Beschluss vom 17.07.2012 -
BVerwG 1 WB 66.11ECLI:DE:BVerwG:2012:170712B1WB66.11.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 17.07.2012 - 1 WB 66.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2012:170712B1WB66.11.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 66.11

In dem Wehrbeschwerdeverfahren
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberstleutnant Kuhnke und
den ehrenamtlichen Richter Hauptmann Skuljan
am 17. Juli 2012 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller begehrt die Verpflichtung des Bundesministers der Verteidigung, ihn rückwirkend für Zeiträume bis zum 31. März 2011 nach Maßgabe der vom Inspekteur erlassenen Weisung für die Luftwaffe Nr. 3/2002 vom 19. Juli 2002 in die Luftfahrzeugbesatzungsgruppe A und ab 1. April 2011 nach Maßgabe der neuen Weisung für die Luftwaffe Nr. 1/2011 vom 11. Februar 2011 in die Luftfahrzeugbesatzungsgruppe E einzustufen.

2 Der 1975 geborene Antragsteller ist Berufssoldat in der Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes im Fliegerischen Dienst der Luftwaffe. Er ist ausgebildeter Waffensystemoffizier für das Waffensystem TORNADO. Seine Dienstzeit wird unter Berücksichtigung der besonderen verwendungsbezogenen Altersgrenze des 41. Lebensjahres (BO 41) voraussichtlich mit Ablauf des 30. September 2016 enden. Er wurde am 8. Juli 2003 zum Hauptmann ernannt.

3 Das Personalamt der Bundeswehr versetzte den zuvor als Waffensystemoffizier eingesetzten Antragsteller mit Verfügung vom 10. November 2008 zum 1. April 2009 auf einen Dienstposten als Lehroffizier (Erstverwendung) und Waffensystemoffizier - SFT (Zweitverwendung) bei der .../Offizierschule der Luftwaffe ... . Im Hinblick auf diesen Dienstposten und unter Bezugnahme auf die Weisung für die Luftwaffe Nr. 3/2002, die der Inspekteur der Luftwaffe am 19. Juli 2002 als Rahmenrichtlinie für die Ausübung des fliegerischen Dienstes des zur Inübunghaltung verpflichteten Personenkreises erlassen hatte, teilte das Luftwaffenführungskommando dem Antragsteller mit Schreiben vom 26. Februar 2009 mit, dass er mit Wirkung vom 16. Februar 2009 in die Gruppe B I des fliegenden Personals eingestuft und zur Durchführung des Flugdienstes dem Jagdbombergeschwader ... zugeteilt werde; diese Verpflichtung ende spätestens mit Ablauf seiner derzeitigen Verwendung. Über eine vorzeitige Aufhebung ergehe ein gesonderter Bescheid. Die Fliegerische Akte werde durch das Jagdbombergeschwader ... geführt. Dieser Bescheid wurde dem Antragsteller am 12. März 2009 aktenkundig eröffnet.

4 Mit Schreiben vom 13. Dezember 2010 wies der Inspekteur der Luftwaffe unter anderem den Befehlshaber des Luftwaffenführungskommandos und den Amtschef des Luftwaffenamtes darauf hin, dass die dramatische Entwicklung der Flugstundensituation ab 2011 die Luftwaffe vor große Herausforderungen stelle. Um die verfügbaren Flugstunden soweit wie möglich den Einsatzbesatzungen der fliegenden Verbände zur Verfügung zu stellen und zugleich die Zukunftsfähigkeit der Luftwaffe zu erhalten, habe er entschieden, den Flugdienst aller Luftfahrzeugbesatzungen der Luftwaffe, die nicht in den Einsatzverbänden verwendet würden, neu zu regeln. Zum Stichtag 1. April 2011 würden sowohl der Gleichstellungserlass der Luftwaffe als auch die Vorgaben zur Inübunghaltung im Sinne eines Kompetenzerhalts für zukünftiges fliegerisches Führungspersonal neu geregelt.

