Beschluss vom 28.07.2022 -
BVerwG 1 WB 53.21ECLI:DE:BVerwG:2022:280722B1WB53.21.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 28.07.2022 - 1 WB 53.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:280722B1WB53.21.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 53.21

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt
am 28. Juli 2022 beschlossen:

Der Antrag auf Beweiserhebung durch Beiziehung eines vollständigen und ungeschwärzten Ausdrucks der vom Bundesministerium der Verteidigung am 5. Oktober 2021, 20.47 Uhr, an das ... übersandten E-Mail zu den Akten des Verfahrens wird abgelehnt.

Gründe

1 Die Entscheidung, über die der Senat gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1, § 18 WBO i. V. m. § 80 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 WDO in der Besetzung ohne ehrenamtliche Richter entscheidet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. November 1979 - 1 WB 161.77 , 1 WB 166.77 - BVerwGE 63, 289 <292>), beruht auf § 21 Abs. 2 Satz 1, § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2, § 23a Abs. 1 WBO, §§ 106 und 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i. V. m. § 244 Abs. 2 und 3 StPO.

2 Der Antrag genügt nicht den formellen Anforderungen an einen Beweisantrag. Der Antragsteller nimmt an, dass sich aus dem Dokument Hinweise auf den tatsächlich zugetragenen Sachverhalt ergeben können und es Beweis für seine bereits geäußerte Rechtsauffassung liefere. Konkrete und entscheidungserhebliche Tatsachen, die sich aus dem geschwärzten Inhalt des Dokuments ergeben können, sind damit nicht vorgetragen.

3 Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Antragstellers vom 14. April 2021. Hiernach ist beantragt, die Auswahlentscheidung ... in der Gestalt des Beschwerdebescheides des Bundesministeriums der Verteidigung vom 7. April 2021 für die Besetzung des Dienstpostens beim ... (Dotierungshöhe A 16) mit Herrn Oberstleutnant K. einschließlich der diesbezüglichen Versetzungsverfügungen aufzuheben und zu einer Neubescheidung zu verpflichten. Auch die Beschwerde vom 9. März 2021 und der Beschwerdebescheid betreffen eine mutmaßlich zugunsten von Oberstleutnant K. ergangene Auswahlentscheidung. In dem den fraglichen Referatsleiterdienstposten betreffenden Auswahlverfahren ist aber ausweislich der vom Bundesministerium der Verteidigung vorgelegten Mitteilung des ... vom 31. Januar 2022 nicht zugunsten von Oberstleutnant K., sondern zugunsten von Oberstleutnant H. entschieden worden.
Vor diesem Hintergrund gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass es die vom Antragsteller vermutete und vom Bundesministerium der Verteidigung bestrittene Auswahlentscheidung zugunsten von Oberstleutnant K. gegeben haben könnte. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich aus der E-Mail vom 5. Oktober 2021 Hinweise auf das Ergehen einer solchen Entscheidung ergeben könnten. Zudem ist weder erläutert noch ersichtlich, dass sich aus dem Inhalt der fraglichen E-Mail sonstige Tatsachen ergeben könnten, auf die es in diesem Rechtsstreit ankommen könnte. Mithin handelt es sich um einen bloßen Ausforschungsantrag, der dem Gericht eine Beweisaufnahme nicht nahezulegen braucht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. März 1995 - 11 B 21.95 - juris Rn. 4 und vom 26. Juni 2017 - 6 B 54.16 - Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 76 Rn. 7).

Beschluss vom 15.12.2022 -
BVerwG 1 WB 53.21ECLI:DE:BVerwG:2022:151222B1WB53.21.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 15.12.2022 - 1 WB 53.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:151222B1WB53.21.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 53.21

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Henke,
den ehrenamtlichen Richter Oberst i.G. Kläsener und
den ehrenamtlichen Richter Oberstleutnant Schapschröer
am 15. Dezember 2022 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Antrag betrifft eine vom Antragsteller vermutete Entscheidung, den mit A 16 bewerteten Dienstposten des ... im ... mit Oberstleutnant A zu besetzen.

2 Der Antragsteller ist Berufssoldat und Stabsoffizier mit der Befähigung zum Richteramt (Stabsoffizier Recht) im Kompetenzbereich Personalmanagement. Er wurde im November 2008 zum Oberstleutnant befördert. Zum 1. Oktober 2013 wurde er in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 eingewiesen. Seit Oktober 2018 wird er als Dezernatsleiter ... im ... verwendet.

3 Der streitgegenständliche Dienstposten war ursprünglich nach der Besoldungsgruppe A 15 bewertet und mit Oberstleutnant A besetzt. Zum 1. März 2021 wurde der Dienstposten der Besoldungsgruppe A 16 zugeordnet. Oberstleutnant A wurde mit Verfügung vom 18. März 2021 zum 1. März ... auf einen mit A 15 bewerteten Dienstposten als Stabsoffizier zur besonderen Verwendung im ... des ... versetzt. Mit "Anordnung zur Wahrnehmung A 15-wertiger Aufgaben" vom 19. April 2021 wurde er mit der Wahrnehmung konkret aufgezählter Aufgaben im ... beauftragt.

