Zuletzt bereitgestellte Urteile und Beschlüsse


Urteil vom 15.06.2023 - BVerwG 1 C 10.22 (bereitgestellt am 25.09.2023)

Sachgebiet: Ausländerrecht

Wohnungsbetretung zwecks Überstellung im Dublin III-Verfahren

Leitsätze

1. Ein in einer Aufnahmeeinrichtung (§ 47 Abs. 1 AsylG) dem Ausländer zugewiesenes Zimmer ist in der Regel eine Wohnung im Sinne des Art. 13 Abs. 1 GG.

2. Die Durchsuchung einer Wohnung (Art. 13 Abs. 2 GG) erschöpft sich nicht in deren Betreten, sondern umfasst als zweites Element die Vornahme von Handlungen in den Räumen (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung; vgl. BVerwG, Urteile vom 6. September 1974 - 1 C 17.73 - BVerwGE 47, 31 <35 ff.> und vom 25. August 2004 - 6 C 26.03 - BVerwGE 121, 345 <349>).

3. Betreten behördliche Bedienstete eine Wohnung zum Zwecke der Durchführung einer Überstellung nach Art. 29 VO (EU) Nr. 604/2013, kann dies nach Art. 13 Abs. 7 GG zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung verfassungsrechtlich zulässig sein.

Urteil vom 20.04.2023 - BVerwG 1 C 4.22 (bereitgestellt am 28.08.2023)

Sachgebiet: Recht der Vertriebenen einschließlich des Rechts der Vertriebenenzuwendung, der Sowjetzonenflüchtlinge und der politischen Häftlinge

Unbegründeter Antrag auf Wiederaufgreifen eines vertriebenenrechtlichen Aufnahmeverfahrens

Leitsatz

Ob neue Beweismittel im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG eine dem Aufnahmebewerber günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden, ist auf der Grundlage der den bestandskräftigen Bescheid tragenden Rechtsauffassung zu beurteilen und nicht auf der Grundlage der heutigen Rechtsauffassung oder damaligen objektiven Rechtslage. Bei gerichtlicher Bestätigung des bestandskräftigen Bescheides ergibt sich die nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG maßgebliche Rechtsauffassung aus den tragenden rechtlichen Erwägungen der ihn bestätigenden gerichtlichen Entscheidung (wie BVerwG, Urteil vom 14. Juni 2017 - 8 C 7.16 - BVerwGE 159, 136 Rn. 26).

Urteil vom 25.05.2023 - BVerwG 1 C 6.22 (bereitgestellt am 15.08.2023)

Sachgebiet: Ausländerrecht

Ausweisung eines noch nie eingereisten Ausländers

Leitsätze

1. §§ 53 ff. AufenthG bieten keine Rechtsgrundlage für die Ausweisung eines visumpflichtigen drittstaatsangehörigen Ausländers, der noch nie in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist und sich dort aufgehalten hat.

2. Einer beteiligten Landesanwaltschaft können Kosten des Revisionsverfahrens nur auferlegt werden, wenn sie selbst Revision eingelegt hat.

Urteil vom 28.03.2023 - BVerwG 1 C 40.21 (bereitgestellt am 12.07.2023)

Sachgebiet: Asylrecht

Kein Anspruch einer im Asylverfahren rechtsberatend tätigen Nichtregierungsorganisation auf Zugang zu Aufnahmeeinrichtungen ohne vorherige Mandatierung

Leitsatz

Weder § 12a AsylG noch Art. 18 Abs. 2 Buchst. c RL 2013/33/EU vermitteln einer Nichtregierungsorganisation, die Asylverfahrensberatung durchführt, einen Anspruch auf Zugang ihres Beratungspersonals und Zufahrt eines als Beratungsraum genutzten Busses ("Infobus für Flüchtlinge") zu Aufnahmeeinrichtungen für Asylsuchende, um dort eine nicht zuvor angefragte Asylverfahrensberatung anzubieten.

Urteil vom 19.01.2023 - BVerwG 1 C 22.21 (bereitgestellt am 26.06.2023)

Sachgebiet: Asylrecht

Prüfung des Flüchtlingsschutzes bei subsidiär Schutzberechtigten syrischer Staatsangehörigkeit, die sich dem Militärdienst entziehen

Leitsätze

1. § 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG erfasst vorbehaltlich entgegenstehender Umstände des Einzelfalls auch die Verweigerung des Militärdienstes durch Antragsteller, die sich im militärdienstpflichtigen Alter befinden, zum Kreis derer gehören, die voraussichtlich dem Militärdienst unterliegen und bei denen beachtlich wahrscheinlich ist, dass sie zeitnah einberufen werden.

2. Eine Zwangsrekrutierung mit anschließendem Fronteinsatz ohne hinreichende militärische Ausbildung ist keine Strafverfolgung oder Bestrafung im Sinne des § 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG.

3. Im Rahmen der Prüfung, ob eine Verknüpfung nach § 3a Abs. 3 AsylG zwischen einem Verfolgungsgrund und einer Verfolgungshandlung vorliegt, spricht eine starke Vermutung im Sinne eines tatsächlichen Erfahrungssatzes dafür, dass eine Militärdienstverweigerung unter den in § 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG genannten Voraussetzungen mit einem Verfolgungsgrund in Zusammenhang steht. Diese starke Vermutung rechtfertigt es nicht, vom Regelbeweismaß der vollen richterlichen Überzeugungsgewissheit abzuweichen.

