Beschluss vom 07.08.2020 -
BVerwG 8 C 4.20ECLI:DE:BVerwG:2020:070820B8C4.20.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 07.08.2020 - 8 C 4.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2020:070820B8C4.20.0]

Beschluss

BVerwG 8 C 4.20

  • VG Greifswald - 20.11.2018 - AZ: VG 2 A 1742/17 HGW

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 7. August 2020
durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Held-Daab,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hoock und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Seegmüller
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge der Klägerin gegen das Urteil vom 27. November 2019 - 8 C 13.18 - wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rügeverfahrens. Außergerichtliche Kosten des Beigeladenen werden nicht erstattet.

Gründe

1 Die Anhörungsrüge der Klägerin hat keinen Erfolg. Aus ihrer Begründung ergibt sich nicht, dass der Senat in seinem Urteil vom 27. November 2019 den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

2 Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Die Gerichte sind allerdings nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Sie können sich auf die Darstellung und Würdigung derjenigen rechtlichen Gesichtspunkte beschränken, auf die es nach ihrem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblich ankommt. Geht ein Gericht auf einzelne Teile des Vorbringens nicht ein, dokumentiert es damit in der Regel zugleich, dass es sie für rechtlich irrelevant hält. Ebenso wenig verpflichtet das Gebot des rechtlichen Gehörs die Gerichte, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten zu folgen. Nach diesem Maßstab liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Klägerin nicht vor.

3 1. Die Rüge der Klägerin, das Gericht habe sich bei der Frage der hinreichenden Individualisierung des Antrags nicht damit auseinandergesetzt, ob unter den Begriff "Inventar- und Kulturgüter" eines Schlosses auch eine Bibliothek falle, trifft nicht zu. Der Senat hat sich unter Randnummer 30 seines Urteils mit dieser Frage ausdrücklich befasst und hierzu ausgeführt, dass der Begriff des Inventars der im Eigentum des Herzogs stehenden Schlösser und Liegenschaften weder gegenständlich eingegrenzt noch eingrenzbar ist. Er könne Möbel und sonstiges Wohninventar ebenso enthalten wie landwirtschaftliches Nutzinventar oder Jagdutensilien und Waffen. Er könne alle denkbaren Arten von Kulturgütern, Wert- und Kunstgegenständen verschiedenster Gattungen ebenso umfassen wie Devotionalien oder Sammlungen beliebiger Objekte. Damit biete er keinen Ansatz zu zielgerichteten, zu bestimmten einzelnen Gegenständen hinführenden Ermittlungen.

4 2. Auch mit dem in Ziffer 8 des Schreibens vom 10. Dezember 1992 als Auffangtatbestand formulierten Rückgabeantrag hat sich der Senat ausdrücklich befasst (UA Rn. 30). Dass er bei Auslegung dieses Antrags auf der Grundlage der §§ 133, 157 BGB zu einem anderen Ergebnis gelangt ist als die Vorinstanz, begründet keine Verletzung des Rechts der Klägerin auf rechtliches Gehör. Ebenso wenig hat der Senat die Frage der Hinweispflicht des Beklagten nach § 31 Abs. 1b VermG unberücksichtigt gelassen. Dazu hat er ausgeführt, das angegriffene Teilurteil habe übersehen, dass eine Verpflichtung der Behörde, den Berechtigten zur Präzisierung seiner Anmeldung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern, einen wirksamen und damit einen individualisierbaren Restitutionsantrag voraussetze (UA Rn. 28). Er ist im Gegensatz zur Klägerin davon ausgegangen, dass der Beklagte mangels wirksamen Restitutionsantrags nicht gemäß § 31 Abs. 1b VermG verpflichtet war, der Klägerin eine Frist zur Präzisierung ihres Restitutionsbegehrens zu setzen (UA Rn. 34). Der Senat hat ebenfalls berücksichtigt, dass sich die herausverlangten Gegenstände in der Verfügungsmacht des Landes befunden haben (UA Rn. 29).

5 3. Der Senat hat das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör auch nicht dadurch verletzt, dass er die von ihr zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Anmeldefristen des alliierten Rückerstattungsrechts (BGH, Urteile vom 11. Februar 1952 - II ZR 51/52 - BGHZ 9, 34 und vom 16. März 2012 - V ZR 279/10 - NJW 2012, 1796) in seinem Urteil nicht erwähnt hat. Die vorgenannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs betreffen zivilrechtliche Ansprüche. Sie waren für die Anwendung der für das Rückgabebegehren der Klägerin maßgeblichen Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 AusglLeistG nach der Rechtsauffassung des Senats nicht einschlägig. Die gegenteilige Auffassung der Klägerin kritisiert die materiell-rechtliche Würdigung des Sachverhalts, ohne darzutun, dass aus der Sicht des Senats erheblicher Vortrag übergangen worden wäre. Das angegriffene Urteil geht sowohl auf das verschuldensunabhängige Eingreifen der Ausschlussfrist als auch auf die Voraussetzungen einer Nachsichtgewährung ein.

6 4. Schließlich begründet auch die Rüge, die Berufung des Beklagten auf den Fristablauf sei angesichts der von 2011 bis 2014 mit höchsten Repräsentanten des Landes Mecklenburg-Vorpommern geführten Verhandlungen über den Verkauf von Kunstgegenständen der Klägerin an das Land sittenwidrig, keine Verletzung rechtlichen Gehörs. Abgesehen davon, dass es hierzu an entsprechenden Tatsachenfeststellungen im Urteil der Vorinstanz fehlt (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO), bezieht sich dieses Vorbringen auf einen Zeitraum lange nach Ablauf der am 31. Mai 1995 endenden Anmeldefrist. Schon deshalb war das Vorbringen nach der Rechtsauffassung des Senats nicht entscheidungserheblich und musste in dem angegriffenen Urteil nicht erörtert werden.

7 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.