Beschluss vom 05.03.2019 -
BVerwG 5 B 13.19ECLI:DE:BVerwG:2019:050319B5B13.19.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 05.03.2019 - 5 B 13.19 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:050319B5B13.19.0]

Beschluss

BVerwG 5 B 13.19

  • VG Mainz - 08.03.2018 - AZ: VG 1 K 862/17.MZ
  • OVG Koblenz - 06.12.2018 - AZ: OVG 7 A 10609/18

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 5. März 2019
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Vormeier,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen-Weiß und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Holtbrügge
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 6. Dezember 2018 wird verworfen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 396 € festgesetzt.

Gründe

1 1. Die Beschwerde ist unzulässig, weil sie nicht den Darlegungsanforderungen genügt.

2 a) Die Klägerin hat die angebliche grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht ausreichend aufgezeigt.

3 Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Die Begründungspflicht verlangt, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Urteils, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht, substantiiert auseinandersetzt und aufzeigt, aus welchen Gründen der Rechtsauffassung, die der aufgeworfenen Frage zugrunde liegt, zu folgen ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 4. April 2012 - 5 B 58.11 - juris Rn. 2 und vom 17. Februar 2017 - 5 B 12.16 - juris Rn. 2 m.w.N.). Soweit sich die Vorinstanz mit der Frage beschäftigt hat, gehört zu der erforderlichen Durchdringung des Prozessstoffes die Erörterung sämtlicher Gesichtspunkte, die im Einzelfall für die erstrebte Zulassung der Revision rechtlich Bedeutung haben könnten (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse 9. März 1993 - 3 B 105.92 - NJW 1993, 2825 <2826> und vom 26. September 2016 - 5 B 1.16 D - juris Rn. 26 m.w.N). Gemessen daran hat die Beschwerde keinen Erfolg.

4 Die Klägerin misst "der Frage über die Erstattungsfähigkeit von aufgewendeten Arzt- und Arzneimittelkosten im Rahmen der Jugendhilfe für unbegleitete minderjährige Ausländer" grundsätzliche Bedeutung bei. Diese Frage genügt in ihrer Allgemeinheit nicht dem Gebot, eine bestimmte, also hinreichend konkrete Frage zu benennen. Davon abgesehen sind die Darlegungsanforderungen auch deshalb nicht erfüllt, weil sich die Klägerin nicht ansatzweise mit den Erwägungen in der Begründung des angefochtenen Urteils auseinandersetzt.

5 b) Die Rüge eines Verfahrensmangels trägt den Begründungsanforderungen ebenfalls nicht Rechnung.

6 Nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Ein Verfahrensmangel ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Dem genügt die Beschwerde nicht.

7 Die Klägerin sieht einen Verstoß gegen § 88 VwGO darin, dass das Oberverwaltungsgericht nicht die Erstattung der geringeren Kosten zuerkannt hat, die die gesetzliche Krankenversicherung zu übernehmen gehabt hätte. Nach § 88 VwGO darf das Gericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. Es hat vielmehr das tatsächliche Rechtsschutzbegehren zu ermitteln. Insoweit sind die für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätze (§§ 133, 157 BGB) anzuwenden. Für die Auslegung des Klagebegehrens sind neben dem Klageantrag insbesondere die Klagebegründung sowie das gesamte übrige Klagevorbringen zu berücksichtigen, ferner die Interessenlage des Klägers, soweit sie sich aus dem Parteivortrag und sonstigen für das Gericht und die übrigen Beteiligten als Empfänger der Prozesserklärung erkennbaren Umständen ergibt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 13. Januar 2012 - 9 B 56.11 - Buchholz 310 § 88 VwGO Nr. 42 Rn. 7 f. m.w.N. und vom 26. April 2018 - 3 C 11.16 - DVBl. 2018, 1621 Rn. 14). Gemessen daran ist nicht zu beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht erkennbar davon ausgegangen ist, das Klagebegehren bestehe in der Verurteilung des Beklagten zur Erstattung der für die ärztlichen Leistungen aufgewandten 396 €. Dies wird von der Klägerin auch nicht substantiiert angegriffen. Sie legt insbesondere nicht substantiiert dar, dass die Vorinstanz über dieses Klagebegehren hinausgegangen ist oder - was mit § 88 VwGO auch nicht im Einklang stände - ein anderes Begehren zugrunde gelegt hat. Soweit sie der Auffassung ist, das Gericht hätte (jedenfalls) einen geringeren Betrag zusprechen müssen, ist damit kein Verstoß gegen § 88 VwGO aufgezeigt. Zwar hindert diese Bestimmung ein Gericht nicht, dem Kläger auf der Grundlage des § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO weniger zuzusprechen als begehrt und die Klage im Übrigen abzuweisen. Sie gebietet es aber nicht.

8 2. Von einer weiteren Begründung wird nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO abgesehen.

9 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3 GKG.