Beschluss vom 23.03.2006 -
BVerwG 1 D-PKH 3.05ECLI:DE:BVerwG:2006:230306B1D-PKH3.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 23.03.2006 - 1 D-PKH 3.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:230306B1D-PKH3.05.0]

Beschluss

BVerwG 1 D-PKH 3.05

  • Hamburgisches OVG - 07.07.2005 - AZ: OVG 11 Bf 197/05.F

In dem Disziplinarverfahren hat der Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. März 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Albers,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Heeren und den Richter
am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz
beschlossen:

  1. 1. Der Beschluss des ... Oberverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2005 wird aufgehoben.
  2. 2. Der Antrag des Beamten, Rechtsanwalt .. als Verteidiger gemäß § 140 Abs. 2 StPO, § 25 BDO zu bestellen, wird abgelehnt.

Gründe

I

1 Das ... Oberverwaltungsgericht, bei dem das Verfahren zunächst anhängig war, hat dem Beamten durch Beschluss vom 7. Juli 2005 für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe unter Festsetzung einer monatlichen Ratenzahlung in Höhe von 135 € bewilligt und ihm Rechtsanwalt ... zur Vertretung beigeordnet. Der Beamte hat keine Ratenzahlungen geleistet.

2 Nunmehr beantragt der Verteidiger seine Bestellung als Pflichtverteidiger gemäß § 140 Abs. 2 StPO.

II

3 Der Beschluss des ... Oberverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2005 über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung von Rechtsanwalt ... ist aufzuheben. Der Antrag auf Bestellung von Rechtsanwalt ... als Pflichtverteidiger gemäß § 140 Abs. 2 StPO, § 25 BDO ist abzulehnen.

4 Das Disziplinarverfahren ist nach bisherigem Recht, d.h. auch nach Inkrafttreten des Bundesdisziplinargesetzes am 1. Januar 2002 nach den Verfahrensregeln und -grundsätzen der Bundesdisziplinarordnung fortzuführen, weil es vor dem 1. Januar 2002 förmlich eingeleitet wurde (vgl. zum Übergangsrecht z.B. Urteil vom 20. Februar 2002 - BVerwG 1 D 19.01 - NVwZ 2002, 1515).

5 1. Für die Entscheidung über die Berufung des Beamten und demnach über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren ist das Bundesverwaltungsgericht zuständig (§ 85 Abs. 3 und 7 BDG, § 80 Abs. 1 Satz 1 BDO). Allerdings entfaltet der Beschluss des unzuständigen Oberverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2005 Bindungswirkung, weil es sich bei dem Berufungsverfahren, das der Beamte dort aufgrund der unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung des Verwaltungsgerichts anhängig gemacht hat, vor und nach der Abgabe an den Senat um einen einheitlichen Rechtszug im Sinne von § 127 Abs. 1 Satz 2 ZPO handelt (vgl. dazu auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20. März 1990 - 24 W 24/90 = NJW-RR 1991, 63; OLG Köln, Beschluss vom 23. März 1995 - 1 W 10/95 = NJW 1995, 2728).

6 Nach § 124 Ziffer 4 ZPO kann die Bewilligung u.a. aber aufgehoben werden, wenn die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate im Rückstand ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Beamte hat bislang keine einzige Monatsrate gezahlt. Der Beschluss des ... Oberverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2005 ist daher insgesamt aufzuheben. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe in gerichtlichen Disziplinarverfahren nach der BDO auch deshalb ausscheidet, weil die Vorschriften gemäß §§ 114 ff. ZPO hier keine Anwendung finden (Beschluss vom 26. Mai 1997 - BVerwG 1 D 44.97 - BVerwGE 113, 92; stRspr).

7 2. Auch die beantragte Bestellung als Pflichtverteidiger gemäß § 140 Abs. 2 StPO, § 25 BDO kommt nicht in Betracht. In seiner bisherigen Rechtsprechung hat der Senat darauf abgestellt, der Bestellung eines Pflichtverteidigers gemäß § 140 Abs. 2 StPO stehe regelmäßig entgegen, dass der Beamte aufgrund seines Anspruchs auf Alimentation grundsätzlich in der Lage sein müsste, eine von ihm für erforderlich gehaltene Verteidigung zu finanzieren. Das gilt auch dann, wenn er vorläufig des Dienstes enthoben ist, weil eine damit verbundene Gehaltseinbehaltung ihm den notwendigen Lebensbedarf belassen muss, wozu in der gegebenen Situation auch die Kosten der Verteidigung gehören. Legt der Beamte der Einleitungsbehörde dar, dass die Einbehaltung ihm die Möglichkeit zum Aufbringen dieser Kosten nimmt, so wird die Behörde ihre Einbehaltungsanordnung darauf überprüfen und gegebenenfalls ändern müssen. Hat der Beamte insoweit keinen Erfolg, so kann er sein Begehren in einem gerichtlichen Antragsverfahren (§ 95 Abs. 3 BDO) weiterverfolgen. Da ein Beamter im Prinzip nicht als mittellos angesehen werden kann, ist es ihm auch zuzumuten, eine etwa von ihm für notwendig gehaltene Reise eines Verteidigers durch einen Kredit zu finanzieren. Darüber hinaus erhält er für sich die Reisekosten vom Dienstherrn als Vorschuss, wenn er sein Unvermögen zur Aufbringung der Fahrkosten zum Disziplinargericht glaubhaft macht (Urteil vom 11. Februar 1982 - BVerwG 1 D 2.81 - NJW 1983, 1073 <1074>; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 11. Mai 1982 - 2 BvR 222/82 -; zur WDO: Beschluss vom 31. August 2005 - BVerwG 2 WDB 4.05 - DokBer 2006, 64).

8 Im vorliegenden Fall dürften dem Beamten die Mittel für eine Verteidigung durch einen Rechtsanwalt zur Verfügung stehen, weil nur 29 v.H. seiner Dienstbezüge einbehalten werden.