Urteil vom 16.02.2023 - BVerwG 1 C 19.21 (bereitgestellt am 04.05.2023)

Sachgebiet: Asylrecht

Voraussetzungen der Auswertung digitaler Datenträger im Asylverfahren

Leitsatz

Der Begriff der Auswertung von Datenträgern nach § 15a Abs. 1 Satz 1 AsylG umfasst sämtliche Maßnahmen der die Klärung von Identität und Staatsangehörigkeit eines Ausländers bezweckenden Datenverarbeitung, die sich auf einen nach § 15 Abs. 2 Nr. 6 AsylG vorgelegten, ausgehändigten oder überlassenen Datenträger bezieht. Dazu gehört auch das Auslesen eines Datenträgers.

Urteil vom 08.12.2022 - BVerwG 1 C 8.21 (bereitgestellt am 18.04.2023)

Sachgebiet: Ausländerrecht

Kindernachzug zum subsidiär Schutzberechtigten

Leitsätze

1. Die zum Kindernachzug nach § 32 AufenthG entwickelten Grundsätze zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt bei einer gesetzlichen Altersgrenze (BVerwG, Urteil vom 7. April 2009 - 1 C 17.08 - BVerwGE 133, 329) gelten auch für den Nachzug zum subsidiär schutzberechtigten Elternteil nach § 36a AufenthG.

2. Der Ausschluss des Familiennachzuges zu subsidiär Schutzberechtigten nach § 104 Abs. 13 AufenthG 2016 ist nicht verfassungswidrig, weil Härtefällen durch die Erteilung von humanitären Aufenthaltserlaubnissen nach § 22 Satz 1 AufenthG Rechnung getragen werden kann (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 11. Oktober 2017 - 2 BvR 1758/17 - juris).

3. Die Ungleichbehandlung des Familiennachzuges zum anerkannten Flüchtling nach § 32 und § 36 Abs. 1 AufenthG einerseits und zum subsidiär Schutzberechtigten nach § 36a AufenthG andererseits verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Sie ist insbesondere mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

Urteil vom 11.10.2022 - BVerwG 1 C 49.21 (bereitgestellt am 19.01.2023)

Sachgebiet: Ausländerrecht

Kein eigenständiges befristetes Aufenthaltsrecht des Elternteils eines minderjährigen ledigen Deutschen nach Aufhebung der familiären Lebensgemeinschaft

Leitsatz

§ 28 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 31 Abs. 1 und 4 AufenthG vermittelt dem ausländischen Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen nach Aufhebung der familiären Lebensgemeinschaft kein von deren Führung unabhängiges und damit eigenständiges befristetes Aufenthaltsrecht.

Urteil vom 11.10.2022 - BVerwG 1 C 9.21 (bereitgestellt am 11.01.2023)

Sachgebiet: Ausländerrecht

Unzumutbarkeit der Passbeschaffung bei Erfordernis einer "Reueerklärung"

Leitsatz

Einem subsidiär schutzberechtigten Ausländer darf die Ausstellung eines Reiseausweises für Ausländer nicht mit der Begründung verweigert werden, er könne einen Pass seines Herkunftsstaates auf zumutbare Weise erlangen, wenn der Herkunftsstaat für die Ausstellung eines Passes an die Unterzeichnung einer "Reueerklärung" knüpft, die mit der Selbstbezichtigung einer Straftat verbunden ist, und der Ausländer plausibel darlegt, dass er die Erklärung nicht abgeben will.

Urteil vom 21.04.2022 - BVerwG 1 C 10.21 (bereitgestellt am 13.07.2022)

Sachgebiet: Asylrecht

Berücksichtigung von Rückkehrhilfen bei der Gefahrenprognose zu einem nationalen Abschiebungsverbot

Leitsätze

1. Maßstab für die im Rahmen der Prüfung nationalen Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK anzustellende Gefahrenprognose ist grundsätzlich, ob der vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer nach seiner Rückkehr, gegebenenfalls durch ihm gewährte Rückkehrhilfen, in der Lage ist, seine elementarsten Bedürfnisse über einen absehbaren Zeitraum zu befriedigen. Nicht entscheidend ist hingegen, ob das Existenzminimum eines Ausländers in dessen Herkunftsland nachhaltig oder gar auf Dauer sichergestellt ist.

2. Kann der Rückkehrer Hilfeleistungen in Anspruch nehmen, die eine Verelendung innerhalb eines absehbaren Zeitraums ausschließen, so kann Abschiebungsschutz ausnahmsweise nur dann gewährt werden, wenn bereits zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der letzten behördlichen oder gerichtlichen Tatsachenentscheidung davon auszugehen ist, dass dem Ausländer nach dem Verbrauch der Rückkehrhilfen in einem engen zeitlichen Zusammenhang eine Verelendung mit hoher Wahrscheinlichkeit droht. Je länger der Zeitraum der durch Rückkehrhilfen abgedeckten Existenzsicherung ist, desto höher muss die Wahrscheinlichkeit der Verelendung nach diesem Zeitraum sein.

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