4 Mit Schriftsatz vom 9. März 2021 beschwerte sich der Antragsteller dagegen, bei der Besetzung des streitgegenständlichen Dienstpostens durch die Auswahl von Oberstleutnant A übergangen worden zu sein.

5 Für die Neubesetzung dieses Dienstpostens wurde am 28. September 2021 die Organisationsgrundentscheidung "Aufsteigende" getroffen. Zudem wurden für die Besetzung des A 16-Dienstpostens "..." (S-ID: ...) eine Dienstpostenbeschreibung sowie ein Anforderungsprofil bestimmt. Hiernach wird als dienstpostenunabhängiges Kriterium eine Verwendung als ... gefordert. Als dienstpostenbezogene Kriterien sind angeführt ... (insbesondere ...), ...

6 Mit Bescheid vom 7. April 2021 wies das Bundesministerium der Verteidigung die Beschwerde zurück. Sie sei mangels Beschwer des Antragstellers unzulässig. Der streitgegenständliche Dienstposten sei weder besetzt noch sei eine Auswahlentscheidung getroffen worden.

7 Hiergegen beantragte der Antragsteller am 19. April 2021 die gerichtliche Entscheidung. Das Bundesministerium der Verteidigung hat den Antrag mit einer Stellungnahme vom 14. Dezember 2021 dem Senat vorgelegt.

8 Den Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat der Senat mit Beschluss vom 8. November 2021 abgelehnt (BVerwG 1 W-VR 11.21 ). Am 28. Januar 2022 hat die Vizepräsidentin des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr entschieden, den in Rede stehenden Dienstposten mit Oberstleutnant B zu besetzen.

9 Der Antragsteller macht geltend, der streitgegenständliche Dienstposten sei ausweislich der Angaben des Personalwirtschaftssystems mit Oberstleutnant A besetzt gewesen. Dessen Auswahl verletze seine Rechte. Ihm sei im Auswahlverfahren keine Akteneinsicht gewährt worden. Aus einer E-Mail des Bundesministeriums der Verteidigung an das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 5. Oktober 2021 ergebe sich, dass Oberstleutnant A auf dem streitgegenständlichen Dienstposten einen Erfahrungsvorsprung erlangt habe. Dies verletze seine Rechte und begründe im Hinblick auf eine Wiederholungsgefahr und wegen Schadensersatzansprüchen ein Feststellungsinteresse. Sollte Oberstleutnant A mit seinem Antrag gegen die Auswahl von Oberstleutnant B obsiegen und die Auswahlentscheidung erneut zu treffen sein, könne der Erfahrungsvorsprung von Oberstleutnant A gegen ihn, den Antragsteller, verwendet werden. Dies solle mit diesem Verfahren verhindert werden.

10 Der Antragsteller beantragt,
die Auswahlentscheidung der Präsidentin des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom - Datum unbekannt –, in der Gestalt des mit dem 07.04.2021 datierten Beschwerdebescheides des Bundesministeriums der Verteidigung, R II 2, für die Besetzung des Dienstpostens beim ... (Dotierungshöhe A 16) mit Herrn Oberstleutnant ... einschließlich der diesbezüglichen Versetzungsverfügungen aufzuheben und die Präsidentin des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr zu einer Neubescheidung zu verpflichten.

11 Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

12 Der Antrag sei mangels einer beschwerdefähigen Maßnahme unzulässig. Eine Auswahlentscheidung zugunsten von Oberstleutnant A gebe es nicht. Durch die Auswahl von Oberstleutnant B für den Dienstposten habe sich der Rechtsstreit erledigt.

13 Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

14 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

15 1. Er ist weder statthaft noch hat der Antragsteller eine Antragsbefugnis oder ein Rechtsschutzinteresse, soweit der Antrag Rechte aus einer nur vermuteten Maßnahme verfolgt, die es tatsächlich aber nicht gegeben hat und die daher Rechte des Antragstellers auch nicht verletzen kann.

16 a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO (hier i. V. m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) die inhaltliche Identität zwischen dem Gegenstand des gerichtlichen Antragsverfahrens und dem des vorgerichtlichen Beschwerdeverfahrens (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. Mai 2014 - 1 WB 59.13 - Buchholz 450.1 § 23a WBO Nr. 2 Rn. 36, vom 22. Juni 2017 - 1 WB 15.17 - juris Rn. 23 und vom 26. September 2019 - 1 WB 26.18 - juris Rn. 15). Die Bestimmung des § 91 VwGO über die Klageänderung (einschließlich der Klageerweiterung) ist im gerichtlichen Antragsverfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung nicht anwendbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2014 - 1 WB 59.13 - Buchholz 450.1 § 23a WBO Nr. 2 Rn. 30 f.). Eine Änderung oder Erweiterung des Rechtsschutzbegehrens erstmals im gerichtlichen Verfahren ist deshalb unzulässig (BVerwG, Beschluss vom 3. Juni 2019 - 1 WNB 4.18 - Buchholz 449.7 § 19 SBG Nr. 1 Rn. 4).