5 Mit der im Intranet der Bundeswehr bekanntgegebenen „Jahresweisung 2011“ gab der Inspekteur der Luftwaffe bekannt, dass die reduzierten Flugstundenumfänge u.a. eine Priorisierung der Einsatzbesatzungen bei der Ressourcenzuweisung erfordere. Dies habe zur Folge, dass nicht mehr alle Luftfahrzeugbesatzungen im aktiven Flugdienst verbleiben könnten. Er habe darüber hinaus entschieden, ab dem 1. April 2011 die Anzahl der Luftfahrzeugbesatzungen auf Dienstposten außerhalb fliegender Verbände deutlich zu reduzieren und die Inübunghaltung auf eine eng begrenzte Anzahl zukünftigen fliegerischen Führungspersonals zu beschränken.

6 Mit der zum 1. April 2011 in Kraft getretenen Weisung für die Luftwaffe Nr. 1/2011 vom 11. Februar 2011 hob der Inspekteur der Luftwaffe seine Weisung Nr. 3/2002 auf und regelte in Form einer neuen Rahmenrichtlinie die Teilnahme am Flugdienst für Personal der Luftwaffe, das auf Dienstposten außerhalb fliegender Verbände verwendet wird. In Nr. 2 der Weisung Nr. 1/2011 werden auf Grund der unterschiedlichen Rahmenvorgaben zur Teilnahme am Flugdienst die neuen Luftfahrzeugbesatzungsgruppen E (Einsatzbesatzung), G (Gleichstellung) und K (Kompetenzerhalt) definiert. Die Luftfahrzeugbesatzungsgruppe E erstreckt sich auf Angehörige fliegender Verbände bzw. fliegerischer Ausbildungseinrichtungen, in denen gemäß Organisationsweisung Flugdienst oder Ausbildung für fliegerische Verwendungen durchgeführt wird. Den Luftfahrzeugbesatzungsgruppen G und K sind die Luftfahrzeugbesatzungen zugeordnet, die auf Dienstposten außerhalb dieser Verbände bzw. Dienststellen verwendet werden, jedoch an deren Flugdienst teilnehmen.

7 Mit Schreiben vom 16. Februar 2011 wies der Stabsabteilungsleiter III des Führungsstabs der Luftwaffe im Bundesministerium der Verteidigung die zentralen personalbearbeitenden Stellen an, die Luftfahrzeugbesatzungen der Gruppen B I und B II zum Stichtag 1. April 2011 zu entpflichten und die Angehörigen der (neuen) Luftfahrzeugbesatzungsgruppe K im Sinne eines Kompetenzerhalts für zukünftiges fliegerisches Führungspersonal erneut zur Teilnahme am Flugdienst zu verpflichten.

8 Mit der 1. Korrektur vom 21. Februar 2011 zur Verfügung vom 10. November 2008 hob das Personalamt die Verpflichtung des Antragstellers zur fliegerischen Inübunghaltung unter Hinweis auf den Erlass „Verpflichtung zur Erhaltung der Erlaubnisse und Berechtigungen im fliegerischen Dienst der Bundeswehr“ vom 26. Juni 2008 (BMVg Fü S I 1 - Az. 19-02-08 -; VMBl. 2008, 142) - im Folgenden: Inübunghaltungserlass - und mit Rücksicht auf die Weisung für die Luftwaffe Nr. 1/2011 mit Ablauf des 31. März 2011 auf. Zugleich teilte das Personalamt mit, dass der Militärluftfahrzeugführerschein/Militärluftfahrzeug-besatzungsschein (MFS/MBS) einzuziehen sei; die Fliegerische Akte sei abzuschließen und inklusive Teil V - Flugzeitennachweis - an PersABw II zu senden.

