weil sie nicht sämtliche sichergestellten Unterlagen hätten einsehen können.

12 Die in der Verbotsverfügung angeführten Unterlagen könnten die Behauptungen der Beklagten nicht stützen. Die Behördenzeugnisse des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) enthielten nur Behauptungen und entbehrten jeglicher Tatsachengrundlage. Die Übersetzungen der Belege seien als Nachweis ungeeignet, weil sie nicht mit einem Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermerk versehen seien und den Übersetzer nicht erkennen ließen. Die Übersetzungen der sog. Planungspapiere ließen zwar die Übersetzerin erkennen; deren Eignung sei jedoch zweifelhaft, da laut einem Gerichtsurteil des Oberlandesgerichts München nicht sämtliche von der Übersetzerin in einem Strafverfahren angefertigten Übersetzungen einer sachverständigen Überprüfung standgehalten hätten.

13 Da die PKK ihre Verhaltensweisen und Zielsetzungen zwischenzeitlich geändert habe und schon seit vielen Jahren das Konzept des Demokratischen Konföderalismus verfolge, sei die Annahme der Beklagten unzutreffend, die Organisation, das Aktionsverhalten und die Zielgerichtetheit der PKK hätten sich seit dem Verbot nicht geändert.

14 Die Klägerin zu 1. vertreibe kein Propagandamaterial für die PKK, sondern Bücher zur kurdischen Geschichte, Gegenwartspolitik und mit politisch-philosophischem Inhalt sowie zahlreiche Werke der Weltliteratur. Sie arbeite mit Verlagen in Deutschland und der Türkei zusammen. Die Zahlungen des EMB dienten lediglich dem Erhalt der kurdischen Literatur und Kultur und bildeten daher keine Grundlage für die Annahme einer engen Verflechtung mit der PKK. Die Klägerin zu 1. leiste keine Rechenschaft gegenüber der PKK und verbreite auch nicht in deren Auftrag Propagandamaterial. Ihre Geschäftsbeziehungen zu kurdischen Vereinen und Organisationen beruhten allein auf dem von ihr betriebenen Handel mit kurdischem Kulturgut. Ihre Kunden gehörten nicht zur PKK und seien nicht verboten. Soweit Mitarbeiter ihre Fahrzeuge zum Transport von Propagandamaterial genutzt hätten, seien ihr diese Transporte mangels Kenntnis nicht zuzurechnen.

15 Die Klägerin zu 2. sei ein marktführender Audioverlag und -vertrieb, dessen Programm sämtliche Spektren der kurdischen Musik und Kultur abdecke. Sie produziere und vertreibe kurdische Musik und vermittle Künstler. Sie sei keine Nachfolgerin der ... GmbH. Ihr Warenbestand sei ein Archiv kurdischen Kulturguts im Bereich der Musik und eigne sich nicht als Indiz für eine Eingliederung in die PKK. Ihrer Geschäftstätigkeit seien Beziehungen zu nicht verbotenen Veranstaltungen kurdischer Vereine und Kulturzentren immanent, so dass hieraus keine Rückschlüsse auf eine Verflechtung mit der PKK gezogen werden könnten. Nachweise, aus denen sich eine finanzielle Unterstützung der PKK durch die Klägerin zu 2. ergebe, lägen nicht vor. Ihre Einnahmen stammten nicht von der PKK, sondern seien durch die vorliegenden Rechnungen und Belege nachvollziehbar aufgeschlüsselt.

16 Die Klägerinnen bildeten als wirtschaftlich selbständige Unternehmen keine Einheit. Das Verbot greife in ungerechtfertigter Weise in ihre Grundrechte ein. Bei der Klägerin zu 1. sei das Grundrecht der Pressefreiheit betroffen. Die Klägerin zu 2. könne sich auf die Kunstfreiheit berufen. Eine Rechtfertigung des Eingriffs durch kollidierendes Verfassungsrecht lasse die Verbotsverfügung nicht erkennen. Zudem verletze das Verbot ihre Berufsausübungsfreiheit. Entsprechendes folge aus Art. 10 und 11 EMRK. Das Verbot sei schließlich unverhältnismäßig. Als milderes Mittel stünden Maßnahmen gegen die jeweiligen Publikationen zur Verfügung.

17 Die Klägerinnen haben beantragt,
die Verbotsverfügung der Beklagten vom 1. Februar 2019 (Az.: ÖSII2-20106/22#2) sowie die darin enthaltene Beschlagnahme- und Einziehungsanordnung aufzuheben.

18 Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.

19 Sie verteidigt die angefochtene Verfügung und führt ergänzend aus, dass die geforderte ausdrückliche Benennung der nichtgebietlichen Teilorganisationen in der Verbotsverfügung allein der Rechtssicherheit diene und die Benennung es nicht ausschließe, derartige Organisationen auch noch nach Erlass der Verbotsverfügung der Gesamtvereinigung in diese einzubeziehen. Hierdurch werde dem Schutzzweck des Vereinsverbots Rechnung getragen, da nichtgebietliche Teilorganisationen regelmäßig erst nach Erlass der Verfügung aufgedeckt würden. Anhaltspunkte für eine Privilegierung nichtgebietlicher gegenüber gebietlichen Teilorganisationen, die ohne Einschränkung von dem Verbot der Gesamtvereinigung erfasst würden, seien nicht ersichtlich.

20 Das Betätigungsverbot der PKK aus dem Jahr 1993 könne nach wie vor Grundlage für das Verbot der Klägerinnen als Teilorganisationen sein. Dem Gericht liege hierfür der gesamte Verwaltungsvorgang vor. Vor Erlass des Vereinsverbots würden die erforderlichen Beweismittel elektronisch abgerufen und in einem Vorgang zusammengestellt. Die Beklagte habe die Prozessführung der Klägerinnen nicht eingeschränkt. Ihnen sei es zumutbar gewesen, weitere Termine zur Einsichtnahme in die sichergestellten Unterlagen und den Warenbestand zu vereinbaren.

21 Hinsichtlich der Klägerin zu 1. rechtfertigten die in der Verbotsverfügung genannten Indizien deren Einordnung als Teilorganisation. Sie sei gegenüber der Europaführung der PKK weisungsgebunden. Der Vertrieb von Propagandamaterial präge ihre Geschäftstätigkeit. Hierfür sprächen auch die Ergebnisse mehrerer Kontrollen ihrer Fahrzeuge, in denen die Klägerin zu 1. solches Material transportiert habe. Die Klägerin zu 2. sei aus den in der Verfügung genannten Gründen von der PKK wirtschaftlich abhängig, da sie ohne die Möglichkeit des Verkaufs ihrer Waren an PKK-nahe Vereine und Organisationen sowie auf Veranstaltungen der PKK keine Einnahmen erzielen würde. Sie habe im Wesentlichen keine anderen Geschäftsbeziehungen außer zu denjenigen Geschäftspartnern, die der PKK zuzurechnen seien. Auf ein Verbot der Vereine oder Veranstaltungen komme es für deren Zuordnung zur PKK nicht an.

22 Die Klägerin zu 2. sei Nachfolgerin der ... GmbH. Auch ihre Geschäftspartner seien im Wesentlichen PKK-nahe Vereine im In- und Ausland. Sie sei wirtschaftlich von dem Verkauf ihrer Waren an diese Vereine und auf PKK-nahen Veranstaltungen abhängig.

23 Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 26. Januar 2022, den Schriftverkehr im gerichtlichen Verfahren, den Verwaltungsvorgang, den Inhalt der im gerichtlichen Verfahren hinzugezogenen Unterlagen und die in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel verwiesen.

II

24 Die zulässige Klage, über die das Bundesverwaltungsgericht nach § 50 Abs. 1 Nr. 2 VwGO erst- und letztinstanzlich entscheidet, ist unbegründet. Die Verbotsverfügung der Beklagten vom 1. Februar 2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerinnen nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerinnen sind Teilorganisationen der PKK und ihre Einbeziehung in die Verbotsverfügung der PKK vom 22. November 1993 ist nicht zu beanstanden.

25 Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihres Erlasses, hier ihrer Zustellung am 12. Februar 2019 (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Januar 2016 - 1 A 2.15 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 69 Rn. 15 m.w.N.). Dabei können - wie auch sonst im Gefahrenabwehrrecht - zurückliegende Umstände herangezogen werden, soweit sie im maßgeblichen Zeitpunkt noch aussagekräftig sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. November 2016 - 1 A 6.15 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 72 Rn. 11). Anzuwenden ist das Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz bzw. VereinsG) vom 5. August 1964 (BGBl. I S. 593) i.d.F. des Art. 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Vereinsgesetzes vom 10. März 2017 (BGBl. I S. 419). Dessen Bestimmungen bilden die Rechtsgrundlage für die Verfügung (1.), die formell (2.) und materiell (3.) rechtmäßig ist.

26 1. Die Vorschriften des Vereinsgesetzes sind auf die Klägerinnen anwendbar (a)), bilden die Rechtsgrundlage für den Regelungsgehalt der Verbotsverfügung (b)) und erlauben eine nachträgliche Einbeziehung von Teilorganisationen in das Verbot der Gesamtvereinigung (c)).

27 a) Nach § 17 Nr. 3 VereinsG sind die Vorschriften des Vereinsgesetzes auf die dort genannten Wirtschaftsvereinigungen wie die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) anzuwenden, wenn sie von einem Verbot, das aus einem der in Nr. 1 oder 2 genannten Gründe erlassen wurde, nach § 3 Abs. 3 VereinsG als Teilorganisation erfasst werden. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

28 Der Anwendbarkeit des Vereinsgesetzes steht nicht entgegen, dass die Klägerinnen jeweils nur einen Gesellschafter haben (sog. Einpersonen-GmbH). Die Einpersonen-GmbH war schon vor Inkrafttreten des Vereinsgesetzes im Jahre 1964 als eine über Strohmänner für einen Gesellschafter gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung anerkannt (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Oktober 1956 - II ZB 11/56 - BGHZ 21, 378). Ihre Errichtung ist mit Wirkung vom 1. Januar 1981 gesetzlich geregelt; ab diesem Zeitpunkt lässt § 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG - i.d.F. des Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung und anderer handelsrechtlicher Vorschriften vom 4. Juli 1980 (BGBl. I S. 836) ausdrücklich die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung durch eine oder mehrere Personen zu. Da der Gesetzgeber weder die Änderung des § 1 GmbHG noch die Aufnahme weiterer Gesellschaftsformen in die Aufzählung des § 17 VereinsG durch Art. 7a Nr. 2 des Gesetzes zur Ergänzung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes vom 5. Januar 2007 (BGBl. I S. 2) zum Anlass genommen hat, die Anwendung des Vereinsgesetzes auf die Mehrpersonen-GmbH zu beschränken, ist davon auszugehen, dass die Norm jedwede Gesellschaft mit beschränkter Haftung unabhängig von der Zahl ihrer Gründer und Gesellschafter erfasst.

29 Der Tatbestand des § 17 Nr. 3 VereinsG ist erfüllt. Die angefochtene Verfügung bezieht die Klägerinnen als Teilorganisationen in das Betätigungsverbot der PKK vom 22. November 1993 ein, das auf die in § 17 Nr. 1 und 2 VereinsG genannten Gründe gestützt ist. Die Beklagte hat die Tätigkeit der PKK im Inland verboten, weil sie gegen Strafgesetze verstößt, sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet und die innere Sicherheit, öffentliche Ordnung und sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet (vgl. BAnz. 1993 S. 10313). Das auf § 18 Satz 2 VereinsG gestützte Betätigungsverbot ist ein Verbot im Sinne von § 17 Nr. 3 VereinsG, da es ebenfalls Grundlage für eine Erstreckung auf Teilorganisationen gemäß § 3 Abs. 3 VereinsG sein kann (vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Januar 1997 - 1 A 13.93 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 26 Rn. 24 und vom 24. Februar 2010 - 6 A 5.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 52 Rn. 25).