17 b) Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war ausweislich der Beschwerde vom 9. März 2021 und des Beschwerdebescheides vom 7. April 2021 eine vom Antragsteller vermutete Auswahlentscheidung zugunsten von Oberstleutnant A, aus deren Rechtswidrigkeit der mit dem Verpflichtungsantrag verfolgte Anspruch auf Neubescheidung folgen soll. Bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens hat es aber in dem Auswahlverfahren zur Besetzung des streitgegenständlichen Dienstpostens keine Entscheidung gegeben, die die Rechte des Antragstellers verletzen und den geltend gemachten Anspruch auf Neubescheidung begründen könnte. Eine Auswahlentscheidung zugunsten von Oberstleutnant A ist nie erfolgt, wie sich aus dem Umstand ergibt, dass in dem Auswahlverfahren wegen des streitgegenständlichen Dienstpostens am 28. Januar 2022 ein anderer Oberstleutnant ausgewählt worden ist.

18 Die Beschwerde vom 9. März 2021 war auch nicht als Untätigkeitsbeschwerde zulässig und als solche inhaltlich zu bescheiden. Dass der Antragsteller einen Antrag auf Versetzung auf den mit A 16 bewerteten Dienstposten gestellt hätte, den das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr nicht binnen Monatsfrist beschieden hatte, ist weder geltend gemacht noch ersichtlich. Der Bewerbungsverfahrensanspruch eines möglichen Kandidaten für einen förderlichen Dienstposten ist nicht verletzt, solange das Verfahren sich noch in einem die Auswahlentscheidung vorbereitenden Stadium befindet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. November 2021 - 1 W-VR 11.21 - juris Rn. 17). Daher hat das Bundesministerium der Verteidigung die verfrühte Beschwerde des Antragstellers rechtsfehlerfrei als unzulässig zurückgewiesen. Den geltend gemachten Anspruch auf eine Neubescheidung hat der Antragsteller nicht.

19 Etwas anders folgt auch nicht aus dem Umstand, dass zwischenzeitlich über die Besetzung des Dienstpostens entschieden wurde. Die Auswahlentscheidung vom 28. Januar 2022 zugunsten von Oberstleutnant B ist nicht Gegenstand dieses Rechtsstreites und kann es auch nicht zulässigerweise werden. Denn den zulässigen Gegenstand des Antragsverfahrens gibt das Beschwerdeverfahren vor, welches die nach seinem Abschluss erfolgte Auswahlentscheidung vom 28. Januar 2022 nicht erfasst. Weder ist ersichtlich noch hat der Antragsteller behauptet, dass er Beschwerde gegen die Auswahlentscheidung vom 28. Januar 2022 eingelegt hat. Er will mit diesem Verfahren vielmehr verhindern, dass bei einem Erfolg eines anderen Kandidaten mit dessen Beschwerde und einem neuen Auswahlverfahren, an dem auch er selbst teilnehmen würde, ihm die Vorverwendung des Beschwerdeführers entgegengehalten werden kann. Hiernach ist davon auszugehen, dass die Auswahlentscheidung zugunsten von Oberstleutnant B dem Antragsteller gegenüber bestandskräftig geworden ist, da er die ihm spätestens mit der Übersendung des Schriftsatzes des Bundesministeriums der Verteidigung vom 10. März 2022 bekannte Auswahlentscheidung vom 28. Januar 2022 nicht mit einer Beschwerde und einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung angefochten hat.

20 c) Ein anderes Ergebnis rechtfertigt auch das vom Antragsteller angenommene Feststellungsinteresse für den Fall des Obsiegens von Oberstleutnant A in dessen gegen die Auswahl von Oberstleutnant B gerichteten Antragsverfahren nicht. Es gibt kein schutzwürdiges Interesse an einer gerichtlichen Klärung von für den anhängigen Rechtsstreit nicht entscheidungserheblichen Fragen. Auf einen etwaigen Erfahrungsvorsprung von Oberstleutnant A wegen dessen Verwendung auf dem streitgegenständlichen Dienstposten kommt es in diesem Verfahren nicht an. Hierauf käme es nicht einmal dann an, wenn die Auswahlentscheidung vom 28. Januar 2022 Gegenstand dieses Verfahrens wäre. Ebenso wenig kommt es hier auf die vom Antragsteller im Schriftsatz vom 27. Oktober 2022 formulierten Fragen oder - wie sich aus dem Beweisbeschluss des Senats vom 28. Juli 2022 ergibt - auf den Inhalt der E-Mail des Bundesministeriums der Verteidigung vom 5. Oktober 2021 an das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr an.