9 Mit drei Schreiben vom 18. März 2011 legte der Antragsteller Beschwerde ein und machte geltend, die Entpflichtungsentscheidung sei rechtswidrig. Seine Verwendung als Ausbilder in der fliegerischen Ausbildung an der .../Offizierschule der Luftwaffe verlange zwingend eine fliegerische Kompetenz. Er beanstande den Verlust der „fliegenden Stelle“ und die damit verbundenen finanziellen Nachteile. Außerdem beschwere er sich gegen die Art und Weise der Bekanntgabe der Korrekturverfügung vom 21. Februar 2011. Die Einziehung seines gültigen Militärluftfahrzeugbesatzungsscheins nebst Beiblatt sei ebenfalls rechtswidrig. Diese drei Beschwerden sind Gegenstand des Verfahrens BVerwG 1 WB 56.11 .

10 Mit Schreiben vom 13. Mai 2011 beantragte der Antragsteller auf dem Dienstweg, ihn nach Maßgabe der Weisung für die Luftwaffe Nr. 1/2011 der Luftfahrzeugbesatzungsgruppe E zuzuordnen. Zur Begründung wies er auf seine Tätigkeit bei der .../Offizierschule der Luftwaffe hin und betonte, er sei dort mit der fliegerischen Ausbildung beauftragt. Um auch in Zukunft seine fliegerische Expertise in vollem Umfang der Bundeswehr zur Verfügung stellen zu können, bitte er um die formal richtige Zuerkennung des LCR Einsatzstatus. Eine entsprechende Korrektur der Luftfahrzeugbesatzungsgruppen-Einteilung für seine zurückliegenden Tätigkeiten bei der .../Offizierschule der Luftwaffe ergäben sich aus den entsprechenden Vorschriften und Weisungen, darunter aus der Weisung für die Luftwaffe Nr. 3/2002.

11 Zu diesem Antrag nahmen der nächste und der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte des Antragstellers befürwortend Stellung.

12 Mit dem angefochtenen Bescheid vom 5. August 2011 lehnte das Personalamt den Antrag mit der Begründung ab, dass die Gleichstellung des Dienstpostens des Antragstellers und damit die rückwirkende Änderung seiner Teilnahme am Flugdienst nicht möglich seien. Im Hinblick auf die Fachtätigkeitsbenennung seines Dienstpostens („Lehroffizier“), auf den Auftrag der .../Offizierschule der Luftwaffe aus der Stärke- und Ausrüstungsnachweisung (STAN) sowie unter Berücksichtigung der Festlegungen in der Besonderen Anweisung für die Ausbildung könne der Antragsteller auch nicht der Luftfahrzeugbesatzungsgruppe E zugeordnet werden. Nach der Besonderen Anweisung für die Ausbildung Nr. 603/1504 handele es sich bei der .../Offizierschule der Luftwaffe um eine Ausbildungseinrichtung der „Fliegerischen Erstausbildung Teil I“, an deren Ende die Lehrgangsteilnehmer/-teilnehmerinnen die notwendigen fliegertheoretischen Kenntnisse zur Teilnahme an der fliegerpraktischen Ausbildung in der „Fliegerischen Erstausbildung Teil II“ besäßen. Im Übrigen lägen die Gründe, die zu der Neuregelung geführt hätten, ebenso wenig in der fachlichen Zuständigkeit des Personalamts - II 3 - wie die Festlegungen des Bedarfsträgers, welche Dienstposten in der Luftwaffe gleichzustellen seien. Gleiches gelte für die Gewährung von Stellen- oder Erschwerniszulagen; die Entscheidung über Zulagenansprüche gehöre regelmäßig nicht zur Personalverfügung.