30 b) Rechtsgrundlage für das Verbot und die Auflösung der Klägerinnen ist § 3 Abs. 3 Satz 1 und 2 i.V.m. § 18 Satz 2 und § 17 Nr. 3 VereinsG. Nach § 3 Abs. 3 Satz 1 VereinsG erstreckt sich das Verbot eines Vereins, wenn es nicht ausdrücklich beschränkt wird, auf alle Organisationen, die dem Verein derart eingegliedert sind, dass sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse als Gliederung dieses Vereins erscheinen (Teilorganisationen). Für nichtgebietliche Teilorganisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit gilt dies gemäß Absatz 3 Satz 2 dieser Vorschrift nur, wenn sie in der Verbotsverfügung ausdrücklich benannt sind. Diese Regelungen finden - wie unter a) dargelegt - auch auf Betätigungsverbote im Sinne von § 18 Satz 2 VereinsG Anwendung. Das gleichzeitig ausgesprochene Verbot, den Betrieb der in dem Tenor der Verfügung genannten Internetseiten etc. einzustellen, ergibt sich aus der Natur des Vereinsverbots und der Auflösungsanordnung, ohne dass es einer eigenen Rechtsgrundlage bedarf (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Januar 2016 - 1 A 3.15 - BVerwGE 154, 22 Rn. 18; Beschluss vom 4. Mai 2017 - 1 VR 6.16 - Rn. 17). Die in der Verbotsverfügung weiter getroffenen vereinsrechtlichen Entscheidungen beruhen auf § 9 Abs. 1 VereinsG (Kennzeichenverbot), § 3 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 VereinsG (Verbot von Ersatzorganisationen), §§ 10 und 11 VereinsG (Vermögensbeschlagnahme und -einziehung) sowie § 12 Abs. 1 und 2 VereinsG (Einziehung bestimmter Forderungen und Sachen Dritter).

31 c) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können nichtgebietliche Teilorganisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit in eine Verbotsverfügung auch nachträglich, d.h. nach deren Erlass, einbezogen werden (vgl. BVerwG, Gerichtsbescheid vom 3. April 2003 - 6 A 12.02 - KirchE 43, 216; Beschluss vom 10. Januar 2003 - 6 VR 13.02 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 38). Hieran hält der Senat fest. Sinn und Zweck von Vereinsverboten ist es, die von der Vereinigung ausgehenden, in den eng auszulegenden Verbotsgründen zum Ausdruck kommenden Gefahren abzuwehren. Vereinigungen werden daher nicht nur formal verboten, sondern es werden ihre Aktivitäten und Aktionsmöglichkeiten in der Öffentlichkeit - etwa durch Erstreckung des Verbots auf Teilorganisationen - untersagt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 2020 - 1 BvR 2067/17 u.a. - NVwZ 2020, 1424 Rn. 32). Es widerspräche dem Sinn und Zweck einer effektiven Gefahrenabwehr, wenn Aktivitäten und Aktionsmöglichkeiten von nach Erlass des Vereinsverbots gegründeten nichtgebietlichen Teilorganisationen von der Geltung des Verbots ausgeschlossen wären und die verbotene Vereinigung auf diese Weise das Verbot unterlaufen könnte. Dies gilt insbesondere im Anwendungsbereich des in § 18 Satz 2 VereinsG normierten Betätigungsverbots, bei dem die Vereinigung ihren Sitz außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des Vereinsgesetzes hat und nach Erlass des Betätigungsverbots versuchen könnte, dessen Wirkungen durch die Gründung von nichtgebietlichen Teilorganisationen im Inland zu umgehen.

32 Der Wortlaut der Regelung steht diesem Verständnis von § 3 Abs. 3 Satz 2 VereinsG nicht entgegen. In der Verbotsverfügung ausdrücklich benannt im Sinne dieser Vorschrift ist nicht nur diejenige Teilorganisation, die schon im Erlasszeitpunkt in der Verfügung benannt ist, sondern auch diejenige, die durch nachträgliche Verfügung in den Regelungsgehalt der Verbotsverfügung einbezogen worden ist.

33 Die Möglichkeit der nachträglichen Einbeziehung von nichtgebietlichen Teilorganisationen berührt nicht den Zweck ihrer in § 3 Abs. 3 Satz 2 VereinsG vorgesehenen ausdrücklichen Benennung in der Verbotsverfügung. Der Gesetzgeber verlangt sie aus Gründen der Rechtssicherheit, weil die Zugehörigkeit derartiger Organisationen zu der von dem Verbot betroffenen Vereinigung für Außenstehende nicht ohne Weiteres erkennbar ist (vgl. BT-Drs. IV/430 S. 15 sowie BVerwG, Urteil vom 28. Januar 1997 - 1 A 13.93 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 26 Rn. 27 m.w.N.). Eine Privilegierung der nichtgebietlichen Teilorganisationen dergestalt, dass mit dem Benennungserfordernis deren nachträgliche Einbeziehung in die Verbotsverfügung ausgeschlossen sein sollte, ist damit nicht verbunden.

34 2. Die angefochtene Verfügung ist formell nicht zu beanstanden. Das BMI ist zuständige Verbotsbehörde (a)). Eine Anhörung der Klägerinnen vor Erlass der Verfügung war entbehrlich (b)). Die unzureichende Aktenführung der Beklagten führt nicht zur formellen Rechtswidrigkeit der Verfügung (c)). Die Verfügung erfüllt auch die weiteren formellen Anforderungen (d)).

35 a) Die Zuständigkeit des BMI für die Einbeziehung der Klägerinnen als Teilorganisationen in das Verbot der PKK ergibt sich aus § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VereinsG jedenfalls deshalb, weil sich die Tätigkeit der Klägerinnen über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2010 - 6 A 5.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 52 Rn. 21). Sie haben ausweislich der im gerichtlichen Verfahren beigezogenen Unterlagen weltweite Geschäftsbeziehungen.

36 b) Das in § 28 Abs. 1 VwVfG zum Ausdruck kommende rechtsstaatliche Gebot, dem Betroffenen vor Erlass eines Verwaltungsakts, der in seine Rechte eingreift, Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern, gilt nicht zwingend in jedem Fall. Eine Anhörung vor Erlass eines solchen Verwaltungsakts ist etwa gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG entbehrlich, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint. Im Fall der Vereinsverbote ist es demgemäß sowohl einfachgesetzlich als auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, von einer Anhörung abzusehen, wenn Anhaltspunkte bestehen, dass sonst aufgrund des mit der Anhörung verbundenen "Ankündigungseffekts" Beweismittel und Vermögenswerte beiseitegeschafft und dem behördlichen Zugriff entzogen werden (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2018 - 1 BvR 1474/12 u.a. - BVerfGE 149, 160 Rn. 161; BVerwG, Urteil vom 13. Januar 2016 - 1 A 2.15 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 69 m.w.N.; Beschlüsse vom 25. August 2008 - 6 VR 2.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 47 und vom 21. September 2020 - 6 VR 1.20 - juris Rn. 11 f.). Die Entscheidung hierüber steht im behördlichen Ermessen, bedarf einer Abwägung aller dafür und dagegen sprechenden Gesichtspunkte sowie einer Begründung, die erkennen lässt, auf welchen Erwägungen das Absehen von der Anhörung beruht (vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 23. September 2011 - 6 B 1701/11 - NVwZ-RR 2012, 163 <164> m.w.N.). Dies gilt auch bei der Einbeziehung von Teilorganisationen in ein Vereinsverbot (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2010 - 6 A 5.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 52 Rn. 22 m.w.N.).

37 Anhand dieses Maßstabes konnte das BMI rechtsfehlerfrei von einer Anhörung absehen. Die in der angefochtenen Verfügung angegebene Begründung der Ermessensentscheidung trägt. Die Klägerinnen hatten zwar aufgrund der Durchsuchungen im Jahre 2018 Kenntnis von der Einleitung eines gegen sie gerichteten vereinsrechtlichen Verfahrens, haben aber dennoch ihre Geschäftstätigkeit fortgesetzt. Die Beklagte durfte angesichts dessen davon ausgehen, dass bei den Klägerinnen weitere Beweismittel gefunden werden konnten und die Gefahr bestand, dass diese im Falle einer Anhörung beiseitegeschafft werden würden, zumal die Klägerin zu 1. nach den Erkenntnissen des BfV Mieterin eines Lagers in Belgien war und beide Klägerinnen über ausländische Geschäftsbeziehungen verfügten.

38 c) Die Klägerinnen rügen zwar zu Recht die Unvollständigkeit des vorgelegten Verwaltungsvorgangs der Beklagten. Dies begründet jedoch nicht ohne Weiteres die formelle Rechtswidrigkeit der Verfügung, sondern kann im Einzelfall zu einer Umkehr der Beweislast führen.

39 Die den Behörden nach dem Grundgesetz obliegende Vollziehung der Gesetze ist nicht ohne eine Dokumentation der einzelnen Verwaltungsvorgänge denkbar. Erst die Verschriftlichung von Informationen in Akten sichert der vollziehenden Gewalt eine fortlaufende Kenntnis aller für sie maßgeblichen Umstände für die Bearbeitung unabhängig von dem persönlichen Wissen einzelner Bediensteter um die Vorgeschichte eines Vorgangs. Die rechtsstaatliche Pflicht zur wahrheitsgetreuen und vollständigen Dokumentation in Akten dient der Sicherung gesetzmäßigen Verwaltungshandelns (BVerwG, Beschluss vom 16. März 1988 - 1 B 153.87 - Buchholz 402.43 § 1 MRRG Nr. 1) und liegt zugleich im wohlverstandenen Interesse des betroffenen Einzelnen. Denn dieser kann nur auf der Grundlage möglichst vollständiger Erfassung aller rechtlich erheblichen Tatsachen seinen verfassungsrechtlich geschützten Anspruch auf angemessene Behandlung seiner Angelegenheit durch die zuständigen Behörden - und gegebenenfalls durch die Gerichte - mit Erfolg geltend machen (BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 1983 - 2 BvR 244/83 u.a. - NJW 1983, 2135 f.). Dementsprechend sind in den Verwaltungsvorgang alle nach dem jeweiligen formellen und materiellen Recht wesentlichen Vorgänge aufzunehmen, die für die behördliche Willensbildung und Entscheidungsfindung in dem konkreten Verwaltungsverfahren ab dessen Beginn bis zu seinem Abschluss von Bedeutung sind, auch wenn sie sich letztlich nicht als entscheidungserheblich erweisen (vgl. OVG Greifswald, Beschluss vom 22. Dezember 2000 - 2 L 38.99 - NVwZ 2002, 104 Rn. 56; Kallerhoff/Mayen, in: Stelkens/Bonk/Sachs <Hrsg.>, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 29 Rn. 32; Engel, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz <Hrsg.>, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 29 Rn. 37).

