Verfahrensinformation

Die Kläger wenden sich gegen die Planfeststellungsbeschlüsse der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord und der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation der Freien und Hansestadt Hamburg für die Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe für 14,5 m tiefgehende Containerschiffe.


Nach Auffassung der beiden Umwelt- und Naturschutzverbände beruhen die Planfeststellungsbeschlüsse auf falschen Grundannahmen und unzureichenden Berechnungsmodellen hinsichtlich der hydromorphologischen und hydro- bzw. morphodynamischen Auswirkungen des Ausbaus. Zudem verstießen sie gegen zwingende Vorschriften des Gewässerschutzes, etwa das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot und Verbesserungsgebot, sowie des Gebiets- und Artenschutzes. Namentlich seien die Auswirkungen des Vorhabens auf verschiedene FFH- und Vogelschutzgebiete sowie die Betroffenheit von Schierlings-Wasserfenchel, Finte, Stör, Schnäpel und Schweinswal nicht ausreichend geprüft worden.


Der 7. Senat hat einem Eilantrag der Kläger gegen den Planfeststellungsbeschluss der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord für die sog. Bundesstrecke mit Beschluss vom 16. Oktober 2012 (BVerwG 7 VR 7.12) auf der Grundlage einer Interessenabwägung und damit ohne eine Vorentscheidung über den Ausgang des Hauptsacheverfahrens stattgegeben (vgl. Pressemitteilung Nr. 101/2012 vom 17.10.2012).


Wegen der Fülle des Prozessstoffs sind sechs Verhandlungstage eingeplant (vgl. Pressemitteilung Nr. 84/2013 vom 03.12.2013).



Pressemitteilung Nr. 70/2012 vom 11.07.2012

13 Klagen gegen Elbvertiefung

Beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig sind insgesamt 13 Klagen und ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren gegen die Planfeststellungsbeschlüsse der Freien und Hansestadt Hamburg und der Bundesrepublik Deutschland vom 23. April 2012 für die Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe (Elbvertiefung) eingegangen. Die Klagefrist ist am 9. Juli 2012 abgelaufen.


Kläger sind die Umweltverbände NABU und BUND, die Städte Cuxhaven und Otterndorf, verschiedene Jagd- und Deichverbände, Fischer sowie eine Reihe von Privatpersonen und Gewerbetreibenden.


Antragsteller im einstweiligen Rechtsschutzverfahren sind die Umweltverbände


NABU und BUND. Das Bundesverwaltungsgericht hat über den Eilantrag noch nicht entschieden. Die Antragsgegner sind - wie üblich - gebeten worden, bis zu einer Entscheidung über den Eilantrag von Baumaßnamen abzusehen.


BVerwG 7 A 10.12

BVerwG 7 A 11.12

BVerwG 7 A 12.12

BVerwG 7 A 13.12

BVerwG 7 A 14.12

BVerwG 7 A 15.12

BVerwG 7 A 16.12

BVerwG 7 A 17.12

BVerwG 7 A 18.12

BVerwG 7 A 19.12

BVerwG 7 A 20.12

BVerwG 7 A 21.12

BVerwG 7 A 22.12

BVerwG 7 VR 7.12


Pressemitteilung Nr. 84/2013 vom 03.12.2013

Elbvertiefung wird im Juli 2014 mündlich verhandelt

In den Klageverfahren von BUND und NABU zur Fahrrinnenanpassung der Elbe hat das Bundesverwaltungsgericht Termin zur mündlichen Verhandlung für den 15. Juli 2014 und weitere fünf Verhandlungstage in der 29. und 30. Kalenderwoche anberaumt. Vorsorglich sind drei weitere Verhandlungstage in der 31. Kalenderwoche eingeplant.


An seiner ursprünglichen Absicht, die Verfahren zunächst auszusetzen und dem Gerichtshof der Europäischen Union bestimmte Fragen zur Auslegung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie vorzulegen, wie dies bereits durch Beschluss vom 11. Juli 2013 in einem Verfahren zur Weservertiefung (BVerwG 7 A 20.11) geschehen ist, hält der Senat nicht mehr fest. Im Hinblick auf eine mittlerweile durch Beschlüsse vom 1. Oktober 2013 vorgenommene Planergänzung lässt sich erst nach der mündlichen Verhandlung verlässlich beurteilen, ob diese Fragen sich in den Verfahren zur Elbvertiefung noch stellen und ob gegebenenfalls weitere Fragen zur Auslegung der Wasserrahmenrichtlinie vorzulegen sind.


BVerwG 7 A 14.12

BVerwG 7 A 15.12


Pressemitteilung Nr. 58/2014 vom 02.10.2014

Elbvertiefung: Warten auf Luxemburg

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute das Verfahren der Umweltverbände BUND und NABU gegen die Planfeststellungsbeschlüsse für die Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in Luxemburg über eine bereits anhängige Vorlage zur Auslegung der Wasserrahmenrichtlinie ausgesetzt.