13 Gegen diesen ihm am 18. August 2011 bekanntgegebenen Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom 13. September 2011 Beschwerde ein. Er machte geltend, dass sich an dem Status der .../Offizierschule der Luftwaffe zum 1. April 2011 nichts geändert habe. Bis zum 31. März 2011 habe er das Recht und die Pflicht zur fliegerischen Inübunghaltung auf der Basis des alten Gleichstellungserlasses der Luftwaffe vom 20. November 2008 sowie der Weisung für die Luftwaffe Nr. 3/2002 gehabt. Ein Vergleich des Gleichstellungserlasses in der alten und der neuen Fassung (vom 18. Februar 2011) sowie der Weisungen für die Luftwaffe Nr. 3/2002 und Nr. 1/2011 lasse für ihn keine neue oder unterschiedliche Bewertung der .../Offizierschule der Luftwaffe erkennen. Jedenfalls führe die .../Offizierschule der Luftwaffe Ausbildung für fliegerische Verwendung durch. Er sei deshalb zu Unrecht nicht in die Luftfahrzeugbesatzungsgruppe E eingruppiert worden.

14 Die Beschwerde wies der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - (ab 1. April 2012: R II 2) - mit Beschwerdebescheid vom 18. Oktober 2011 zurück. Er erstreckte die Beschwerde des Antragstellers auch auf die rückwirkende Zuordnung zur Luftfahrzeugbesatzungsgruppe A für Zeiträume vor dem 31. März 2011. Zur Begründung seiner Entscheidung führte er aus, dass die rückwirkende Zuordnung zu einer Luftfahrzeugbesatzungsgruppe unzulässig sei, weil dieses Rechtsschutzbegehren auf ein rechtlich und tatsächlich unmögliches Ziel gerichtet sei. Die Zuordnung zu den Luftfahrzeugbesatzungsgruppen E oder A und eine damit einhergehende Verpflichtung zur fliegerischen Inübunghaltung könnten als Maßnahme in Bezug auf die konkrete militärische Verwendung des Antragstellers nur für die Zukunft und nicht rückwirkend für in der Vergangenheit liegende, bereits abgeschlossene Zeiträume erfolgen. Soweit der Antragsteller seine schnellstmögliche Zuordnung zur Luftfahrzeugbesatzungsgruppe E anstrebe, sei die Ablehnungsentscheidung des Personalamts rechtlich nicht zu beanstanden. Nach dem Inübunghaltungserlass vom 26. Juni 2008 seien die Voraussetzungen für eine weitere Verpflichtung des Antragstellers zur fliegerischen Inübunghaltung nicht mehr erfüllt. Dazu werde auf den Inhalt des Beschwerdebescheids vom 20. Mai 2011 (im Verfahren BVerwG 1 WB 56.11 ) Bezug genommen. Soweit der Antragsteller vortrage, dass sich am „Status“ der .../Offizierschule der Luftwaffe zum 1. April 2011 nichts geändert habe und er sowohl nach der alten Weisung für die Luftwaffe Nr. 3/2002 als auch nach der neuen Weisung für die Luftwaffe Nr. 1/2011 in einer fliegerischen Ausbildungseinrichtung tätig sei, treffe dies nicht zu. Die .../Offizierschule der Luftwaffe sei nach wie vor eine Ausbildungseinrichtung der fliegerischen Erstausbildung, die nach dem STAN-Auftrag keinen Flugdienst auf militärischen Luftfahrzeugmustern/Waffensystemen und keine Ausbildung für fliegerische Verwendungen durchführe. Daher sei sie keine fliegerische Ausbildungseinrichtung im Sinne der beiden Weisungen. Zwar sei es richtig, dass die .../Offizierschule der Luftwaffe in den Gleichstellungserlassen der Luftwaffe noch nie aufgeführt worden sei. Nach Nr. 4 Abs. 2, Abs. 3 des Gleichstellungserlasses der Luftwaffe (BMVg FüL I 1) vom 20. November 2008 (in der jeweils gültigen Fassung) sei aber Voraussetzung für die Aufnahme eines Dienstpostens in die Anlage zum Gleichstellungserlass der Luftwaffe, dass ein STAN-Dienstposten übertragen sei, der eine fliegerische Verwendung in der 1. Fachtätigkeit/1. Ausbildungs- und Tätigkeitsnummer bzw. Ausbildungs- und Tätigkeitsbezeichnung oder werdegangsteuernden Fachtätigkeit vorsehe und dass die Einrichtung, Einheit oder Dienststelle den fliegenden Verbänden und fliegerischen Ausbildungseinrichtungen gleichgestellt sei. Diese Voraussetzungen lägen beim Antragsteller weder dienstpostenbezogen noch hinsichtlich der Gleichstellung vor.

15 Gegen diese ihm am 24. Oktober 2011 eröffnete Entscheidung hat der Antragsteller mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 18. November 2011 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Den Antrag hat der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit seiner Stellungnahme vom 21. Dezember 2011 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

16 Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens wiederholt und vertieft der Antragsteller sein Beschwerdevorbringen und betont, dass es ihm auch um eine rückwirkende Eingruppierung in die Luftfahrzeugbesatzungsgruppe A nach Maßgabe der Weisung für die Luftwaffe Nr. 3/2002 gehe. Der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte des Antragstellers habe sich ausdrücklich für seinen Antrag ausgesprochen. Die Weisung für die Luftwaffe Nr. 1/2011 verstoße als Rahmenrichtlinie aufgrund der deutlich erkennbaren Kompetenzeinbußen gegen Art. 87a GG.

17 Der Antragsteller beantragt,
die Entscheidung des Bundesministers der Verteidigung vom 18. November 2011 aufzuheben,
hilfsweise,
unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts die Beschwerde vom 13. September 2011 erneut zu bescheiden.

18 Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

19 Er verteidigt den Inhalt seines Beschwerdebescheids vom 18. Oktober 2011 und trägt ergänzend vor, dass Anträge auf gerichtliche Entscheidung, die sich gegen die Entbindung eines Soldaten von der Verpflichtung zur fliegerischen Inübunghaltung richten, unter Berücksichtigung des Senatsbeschlusses vom 24. Januar 2012 - BVerwG 1 WB 6.11 - unzulässig seien. Zudem sei die Weisung für die Luftwaffe Nr. 3/2002 mit Wirkung vom 1. April 2011 außer Kraft gesetzt worden. Daher sei im Zusammenhang mit der Entpflichtung des Antragstellers von der Inübunghaltung mit Wirkung vom 1. April 2011 nicht mehr die zuvor geltende Weisung maßgeblich. Die Zuordnung des Antragstellers zur Luftfahrzeugbesatzungsgruppe E komme nicht in Betracht, weil nach Maßgabe der Weisung für die Luftwaffe Nr. 1/2011 nur solche Einrichtungen fliegerische Ausbildungseinrichtungen seien, die tatsächlich „fliegen“ können, weil sie selber über entsprechende Luftfahrzeuge verfügen. Dies sei bei den Dienstposten der .../Offizierschule der Luftwaffe jedoch nicht der Fall. Die auf den dortigen Dienstposten eingesetzten Lehroffiziere könnten nur am Flugdienst anderer fliegender Verbände bzw. Dienststellen teilnehmen. Soweit die Bevollmächtigten des Antragstellers eine Verfassungswidrigkeit der Weisung für die Luftwaffe Nr. 1/2011 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 48, 160 und BVerfGE 105, 72 behaupteten, sei das nicht nachvollziehbar. Diese Entscheidungen beschäftigten sich mit der Verfassungsmäßigkeit von Änderungen des Wehrpflichtgesetzes und des Zivildienstgesetzes bzw. mit der Verfassungsmäßigkeit der Wehrpflicht und der Strafbarkeit der Dienstflucht. Ein Bezug zum vorliegenden Verfahren sei nicht erkennbar.