40 Im vereinsrechtlichen Verbotsverfahren genügt die Aktenführung diesen Vorgaben, wenn das Ermittlungsverfahren (§ 4 VereinsG) und der Erlass der Verbotsverfügung (§ 3 VereinsG) vollständig und dem tatsächlichen Geschehensablauf entsprechend dokumentiert sind. Dies schließt die Beiziehung von Unterlagen, die für die Verbotsverfügung aus Sicht der Behörde Bedeutung erlangen, ein.

41 Die von der Beklagten als Verwaltungsvorgang vorgelegten Ordner genügen diesen Anforderungen nicht. Sie enthalten zwar wesentliche Unterlagen wie die Einleitungsverfügung und die Verbotsverfügung nebst den darin genannten Belegen. Diese Unterlagen sind aber weder chronologisch geordnet noch vollständig. Es fehlen etwa einige der Beklagten nach eigenen Angaben vorliegende Schreiben des BMI und weiterer Behörden im Rahmen der Durchführung von Ermittlungsmaßnahmen aus dem Februar 2018. Ebenso wenig lässt der Verwaltungsvorgang erkennen, auf welche Weise die in der Einleitungs- und der Verbotsverfügung genannten Belege Eingang in den Verwaltungsvorgang gefunden haben; die Beklagte hat insoweit lediglich in der mündlichen Verhandlung angegeben, sie habe die Unterlagen elektronisch abgerufen.

42 Da die behördliche Pflicht zur wahrheitsgetreuen und vollständigen Aktenführung der Dokumentation des Geschehensablaufs dient, kann ein Beteiligter durch eine diesen Anforderungen nicht genügende Aktenführung an der Aufklärung von aus seiner Sicht günstigen entscheidungserheblichen Tatsachen gehindert sein. Die Folgen unzureichender Aktenführung rechtfertigen aber nicht die Annahme der formellen Rechtswidrigkeit der Verwaltungsentscheidung. Denn die Verwaltungsgerichte sind von Amts wegen zur Aufklärung des Sachverhalts verpflichtet (§ 86 Abs. 1 VwGO), so dass eine mangelhafte Aktenführung der Behörde im gerichtlichen Verfahren kompensiert werden kann. Lassen sich Umstände infolge unzureichender behördlicher Dokumentation nicht aufklären, trägt die Verwaltung die materielle Beweislast für die Nichterweislichkeit von Tatsachen, aus denen sie ihr günstige Rechtsfolgen herleiten will (BVerwG, Urteil vom 21. Mai 2008 - 6 C 13.07 - BVerwGE 131, 171 Rn. 41 m.w.N.). Aber selbst bei für den Betroffenen günstigen Tatsachen kann bei einer schuldhaften Verletzung der Pflicht zur wahrheitsgetreuen und vollständigen Aktenführung nach den Grundsätzen der Beweisvereitelung von einer Umkehr der Beweislast auszugehen sein, da ein der Behörde gegenüberstehender Beteiligter keinen Einfluss auf die Aktenführung nehmen kann (ebenso: OVG Bremen, Urteil vom 18. Dezember 2013 - S3 A 205/12; OVG Schleswig, Urteil vom 26. Februar 2014 - 4 KS 1/12 - NordÖR 2014, 356; OVG Greifswald, Beschluss vom 22. Dezember 2000 - 2 L 38.99 - NVwZ 2002, 104; OVG Lüneburg, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 5 LA 48/07; VGH München, Beschluss vom 23. August 2010 - 7 ZB 10.14 89 - ZUM 2011, 603; LSG Stuttgart, Urteil vom 22. März 2018 - L 7 AS 2969/17 - ZD 2018, 330; Kallerhoff/Mayen, in: Stelkens/Bonk/Sachs <Hrsg.>, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 29 Rn. 32; Engel, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz <Hrsg.>, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 29 Rn. 39).

43 d) Die Beklagte hat die angefochtene Verfügung gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 VereinsG schriftlich abgefasst, begründet und den Klägerinnen mittels Empfangsbekenntnis zugestellt. Den verfügenden Teil hat sie darüber hinaus nach § 3 Abs. 4 Satz 2 VereinsG im Bundesanzeiger vom 12. Februar 2019 bekannt gemacht.

44 3. Die Einbeziehung der Klägerinnen als nichtgebietliche Teilorganisationen der PKK in deren Betätigungsverbot ist materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerinnen werden in der Verbotsverfügung ausdrücklich benannt (a)). Das Gericht kann im Rahmen seiner Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 VwGO), ob die Klägerinnen nichtgebietliche Teilorganisationen sind, den gesamten Streitstoff umfassend würdigen (b)). Das Betätigungsverbot der PKK beansprucht rechtliche Geltung (c)). Die Einordnung als Teilorganisation ist für jede Klägerin gesondert gerichtlich zu überprüfen (d)). Nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse sind sowohl die Klägerin zu 1. (e)) als auch die Klägerin zu 2. (f)) in die PKK eingegliedert und deren nichtgebietliche Teilorganisationen. Diese Einordnung verletzt weder Grundrechte der Klägerinnen noch Bestimmungen der EMRK (g)). Die vereinsrechtlichen Nebenentscheidungen in der Verbotsverfügung sind ebenfalls rechtmäßig (h)).

45 a) Die Beklagte hat der in § 3 Abs. 3 Satz 2 VereinsG vorgesehenen ausdrücklichen Benennung nichtgebietlicher Teilorganisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit Rechnung getragen. In Ziff. 1 der angefochtenen Verfügung wird ausdrücklich festgestellt, dass die Klägerinnen Teilorganisationen der mit Verfügung vom 22. November 1993 verbotenen PKK sind und sich deren Verbot auf das Betätigungsverbot der PKK bezieht.

46 b) Gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 VereinsG sind Teilorganisationen solche Organisationen, die dem Verein derart eingegliedert sind, dass sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse als Gliederung dieses Vereins erscheinen. Diese Definition gilt auch für nichtgebietliche Teilorganisationen. Hieraus folgt für die gerichtliche Überprüfung des Verbots einer Teilorganisation, dass das Gericht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen hat; seine Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 VwGO) beruht, der Eigenart der Materie entsprechend, regelmäßig in erheblichem Umfang auf der zusammenfassenden tatrichterlichen Wertung von Indizien. Das Gericht hat sich auf der Grundlage der festgestellten Indizien und nach umfassender Würdigung des schriftsätzlichen Vorbringens der Beteiligten, der von der Beklagten vorgelegten und vom Gericht in das Verfahren beigezogenen Unterlagen sowie des ergänzenden Vortrags der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung eine Überzeugung darüber zu bilden, ob die klagende Vereinigung eine Teilorganisation im Sinne von § 3 Abs. 3 VereinsG ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Januar 2016 - 1 A 2.15 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 69 Rn. 17). Diese Grundsätze gelten uneingeschränkt auch im vorliegenden Verfahren. Weder ist ein Verstoß gegen den prozessualen Grundsatz der Waffengleichheit und des fairen Verfahrens noch eine Beeinträchtigung der effektiven Rechtsverteidigung der Klägerinnen gegeben (aa)). Entgegen deren Auffassung kann das Gericht seine Überzeugungsbildung auch auf die Behördenzeugnisse (bb)) und die Übersetzungen (cc)) stützen.

47 aa) Die Klägerinnen rügen eine Verletzung des Grundsatzes der prozessualen Waffengleichheit und des fairen Verfahrens einschließlich ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs und sehen sich in ihrer effektiven Rechtsverteidigung beeinträchtigt, weil aufgrund der Beschlagnahme und der Sicherstellung ihrer Warenbestände und ihres Betriebsvermögens nur die Beklagte über sämtliche Beweismittel verfüge, die sie für den Nachweis benötigten, keine Teilorganisationen der PKK zu sein. Hinzu komme, dass die Beklagte am Tag, an dem die Klägerinnen Einsicht in die Asservate genommen hätten, diese nicht vollständig zugänglich gemacht und im gerichtlichen Verfahren nur diejenigen Unterlagen vorlegt habe, welche die erlassene Verbotsverfügung stützten. Die Wahrnehmung weiterer Termine zur Einsichtnahme in die Asservate sei aus ihrer Sicht unzumutbar gewesen.

48 Dieser Einschätzung vermag das Gericht nicht zu folgen. Ihre Rüge begründet nicht die Annahme der Verletzung des rechtlichen Gehörs ((1)), des Grundsatzes der prozessualen Waffengleichheit und des fairen Verfahrens ((2)) und der Aktenvorlagepflicht der Behörde ((3)).

49 (1) Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verpflichtet das Gericht nicht nur, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, sondern auch die Beteiligten über die entscheidungserheblichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte zu informieren (vgl. im Einzelnen: BVerfG, Beschlüsse vom 13. April 2010 - 1 BvR 3515/08 - NVwZ 2010, 954 Rn. 36 m.w.N. und vom 30. September 2018 - 1 BvR 1783/17 - NJW 2018, 3631; BVerwG, Urteil vom 8. Juli 1982 - 5 C 84.80 - Buchholz 424.01 § 133 FlurbG Nr. 1; Beschluss vom 3. August 2021 - 9 B 49.20 - juris Rn. 39).

50 Danach ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs im gerichtlichen Verfahren nicht gegeben. Die Klägerinnen hatten Kenntnis von den Verwaltungsvorgängen, den weiteren von dem Gericht beigezogenen Unterlagen und Erkenntnismitteln und den von ihnen aus den Asservaten bezeichneten Ordnern, welche die Beklagte auf Anforderung des Gerichts vorgelegt hatte.

51 (2) Der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit und des fairen Verfahrens gebietet es unter anderem, jeder Partei angemessen zu ermöglichen, ihren Standpunkt sowie ihre Beweise unter Bedingungen vorzutragen, die sie nicht in eine gegenüber ihrem Gegner deutlich nachteilige Position versetzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. November 2020 - 9 A 7.19 - BVerwGE 170, 138 Rn. 30 unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 6. November 2012 - C-199/11 - EuGRZ 2013, 59 Rn. 71). Hiernach müssen die Beteiligten auf eigene Unterlagen zugreifen und diese in das Verfahren einbringen können, wenn und soweit sie die Unterlagen zur effektiven Rechtsverteidigung benötigen. Befinden sich die eigenen Unterlagen eines Beteiligten des gerichtlichen Verfahrens in der Verfügungsgewalt der Behörde, muss mithin die Behörde dem Beteiligten dessen Unterlagen grundsätzlich zugänglich machen. Nur auf diese Weise kann der Beteiligte es nach dem Grundsatz der materiellen Beweislast vermeiden, dass die Nichterweislichkeit von Tatsachen, aus denen er für sich günstige Rechtsfolgen herleitet, zu seinen Lasten geht. Verletzt die Behörde die Pflicht zur Zugänglichmachung eines Beweismittels schuldhaft und hat sie damit die Aufklärung des Sachverhalts vereitelt oder erschwert, kann der Tatrichter im Verwaltungsprozess dieses Verhalten im Rahmen der Beweiswürdigung zu Gunsten des beweisbelasteten Beteiligten würdigen und daraus den Schluss ziehen, dass der Sachverhalt insoweit geklärt ist (vgl. dazu grundlegend BVerwG, Urteil vom 26. April 1960 - 2 C 68.58 - BVerwGE 10, 270 <272> sowie Beschlüsse vom 12. Dezember 2000 - 11 B 76.00 - Buchholz 424.01 § 138 FlurbG Nr. 8 und vom 6. Juni 2017 - 8 B 69.16 - REE 2017, 145).

