Verfahrensinformation

Versorgungsrechtliche Berücksichtigungsfähigkeit von über die Teilzeitquote hinaus tatsächlich erbrachter Arbeitszeit bei Abbruch des Altersteilzeitmodells


Der Rechtsstreit betrifft die Frage, wie die arbeitszeitrechtliche "Vorleistung" eines Beamten im Altersteilzeitmodell bei der Versorgungsfestsetzung zu berücksichtigen ist, wenn es anschließend nicht zu der geplanten Freistellungsphase kommt.


Der Kläger stand zuletzt als Postoberamtsrat (BesGr. A 13vz BBesO) im Dienst der Deutschen Post AG. Seit Januar 2020 befindet er sich im Ruhestand. Aufgrund der geplanten Inanspruchnahme eines Altersteilzeitmodells wurde dem Kläger ab Januar 2017 eine Teilzeitbeschäftigung mit einer Arbeitszeit von 50% der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit bewilligt. Im Umfang der Arbeitszeit, die der Kläger über die festgesetzte Teilzeitquote hinaus erbrachte, erfolgte eine Gutschrift auf einem Lebensarbeitszeitkonto. Letztmals im November 2018 wurde die Dauer der Teilzeitbeschäftigung bis Dezember 2019 verlängert. Zum Eintritt in die Freistellungsphase kam es jedoch nicht, weil der Kläger ab September 2019 wieder in Vollzeit tätig war und ab Januar 2020 ein anderes Vorruhestandsmodell in Anspruch nahm.


Anlässlich der Festsetzung der Versorgungsbezüge des Klägers berücksichtigte die Beklagte die in der Zeit von Januar 2017 bis August 2019 zurückgelegte Dienstzeit ausgehend von der Teilzeitquote des Klägers nur hälftig. Der hiergegen erhobene Widerspruch blieb ebenso wie Klage und Berufung ohne Erfolg. Zur Begründung hat das Berufungsgericht unter anderem ausgeführt, die hälftige Festsetzung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit sei rechtmäßig, weil die Festlegung in den Teilzeitbewilligungsbescheiden maßgeblich sei. Diese seien weder ausdrücklich noch konkludent für die Vergangenheit aufgehoben worden.


Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vom Bundesverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision.


Pressemitteilung Nr. 25/2024 vom 02.05.2024

Bei Eintritt in den Ruhestand nicht abgebaute Zeitguthaben auf Lebensarbeitszeitkonten sind grundsätzlich irrelevant für die Versorgungsbezüge

Maßgeblich für die Bestimmung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit ist die im Bescheid über die Bewilligung von Teilzeitbeschäftigung festgesetzte Teilzeitquote. Verrichtet der Beamte über die Teilzeitquote hinaus Dienst, um diese Zeit auf einem Lebensarbeitszeitkonto - etwa zur Ermöglichung der Altersteilzeit - anzusparen, führt dies im Fall der Unmöglichkeit der Inanspruchnahme der "erdienten" Freistellung grundsätzlich nicht zur versorgungsrechtlichen Berücksichtigung. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Unmöglichkeit darauf zurückgeht, dass sich der Beamte später freiwillig für ein anderes Vorruhestandsmodell entschieden hat. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Der Kläger stand zuletzt als Postoberamtsrat (BesGr. A 13 BBesO) im Dienst der Deutschen Post AG. Aufgrund der geplanten Inanspruchnahme eines Altersteilzeitmodells wurde dem Kläger ab Januar 2017 bis Dezember 2019 eine Teilzeitbeschäftigung mit einer Arbeitszeit von 50% der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit bewilligt. Im Umfang der Arbeitszeit, die der Kläger über die festgesetzte Teilzeitquote hinaus Dienst leistete, erfolgte eine Gutschrift auf einem Lebensarbeitszeitkonto mit dem Ziel, das Zeitguthaben in einer Freistellungsphase am Ende der Altersteilzeit abzubauen. Zum Eintritt in die Freistellungsphase kam es jedoch nicht, weil der Kläger ab Januar 2020 mit der Bewilligung eines "Engagierten Ruhestands" ein anderes Vorruhestandsmodell in Anspruch nahm.


Anlässlich der Festsetzung der Versorgungsbezüge des Klägers berücksichtigte die Beklagte die Dienstzeit von Januar 2017 bis August 2019 ausgehend von der Teilzeitquote in den Teilzeitbewilligungsbescheiden nur zur Hälfte. Der hiergegen erhobene Widerspruch blieb ebenso wie Klage und Berufung ohne Erfolg.


Das Bundesverwaltungsgericht hat auch die Revision des Klägers zurückgewiesen. Ausgangspunkt für die Festsetzung der Beamtenversorgung ist die durch Verwaltungsakte festgesetzte Teilzeitquote. Zeitguthaben auf Lebensarbeitszeitkonten - die vorrangig einer Freistellung dienen - werden dabei nicht berücksichtigt. Einen Anspruch auf Änderung der Teilzeitbewilligungsbescheide hat der Kläger nicht. Es ist nicht schlechthin unerträglich, den Kläger an diesen Bescheiden festzuhalten. Der Kläger hat in Kenntnis der versorgungsrechtlichen Folgen den Wechsel in den sog. "Engagierten Ruhestand" beantragt. Damit hat er es selbst unmöglich gemacht, die "erdiente" Freistellung entsprechend des Zeitguthabens auf dem Lebensarbeitszeitkonto in Anspruch zu nehmen.


BVerwG 2 C 13.23 - Urteil vom 02. Mai 2024

Vorinstanzen:

OVG Koblenz, OVG 10 A 10869/21.OVG - Urteil vom 28. Januar 2022 -

VG Koblenz, VG 2 K 598/20.KO - Urteil vom 09. Juni 2021 -


Beschluss vom 15.06.2023 -
BVerwG 2 B 16.22ECLI:DE:BVerwG:2023:150623B2B16.22.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 15.06.2023 - 2 B 16.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:150623B2B16.22.0]

Beschluss

BVerwG 2 B 16.22

  • VG Koblenz - 09.06.2021 - AZ: 2 K 598/20.KO
  • OVG Koblenz - 28.01.2022 - AZ: 10 A 10869/21.OVG

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 15. Juni 2023
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hartung und Dr. Hissnauer
beschlossen:

  1. Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 28. Januar 2022 wird aufgehoben.
  2. Die Revision wird zugelassen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
  4. Der Wert des Streitgegenstands wird für das Revisionsverfahren vorläufig auf 4 153,68 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Das Revisionsverfahren gibt Gelegenheit zur Klärung der Frage, welche versorgungsrechtlichen Folgen im Hinblick auf § 6 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 BeamtVG eintreten, wenn ein Beamter ohne Aufhebung der Anordnung einer Teilzeitbeschäftigung doch wieder in Vollzeit tätig ist.

2 Die vorläufige Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes für das Revisionsverfahren beruht auf § 63 Abs. 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziffer 10.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

Rechtsbehelfsbelehrung


Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 2 C 13.23 fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig einzureichen.
Für die Beteiligten besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Revision. Die Beteiligten müssen sich durch Bevollmächtigte im Sinne von § 67 Abs. 4 Satz 3 bis 6 VwGO, § 5 Nr. 6 Alt. 2 RDGEG vertreten lassen.