Beschluss vom 16.04.2009 -
BVerwG 6 B 106.08ECLI:DE:BVerwG:2009:160409B6B106.08.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 16.04.2009 - 6 B 106.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2009:160409B6B106.08.0]

Beschluss

BVerwG 6 B 106.08

  • VG Frankfurt/Oder - 11.09.2008 - AZ: VG 4 K 1318/07

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. April 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Graulich und Dr. Möller
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt/Oder vom 11. September 2008 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde, die sich auf die Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) stützt, hat keinen Erfolg.

2 Das Verwaltungsgericht hat die Klage, mit der der Kläger sein von der Beklagten abgelehntes Begehren auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer weiterverfolgt hat, abgewiesen und sich in der Begründung der Entscheidung auf drei Erwägungen gestützt. Die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers im Rahmen der Klagebegründung vorgetragenen Beweggründe entsprächen bereits nicht den formellen Anforderungen eines ordnungsgemäßen Antrages auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer gemäß §§ 5 Nr. 1, 2 Abs. 2 Satz 3 KDVG. Danach sei dem Antrag unter anderem eine persönliche ausführliche Darlegung der Beweggründe für die Gewissensentscheidung beizufügen. Diese Darlegung müsse sich nicht nur auf die Person des Antragstellers beziehen, sondern auch von ihm stammen, also von ihm selbst verfasst sein (erste Erwägung). Abgesehen davon seien die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers in der Klagebegründung dargelegten Gründe nicht geeignet, das Recht auf Kriegsdienstverweigerung im Sinne des § 5 Nr. 2 KDVG zu begründen. Aus den schriftlichen Ausführungen ergebe sich nicht, dass die Verweigerungsentscheidung des Klägers auf einer Gewissensentscheidung beruhe (zweite Erwägung). Des Weiteren lasse das nachlässige Verhalten des Klägers im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren den Schluss zu, dass er keine ernsthafte Gewissensentscheidung getroffen habe (dritte Erwägung). Nach der Struktur der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung tragen die erste und die zweite Erwägung jeweils selbständig die Einschätzung, dass die vereinfachten Anerkennungsvoraussetzungen im Sinne des § 5 KDVG nicht vorliegen. Die dritte Erwägung ist darauf gerichtet, die Ablehnung der Anerkennung des Klägers als Kriegsdienstverweigerer ohne dessen vorherige Vernehmung als Partei zu rechtfertigen (vgl. dazu: Beschluss vom 24. November 2004 - BVerwG 6 B 38.04 - juris Rn. 6 m.w.N.).

3 Der Kläger hält für grundsätzlich klärungsbedürftig im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Rechtsfrage, "ob die Darlegung der Beweggründe für die Gewissensentscheidung nur dann persönlich im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 3 KDVG ist, wenn der Kriegsdienstverweigerer das Schreiben selbst verfasst hat." Weiterhin beruft er sich auf den Revisionszulassungsgrund der Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, indem er geltend macht, das Urteil des Verwaltungsgerichts weiche von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. September 1987 - BVerwG 6 C 30.86 - (BVerwGE 78, 93 = Buchholz 448.6 § 4 KDVG Nr.2) ab. In diesem Urteil merke das Bundesverwaltungsgericht zur Klarstellung an, dass es den durch einen Bevollmächtigten gestellten Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer für zulässig halte. Wenn dieser Teil der Urteilsgründe so zu verstehen sei, dass er sich nicht nur auf den Antrag, sondern auch auf die Darlegung der Beweggründe beziehe, die nach § 2 Abs. 2 Satz 3 KDVG dem Antrag beizufügen sei, stehe dazu die Behauptung des Verwaltungsgerichts, der Antragsteller sei gehalten, seine Beweggründe selbst zu verfassen, in Widerspruch.

4 Dieses Vorbringen kann nicht zur Zulassung der Revision führen. Ist eine angegriffene Entscheidung - wie hier das verwaltungsgerichtliche Urteil hinsichtlich der Anerkennungsvoraussetzungen nach § 5 KDVG - auf mehrere selbstständig tragende Begründungen gestützt, kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt. Wenn nur für eine Begründung ein Zulassungsgrund eingreift, kann diese Begründung hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert. Weder beruht dann das Berufungsurteil auf der hinwegdenkbaren Begründung, noch ist die Klärung mit ihr etwa zusammenhängender Grundsatzfragen in einem Revisionsverfahren zu erwarten (vgl. allgemein: Beschlüsse vom 28. September 1990 - BVerwG 9 B 107.90 - NVwZ 1991, 376, vom 9. Dezember 1994 - BVerwG 11 PKH 28.94 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4 S. 4 und vom 30. November 2007 - BVerwG 6 BN 4.07 - juris Rn. 2).

5 Beide von dem Kläger geltend gemachten Revisionszulassungsgründe sind nur auf die erste der beschriebenen Erwägungen des Verwaltungsgerichts bezogen. Im Hinblick auf die den Ausschluss einer Anerkennung nach Maßgabe des § 5 KDVG selbständig tragende zweite Erwägung problematisiert der Kläger lediglich die Frage des Zeitpunktes einer Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst. Dies geschieht jedoch nicht unter Darlegung auf eines gegen diese zweite Erwägung gerichteten eigenständigen Revisionszulassungsgrundes, sondern nur zur Begründung, dass das angefochtene Urteil auf dem hinsichtlich der ersten Erwägung geltend gemachten Revisionszulassungsgrund der Divergenz beruhe.

6 Nach alledem kommt es nicht mehr darauf an, dass der Kläger die dritte Erwägung in der Begründung des Urteils des Verwaltungsgerichts vollkommen unbeachtet lässt.

7 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.