52 Anhand dieses Maßstabes ist eine Verletzung des Grundsatzes der prozessualen Waffengleichheit und des fairen Verfahrens wegen Verletzung der behördlichen Pflicht zur Zugänglichmachung von Beweismitteln nicht gegeben. Die Beklagte hat die Unterlagen, den Warenbestand und das Betriebsvermögen auf der Grundlage gerichtlicher Anordnungen sichergestellt und beschlagnahmt (vgl. VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 5. März 2018 - 18 M 48/18 und vom 6. Februar 2019 - 18 M 5/19). Sie hat mit den Klägerinnen einen Termin zur Einsichtnahme in die Asservate vereinbart, den diese auch wahrgenommen haben. Soweit die Klägerinnen geltend machen, sie hätten in diesem Termin unter anderem aus Zeitgründen und mangels Zugänglichmachung nicht sämtliche Bücher, CD's sowie sonstigen Beweismittel sichten und die übergebenen Festplatten nicht auslesen können, liegt darin keine schuldhafte Beweisvereitelung seitens der Beklagten. Da es sich um die Beweismittel der Klägerinnen handelte, wären sie ohne Weiteres in der Lage gewesen, diejenigen Beweismittel zu bezeichnen, die sie für eine effektive Rechtsverteidigung benötigen. Darüber hinaus sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Beklagte eine nochmalige Einsichtnahme in die Asservate verweigert hätte. Es wäre an den Klägerinnen gewesen, um weitere Termine für die Einsichtnahme in von ihr zu bezeichnende Asservate sowie um die Lesbarkeit der ihnen überreichten Datenträger nachzusuchen. Das Gericht teilt ihre Einschätzungen nicht, dass ihnen dieses unzumutbar gewesen wäre, zumal sie während des gerichtlichen Verfahrens ausreichend Zeit zur Einsichtnahme hatten.

53 (3) Schließlich sind die Klägerinnen nicht in ihrem Grundrecht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes verletzt. Ihr Vorwurf, die Beklagte habe dem Gericht entscheidungserhebliche Unterlagen vorenthalten, ist - gemessen am Maßstab von § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO - unbegründet. Danach sind Behörden gegenüber dem Gericht zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet. Die Verpflichtung beschränkt sich auf solche Akten und Urkunden, deren Inhalt der umfassenden Sachaufklärung durch das Gericht der Hauptsache und der Gewinnung von Grundlagen für die Prozessführung der Beteiligten überhaupt dienlich sein kann, und ist auf den konkreten Streitgegenstand des Rechtsstreits bezogen (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 4. Januar 2005 - 6 B 59.04 - CR 2005, 194 Rn. 8 m.w.N.).

54 Die Beklagte ist ihrer Aktenvorlagepflicht nachgekommen. Sie hat neben dem Verwaltungsvorgang die aus ihrer Sicht weiteren entscheidungserheblichen Unterlagen und diejenigen Belege vorgelegt, die von den Klägerinnen benannt und vom Gericht angefordert worden sind. Sie hat sich nicht geweigert, vom Gericht für entscheidungserheblich erachtete Unterlagen vorzulegen.

55 bb) Das Gericht kann sich bei seiner Überzeugungsbildung auf die in dem Verwaltungsvorgang enthaltenen Behördenzeugnisse in Gestalt von Erkenntnismitteilungen aus dem Personenregister des BfV stützen. Bei Behördenzeugnissen handelt es sich um sog. sekundäre Beweismittel. Sie lassen die unmittelbaren Quellen der dort wiedergegebenen Erkenntnisse zwar nicht näher erkennen; dies nimmt den Behördenzeugnissen jedoch nicht jeglichen Beweiswert. Der Umfang ihrer Beweiskraft bedarf vielmehr einer Prüfung im Einzelfall. Behördenzeugnisse gestatten dem Gericht eine eingeschränkte tatrichterliche Würdigung. Werden die in ihnen enthaltenen Tatsachen substantiiert bestritten, können sie allein für die gerichtliche Überzeugungsbildung nicht ausschlaggebend sein. Es bedarf dann einer weitergehenden Sachverhaltsaufklärung oder anderer Erkenntnisse, die die in den Behördenzeugnissen enthaltenen Angaben bestätigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2004 - 6 A 10.02 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 41 Rn. 16; Beschlüsse vom 10. Juli 2019 - 1 B 45.19 - juris Rn. 8 und vom 10. Juni 2020 - 6 AV 1.19 - juris Rn. 32). Diese Grundsätze sind bei der Würdigung der in den vorgelegten Behördenzeugnissen enthaltenen Tatsachen und den darauf beruhenden Einschätzungen des BfV betreffend die Einordnung der jeweiligen Personen als Aktivisten oder Funktionäre der PKK zu berücksichtigen.

56 cc) Da Gerichtssprache die deutsche Sprache ist (§ 55 VwGO i.V.m. § 184 GVG), hat das Gericht bei der Vorlage fremdsprachlicher schriftlicher Äußerungen nebst der erforderlichen Übersetzung ins Deutsche grundsätzlich diese Übersetzung und nicht den fremdsprachlichen Text zur Grundlage seiner Überzeugungsbildung zu machen. Dies gilt nur dann nicht, wenn die vorgelegte Übersetzung derart mangelhaft ist, dass es an einer verlässlichen Wiedergabe der fremdsprachlichen Äußerung auf Deutsch fehlt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. März 1988 - 9 CB 31.88 - juris Rn. 12).

57 Gemessen hieran sind die vorgelegten Übersetzungen für die Überzeugungsbildung maßgebend. Das von den Klägerinnen gerügte Fehlen des Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermerks sowie des Namens des Übersetzers hat zur Folge, dass das Gericht sich nicht auf die Richtigkeitsvermutung des § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 142 Abs. 3 Satz 2 ZPO stützen kann (vgl. OVG Koblenz, Beschluss vom 6. November 2019 - 6 A 11200/18 - juris Rn. 16). Die mangelnde Richtigkeitsvermutung hat das Gericht bei der Würdigung der Übersetzungen zu beachten. Im Übrigen haben die Klägerinnen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die von der Beklagten vorgelegten Übersetzungen inhaltlich unrichtig sind, sie also keine verlässliche Wiedergabe der übersetzten Dokumente darstellen, nicht vorgetragen; solche Anhaltspunkte sind auch nicht ersichtlich. Die Klägerinnen haben sich auf ein pauschales Bestreiten der Richtigkeit der Übersetzungen ins Blaue hinein beschränkt, was keinen Anlass zu Zweifeln gibt.

58 Verwertbar sind auch die von der Übersetzerin Y. angefertigten Übersetzungen der Informationsberichte der PKK-Europaführung an den Exekutivratsvorsitz der KCK über durchgeführte Aktivitäten der Jahre 2007 und 2008 (Planungspapiere 2007 und 2008). Die Klägerinnen wenden hiergegen ein, dass die Übersetzerin ungeeignet sei und nicht die Gewähr für die Richtigkeit der Übersetzungen biete. Diese Annahme stützen sie ausschließlich auf ein Urteil des Oberlandesgerichts München vom 28. Juli 2020 (7 St 1/16 - UA S. 115 ff.), in dem eine von mehreren im dortigen Strafverfahren von Frau Y. angefertigten Übersetzungen einer sachverständigen Überprüfung nicht standhielt und daher das Oberlandesgericht nur ihre unbeanstandet gebliebenen Übersetzungen verwertet hat. Dies allein rechtfertigt indes nicht den Schluss, Frau Y. als ungeeignet oder die von ihr angefertigten Übersetzungen der Planungspapiere 2007 und 2008 als inhaltlich unrichtig anzusehen. Zum einen betrafen die Beanstandungen des Sachverständigen im Verfahren vor dem Oberlandesgericht München andere als die hier übersetzten Dokumente und zum anderen besitzt Frau Y. ausweislich der Ausführungen im Urteil des OLG Düsseldorf vom 24. Januar 2017 (III-7 StS 4/15 - UA S. 68) außerordentliche Qualifikationen für die Tätigkeit als Übersetzerin. Angesichts dessen hat das Gericht keinen Anlass, an der Eignung der Übersetzerin und der inhaltlichen Richtigkeit ihrer Übersetzungen im vorliegenden Verfahren zu zweifeln, zumal die Klägerinnen Passagen der Übersetzungen, die ihrer Auffassung nach unrichtig sein sollen, auch auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung nicht konkret bezeichnet haben.

59 c) Das Betätigungsverbot der PKK vom 22. November 1993 ist unanfechtbar geworden (vgl. die Bekanntmachung vom 7. Juni 1994, BAnz. S. 6629 f.). Es entfaltet rechtliche Geltung und kann daher nach wie vor als Verbotsverfügung Anknüpfungspunkt für die Einbeziehung von Teilorganisationen sein.

60 Anhaltspunkte, die an der Geltung des Betätigungsverbots zweifeln lassen, sind nicht ersichtlich. Der Umstand, dass die PKK nach eigenem Bekunden die angestrebte Errichtung eines kurdischen Staates zu Gunsten eines Konzepts des Demokratischen Konföderalismus aufgegeben hat, lässt die rechtliche Geltung des Betätigungsverbots unberührt. Der Senat geht davon aus, dass die PKK nach wie vor streng zentralistisch und hierarchisch organisiert ist, sich diese Strukturen auf Europa und Deutschland erstrecken und die Institutionen und Organisationen der PKK in diese Strukturen eingebunden sind, um deren Ziele zu verwirklichen.

61 Die PKK verfolgte zunächst das Ziel der Errichtung eines unabhängigen, sozialistisch orientierten Kurdenstaates, das mit bewaffneten Mitteln durchgesetzt werden sollte. Nachdem der Gründer der PKK, Abdullah Öcalan, verhaftet worden war und ihm die Todesstrafe drohte, erklärte die PKK 1999 den bewaffneten Kampf für beendet und rückte von dieser Zielsetzung ab. Sie verfolgt seitdem nach eigenen Angaben die kulturelle Autonomie und lokale Selbstverwaltung für die Kurden innerhalb der Türkei sowie seit 2005 die Idee eines "Demokratischen Konföderalismus Kurdistans". Ungeachtet dieser Änderung ihrer Zielrichtung verstärkten sich im Jahr 2007 die militärischen Auseinandersetzungen zwischen der Guerillaeinheit der PKK ("Volksverteidigungskräfte" - HPG) und der türkischen Armee. Den Zielsetzungen zugrunde liegt ein uneingeschränkter Führungs- und Alleinvertretungsanspruch der PKK. Dem Verfolgungsdruck Rechnung tragend, hat sie sich mehrfach umbenannt (vgl. auch zum Folgenden: BfV, Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), Stand: Februar 2019, S. 10 f.), und zwar 2002 in den "Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans" (Kongreya Azadi u Demokrasiya Kurdistane - KADEK), im Oktober 2003 in den "Volkskongress Kurdistans" (Kongra Gele Kurdistan - KONGRA-GEL), im Mai 2005 in die "Gemeinschaft der Kommunen in Kurdistan" (Koma Komalen Kurdistan - KKK) und im Jahr 2007 in "Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans" (Koma Civakên Kurdistan - KCK). Das Betätigungsverbot der PKK erstreckt sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch auf diese Nachfolgeorganisationen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 3 StR 179/10 - BGHSt 56, 28 Rn. 26 m.w.N.), so dass auch in heutiger Zeit Personen im Zusammenhang mit der PKK wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Januar 2016 - AK 1/16 und vom 8. Februar 2018 - AK 3/18 - NStZ-RR 2018, 106 sowie BfV, Verfassungsschutzbericht 2020, S. 270 mit Verweis auf die dort zitierten OLG-Urteile) und Verstößen gegen das vereinsrechtliche Betätigungsverbot (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juni 2019 - 3 StR 133/19 - NStZ 2020, 362) strafrechtlich verfolgt werden.

