Beschluss vom 18.06.2014 -
BVerwG 20 F 3.14ECLI:DE:BVerwG:2014:180614B20F3.14.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 18.06.2014 - 20 F 3.14 - [ECLI:DE:BVerwG:2014:180614B20F3.14.0]

Beschluss

BVerwG 20 F 3.14

In der Verwaltungsstreitsache hat der Fachsenat des Bundesverwaltungsgerichts für Entscheidungen nach § 99 Abs. 2 VwGO
am 18. Juni 2014
durch die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bumke
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Brandt und Dr. Fleuß
beschlossen:

Der Antrag wird abgelehnt.

Gründe

I

1 Gegenstand des Hauptsacheverfahrens BVerwG 6 A 1.13 ist der Antrag festzustellen, dass der Bundesnachrichtendienst im Jahre 2010 das Fernmeldegeheimnis des Klägers verletzt habe, indem er im Zuge der strategischen Fernmeldeüberwachung E-Mail-Verkehr des Klägers erfasst und weiterbearbeitet habe. In der mündlichen Verhandlung vom 28. Mai 2014 hat das Gericht der Hauptsache einen auf die Vorlage einer vollständigen und ungeschwärzten Fassung unter anderem des Jahreshauptantrags des Jahres 2010 für den Gefahrenbereich „Internationaler Terrorismus“ gerichteten Beweisantrag mit der Begründung abgelehnt, die Tatsache sei nicht entscheidungserheblich, da die Klage unzulässig sei und die aufzuklärenden Suchbegriffe für den Nachweis eines tatsächlich erfolgten Eingriffs nicht relevant seien. Daraufhin hat der Kläger beantragt, „durch Beschluss festzustellen, ob die lediglich geschwärzte Vorlage des § 5 G10-Jahreshauptantrags des Jahres 2010 für den Gefahrenbereich ‚internationaler Terrorismus’ insoweit rechtmäßig ist, als dort die Suchworte geschwärzt sind, und zwar ausschließlich soweit dort inhaltliche Suchbegriffe geschwärzt sind“. Das Gericht der Hauptsache hat das Verfahren nicht bis zu einer Entscheidung im Zwischenverfahren nach § 99 VwGO ausgesetzt, sondern mit der Begründung fortgesetzt, der Fortgang des Verfahrens hänge nicht von der Entscheidung des Fachsenats im Zwischenverfahren ab, und die Klage abgewiesen.

II

2 Der Antrag ist unzulässig.

3 Der Kläger kann eine die Pflicht zur Vorlage ungeschwärzter Akten feststellende Entscheidung nicht erreichen. Für die begehrte Feststellung ist schon deswegen kein Raum mehr, weil das Klageverfahren durch den Erlass eines mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht anfechtbaren Urteils bereits rechtskräftig abgeschlossen ist. Eine weitere Sachaufklärung, die mit dem Antrag erreicht werden soll, kommt nicht mehr in Betracht. Aber auch dessen ungeachtet könnte der Kläger mit seinem Antrag nicht durchdringen. Das Verfahren nach § 99 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 i.V.m. Satz 1 VwGO zielt allein auf die Klärung, ob die Verweigerung der Vorlage von Urkunden oder Akten, der Übermittlung von elektronischen Dokumenten oder der Erteilung von Auskünften rechtmäßig ist, und setzt demnach den Erlass einer Sperrerklärung voraus. Ob Urkunden oder Akten der Vorlage- und Auskunftspflicht der Behörden nach § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO unterliegen, hat allein das Gericht der Hauptsache zu entscheiden. Dessen materielle Rechtsauffassung ist maßgebend für den Umfang der ihm nach § 86 Abs. 1 VwGO obliegenden Pflicht zur umfassenden Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen. Das Gericht der Hauptsache bestimmt grundsätzlich auch, welche Beweismittel zur Aufklärung des Sachverhalts geeignet und heranzuziehen sind. Ihm obliegt die Entscheidung, ob und gegebenenfalls welche Unterlagen entscheidungserheblich sind und zur gebotenen vollständigen Sachaufklärung benötigt werden. Allein eine Sperrerklärung, die von der Behörde im Anschluss an eine hiernach - in der Regel förmlich - verlautbarte Aktenanforderung abgegeben wird, ist Gegenstand eines Verfahrens nach § 99 Abs. 2 VwGO und wird vom Fachsenat auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft. Das Verfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO ist hingegen kein den Prozessbeteiligten vom Gesetz zur Verfügung gestelltes Mittel, das Gericht der Hauptsache zu einer bestimmten, von ihnen für erforderlich gehaltenen Maßnahme der gerichtlichen Sachverhaltsaufklärung zu zwingen (vgl. Beschlüsse vom 9. November 1962 - BVerwG 7 B 91.62 - BVerwGE 15, 132 <133 f.> = Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 3 S. 4 f., vom 31. Juli 1992 - BVerwG 3 B 107.92 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 21 S. 6 m.w.N., vom 28. Februar 2007 - BVerwG 20 F 1.07 - juris Rn. 1 und vom 23. Juli 2013 - BVerwG 20 PKH 1.13 - juris Rn. 5, 8).

4 Hier hat das Gericht der Hauptsache den Antrag auf die Beiziehung des § 5 G10-Jahreshauptantrag des Jahres 2010 für den Gefahrenbereich „internationaler Terrorismus“ ausdrücklich wegen mangelnder Entscheidungserheblichkeit der Unterlagen für die Entscheidung in der Hauptsache abgelehnt. An diese Entscheidung ist der Fachsenat gebunden.

5 Einer eigenständigen Kostenentscheidung bedarf es im Verfahren vor dem Fachsenat nicht (Beschluss vom 16. Dezember 2010 - BVerwG 20 F 15.10 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 62 Rn. 11). Eine Streitwertfestsetzung ist ebenfalls entbehrlich, da Gerichtsgebühren mangels Gebührentatbestands im Verfahren vor dem Fachsenat nicht anfallen.