20 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - 1268/11 - und die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A - D, die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - 699, 700, 701/11 - und die Gerichtsakte BVerwG 1 WB 56.11 haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

21 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

22 1. Der Hauptantrag, die „Entscheidung“ des Bundesministers der Verteidigung vom 18. November (richtig: Oktober) 2011 aufzuheben, bezieht sich ersichtlich auf den Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung. Dieser Antrag ist unzulässig.

23 In der Regel ist Gegenstand des Antrags auf gerichtliche Entscheidung nach § 17 Abs. 1, Abs. 3 WBO - hier in Verbindung mit § 21 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 WBO - die ursprünglich mit der Beschwerde (bzw. mit der weiteren Beschwerde) angefochtene Maßnahme oder Unterlassung in der Gestalt, die sie durch den Beschwerdebescheid gefunden hat. Ausnahmsweise ist allein der Beschwerdebescheid Gegenstand des Antrags, wenn er den Beschwerdeführer erstmalig beschwert (stRspr, vgl. z.B. Beschlüsse vom 8. März 2006 - BVerwG 1 WB 61.05 -, vom 9. März 2006 - BVerwG 1 WB 52.05 - und vom 26. Juni 2012 - BVerwG 1 WB 18.12 -). Die hier strittige Zuordnung zu den Luftfahrzeugbesatzungsgruppen A und E war bereits Regelungsinhalt des angefochtenen Ausgangsbescheids des Personalamts. Deshalb beschwert der Beschwerdebescheid vom 18. Oktober 2011 den Antragsteller nicht erstmalig. Vielmehr wird im Bescheid ausgeführt, dass die Beschwerde des Antragstellers unbegründet sei. In dieser rechtlichen Bewertung des Bundesministers der Verteidigung liegt keine - gegenüber dem Bescheid des Personalamts vom 5. August 2011 - erstmalige Beschwer des Antragstellers, sondern die Darlegung und Begründung der vorgenommenen rechtlichen Einschätzung der (fehlenden) Begründetheit des eingelegten und zu bescheidenden Rechtsbehelfs. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Personalamt in seinem Bescheid nicht im Einzelnen auf die Frage der Zuordnung zur Luftfahrzeugbesatzungsgruppe A, sondern nur zusammenfassend auf die „rückwirkende Korrektur“ der Luftfahrzeugbesatzungseinteilung eingegangen ist. Die Zuordnung zur Gruppe A hatte der Antragsteller aber unter Hinweis auf die Weisung für die Luftwaffe Nr. 3/2002 schon in seinen Antrag vom 13. Mai 2011 einbezogen.

24 2. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung bleibt auch dann ohne Erfolg, wenn der Hilfsantrag dahin auszulegen wäre, dass der Antragsteller begehrt, den Bescheid des Personalamts der Bundeswehr vom 5. August 2011 und den Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung vom 18. Oktober 2011 aufzuheben und den Bundesminister der Verteidigung zu verpflichten, ihn, den Antragsteller ab 1. April 2011 nach Maßgabe der Weisung für die Luftwaffe Nr. 1/2011 vom 11. Februar 2011 der Luftfahrzeugbesatzungsgruppe E und für die Zeit davor nach Maßgabe der Weisung für die Luftwaffe Nr. 3/2002 vom 19. Februar 2002 der Luftfahrzeugbesatzungsgruppe A zuzuordnen.

25 a) Der auf die Zuordnung zur Luftfahrzeugbesatzungsgruppe E bezogene Verpflichtungsantrag ist unzulässig.