62 In Europa gründete die PKK zur Organisierung ihrer Anhänger und Propagierung ihrer Ziele 1985 die im Jahr 1993 als Teilorganisation der PKK ebenfalls verbotene "Nationale Befreiungsfront Kurdistans" (Eniya Rizgariya Netewa Kurdistan - ERNK) als Europaführung. Sie war mit Kadern der PKK besetzt und wurde aufgrund des Verfolgungsdrucks ebenfalls mehrfach umbenannt. Im Jahr 2000 nannte sich die ERNK in "Kurdische Demokratische Volksunion" (YDK) um. Von 2004 bis 2013 bezeichnete sich die Europaführung als "Koordination der kurdisch-demokratischen Gesellschaft" (Koordinasyon Civata Demokratik a Kurdistan - CDK), der die sog. Zentrale oder auch Exekutive vorstand. 2013 hatte sie sich mit dem europäischen Dachverband PKK-naher Vereine "Konföderation der kurdischen Vereine in Europa" (KON-KURD) unter dem Namen "Kongress der kurdisch-demokratischen Gesellschaft in Europa" (KCD-E) zur neuen PKK-Europaführung zusammengeschlossen. 2016 erfolgte die Umbenennung des KCD-E in "Kongress der kurdisch-demokratischen Gesellschaft Kurdistans in Europa" (KCDK-E). Der Europaführung mit ihrer Zentrale obliegt es, die Ziele, Vorgaben und Personalentscheidungen der Parteiführung gegenüber den nachgeordneten Einheiten mittels individueller und genereller Anweisungen durchzusetzen. Dies betrifft nicht nur die mit Kadern der PKK besetzten Führungsebenen in den Regionen, Gebieten, Räumen und Stadtteilen, in die die PKK Europa eingeteilt hat, sondern auch die in Europa tätigen Organisationen und Institutionen der PKK, die auf der Leitungsebene ebenfalls mit Kadern und Funktionären der PKK besetzt werden (vgl. dazu BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 3 StR 179/10 - BGHSt 56, 28 <insoweit nicht abgedruckt> = NJW 2011, 542 <542 f.>; Beschluss vom 8. Februar 2018 - AK 3/18 - NStZ-RR 2018, 106; BfV, Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), Stand: Februar 2019, S. 17; Planungspapier 2007). Der Europaführung zugeordnet ist zudem das EMB. Es kontrolliert das Finanzsystem der PKK in Europa. Funktionäre dieser Organisationseinheit kontrollieren die Einnahmen und Ausgaben der einzelnen PKK-Gebiete und koordinieren die Bargeldtransporte in Deutschland und Europa (BfV, Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), Stand: Februar 2019, S. 12 ff., 17 f., 32; Verfassungsschutzbericht 2020, S. 266). Die aufgezeigte hierarchische Struktur sichert der PKK, dass ihre verbindlichen Vorgaben in Europa umgesetzt werden und ein eigenverantwortlicher Entscheidungsspielraum der Institutionen und Führungsebenen nur innerhalb der vorgegebenen Direktiven besteht (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 3 StR 179/10 - BGHSt 56, 28 Rn. 34 ff.; Beschluss vom 28. Januar 2016 - AK 1/16 - Rn. 19).

63 Zu den wesentlichen Aufgaben der Organisationseinheiten und Institutionen der PKK in Europa gehören die Beschaffung von Finanzmitteln, die Propaganda auch mittels öffentlichkeitswirksamer Aktionen sowie die Rekrutierung von Nachwuchs für den Kaderapparat und die Guerillakräfte im Kampfgebiet (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2018 - AK 3/18 - NStZ-RR 2018, 106; BfV, Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), Stand: Februar 2019, S. 18). Dazu hat die PKK zugleich einen eigenen Medienapparat bestehend aus Fernsehsendern wie ROJ TV und Sterk TV, der Nachrichtenagentur ANF, der Tageszeitung "Yeni Özgür Politika" (YÖP) sowie verschiedenen Zeitschriften errichtet, um ihre Ideologie unter den Anhängern und zur Gewinnung neuer Anhänger zu verbreiten (vgl. dazu die Angaben in den Planungspapieren 2007 und 2008 sowie BfV, Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), Stand: Februar 2019, S. 19 f.). Zur Erreichung dieser Ziele bedient sich die PKK vor allem ihrer Massenorganisationen sowie der Dachverbände der kurdischen Vereine. Als solche hat in Deutschland bis Juni 2014 der "Föderation der kurdischen Vereine in Deutschland e.V." (YEK-KOM) und anschließend bis 2020 der "Demokratische Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland e.V." (NAV-DEM) fungiert. Seitdem ist der im Mai 2019 gegründete "Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland e.V." (KON-MED) als Dachverband der kurdischen Vereine tätig (vgl. BfV, Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), Stand: Februar 2019, S. 19 f.; Verfassungsschutzbericht 2020, S. 266 f.). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts handelt es sich bei dem Dachverband der kurdischen Vereine um eine PKK-nahe Organisation (vgl. zum NAV-DEM: BVerwG, Urteile vom 22. Februar 2017 - 1 C 3.16 - BVerwGE 157, 325 Rn. 41 und vom 27. Juli 2017 - 1 C 28.16 - BVerwGE 159, 270 Rn. 25). Wie sich aus den Planungspapieren 2007 und 2008 ergibt, kommt den kurdischen Vereinen, die unter dem Dachverband organisiert sind, eine bedeutende Rolle für die Umsetzung der Ziele der PKK zu. Sie sind neben den Massenorganisationen und dem Dachverband diejenigen Anlaufstellen, in denen die PKK ihre Ideologie verbreitet sowie ihre Gefolgsleute rekrutiert. Aus diesem Grund finanziert die PKK die Vereine, die größtenteils selbst nicht über ausreichende Mittel verfügen.

64 Neben der Besetzung von Führungs- und Leitungspositionen durch Kadermitglieder ist kennzeichnend für die hierarchisch organisierte Struktur der PKK, dass sie ein umfassendes Berichtswesen vorgegeben hat, mit dem die Kontrolle und der Einfluss der übergeordneten Funktionäre und Gremien abgesichert werden (vgl. dazu BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 3 StR 179/10 - BGHSt 56, 28 Rn. 34). Ausweislich der dem Gericht vorgelegten Planungspapiere 2007 und 2008 müssen die europäischen Massenorganisationen und Institutionen der Europaführung monatlich über ihre finanzielle Situation und ihre Tätigkeiten berichten, damit die Führung die Umsetzung der Vorgaben der PKK kontrollieren und sie ihrerseits gegenüber dem Exekutivratsvorsitz der PKK über die finanzielle Situation und die Tätigkeiten in Europa Rechenschaft ablegen kann.

65 d) Da die Klägerinnen rechtlich selbständige Wirtschaftsvereinigungen sind, ist ihre Einordnung als Teilorganisation für jede Klägerin gesondert gerichtlich zu überprüfen. Ob die Klägerinnen mit Blick auf ihre Geschäftstätigkeit - so die Beklagte - als Einheit anzusehen sind, erweist sich hiernach als nicht entscheidungserheblich.

66 e) Die Einordnung der Klägerin zu 1. als nichtgebietliche Teilorganisation im Sinne von § 3 Abs. 3 VereinsG der PKK ist rechtlich nicht zu beanstanden. Sie ist in die PKK derart eingegliedert, dass sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse als Gliederung dieses Vereins und damit als Teilorganisation erscheint.

67 Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlangt für das Vorliegen einer Teilorganisation im Unterschied zu reinen Hilfs- oder Nebenorganisationen, dass eine Identität zwischen dem Verein als Ganzem und seiner Gliederung besteht. Die Gliederung muss tatsächlich in die Gesamtorganisation eingebunden sein. Eine totale organisatorische Eingliederung etwa in dem Sinne, dass ausschließlich Mitglieder oder Sympathisanten der Gesamtorganisation der Teilorganisation angehören dürfen, ist allerdings nicht notwendig. Aussagekräftigere Indizien können sich aus der personellen Zusammensetzung der Vereinigungen, ihrer Geschichte, ihrem Selbstverständnis und ihren Zielen, ihrer Tätigkeit und Finanzierung sowie aus Verflechtungen bei der Willensbildung und aus Weisungsgegebenheiten ergeben. Es ist eine Gesamtwürdigung aller Umstände vorzunehmen. Dabei können auch Indizien, die für sich genommen als nicht zwingend erscheinen mögen, in ihrer Summe eine Qualifikation als Teilorganisation rechtfertigen (BVerwG, Urteil vom 13. Januar 2016 - 1 A 2.15 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 69 Rn. 18 m.w.N.). Das gilt auch für den von der Rechtsprechung geforderten Umstand, dass die Gliederung im Wesentlichen von der Gesamtorganisation beherrscht werden muss; das kann auch durch hierarchische Strukturen vermittelt werden. Anhaltspunkte hierfür können Berichtspflichten sein sowie eine ständige Begleitung und Betreuung durch Vertreter des Gesamtvereins (vgl. nur: BVerwG, Urteil vom 4. November 2016 - 1 A 6.15 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 72 Rn. 14).

68 aa) Indiz für die Teilorganisationseigenschaft der Klägerin zu 1. ist zunächst der Umstand, dass die PKK schon vor deren Gründung in Deutschland zur Verbreitung ihrer Propaganda eine Verlags-GmbH eingesetzt hatte, die mit dem Betätigungsverbot der PKK als deren Teilorganisation verboten worden war (vgl. Ziff. 1 und 3 der Verbotsverfügung vom 22. November 1993 [BAnz. S. 10313 f.] sowie zur Rechtmäßigkeit des Verbots dieser Teilorganisation: BVerwG, Urteil vom 28. Januar 1997 - 1 A 13.93 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 26). Unmittelbar danach und damit in engem zeitlichen Zusammenhang ist die Klägerin zu 1. im Jahr 1995 gegründet worden.

69 bb) Für die organisatorische Eingliederung der Klägerin zu 1. spricht, dass ihre wesentliche Geschäftstätigkeit in dem weltweiten Vertrieb von Propagandamaterial der PKK bestand.

70 Der Warenbestand der Klägerin zu 1. umfasste neben Werken der Weltliteratur und Druckerzeugnissen ohne PKK-Bezug vor allem Bücher, CD's und Hefte, die von Abdullah Öcalan selbst verfasst sind oder sich mit den Zielen der PKK und ihrer Umsetzung befassen. Dies ergibt sich sowohl aus den Sicherstellungsprotokollen der Durchsuchungen der Geschäftsräume der Klägerin zu 1. vom 8. bis 10. März 2018, die unter anderem eine 30-seitige Liste mit entsprechenden Belegexemplaren enthalten, als auch aus den in ihren Unterlagen vorhandenen Rechnungen und Kommissionsbestätigungen über Bestellungen zahlreicher Bücher von Öcalan und mit PKK-Ideologie. Zudem wurden in den Räumen der Klägerin zu 1. ausweislich der Sicherstellungsprotokolle in großen Mengen PKK-nahe Zeitschriften aufgefunden, wie die als zentrales Publikationsorgan der PKK einzuordnende Monatszeitschrift "Serxwebûn", das PKK-Jugendmagazin "Ciwan", die Zeitschrift der PKK-Frauenorganisation "Newaja Jin", der im zweimonatigen Rhythmus in deutscher Sprache zur Vermittlung von PKK-Positionen erscheinende "Kurdistan Report" und die Zeitschrift "Ronahi" des Verbandes der Studierenden aus Kurdistan e.V. (YXK), ebenfalls eine Massenorganisation der PKK. Von diesen Zeitschriften hat die Klägerin zu 1. die drei erstgenannten selbst produzieren lassen, was eine Auswertung ihres Kassenbuchs und ihrer Kontoauszüge ergeben hat. Ergänzt wird der Warenbestand der Klägerin zu 1. durch zahlreiche PKK-Devotionalien, darunter Fahnen mit dem Abbild Öcalans, Wimpel, Banner, Schlüsselanhänger, Tücher, Plakate, T-Shirts sowie Kinderuniformen in Guerillagestaltung. Auch diese hat sie ausweislich der aufgefundenen Rechnungen teilweise selbst produzieren lassen.