Der für das Recht der Wasserstraßen zuständige 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts war bereits im vergangenen Sommer anlässlich der Umweltverbandsklagen gegen den Ausbau der Weser mit der Wasserrahmenrichtlinie befasst. Mit Beschluss vom 11. Juli 2013 (BVerwG 7 A 20.11) hat er dem EuGH eine Reihe von Fragen zum sog. Verschlechterungsverbot und Verbesserungsgebot der Wasserrahmenrichtlinie vorgelegt (vgl. Pressemitteilung Nr. 47/2013 vom 11. Juli 2013; EuGH C-461/13).


Die Entscheidung des EuGH ist für das Verfahren über die Elbvertiefung vorgreiflich, weil die Vorlagefragen sich auch hier stellen. Die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen ist durch die 1. Ergänzungsbeschlüsse vom 1. Oktober 2013 nicht entfallen. In den Ergänzungsbeschlüssen haben die Beklagten die Planfeststellungsbeschlüsse vom 23. April 2012 um die Zulassung einer vorsorglichen Ausnahme von den Bewirtschaftungszielen für die betroffenen Wasserkörper ergänzt. Die angestellte „Hilfsprüfung“ ist jedoch nicht tragfähig. Hierfür hätten die angewandten Kriterien für die Bewertung der unterstellten Verschlechterungen des Gewässerzustands im Ergänzungsbeschluss definiert und ihr fachlich untersetzter Sinngehalt nachvollziehbar dargelegt werden müssen. Das ist nicht hinreichend geschehen.


Der Senat hat im Anschluss an die fünftägige mündliche Verhandlung im Juli 2014, in der u.a. die Gutachten der Bundesanstalt für Wasserbau zu den Auswirkungen des Vorhabens auf die Tidewasserstände, die Strömungsgeschwindigkeiten und die Sedimentationsraten, der Verkehrsbedarf und die Alternativenprüfung sowie die Betroffenheit geschützter Tier- und Pflanzenarten (z.B. Schierlings-Wasserfenchel, Finte, Schnäpel, afrosibirischer Knutt) erörtert worden sind, auch über den sonstigen Streitstoff beraten. Nach seiner vorläufigen Einschätzung leiden die Planfeststellungsbeschlüsse im Bereich der FFH- und der Umweltverträglichkeitsprüfung zwar an verschiedenen Mängeln. Diese Mängel sind aber behebbar und führen weder einzeln noch in ihrer Summe zur Aufhebung der Planfeststellungsbeschlüsse.


Für eine abschließende Entscheidung des Senats muss daher das Urteil des EuGH in der Rechtssache C-461/13 abgewartet werden. Die mündliche Verhandlung vor dem EuGH hat bereits am 8. Juli 2014 stattgefunden, mit einem Urteil wird im Frühjahr 2015 gerechnet.


BVerwG 7 A 14.12 - Beschluss vom 02. Oktober 2014


Beschluss vom 02.10.2014 -
BVerwG 7 A 14.12ECLI:DE:BVerwG:2014:021014B7A14.12.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 02.10.2014 - 7 A 14.12 - [ECLI:DE:BVerwG:2014:021014B7A14.12.0]

Beschluss

BVerwG 7 A 14.12

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung am 15., 16., 17., 22. und 23. Juli 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Nolte,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß,
die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp und Schipper
und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Brandt
beschlossen:

  1. Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache C-461/13 ausgesetzt.
  2. Es wird darauf hingewiesen, dass gegen die Rechtmäßigkeit der Planfeststellungsbeschlüsse für die Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe vom 23. April 2012 in der Gestalt der 1. Ergänzungsbeschlüsse vom 1. Oktober 2013 und der Protokollerklärungen in der mündlichen Verhandlung Bedenken bestehen.

Gründe

1 Im vorliegenden Rechtsstreit kann derzeit noch kein abschließendes Urteil ergehen. Der Senat hat im Anschluss an die mündliche Verhandlung über den gesamten Streitstoff beraten. Danach kommt es entscheidungserheblich u.a. auf die Fragen zur Auslegung der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) an, die der Senat dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mit Beschluss vom 11. Juli 2013 - BVerwG 7 A 20.11 - im Verfahren über den Ausbau der Weser vorgelegt hat. Von einer erneuten Vorlage dieser Fragen sieht der Senat ab, weil der EuGH in der Rechtssache C-461/13 am 8. Juli 2014 bereits mündlich verhandelt hat. Die von den Klägern in der mündlichen Verhandlung zusätzlich aufgeworfenen Vorlagefragen sind entweder nicht entscheidungserheblich oder lassen sich eindeutig beantworten, so dass es einer Vorlage nach Art. 267 AEUV nicht bedarf. Das Verfahren wird daher in entsprechender Anwendung von § 94 VwGO bis zur Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-461/13 ausgesetzt (I.). Im Übrigen leiden die Planfeststellungsbeschlüsse (in der Gestalt der 1. Ergänzungsbeschlüsse und der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen) nach der vorläufigen Einschätzung des Senats an Mängeln, die weder einzeln noch in ihrer Summe zur Aufhebung der Beschlüsse führen würden, aber die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit zur Folge hätten (II.).