26 Aus Nr. 2 der Weisung Nr. 1/2011 folgt, dass die Zuordnung zu und die Kategorisierung in verschiedene Luftfahrzeugbesatzungsgruppen nicht personenbezogen, sondern dienstpostenbezogen durchzuführen ist. Speziell für die Luftfahrzeugbesatzungsgruppe E ist dort festgelegt, dass die Zuordnung zu dieser Gruppe davon abhängt, ob bzw. mit welchen Schwerpunkten die maßgebliche Organisationsweisung Flugdienst oder Ausbildung für fliegerische Verwendungen vorsieht. Damit ist die Entscheidung der zentralen personalbearbeitenden Dienststellen, ob bestimmte Dienstposten der Luftfahrzeugbesatzungsgruppe E zuzuordnen sind, ausschließlich von organisatorischen Vor- bzw. Grundsatzentscheidungen über Struktur und Aufgaben der zuzuordnenden Dienstposten abhängig. Diese Entscheidung betrifft den Antragsteller nicht als Träger subjektiver Rechte, sondern als Teil der militärischen Organisation; sie greift infolgedessen nicht in seine persönliche Rechtssphäre ein. Entscheidungen dieser Art sind militärische Zweckmäßigkeitsentscheidungen, die sich einer inhaltlichen gerichtlichen Kontrolle entziehen (vgl. Beschlüsse vom 22. Juli 1999 - BVerwG 1 WB 6.99 -, vom 8. November 1994 - BVerwG 1 WB 36.94 - und vom 26. Juni 2012 - BVerwG 1 WB 42.11 -). Insofern gilt für die Zuordnung bestimmter Dienstposten zu den Luftfahrzeugbesatzungsgruppen im Ergebnis nichts anderes als für die Festlegung der Anforderungen für die Wahrnehmung eines Dienstpostens. Diese Festlegung stellt nach ständiger Rechtsprechung des Senats ebenfalls eine organisatorische Maßnahme des Bundesministers der Verteidigung dar, mit deren Hilfe er den Auftrag der Bundeswehr realisieren will. Auch sie ist einer gerichtlichen Anfechtung oder inhaltlichen gerichtlichen Kontrolle nicht zugänglich (vgl. z.B. Beschlüsse vom 3. Juli 2001 - BVerwG 1 WB 24.01 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 26 und vom 11. Dezember 2003 - BVerwG 1 WB 26.03 -).

27 b) Der auf die rückwirkende Zuordnung zur Luftfahrzeugbesatzungsgruppe A bezogene Verpflichtungsantrag hat ebenfalls keinen Erfolg.

28 Der Antrag ist - ungeachtet möglicher Zulässigkeitsbedenken - jedenfalls unbegründet, weil die vom Antragsteller in Anspruch genommene Rechtsgrundlage, die Weisung Nr. 3/2002, vom Inspekteur der Luftwaffe mit Ablauf des 31. März 2011 außer Kraft gesetzt worden ist. Sie galt damit schon im Zeitpunkt der Antragstellung am 13. Mai 2011 nicht mehr.

29 Unabhängig davon ist dieses Rechtsschutzbegehren einer Entscheidung des Senats entzogen, weil der Antragsteller die Zuordnungsentscheidung nicht angefochten hat, mit der er mit Wirkung vom 16. Februar 2009 in die Gruppe B 1 des fliegenden Personals eingestuft worden ist und die ihm das Luftwaffenführungskommando - als gemäß Nr. 302 der Weisung Nr. 3/2002 zuständige Stelle - mit Schreiben vom 26. Februar 2009 mitgeteilt hat. Damit ist diese Zuweisungsentscheidung bestandskräftig geworden.

30 Das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers lässt auch nicht die Möglichkeit eines Wiederaufgreifens des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 VwVfG zu. Der Antragsteller strebt erkennbar die nachträgliche Zuordnung zur Luftfahrzeugbesatzungsgruppe A nur deshalb an, weil er dieser Einstufung eine präjudizierende Wirkung im Hinblick auf die aus seiner Sicht gebotene Zuordnung zur neuen Luftfahrzeugbesatzungsgruppe E beimisst. Ein derartiges Bestreben ist aber von den Wiederaufnahmegründen des § 51 Abs. 1 VwVfG nicht gedeckt.