71 Sämtliche Waren mit PKK-Bezug hat die Klägerin zu 1. nicht nur innerhalb Deutschlands, sondern weltweit vertrieben. Ihre Geschäftsbeziehungen reichen nach den vorgefundenen Rechnungen und Adresslisten bis nach Kanada und Australien. Das Propagandamaterial hat sie vor allem über weltweit agierende Post- und Paketdienstleister sowie über den Presse-Vertrieb ... versandt. Innerhalb Deutschlands hat sie das Material auch mittels firmeneigener Transporter selbst vertrieben. Dies ergaben polizeiliche Fahrzeugkontrollen am 2. Juni 2009, 31. August 2010, 3. Mai 2015 und 24. August 2017. Ausweislich der polizeilichen Protokolle und der Feststellungen in den Entscheidungen des OVG Koblenz und des OVG Münster waren die Fahrzeuge mit Propagandazwecken der PKK dienenden Büchern, CD's, Zeitschriften, T-Shirts, Flaggen mit der Abbildung Öcalans sowie Kampfanzügen in Kindergrößen beladen. Die Gerichte haben die Transporte der Klägerin zu 1. zugerechnet, da die Transportfahrzeuge auf sie zugelassen oder jedenfalls von ihrem Betriebsgrundstück losgefahren waren (vgl. OVG Koblenz, Beschluss vom 9. August 2018 - 7 E 10306/18 - NVwZ-RR 2019, 322 Rn. 19 ff.; OVG Münster, Beschluss vom 15. März 2019 - 5 E 276/18). Die von der Klägerin zu 1. auch im vorliegenden Rechtsstreit wiederum geltend gemachte Unkenntnis, die darauf beruhen soll, dass sie die Transporter ohne Kontrolle an ihre Mitarbeiter verliehen habe, wertet das Gericht angesichts der gerichtlichen Feststellungen in den genannten Verfahren und aufgrund des Umstands, dass die transportierten Waren von gleicher Art wie der Warenbestand der Klägerin zu 1. waren, als reine Schutzbehauptung.

72 Bei den Geschäftspartnern der Klägerin zu 1. hat es sich nach den vorliegenden, den Zeitraum ab 2007 betreffenden Rechnungen und Belegen nicht nur um deutsche und ausländische Buchhandlungen sowie Privatpersonen, die in keiner Beziehung zur PKK stehen, sondern insbesondere um kurdische Vereine, deren PKK-nahe Dachverbände und die Massenorganisationen der PKK wie die YXK, den NAV-DEM, den ISKU e.V. und die Jugendorganisation Jinen Ciwanen gehandelt. Sie sind Abnehmer des Propagandamaterials gewesen. Die Klägerin zu 1. hat zu den PKK-nahen Organisationen und Verbänden nach den Rechnungen und mit Blick auf die gewährten hohen Preisnachlässe in ständiger Geschäftsbeziehung gestanden.

73 Die Feststellung, dass der Vertrieb von Propagandamaterial den wesentlichen Schwerpunkt der geschäftlichen Tätigkeit der Klägerin zu 1. ausmachte, beruht zum einen auf einer Auswertung der Kontobewegungen und des Kassenbuchs von 2015 bis Februar 2018. Danach sind bei der Klägerin zu 1. hohe Transport- und Druckkosten aufgelaufen, die auf die große Bedeutung der Produktion des Propagandamaterials und des damit verbundenen Vertriebsgeschäfts schließen lassen. Zum anderen wird diese Einschätzung durch die auf Anregung der Klägerin zu 1. beigezogenen Geschäftsordner bestätigt, aus denen sich ergibt, dass die Einnahmen vor allem aus den Geschäftsbeziehungen mit den der PKK zuzuordnenden Dachverbänden und Massenorganisationen herrührten und sich im drei- bis vierstelligen Bereich je Auftrag bewegten, während sich die Einnahmen aus den Geschäftsbeziehungen zu Buchhandlungen und Privatpersonen lediglich auf ein- bis zweistellige Beträge beliefen und in der Summe den erstgenannten Geschäftsbeziehungen bei weitem nicht vergleichbar waren. Soweit die Klägerin zu 1. dieser Einschätzung entgegenhält, sie habe Werke der Weltliteratur, der kurdischen Literatur sowie von kurdischen Autoren ohne Bezug zur PKK im Verlagsprogramm gehabt und ihre Tätigkeit sei von den Geschäftsbeziehungen zu deutschen und türkischen Verlagen geprägt gewesen, enthalten die von der Klägerin zu 1. als Nachweis für ihre Behauptungen bezeichneten Unterlagen keine Belege hierfür. Im Gegenteil hat sich mit diesen Unterlagen das in der Verbotsverfügung dargestellte Bild der schwerpunktmäßigen Vertriebstätigkeit von Propagandamaterial der PKK durch - der Verschleierung dienende - Bargeschäfte bestätigt.

74 cc) Des Weiteren lassen sich hinreichende Tatsachen für die Annahme einer finanziellen Verflechtung der Klägerin zu 1. mit der verbotenen PKK feststellen.

75 Diese Tatsachen ergeben sich zwar nicht aus der Verbotsverfügung, wonach die Klägerin zu 1. ausweislich der bei einer polizeilichen Durchsuchung mehrerer PKK-Einrichtungen in Belgien im Jahr 2010 aufgefundenen Tabellen bereits in den Jahren 2005, 2007 und 2009 Zuschüsse in beachtlicher sechsstelliger Höhe vom EMB erhalten, die Zuschüsse vor den Steuerbehörden in den Körperschaftssteuererklärungen verschleiert und zugunsten der PKK steuerliche Vorteile erschlichen haben soll. Denn weder hat die Beklagte die von ihr angeführten Tabellen noch die Körperschaftssteuererklärungen vorgelegt oder die steuerlichen Folgen von in Abzug gebrachten Rechnungspositionen nachvollziehbar dargetan. Auch der Vorwurf der Verschleierung von Zuschüssen des EMB durch die Fiktion von (baren) Auslandsgeschäften ist nicht ansatzweise belegt, zumal sich - wäre diese Behauptung der Beklagten zutreffend - die feststellbaren hohen Druck- und Transportkosten der Klägerin zu 1. nicht erklären ließen.

76 Ungeachtet dessen lässt sich jedoch feststellen, dass die Klägerin zu 1. regelmäßig vom EMB monatliche Zuschüsse in beachtlicher Höhe erhalten hat. Bei der Durchsuchung ihrer Geschäftsräume sind unter anderem zwei mit der Überschrift "Monatlicher Finanzbericht der Vertriebsgesellschaft" ausgefüllte Vordrucke eines Monatsfinanzberichts für Dezember 2017 und Januar 2018 sowie drei handschriftlich ausgefüllte Anlagen zu den Monatsfinanzberichten Dezember 2017, Januar und Februar 2018 gefunden worden. Ausweislich der dort enthaltenen Aufstellungen hat die Klägerin zu 1. in diesen Monaten jeweils Zuschüsse von dem EMB zwischen 25 000 € und 26 200 € erhalten, ohne die sie ihre Geschäftstätigkeit nicht hätte aufrechterhalten können und überschuldet gewesen wäre. Denn in diesen Monaten sind die eigenen Einnahmen ohne die Zuschüsse deutlich unter den Ausgaben geblieben (Dezember 2017: Einnahmen von 43 566 € und Ausgaben von 65 815 €; Januar 2018: Einnahmen von 24 011 € und Ausgaben von 45 703 €; Februar 2018: Einnahmen von 30 885 € und Ausgaben von 66 188 €). Der Senat geht davon aus, dass es Monatsberichte der Klägerin zu 1. sind. Das klägerische Bestreiten dieser Tatsache ist unplausibel. Für die Zuordnung spricht schon der Fundort der Monatsberichte. Zudem sind einzelne Positionen in den Monatsberichten mit den Angaben auf den Kontoauszügen und in dem Kassenbuch identisch, die im Übrigen nicht die vollständigen Finanzströme der Klägerin zu 1. abbilden. Dies betrifft exemplarisch die Miete des von der Klägerin zu 1. in Belgien angemieteten Lagers sowie die Verwendung von identischen Kürzeln ihrer Mitarbeiter einschließlich einzelner zuzuordnender Personalausgaben sowie die monatlich wiederkehrenden Ausgaben für ihren Steuerberater. Da die Klägerin zu 1. ausweislich der vorliegenden Rechnungen, Kontoauszüge und Kassenbücher dauerhaft hohe Druck- und Transportkosten sowie Personalausgaben hatte, ist davon auszugehen, dass sie kontinuierlich auf die Zuschüsse von dem EMB angewiesen gewesen ist und sie in entsprechender Höhe auch erhalten hat. Angesichts der aufgezeigten wirtschaftlichen Bedeutung dieser Zuschüsse für die Klägerin zu 1. geht der Senat darüber hinaus davon aus, dass die PKK mit ihnen nicht nur das kurdische Kulturgut fördern, sondern die Geschäftstätigkeit der Klägerin zu 1. wegen eines bestehenden erheblichen Eigeninteresses absichern wollte.

77 dd) Sowohl in organisatorischer als auch in finanzieller Hinsicht ist für die Teilorganisationseigenschaft der Klägerin zu 1. ihre Rechenschaftspflicht gegenüber der Europaführung der PKK von Bedeutung.

78 Die Rechenschaftspflicht der Klägerin zu 1. gegenüber der Europaführung wird durch die bei ihr aufgefundenen Vordrucke und ausgefüllten Monatsberichte für Dezember 2017, Januar und Februar 2018 bestätigt. Zwar lassen diese Berichte, worauf die Klägerseite zutreffend hinweist, keinen Adressaten erkennen. Jedoch enthalten deren Gliederungsvorgaben dieselben Begrifflichkeiten wie die Planungspapiere. Zudem ergibt sich aus der von der Beklagten vorgelegten Übersetzung einer Tabelle mit Einnahmen und Ausgaben für die Zeitschrift "Serxwebûn", die bei einer Durchsuchung mehrerer PKK-Einrichtungen in Belgien im März 2010 aufgefunden wurde, dass die von der Europaführung geforderten Berichte in ihrer Gliederung mit derjenigen der Monatsfinanzberichte übereinstimmen.

