Rechtmäßigkeit der Betretung und Durchsuchung von Flüchtlingsunterkünften
Die Frage der Rechtmäßigkeit des Betretens und der Durchsuchung von Flüchtlingsunterkünften ist Gegenstand zweier Revisionsverfahren.
Die Antragsteller in dem Normenkontrollverfahren BVerwG 1 CN 1.22 waren als Asylbewerber nach ihrer Ankunft im Bundesgebiet zunächst in der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) in Freiburg untergebracht. Sie wenden sich unter anderem gegen Regelungen der bis zum 15. Dezember 2021 geltenden Hausordnung über die Durchführung von Zutritts- und Zimmerkontrollen durch Mitarbeiter des Regierungspräsidiums Freiburg und private Dienstleister. Die Antragsteller haben ihre Anträge auch nach ihrem Auszug aus der LEA aufrechterhalten.
Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat den Antrag mangels tiefgreifenden Grundrechtseingriffs für unzulässig erklärt, soweit er gegen in der Hausordnung geregelte Kontrollen am Eingang und auf dem Gelände der LEA gerichtet war. Soweit sich der Antrag gegen die Befugnisse zum Betreten und Kontrollieren der Zimmer der Bewohner richtete, hat der Verwaltungsgerichtshof den Antrag für zulässig gehalten und die Unwirksamkeit der entsprechenden Regelungen der Hausordnung festgestellt. Weder die im Flüchtlingsaufnahmegesetz noch die Hausordnung enthaltenen Regelungen oder das gewohnheitsrechtlich anerkannte Hausrecht genügten den Anforderungen für den Eingriff in das Grundrecht der Wohnung. Zimmer in einer Flüchtlingsunterkunft seien Wohnzwecken gewidmet, so dass im Gesetz selbst die Befugnis zum Betreten und der Betretenzweck zu regeln seien. Daran fehle es vorliegend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen, ob das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers in Fällen wie dem vorliegenden fortbesteht. Das beklagte Land hat Revision, die Kläger Anschlussrevision eingelegt. Sie verfolgen ihre jeweiligen Begehren - umfassende Rechtmäßigkeit der Kontrollen (Land), umfassende Rechtswidrigkeit aller Kontrollen (Antragsteller) - weiter.
Der Kläger in dem Verfahren BVerwG 1 C 10.22 wendet sich gegen das Betreten seines Zimmers in der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) in Ellwangen durch den Polizeivollzugsdienst zur Nachtzeit anlässlich seiner Abschiebung nach Italien am 20. Juni 2018. Am 21. Dezember 2018 reiste der Kläger erneut ins Bundesgebiet ein.
Mit dem Begehren, die Rechtswidrigkeit des Betretens des von ihm bewohnten LEA-Zimmers feststellen zu lassen, ist der Kläger erst- und zweitinstanzlich gescheitert. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat das Betreten des Zimmers als Teil einer spezialgesetzlich geregelten Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung ohne vorherige richterliche Durchsuchungsanordnung für zulässig erachtet. Bei dem Betreten habe es sich um keine Durchsuchung gehandelt. Das Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz ermächtige als besondere gesetzliche Vorschrift zum Betreten des Zimmers auch zur Nachtzeit durch Polizeivollzugsbeamte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen, ob es für die Prüfung eines Verstoßes gegen den Richtervorbehalt aus Art. 13 Abs. 2 GG darauf ankommt, ob die Behörde subjektiv und ex ante betrachtet eine Durchsuchung in Betracht zieht, oder ob maßgeblich ist, ob objektiv und ex post betrachtet tatsächlich eine Durchsuchung stattfand. Der Kläger verfolgt sein Begehren im Revisionsverfahren weiter.
BVerwG 1 CN 1.22:
BVerwG 1 C 10.22: