Beschluss vom 22.11.2016 -
BVerwG 1 B 117.16ECLI:DE:BVerwG:2016:221116B1B117.16.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 22.11.2016 - 1 B 117.16 - [ECLI:DE:BVerwG:2016:221116B1B117.16.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 117.16

  • VG Karlsruhe - 20.03.2008 - AZ: VG 3 K 2478/07
  • VGH Mannheim - 31.08.2016 - AZ: VGH 11 S 1124/16

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. November 2016
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Berlit, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Dörig und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Fricke
beschlossen:

  1. Der Antrag der Klägerin, ihr Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
  2. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 31. August 2016 wird verworfen.
  3. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 1. Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114, 121 Abs. 1 ZPO).

2 2. Die Beschwerde ist unzulässig. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargetan.

3 Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufgeworfen wird. Eine solche lässt sich der Beschwerde nicht entnehmen.

4 2.1 Die Beschwerde möchte für die Frage der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG geklärt wissen,
"in wieweit von einer 82-jährigen Person oder allen Ausländern ab dem Rentenalter eine den gesamten Bedarf deckender Lebensunterhalt verlangt werden kann oder ob nicht entweder die Härtefallregelung des § 9 Abs. 2 Satz 4 AufenthG entsprechend anzuwenden ist oder aber ob nicht ab einem gewissen Alter allein dieses Alter einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung entspricht, in wieweit also allein das Alter z.B. ab 80 Jahren eine geistige Behinderung darstellt, zumal bei Analphabeten ab 80 Jahre".

5 Soweit die aufgeworfene Frage rechtsgrundsätzlicher Klärung zugänglich und nicht einzelfallbezogen ist, ist sie durch das Urteil des Senats vom 28. Oktober 2008 (1 C 34.07 - Buchholz 402.242 § 26 AufenthG Nr. 3) bereits geklärt. Danach ist von der zwingenden Erteilungsvoraussetzung der Unterhaltssicherung - mit Ausnahme der hier nicht in Betracht kommenden Sonderregelung in § 26 Abs. 4 Satz 4 AufenthG - nur im Rahmen der Vorschriften des § 9 Abs. 2 AufenthG abzusehen. Weiter ist geklärt, dass nach § 9 Abs. 2 Satz 6 AufenthG von der Voraussetzung der Unterhaltssicherung nur abgesehen wird, wenn der Ausländer diese aus den in § 9 Abs. 2 Satz 3 AufenthG genannten Gründen - d.h. wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung - nicht erfüllen kann. Ein Rückgriff auf die allgemeine Ausnahmeregelung des § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ist nicht möglich. Der Senat hat im zitierten Urteil auch entschieden, dass aus der gesetzgeberischen Bewertung, die Sicherung des Lebensunterhalts bei der Erteilung von Aufenthaltstiteln als eine Voraussetzung von grundlegendem staatlichen Interesse anzusehen, folgt, dass Ausnahmen von der Voraussetzung des § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG grundsätzlich eng auszulegen sind. Daraus ergibt sich, dass allein eine auf einem vorgerückten Lebensalter beruhende allgemeine Minderung der Leistungsfähigkeit - auch durch alterstypische Erkrankungen - keinen gesetzlich anerkannten Grund darstellt, vom Erfordernis der Sicherung des Lebensunterhalts abzusehen. Auch für eine entsprechende Anwendung der Härtefallregelung des § 9 Abs. 2 Satz 4 AufenthG ist daher kein Raum. Der Senat sieht keine Gründe für eine Änderung seiner Rechtsprechung.

6 2.2 Soweit die Beschwerde eine weitere Frage zum Absehen vom Erfordernis von Kenntnissen im Sinne von § 9 Abs. 2 Nr. 7 und 8 AufenthG aufwirft, ist diese nicht entscheidungserheblich, da es für die Erteilung der begehrten Niederlassungserlaubnis schon am Erfordernis der Sicherung des Lebensunterhalts gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG fehlt.

7 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.