Verfahrensinformation

Im vorliegenden Revisionsverfahren geht es um die Verfassungsmäßigkeit von Regelungen des hessischen Richtergesetzes, nach denen die Erteilung von Nebentätigkeitsgenehmigungen für Richter zu versagen ist, wenn die durch die Nebentätigkeit erzielte Vergütung die gesetzlich festgelegte jährliche Verdienstgrenze übersteigt. Der hessische Landesgesetzgeber hat diesen neuartigen Versagensgrund neben die herkömmlichen Versagensgründe gestellt, die eine - im Einzelfall zu prüfende - Beeinträchtigung dienstlicher Interessen durch die Nebentätigkeit erfordern. Der Kläger des vorliegenden Verfahrens macht geltend, der gesetzliche Versagensgrund der Überschreitung einer jährlichen Verdienstgrenze verstoße gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG, das von Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Recht auf ungehinderte Verwertung der Arbeitskraft in der Freizeit und gegen die Vorgaben des Beamtenrechtsrahmengesetzes.


Pressemitteilung Nr. 62/2005 vom 24.11.2005

Beschränkung der Nebentätigkeitsvergütungen von Richtern in Hessen unbedenklich

Die gesetzliche Regelung in Hessen, nach der Richtern die Genehmigung einer Nebentätigkeit zu versagen ist, wenn sie dadurch im Kalenderjahr insgesamt mehr als 30 v.H. eines Richtergrundgehalts (R 2) durch ihre Nebentätigkeiten verdienen würden, ist mit Bundesrecht vereinbar. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Geklagt hatte ein Vorsitzender Richter am Landgericht. Er ist regelmäßig als Schiedsrichter und Schlichter tätig. Seinen Anträgen, ihm Nebentätigkeiten als Vorsitzender eines Schiedsgerichts und als Schlichter zu genehmigen, wurde jeweils unter der Bedingung stattgegeben, dass die daraus erzielte Vergütung die gesetzliche Grenze nicht übersteigt. Die ausgeübten Nebentätigkeiten führten in den Kalenderjahren 2000 und 2001 zur Überschreitung der Grenze. Die Klage auf unbedingte Genehmigung hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof abgewiesen. Auch die Revision hatte keinen Erfolg.


Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts verstoßen die gesetzlichen Regelungen nicht gegen die bundesrahmenrechtlichen Vorgaben für das Nebentätigkeitsrecht der Richter im Landesdienst. Die Bestimmungen im Deutschen Richtergesetz und im Beamtenrechtsrahmengesetz hindern den Landesgesetzgeber nicht, die Höhe der Vergütung als Versagungsgrund vorzusehen. Sie beschränken ihn nicht darauf, Nebentätigkeitsverbote für Richter nur vorzusehen, wenn durch die Nebentätigkeit konkrete Beeinträchtigungen dienstlicher Interessen zu erwarten sind. Im Landesrecht kann auch konkretisiert werden, dass eine Nebentätigkeit dem Ansehen der Justiz nicht abträglich sein darf. Dabei dürfen auch sachliche Zusammenhänge in den Blick genommen werden, die über den Einzelfall hinausreichen.


Die hessische Regelung verstößt auch nicht gegen Grundrechte der Richter. Der Landesgesetzgeber hat das grundrechtlich geschützte Interesse der Richter, ihre Arbeitskraft in der Freizeit zu verwerten, eingeschränkt, um nicht den Eindruck entstehen zu lassen, Richter räumten Nebentätigkeiten einen ihrem Hauptamt vergleichbaren Stellenwert ein und könnten in wirtschaftliche Abhängigkeit von hohen Nebentätigkeitsvergütungen geraten. Hierfür stellt die Vergütungsgrenze ein geeignetes und erforderliches Mittel dar. Dies hat in erster Linie der Gesetzgeber zu beurteilen Ihm steht ein weiter Einschätzungsspielraum zu. Die gesetzliche Regelung ist den Richtern auch zumutbar. Die Bezüge der Richter sind so bemessen, dass für sie und ihre Familien ein amtsangemessener Lebensunterhalt sichergestellt ist. Ihnen soll damit ermöglicht werden, sich in wirtschaftlicher Unabhängigkeit voll und ganz dem Hauptamt zu widmen. Daneben verbleiben ihnen Vergütungen aus schriftstellerischer, wissenschaftlicher, künstlerischer oder Vortragstätigkeit, aus der Tätigkeit als Prüfer oder in der Aus- und Fortbildung des öffentlichen Dienstes. Diese werden von der Höchstgrenze nicht erfasst. Schließlich sieht das Hessische Richtergesetz in begründeten Einzelfällen die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung vor.


BVerwG 2 C 32.04 - Urteil vom 24.11.2005


Urteil vom 24.11.2005 -
BVerwG 2 C 32.04ECLI:DE:BVerwG:2005:241105U2C32.04.0

Leitsatz:

Die Regelungen gemäß § 7 h Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 7 i HRiG, wonach Richtern die Nebentätigkeitsgenehmigung zu versagen ist, wenn die Vergütungsgrenze von 30 v.H. eines Richtergrundgehalts der Besoldungsgruppe R 2 im Kalenderjahr überschritten wird, ist dann, wenn sie mit einer Härte- oder Billigkeitsregelung einhergeht, mit Bundesrahmenrecht (§ 71 Abs. 1 DRiG, § 42 Abs. 2 BRRG) und mit den Grundrechten gemäß Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar.

  • Rechtsquellen
    GG Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 75, Art. 98 Abs. 3
    DRiG §§ 40, 71 Abs. 1
    BRRG § 42 Abs. 2
    HRiG § 7 h Abs. 1, § 7 i

  • VGH Kassel - 17.12.2003 - AZ: VGH 1 UE 2541/02 -
    Hessischer VGH - 17.12.2003 - AZ: VGH 1 UE 2541/02

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 2 C 32.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:241105U2C32.04.0]

Urteil

BVerwG 2 C 32.04

  • VGH Kassel - 17.12.2003 - AZ: VGH 1 UE 2541/02 -
  • Hessischer VGH - 17.12.2003 - AZ: VGH 1 UE 2541/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht A l b e r s
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. D a w i n , Dr. K u g e l e ,
Dr. B a y e r und Dr. H e i t z
für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. Dezember 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

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