79 Soweit sich die Beklagte zum Nachweis der klägerischen Rechenschaftspflicht weiter auf die Planungspapiere für die Jahre 2007 und 2008 stützt, kann sich das Gericht dem nur für das Planungspapier für das Jahr 2008 mit der notwendigen Überzeugungsgewissheit anschließen. Entgegen den Behauptungen der Beklagten gab es im Jahr 2007 nicht nur die Klägerin zu 1., sondern auch eine Aktien- und Holdinggesellschaft dänischen Rechts mit vergleichbarem Namen, die Inhaberin mehrerer Fernsehlizenzen gewesen war und auch einen Fernsehsender betrieben hatte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Februar 2010 - 6 A 6.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 53; Gerichtsbescheid vom 23. Juli 2012 - 6 A 4.11 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 57). Da sich das Planungspapier für 2007 hauptsächlich mit den TV-Firmen der PKK beschäftigt und in diesem Zusammenhang die Firma "..." erwähnt wird, geht der Senat davon aus, dass es sich hierbei nicht um die Klägerin zu 1., sondern um eine Aktien- und Holdinggesellschaft handelt. Allerdings enthält das Planungspapier 2007 auch eine Aufstellung derjenigen Institutionen, die monatliche Zuschüsse erhalten, wobei eine Institution "Verteilung" mit einer Zuschusshöhe von 35 000 € aufgeführt ist. Ob es sich hierbei um die Klägerin zu 1. handelt, kann indes aufgrund fehlender weiterer Anhaltspunkte, die die Zuschusszahlungen in diesem Zeitraum belegen, nicht mit der erforderlichen Gewissheit festgestellt werden. Ohne jeden Zweifel wird die Klägerin zu 1. zur Überzeugung des Senats aber im Planungspapier 2008 als "... (Depot)" erwähnt. Zu diesem Zeitpunkt gab es die namensgleiche Gesellschaft dänischen Rechts nicht mehr. Dafür, dass es sich hierbei um die Klägerin zu 1. handelt, spricht auch die Plausibilität ihrer dort angegebenen Ausgabensituation im Vergleich zu den belegten Ausgaben späterer Jahre. Hinzu kommt, dass sie ausweislich der vorgelegten Unterlagen über ein von ihr angemietetes Depot in Belgien verfügt hat. Der Umstand, dass die Europaführung der PKK Kenntnis von den betragsmäßigen Ausgaben u.a. der Klägerin zu 1. gehabt hat, belegt, dass diese bereits in der Vergangenheit ihrer Rechenschaftspflicht über ihre finanzielle Situation nachgekommen sein muss. Das Bestreiten der Klägerin zu 1. ist insoweit unsubstantiiert.

80 ee) Anhaltspunkt für die Eingliederung der Klägerin zu 1. in die PKK ist schließlich, dass ihr Alleingesellschafter und einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer Herr X. ein Funktionär und Kadermitglied der PKK ist. Diese Überzeugung hat der Senat nicht nur auf der Grundlage der Erkenntnismitteilung des BfV gewonnen, wonach Herr X. dort dienstlich bekannt ist. Sie beruht vor allem auf der Tatsache, dass Herr X. über Informationen verfügt, in deren Besitz nur ein Funktionär und Kadermitglied der PKK kommt. Bei der Durchsuchung seiner Privatwohnung am 8. März 2018 ist laut Sicherstellungsprotokoll vom gleichen Tag im Wandschrank des Schlafzimmers eine externe Festplatte gefunden worden, auf der sich Blankotabellen für die Jahre 2004 bis 2006 und ausgefüllte Rechenschaftsberichte für das Jahr 2005 der PKK-Gebiete Basel, Hamburg und Marseille befunden und die der Berichterstattung gegenüber dem Wirtschafts- und Finanzbüro EMB der PKK-Europaführung gedient haben. Der Besitz derartig sensibler Daten über die Finanzströme innerhalb der Europastrukturen der PKK ist allein mit einer hochrangigen Stellung des Besitzers innerhalb der PKK zu erklären. Schon angesichts des Fundorts dieser Daten erweist sich die Behauptung der Klägerin zu 1., der Geschäftsführer habe keine Kenntnis von diesen Daten gehabt, als reine Schutzbehauptung.

81 Ob die weiteren Angestellten der Klägerin zu 1. ebenfalls als Aktivisten oder Funktionäre der PKK einzuordnen sind, kann angesichts der bereits festgestellten zahlreichen Indizien dahingestellt bleiben.

82 ff) Aus den vorgenannten Indizien ergibt sich ein Gesamtbild, wonach die Klägerin zu 1. aufgrund ihrer weltweiten Geschäftstätigkeit in die PKK im Sinne von § 3 Abs. 3 VereinsG als nichtgebietliche Teilorganisation eingegliedert ist. Das Vorgehen der PKK in Europa, über eine von ihr eingesetzte Institution in den kurdischen Vereinen, den PKK-nahen Dachverbänden der kurdischen Vereine und ihren Massenorganisationen ihre Ideologie zu verbreiten, deckt sich mit der den Kern ihres Geschäfts kennzeichnenden Tätigkeit der Klägerin zu 1., das Propagandamaterial der PKK zu vertreiben. Die existenziellen monatlichen Zuschüsse der Europaführung und die für jeden Monat bestehende Rechenschaftspflicht sprechen dafür, dass die Klägerin zu 1. das Propagandamaterial im Auftrag und nach den Vorgaben der PKK vertrieben hat und von der Europaführung hierbei engmaschig kontrolliert worden ist. Damit korreliert, dass ihre Geschäftsführung entsprechend den Direktiven der PKK in ihren Institutionen von einem Funktionär und Kadermitglied wahrgenommen worden ist, um auf diese Weise zu gewährleisten, dass die Vorgaben der Europaführung umgesetzt wurden. Nach alldem ist von einer Einbindung der Klägerin zu 1. in die PKK auszugehen.

83 Da die Klägerin zu 1. über ihre Zuständigkeit für den Vertrieb von Propagandamaterial innerhalb der PKK unmittelbar in deren Strukturen eingebunden gewesen ist, ist nicht ersichtlich, dass nach den vorliegenden Umständen weniger einschneidende Maßnahmen zur Unterbindung ihrer Unterstützung der PKK in Betracht gekommen wären. Eine strafrechtliche Verfolgung etwa ihres Geschäftsführers hätte nicht dieselben Wirkungen wie das Verbot und die Auflösung der Klägerin zu 1. gehabt. Nach den getroffenen Feststellungen bestimmt die Europaführung der PKK die Leitungsebene ihrer Institutionen, sodass sie die Geschäftsführer ihrer Gesellschaften mit beschränkter Haftung nach eigenem Willen ersetzen kann. Die Erstreckung des Verbots der PKK auf die Klägerin zu 1. ist hiernach verhältnismäßig.

84 f) Die hinsichtlich der Klägerin zu 2. feststellbaren Indizien rechtfertigen ebenfalls die Annahme, dass sie als nichtgebietliche Teilorganisation in die Strukturen der PKK eingegliedert ist.

85 aa) Für ihre Einbindung in die PKK spricht als gewichtiges Indiz, dass die Klägerin zu 2. an die Stelle der ... GmbH getreten und deren Aufgabe, die ihr von der PKK zugewiesen wurde, übernommen hat.

86 Die PKK gründete die ... GmbH im Jahr 2000, um - so die Ausführungen im Planungspapier 2007 - die kurdische Musik zu unterstützen, fortzuentwickeln und mittels neuer Produkte einen hochwertigen kurdischen Musikmarkt zu schaffen, der so organisiert werden sollte, dass er sich selbst finanziert und schließlich Gewinne erwirtschaftet. Hierfür investierte die PKK in Europa 600 000 DM. Unternehmensgegenstand der ... GmbH war die Produktion und der Vertrieb von orientalischen Musikwerken sowie der Betrieb einer Konzertagentur. Sie verlegte auf der Grundlage eines Beschlusses des 3. Kongresses der CDK im Jahre 2007 ihren Sitz von ... nach ... und firmierte unter derselben Geschäftsadresse wie anschließend die Klägerin zu 2. Wohl aufgrund von Missmanagement der Leitungsebene machte die ... GmbH Verluste in Höhe von 260 000 € und musste von der Europaführung mit 170 000 € entschuldet werden. Dennoch meldete die ... GmbH Ende 2007 Insolvenz an. In unmittelbar zeitlichem Anschluss hieran ist die Klägerin zu 2. am Firmensitz der ... GmbH gegründet worden. Ihr Unternehmensgegenstand schließt nach der Eintragung im Handelsregister denjenigen der ... GmbH ein. Er besteht in der Produktion, dem Vertrieb, dem Im- und Export von Ton-, Bild- und Datenträgern sowie Printmedien, insbesondere von orientalischen Musikwerken, sowie in dem Betrieb einer Konzertagentur, einer Werbeabteilung und eines Buchverlags und -vertriebs.

87 Neben diesen Umständen spricht für die Funktionsnachfolge, dass die ... GmbH sämtliche Urheberrechte, die ihr zustanden, mittels notarieller Urkunde auf die Klägerin zu 2. übertragen hat. Darüber hinaus hat sich die Klägerin zu 2. nach den vorliegenden Unterlagen sämtliche Urheberrechte der Künstlerinnen und Künstler kurdischer Musik, die bei der ... GmbH unter Vertrag standen, übertragen lassen. Vor allem aber ist entscheidender Anhaltspunkt, dass die Klägerin zu 2. sich nach dem Planungspapier 2008 der Europaführung der PKK bereits im Jahr ihrer Gründung selbst finanziert hat. Der Senat geht davon aus, dass ihr dieses nur möglich gewesen ist, weil sie den Geschäftsbetrieb der ... GmbH übernommen hat. Nicht zuletzt ist zu bemerken, dass sowohl der Geschäftsführer der Klägerin zu 2. diese im Geschäftsverkehr mit der ... GmbH verwechselt hat als auch in der Berichterstattung der ANF News vom 12. Februar 2019 beide Unternehmen gleichgesetzt worden sind. Darüber hinaus wird die Klägerin zu 2. selbst von der Europaführung der PKK im Planungspapier 2008 unzutreffend als "..." bezeichnet, die es zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr gegeben hat.

88 bb) Die von der Klägerin zu 2. produzierten und vertriebenen Waren weisen - anders als bei der Klägerin zu 1. - weit überwiegend keinen unmittelbaren Bezug zur Tätigkeit der PKK auf. Jedoch ist festzustellen, dass die Klägerin zu 2., die sich selbst als marktführende Firma in der kurdischen Musikwelt in Europa bezeichnet, mit ihrer Tätigkeit das der ... GmbH vorgegebene Ziel der PKK verwirklicht hat, einen hochwertigen kurdischen Musikmarkt zu schaffen und hierdurch erhebliche Einnahmen zu erzielen.

89 Aus den Sicherstellungsprotokollen und den vorliegenden Nachweisen über ihre Geschäftstätigkeit ergibt sich, dass das Kerngeschäft der Klägerin zu 2. in der Produktion und dem weltweiten Vertrieb von Ton- und Datenträgern mit kurdischer Musik bestanden hat. Sie hat ein Tonstudio nebst Aufnahmeraum in ihren Geschäftsräumen eingerichtet und die Ton- und Datenträger selbst produzieren können. Hierzu hat sie Verträge mit den Künstlerinnen und Künstlern geschlossen, die gleichzeitig die Vermarktung der Musikwerke umfasst haben. Zudem hat sie in sehr großem Umfang CD's in Italien produzieren lassen. Nach eigenen Angaben, die von der Beklagtenseite nicht bestritten worden sind, hat ihr Warenbestand rund 500 000 kurdische Lieder umfasst, ein aus ihrer Sicht einzigartiges Archiv kurdischen Liedguts. Dieser Warenbestand der Klägerin zu 2. weist als solches keinen spezifischen Bezug zur PKK auf. Ebenso wenig lassen sich - für sich gesehen - dem weiteren Schwerpunkt ihrer Tätigkeit, der in der Vermittlung von Künstlerinnen und Künstlern sowie der Organisation ihrer Veranstaltungen bestand, entsprechende Anhaltspunkte entnehmen.

