Beschluss vom 19.03.2021 -
BVerwG 6 C 13.20ECLI:DE:BVerwG:2021:190321B6C13.20.1
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 19.03.2021 - 6 C 13.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2021:190321B6C13.20.1]
Beschluss
BVerwG 6 C 13.20
- VG Köln - 17.02.2020 - AZ: VG 9 K 8499/18
In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 19. März 2021
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Möller und Hahn
beschlossen:
- Die Beiladungsanträge
- der Y GmbH
- und
- der Z AG
- werden abgelehnt.
Gründe
I
1 Mit Beschluss vom 14. Mai 2018 ordnete die Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur gemäß § 55 Abs. 10 TKG an, dass der Zuteilung der bereitgestellten Frequenzen für den drahtlosen Netzzugang in den Bereichen von 1 920 MHz bis 1 980 MHz (Unterband) und von 2 110 MHz bis 2 170 MHz (Oberband) sowie von 3 400 MHz bis 3 700 MHz ein Vergabeverfahren nach § 61 Abs. 1 TKG voranzugehen habe, und bestimmte ferner, dass dieses Verfahren als Versteigerungsverfahren nach § 61 Abs. 2 TKG durchgeführt werde. Mit Beschluss vom 26. November 2018 erließ die Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur auf der Grundlage von § 55 Abs. 10, § 61 Abs. 3, 4 und 6 sowie § 132 Abs. 1 und 3 TKG die Entscheidung über die Vergaberegeln und Auktionsregeln zur Vergabe von Frequenzen in den Bereichen 2 GHz und 3,6 GHz für den drahtlosen Netzzugang zum Angebot von Telekommunikationsdiensten. Teil der Vergaberegeln sind die Frequenznutzungsbestimmungen, die in Ziffern III.4.3 bis 12 Versorgungsverpflichtungen und in Ziffern III.4.15 bis 17 Verhandlungspflichten enthalten. Ziffer III.4.15 lautet wie folgt: "Zuteilungsinhaber haben mit geeigneten Diensteanbietern über die Mitnutzung von Funkkapazitäten zu verhandeln. Die Verhandlungen sollen diskriminierungsfrei sein und die bereitzustellenden Kapazitäten nicht auf bestimmte Dienste, Funktechniken oder Anwendungen beschränkt werden."
2 Die Klägerin betreibt ein bundesweites Mobilfunknetz und hat im Rahmen des Versteigerungsverfahrens Frequenzen im Umfang von insgesamt 20 MHz im Bereich von 2 GHz und von insgesamt 70 MHz im Bereich von 3,6 GHz ersteigert. Zuvor hatte sie gegen den Beschluss vom 26. November 2018 Klage erhoben und beantragt, den Beschluss aufzuheben, hilfsweise die Ziffern III.4.3 bis 11 und/oder die Ziffern III.4.15 bis 17 des Beschlusses aufzuheben. Den Antrag der Y GmbH und der Z AG, die Mobilfunkleistungen anbieten und hierfür Vorleistungen der Mobilfunknetzbetreiber beziehen, zum Verfahren beigeladen zu werden, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 6. November 2019 abgelehnt. Mit Urteil vom 17. Februar 2020 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen. Auf die Beschwerde der Klägerin hat der Senat die Revision mit Beschluss vom 6. November 2020 - 6 B 30.20 - zugelassen.
3 Während des Revisionsverfahrens haben die Y GmbH und die Z AG wiederum ihre Beiladung zum Verfahren beantragt.
4 Die Y GmbH und die Z AG haben zudem ihrerseits bei dem Verwaltungsgericht Klage gegen den Beschluss vom 26. November 2018 mit dem Ziel erhoben, das in Ziffer III.4.15 enthaltene Verhandlungsgebot zu einer Diensteanbieterverpflichtung zu erhärten. Die Klage ist noch bei dem Verwaltungsgericht anhängig (Az.: 1 K 8531/18).
