Beschluss vom 26.09.2018 -
BVerwG 3 PKH 6.17ECLI:DE:BVerwG:2018:260918B3PKH6.17.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 26.09.2018 - 3 PKH 6.17 - [ECLI:DE:BVerwG:2018:260918B3PKH6.17.0]

Beschluss

BVerwG 3 PKH 6.17

  • VG Chemnitz - 04.09.2017 - AZ: VG 7 K 2438/17

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. September 2018
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und Dr. Wysk sowie
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann
beschlossen:

Der Antrag des Antragstellers, ihm für ein Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 4. September 2017 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Gründe

1 Dem Antragsteller kann Prozesskostenhilfe nicht bewilligt und auch kein Rechtsanwalt beigeordnet werden, weil die beabsichtigte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 4. September 2017 keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 121 Abs. 1 ZPO; § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 78b Abs. 1 ZPO).

2 Der Antragsteller wendet sich gegen mehrere Bescheide. Mit einem lehnte der Beklagte des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens einen Antrag auf Wiederaufgreifen eines Rehabilitierungsverfahrens, mit zwei weiteren Bescheiden erneute Anträge auf berufliche und verwaltungsrechtliche Rehabilitierung ab.

3 Der im März 1988 aus der DDR ausgereiste Antragsteller beantragte im November 1995 seine verwaltungsrechtliche und berufliche Rehabilitierung wegen verschiedener Eingriffe in seine Lebensgestaltung, seine Ausbildung und seinen Beruf. Mit Bescheid vom 18. Januar 1999 wurde ihm eine Rehabilitierungsbescheinigung nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG) erteilt und eine Verfolgungszeit vom 25. Juli bis 6. Dezember 1987 festgestellt. Weitergehende Ansprüche wurden abgelehnt, darunter die verwaltungsrechtliche Rehabilitierung wegen der Nichtzulassung zur Offiziersausbildung.

4 Unter dem 25. Oktober 2001 beantragte der Antragsteller das Wiederaufgreifen des beruflichen Rehabilitierungsverfahrens bezogen auf seine Eigenkündigung. Diesen Antrag erweiterte er mit Schreiben vom 25. Juli 2002 um die verwaltungsrechtliche Rehabilitierung wegen der "Ablehnung als NVA-Kader". Mit Bescheid vom 4. September 2002 lehnte der Beklagte das Wiederaufgreifen ab, befasste sich aber in mehreren Bescheiden aus April 2003 und einem (End)Bescheid vom 24. April 2003 erneut mit den vom Antragsteller genannten Maßnahmen. Der Antragsteller griff diese Bescheide nicht an.

5 Mit Schreiben vom 3. Oktober 2011 beantragte er sinngemäß erneut das Wiederaufgreifen des Verfahrens mit dem Ziel der Rehabilitierung wegen der Nichtzulassung zur Offiziersausbildung bei der NVA. Der Beklagte lehnte dies ab. Das Klageverfahren hiergegen blieb erfolglos (zuletzt BVerwG 3 PKH 6.15 ). Mit Schreiben vom 7. Juni 2015 beantragte der Antragsteller, ihn wegen der Nichtanstellung als Innenarchitekt beruflich zu rehabilitieren. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 19. Oktober 2015 ab. Unter dem 10. Juli 2016 beantragte der Antragsteller weiter, ihn wegen einer seelischen Behinderung, die er durch die Anlegung eines operativen Vorgangs bei dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS) erlitten habe, verwaltungsrechtlich zu rehabilitieren. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 28. November 2016 ab. Die Widersprüche des Antragstellers gegen die Bescheide vom 4. September 2002, 19. Oktober 2015 und 28. November 2016 wies der Beklagte mit Bescheid vom 29. Mai 2017 zurück.

6 Die gegen diese Bescheide ohne Sachantrag erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die angefochtenen Bescheide als unbegründet abgewiesen und hat ergänzend begründet, warum die Bescheide aus seiner Sicht rechtmäßig seien. Zum Bescheid vom 28. November 2016 hat es ausgeführt, zwar könne nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine gesundheitliche Schädigung auch durch Bündel von Einzelmaßnahmen verursacht werden, die erst in ihrem Zusammenwirken über längere Zeit den Schaden hervorriefen. Es seien im Fall des Antragstellers aber keine derartigen Maßnahmen erkennbar, die geeignet gewesen wären, eine gesundheitliche Schädigung herbeizuführen. Der Antragsteller berufe sich nur darauf, dass über ihn ein operativer Vorgang angelegt worden sei.

7 Die vom Verwaltungsgericht nicht zugelassene Revision kann in dem vom Antragsteller angestrebten Beschwerdeverfahren voraussichtlich nicht zugelassen werden. Das Bundesverwaltungsgericht ist zur Zulassung der Revision nur befugt, wenn einer der Revisionszulassungsgründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO dargelegt wird und vorliegt (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Dies lassen die Ausführungen des anwaltlich nicht vertretenen Antragstellers bei der vom Senat von Amts wegen vorzunehmenden Prüfung nicht erkennen. Auch bei wohlwollender Prüfung des Vorbringens drängt sich nicht die Möglichkeit eines Zulassungsgrundes auf.

8 Der Antragsteller macht geltend, das Urteil des Verwaltungsgerichts weiche von den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. September 2010 - 3 C 40.09 – (BVerwGE 138, 36) und vom 9. Oktober 2003 - 3 C 1.03 - (BVerwGE 119, 102) ab. Der operative Vorgang des MfS habe zu einer Zwangslage und in der Folge zu einer gesundheitlichen Schädigung geführt. Weiteren Maßnahmen sei er durch Aufgabe der Beschäftigung zuvor gekommen. Ihm stünden deshalb Ausgleichsleistungen nach § 8 BerRehaG und Folgeansprüche nach dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitationsgesetz (VwRehaG) zu. Zur Glaubhaftmachung versichere er an Eides statt, dass er seit der Kinderkrippe an, als Schüler und auch später fortlaufend politisch verfolgt worden sei. Den im angefochtenen Urteil angenommenen Sachverhalt bestreite er.

9 Mit diesen Ausführungen macht der Antragsteller geltend, dass die Sachverhalts- und Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil falsch sei. Er verkennt damit, dass eine Verletzung des materiellen Rechts ebenso wenig wie die sachliche Unrichtigkeit eines Urteils als solche zur Zulassung der Revision führen kann. Dem Bundesverwaltungsgericht ist eine eigenständige Würdigung des vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalts verwehrt. Es hat insoweit nur zu prüfen, ob Verfahrensfehler vorliegen, auf denen die Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Das ist nach dem Vorbringen des Antragstellers, das sehr vage bleibt und nur allgemeine Behauptungen aufstellt, nicht zu erkennen. Im Übrigen stimmt das angefochtene Urteil hinsichtlich seiner abstrakten Rechtssätze mit den vom Antragsteller zitierten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. September 2010 und vom 9. Oktober 2003 überein, sodass weder eine grundsätzliche Bedeutung noch eine Abweichung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gegeben sind.