90 Einen Bezug zur PKK haben die Waren der Klägerin zu 2., soweit es sich um Propagandamaterial der PKK gehandelt hat. Im Rahmen der Durchsuchung ihrer Geschäftsräume im März 2018 wurden PKK-Devotionalien wie Öcalan-T-Shirts, PKK-Kämpfer-T-Shirts, PKK-Handy-Hüllen und Öcalan-Flaggen, des Weiteren 192 DVD's des Films "..." über das am 9. Januar 2013 in Paris ermordete Gründungsmitglied der PKK Z. (Deckname: ...) sowie Belege über den Vertrieb und die Vermarktung des Films "14. Juli" über den Beginn des Widerstandes der PKK gefunden. Gegenüber der Produktion und dem Vertrieb kurdischer Musikprodukte und ihrer sonstigen Geschäftstätigkeit fällt der Vertrieb dieser Waren aber nicht wesentlich ins Gewicht, weshalb dahingestellt bleiben kann, ob auch die von der Klägerin zu 2. produzierte DVD "Info über Hilfstätigkeiten" für den "Heyva Sor a Kurdistane e.V." (Kurdischer Roter Halbmond e.V. - HSK) als Propagandamittel anzusehen ist.

91 Die Klägerin zu 2. hat mit dem Verkauf ihrer Musikprodukte im In- und Ausland und über Verkaufsstände auf Veranstaltungen, die aus Anlass von kurdischen Festen wie dem jährlichen Newroz-Fest und dem Jugend-Sport-Fest durchgeführt worden sind, beachtliche Einnahmen erzielt. Gleiches gilt für die Honorare, die die Klägerin zu 2. für die Vermittlung von Künstlerinnen und Künstlern sowie für die Organisation ihrer Veranstaltungen erhalten hat. Die vorgelegten Rechnungen und Belege in den von dem Gericht beigezogenen Geschäftsunterlagen sind insoweit aussagekräftig. Sie enthalten wenigstens rudimentäre Angaben und sind, wenn auch nicht in jedem Fall, konkreten Veranstaltungen zuzuordnen. Für die Annahme der Beklagten, sie dienten allein der Verschleierung von Zahlungen des EMB, bieten sie keine hinreichende Grundlage.

92 cc) Ein weiteres bedeutendes Indiz für die finanzielle Verflechtung mit der PKK stellen die Zahlungen und Sponsoringleistungen dar, welche die Klägerin zu 2. gegenüber den Institutionen der PKK und dem Dachverband der kurdischen Vereine in Deutschland - damals: YEK-KOM - erbracht hat. Damit hat sie die PKK finanziell unterstützt.

93 Ein Teil der finanziellen Unterstützung der PKK erfolgte seitens der Klägerin zu 2. über die Vermarktung der Künstlerinnen und Künstler in den Fernsehsendern ROJ TV und Sterk TV. Diese Fernsehsender sind nach den Planungspapieren 2007 und 2008 der Europaführung Institutionen der PKK (vgl. zu ROJ TV auch: BVerwG, Beschluss vom 24. Februar 2010 - 6 A 7.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 53; Gerichtsbescheid vom 23. Juli 2012 - 6 A 4.11 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 57). Die Klägerin zu 2. hat ausweislich der vorliegenden Rechnungen im Zeitraum von 2009 bis 2012 wiederholt bei ROJ TV Werbung geschaltet und dafür Beträge zwischen 700 € und 2 800 € gezahlt. Für die Werbung bei Sterk TV hat die Klägerin zu 2. im Jahr 2010 15 000 € und im Jahr 2015 2 500 € bezahlt.

94 Darüber hinaus hat die Klägerin zu 2. mehrere Großveranstaltungen des PKK-nahen Dachverbandes der kurdischen Vereine YEK-KOM gesponsert, die die PKK nutzt, um ihre Ideologien zu verbreiten, Anhänger zu rekrutieren und Einnahmen zu erzielen. So hat sie 2010 das von der YEK-KOM veranstaltete 18. Kurdische Kulturfestival in ... in Höhe von 29 750 € gesponsert, indem sie eine entsprechende Rechnung der K. GmbH ausgeglichen hat. 2012 und 2013 hat sie mit der YEK-KOM Vereinbarungen geschlossen, mit denen sie sich verpflichtet hat, die Kosten der Firma "a. GmbH" bei den Kulturveranstaltungen in ... aus Anlass des Newroz-Festes zu übernehmen; im Zuge dessen beglich sie 2012 eine Rechnung in Höhe von 23 000 € und 2013 in Höhe von 11 781 €. Im darauffolgenden Jahr sponserte sie eine Kulturveranstaltung der YEK-KOM in ... in Höhe von 2 500 €. Zwar konnte die Klägerin zu 2. im Gegenzug für ihre Zahlungen auf den Veranstaltungen Verkaufs- und Werbestände aufstellen und Einnahmen erzielen. Dies steht aber der Einordnung ihrer Leistungen als Sponsoring aufgrund der Höhe der geleisteten Zahlungen und der teilweise ausdrücklichen Bezeichnung als Sponsoring in den Rechnungen bzw. Vereinbarungen nicht entgegen.

95 dd) Der Senat ist überzeugt, dass auch die Klägerin zu 2. gegenüber dem EMB rechenschaftspflichtig gewesen ist. Zwar sind bei ihr keine Monatsfinanzberichte aufgefunden worden. Jedoch hatte die Europaführung nach dem Planungspapier 2008 Kenntnis davon, dass die Klägerin zu 2. - unzutreffend bezeichnet als ... - sich selbst finanzieren konnte. Diese Feststellung bedingt eine entsprechende Berichtspflicht, der die Klägerin zu 2. nachgekommen sein muss. Außerdem war der Geschäftsführer der Klägerin zu 2., Herr X., im Besitz entsprechender Vordrucke der Monatsfinanzberichte. Es liegt deshalb nahe, dass er diese für beide Klägerinnen benutzt hat.

96 ee) Schließlich ist zu berücksichtigen, dass - wie bereits dargestellt - jedenfalls der Geschäftsführer der Klägerin zu 2. ein Funktionär und Kadermitglied der PKK ist. Auf die Einordnung der weiteren Angestellten der Klägerin zu 2. kommt es auch hier angesichts der weiteren festgestellten Tatsachen für deren Einordnung als Teilorganisation nicht an.

97 ff) Anhand der vorliegenden Indizien ist der Schluss gerechtfertigt, dass die Klägerin zu 2. in die Struktur der PKK eingegliedert und angesichts ihrer weltweiten Geschäftstätigkeit als nichtgebietliche Teilorganisation anzusehen ist. Sie hat nicht nur die von der PKK der ... GmbH zugewiesene Aufgabe der Schaffung eines hochwertigen kurdischen Musikmarkts und der finanziellen Unterstützung der PKK mit den erzielten Einnahmen übernommen, sondern diese Vorgaben auch verwirklicht. Die Klägerin zu 2. hat ihre kurdischen Musikprodukte weltweit vertrieben und hierdurch erhebliche Einnahmen erwirtschaftet. Diese Einnahmen kommen der PKK zugute. Zwar können keine unmittelbaren Zahlungsströme zwischen der Klägerin zu 2. und der Europaführung der PKK nachgewiesen werden. Jedoch wird die PKK finanziell dadurch entlastet, dass die Klägerin zu 2. in erheblichem Umfang die TV-Sender der PKK und Großveranstaltungen des PKK-nahen Dachverbandes der kurdischen Vereine gesponsert hat. Hierdurch hat sie die PKK in beachtlichem Umfang von eigenen Unterstützungsleistungen entlastet und auf diese Weise finanziell unterstützt. Angesichts der auch im Falle der Klägerin zu 2. anzunehmenden Rechenschaftspflicht und ihrer Leitung durch einen Funktionär bzw. ein Kadermitglied der PKK bestehen an ihrer Teilorganisationseigenschaft keine Zweifel.

98 Daher bedarf es keiner Entscheidung, ob - wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung hervorgehoben hat - die Klägerin zu 2. nur mit Zustimmung der PKK auf den genannten Veranstaltungen die erheblichen Einnahmen habe erzielen können und sie daher wirtschaftlich vom Willen der PKK abhängig gewesen sei.

99 Da die Klägerin zu 2. in die Struktur der PKK eingebunden gewesen ist, sind - wie bei der Klägerin zu 1. - weniger einschneidende Maßnahmen nicht ersichtlich, die wirkungsgleich zu dem ausgesprochenen Verbot und der Auflösung gewesen wären. Auf die entsprechenden Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit des Verbots der Klägerin zu 1. wird verwiesen.

100 g) Das Grundrecht, an dem sich ein Vereinigungsverbot messen lassen muss, ist in erster Linie die in Art. 9 Abs. 1 GG geschützte Vereinigungsfreiheit. Das bedeutet nicht, dass die Wertungen weiterer Grundrechte im Rahmen der Prüfung am Maßstab des Art. 9 GG keine Berücksichtigung finden. Die weiteren Grundrechte werden damit aber nicht zum selbständigen Prüfungsmaßstab. Für Verbote von Vereinigungen gilt, auch soweit sie andere Grundrechte betreffen, in erster Linie die spezielle Norm des Art. 9 Abs. 2 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2018 - 1 BvR 1474/12 u.a. - BVerfGE 149, 160 Rn. 93 und 98 m.w.N.).

101 Hiernach ist der mit der angefochtenen Verfügung verbundene Eingriff in die von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Pressefreiheit, auf die sich die Klägerin zu 1. beruft, jedenfalls gerechtfertigt. Wie sich aus den in Art. 5 Abs. 2 GG festgelegten Schranken der Pressefreiheit und einer Abwägung mit dem verfassungsrechtlichen Verbotstatbestand des Art. 9 Abs. 2 GG ergibt, haben Meinungs- und Pressefreiheit dort zurückzutreten, wo sie - wie hier - ausschließlich der Verwirklichung verbotswidriger Vereinszwecke dienen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 1997 - 1 A 13.93 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 26; Beschluss vom 19. August 1994 - 1 VR 9.93 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 19). Nichts anderes kann im Schutzbereich der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) gelten, auf die sich die Klägerin zu 2. beruft und die im Rahmen kollidierenden Verfassungsrechts ebenfalls durch Art. 9 Abs. 2 GG begrenzt wird. Dass aus der Berufsausübungsfreiheit in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG, sofern sie neben den Grundrechten aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 GG überhaupt zur Anwendung kommt, ein weitergehender Grundrechtsschutz zu Gunsten der Klägerinnen besteht, ist angesichts des nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG bestehenden Gesetzesvorbehalts nicht anzunehmen.

102 Ebenso wenig gehen Art. 10 und 11 EMRK über den Schutzbereich der entsprechenden Grundrechte hinaus (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 28. Januar 1997 - 1 A 13.93 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 26).

103 h) Da das Verbot und die Auflösung der Klägerinnen keinen materiell-rechtlichen Bedenken begegnen, erweisen sich auch die weiteren in der angefochtenen Verfügung getroffenen Regelungen, die ihre Rechtsgrundlage ebenfalls in den Bestimmungen des Vereinsgesetzes finden (s.o. unter II 1. b)), als rechtmäßig.

104 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.