Pressemitteilung Nr. 44/2025 vom 13.06.2025
Soldaten und Ehebruch
Der 2. Wehrdienstsenat hat entschieden, dass die Beteiligung eines Soldaten am Ehebruch zu Lasten eines anderen Soldaten disziplinarrechtliche Konsequenzen haben kann. Dem Urteil lag der Fall eines Hauptfeldwebels zu Grunde, der mit der Ehefrau eines befreundeten Mannschaftssoldaten desselben Bataillons ein Verhältnis angefangen und mit ihr in der ehelichen Wohnung Geschlechtsverkehr hatte, kurz nachdem ihr Ehemann in vorläufiger Trennungsabsicht ausgezogen war. Der Hauptfeldwebel beendete die Beziehung wenige Wochen später. Die Ehe des Mannschaftssoldaten scheiterte.
Das Truppendienstgericht hat gegen den Hauptfeldwebel wegen Verletzung seiner Kameradschaftspflicht ein Beförderungsverbot mit Bezügekürzung ausgesprochen. Das Bundesverwaltungsgericht hat die zu Gunsten des Soldaten eingelegte Berufung der Bundeswehrdisziplinaranwaltschaft überwiegend zurückgewiesen, den Fall aber etwas milder bewertet und eine mehrmonatige Kürzung der Dienstbezüge verhängt.
In der Urteilsbegründung wird betont, dass die Kameradschaft in der Bundeswehr nicht nur eine ethische Kategorie, sondern eine im Soldatengesetz vorgeschriebene Rechtspflicht ist. Nach dem Gesetzeswortlaut des § 12 SG beruht der Zusammenhalt in der Bundeswehr wesentlich auf Kameradschaft. Sie verpflichtet alle Soldaten, die Würde, die Ehre und die Rechte des Kameraden zu achten und ihm in Not und Gefahr beizustehen. Dies schließt gegenseitige Anerkennung, Rücksicht und Achtung fremder Anschauungen ein.
Der vom Gesetz geforderte Respekt vor den Rechten des Kameraden wird bei der Beteiligung an dem Ehebruch nicht gewahrt. Die Ehe von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts ist nach § 1353 BGB eine auf Lebenszeit geschlossene Gemeinschaft, die mit dem wechselseitigen Anspruch auf eheliche Treue verbunden ist. Der Gesetzgeber hat mit der Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft an diesem Ehebild festgehalten und die eheliche Treue als Wesensmerkmal der Ehe bezeichnet (BT-Drs. 7/4361 S. 7). Der Charakter der ehelichen Treue als gesetzliches Recht besteht unabhängig davon, dass eine gerichtliche Durchsetzung des Anspruchs ausgeschlossen ist und dass zivilrechtliche Sanktionen bei Eheverfehlungen nur selten und bei Hinzutreten weiterer Umstände – etwa bei Störungen des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe – ausgesprochen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Februar 2014 – XII ZB 45/13 – NJW 2014, 1243 f.).
Die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme ist gerechtfertigt, weil die Beteiligung am Ehebruch eine Missachtung eines Kameradenrechts im Sinne des § 12 SG ist und regelmäßig negative Auswirkungen auf den Dienstbetrieb hat. Die Missachtung der Ehe kann ebenso wie die Verletzung anderer Rechte des Kameraden das alltägliche Leben in der militärischen Gemeinschaft massiv belasten und die Bereitschaft, in Krisensituationen füreinander einzustehen, gefährden. Kaum ein anderes Verhalten zum Nachteil eines Kameraden ist stärker geeignet, Spannungen, Unruhe und Misstrauen nicht nur zwischen den Beteiligten, sondern in der Truppe allgemein auszulösen und damit den Zusammenhalt der Soldaten untereinander zu stören. Deshalb wird auch in anderen Ländern – etwa in der Armee der Vereinigten Staaten von Amerika – die Beteiligung am Ehebruch disziplinarrechtlich geahndet.
Das Bundesverwaltungsgericht hat an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten, dass bei der Beteiligung am Bruch einer Kameradenehe grundsätzlich ein Beförderungsverbot in den Blick zu nehmen ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Februar 1982 – BVerwG 2 WD 50.81 juris Rn. 31 und vom 16. April 2002 – BVerwG 2 WD 43.01 – NJW 2002, 3722 Rn. 11). Im Hinblick auf den dienstlichen Schutzzweck der Disziplinarmaßnahme ist dies allerdings nur verhältnismäßig, wenn – wie hier – zwischen den beteiligten Soldaten ein räumlich-dienstliches Näheverhältnis bestand und deswegen konkret nachteilige Auswirkungen auf den Dienstbetrieb drohten.
Eine Milderung der Maßnahme war im vorliegenden Fall nicht deswegen veranlasst, weil der Ehebruch erst nach der räumlichen Trennung der Ehegatten stattfand. Denn die Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft erlischt nicht schon mit dem Tag der Trennung, sondern erst wenn die Ehe gescheitert ist (§ 1352 Abs. 2 BGB), d.h. wenn nicht mehr erwartet werden kann, dass die Ehegatten ihre Lebensgemeinschaft wiederherstellen (§ 1565 Abs. 1 Satz 2 BGB). Diese Voraussetzung war wenige Tage nach der räumlichen Trennung ersichtlich nicht erfüllt. Das Bundesverwaltungsgericht hat dem angeschuldigten Hauptfeldwebel jedoch zu Gute gehalten, dass er sich diesbezüglich in einem – wenn auch vermeidbaren – Verbotsirrtum befand und dass er konstant gute dienstliche Leistungen erbrachte. Daher erschien eine Bezügekürzung am untersten Rand des gesetzlichen Rahmens ausreichend und angemessen.
BVerwG 2 WD 14.24 - Urteil vom 22. Januar 2025
Vorinstanz:
Truppendienstgericht Süd, S 2 VL 21/23 - Urteil vom 06. März 2024 -