Wahrung der Frist für die Visumantragstellung zum Familiennachzug zum anerkannten Flüchtling
Die Kläger sind syrische Staatsangehörige und begehren die Erteilung von nationalen Visa zum Familiennachzug zu ihrem in Deutschland als Flüchtling anerkannten Sohn bzw. Bruder (Stammberechtigter). Mit ihrer Sprungrevision wendet sich die Beklagte gegen eine entsprechende Verpflichtung durch das Verwaltungsgericht.
Soweit die Beklagte einen Anspruch abgelehnt hat, weil der Stammberechtigte mittlerweile volljährig geworden ist, ist durch die auf ein Vorabentscheidungsersuchen des Bundesverwaltungsgerichts ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) geklärt, dass es für die Beurteilung der Minderjährigkeit auf den Zeitpunkt der Asylantragstellung durch den Stammberechtigten ankommt (EuGH, Urteil vom 1. August 2022 - C-273/20 und C-255/20). Zum Zeitpunkt der Asylantragstellung war der Sohn bzw. Bruder der Kläger noch minderjährig.
Zu klären bleibt die Frage, ob den Klägern ein Familienzusammenführungsanspruch deshalb nicht zusteht, weil sie den Antrag nicht innerhalb der vom EuGH erkannten Frist von drei Monaten nach Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes (EuGH, Urteil vom 12. April - C-550/16) gestellt haben. Die Beklagte meint u.a., der innerhalb der Frist durch den Stammberechtigten bei der Ausländerbehörde gestellte Antrag habe die Frist nicht wahren können und es sei auch keine Wiedereinsetzung zu gewähren.