II
5 Die Beiladungsanträge sind unbegründet. Im Revisionsverfahren ist eine Beiladung nur dann zulässig, wenn sie im Sinne des § 65 Abs. 2 VwGO notwendig ist (§ 142 Abs. 1 VwGO). Für die Y GmbH und die Z AG liegen die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung nicht vor, da sie an dem streitigen Rechtsverhältnis nicht derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (§ 65 Abs. 2 VwGO).
6 Die Beiladung ist notwendig, wenn die vom Kläger begehrte Sachentscheidung nicht getroffen werden kann, ohne dass dadurch gleichzeitig unmittelbar Rechte des Beizuladenden gestaltet, bestätigt oder festgestellt, verändert oder aufgehoben werden (BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1984 - 3 C 88.82 - Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 49 S. 12; Beschluss vom 9. Januar 1999 - 11 C 8.97 - Buchholz 310 § 65 VwGO Nr. 131), oder anders gewendet, wenn die Entscheidung unmittelbar Rechte oder Rechtsbeziehungen Dritter gestalten soll, sie aber ohne deren Beteiligung am Verfahren nicht wirksam gestalten kann (BVerwG, Beschluss vom 12. August 1981 - 7 B 195.80 - Buchholz 310 § 65 VwGO Nr. 60).
7 Eine derartige Fallgestaltung liegt hier nicht vor. Denn die Y GmbH und die Z AG sind entgegen ihrem Vorbringen nicht Adressatinnen der Präsidentenkammerentscheidung vom 26. November 2018. Bei der Festlegung von Vergabe- und Versteigerungsregeln nach § 61 Abs. 3 und 4 TKG handelt es sich um Verwaltungsakte in der Gestalt von Allgemeinverfügungen im Sinne von § 35 Satz 2 Alt. 1 VwVfG, nämlich um "konkret-generelle" Regelungen, die sich aus einem konkreten Vergabeanlass an einen noch unbestimmten, aber bestimmbaren Personenkreis richten (BVerwG, Urteil vom 17. August 2011 - 6 C 9.10 - BVerwGE 140, 221 Rn. 51; vgl. auch Urteil vom 24. Juni 2020 - 6 C 3.19 - NVwZ 2020, 1672 Rn. 15). Denn zum Erlasszeitpunkt dieser Regelungen steht regelmäßig noch nicht fest, welche Telekommunikationsunternehmen an einer Beteiligung an dem Vergabeverfahren interessiert sind und daher von dem Geltungsanspruch des die Vergabe- und Versteigerungsregeln festlegenden Verwaltungsakts erfasst werden (vgl. allgemein zu personenbezogenen Allgemeinverfügungen: BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2021 - 6 C 26.19 - juris Rn. 27). Daran ändert sich auch dann nichts, wenn das Vergabeverfahren zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung - wie hier - bereits durchgeführt worden ist.
8 Ohne die beantragte Beiladung der Y GmbH und der Z AG im vorliegenden Revisionsverfahren entsteht kein mit Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbares Rechtsschutzdefizit. Zwar können sie nicht auf die - von ihnen genutzte - Möglichkeit verwiesen werden, selbst Klage gegen die Präsidentenkammerentscheidung vom 26. November 2018 zu erheben; denn insoweit handelt es sich bei dem von ihnen verfolgten Verpflichtungsbegehren und dem Aufhebungsbegehren der Klägerin um unterschiedliche Streitgegenstände. Sie könnten aber, falls die vorliegende Klage Erfolg hätte, gegebenenfalls gegen die sich hieraus ergebenden Folgeentscheidungen der Bundesnetzagentur - namentlich den Erlass von in Bezug auf die Frequenznutzungsbestimmungen geänderten Vergaberegeln (§ 61 Abs. 3 TKG), den Erlass entsprechend angepasster Frequenzzuteilungsbescheide (§ 55 Abs. 3, § 61 Abs. 6 TKG) oder die Aufhebung bestehender Frequenzzuteilungsbescheide (§§ 48, 49 VwVfG) - ihrerseits Rechtsschutz erlangen, soweit sie durch die genannten Entscheidungen erstmals belastet werden.