2 I. Die Beklagten haben das Vorhaben im Hinblick auf seine Vereinbarkeit mit dem Verschlechterungsverbot und Verbesserungsgebot des § 27 i.V.m. § 44 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) einer zweifachen Prüfung unterzogen. Die in den Planfeststellungsbeschlüssen vom 23. April 2012 (S. 2029 ff.) vorgenommene Prüfung gelangt zu dem Ergebnis, dass es ausbaubedingt weder zu erheblichen Verschlechterungen des Zustands/Potenzials von Qualitätskomponenten oder Oberflächenwasserkörpern der Tideelbe noch zu einem Wechsel in eine niedrigere Zustandsklasse kommt (PFB S. 2040), und legt damit Rechtsmaßstäbe an (Erheblichkeit, Zustandsklassenwechsel), die Gegenstand des Vorlagebeschlusses vom 11. Juli 2013 sind. Im Hinblick darauf hat der Senat den Beteiligten Anfang August 2013 angekündigt, im vorliegenden Verfahren ebenfalls eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen.

3 Die Vorhabenträger reichten bei den Beklagten daraufhin weitere Unterlagen, u.a. eine Ergänzung des Fachbeitrags zur Wasserrahmenrichtlinie vom 9. August 2013, ein. Auf dieser Grundlage nahmen die Beklagten ausweislich der 1. Ergänzungsbeschlüsse vom 1. Oktober 2013 in einem ergänzenden Verfahren „hilfsweise“ eine weitere wasserrechtliche Prüfung vor, die der sog. „strengen“ Status-quo-Theorie folgt. Danach werden alle Vorhabenwirkungen, die geeignet sein können, den Zustand von Qualitätskomponenten der WRRL theoretisch (nicht mess- und beobachtbar) oder tatsächlich (mess- und beobachtbar) nachteilig zu verändern, als Zustandsverschlechterung bewertet (1. PEB S. 5). Als Ergebnis der „Hilfsprüfung“ werden „äußerst hilfsweise und vorsorglich“ sehr geringe bis mäßige Verschlechterungen der fünf Oberflächenwasserkörper (OWK) Elbe (Ost), Hafen, Elbe (West), Übergangsgewässer und Küstengewässer sowie ein Verstoß gegen das Verbesserungsgebot angenommen und vorsorglich eine Ausnahme nach § 31 Abs. 2 WHG erteilt.

4 Die in den Ergänzungsbeschlüssen angestellte „Hilfsprüfung“ ist nicht tragfähig, weil es dem zugrunde gelegten Bewertungssystem an der erforderlichen fachlichen Untersetzung fehlt.

5 Der Senat verkennt nicht, dass der Vollzug der Wasserrahmenrichtlinie bzw. der diese umsetzenden Vorschriften des Wasserhaushaltsgesetzes die Rechtsanwender vor erhebliche Probleme stellt. Im Zuge der Gemeinsamen Umsetzungsstrategie (Common Implementation Strategy - CIS) sind zwar eine Reihe von Leitfäden, Positionspapieren etc. herausgegeben worden. Nicht zuletzt wegen der noch ungeklärten Rechtsmaßstäbe fehlt es aber an anerkannten Standardmethoden und Fachkonventionen. An diesem Befund wird auch die anstehende Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-461/13 kurzfristig nichts ändern, denn die vom EuGH als richtig erkannten Rechtsmaßstäbe werden in der Praxis ebenfalls noch konkretisiert werden müssen.

6 Der Umstand, dass es derzeit noch keine anerkannte Standardmethode gibt, erweitert den Spielraum der Behörden bei der Entwicklung einer eigenen, fallbezogenen Methode. Er befreit aber nicht davon, diese Methode transparent, funktionsgerecht und in sich schlüssig auszugestalten. Das erfordert weder ein „rechnerisches Baukastensystem“ noch ein bis in alle Verästelungen ausdifferenziertes Bewertungsraster. Unverzichtbar ist aber, dass die angewandten Bewertungskriterien im Planfeststellungsbeschluss definiert werden und ihr fachlich untersetzter Sinngehalt nachvollziehbar dargelegt wird. Dies übersehen die Beklagten, wenn sie in den Ergänzungsbeschlüssen (S. 27) darauf hinweisen, dass für die Ergänzung des Fachbeitrags gutachterliche Setzungen herangezogen worden seien und eine Methodenkritik mangels Leitfaden oder behördlicher Empfehlung nicht angemessen sei.

7 Der Notwendigkeit, die Bewertungskriterien fachlich zu „unterfüttern“, waren die Beklagten nicht deshalb enthoben, weil sie alle vorhabenbedingten Auswirkungen auf die Qualitätskomponenten bzw. Oberflächenwasserkörper als Verschlechterungen im Sinne des § 27 WHG qualifiziert haben und damit „auf der sicheren Seite liegen“. Die Ausnahmeprüfung nach § 31 Abs. 2 WHG setzt ebenso wie die Abweichungsprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG voraus, dass das Gewicht, mit dem das Integritätsinteresse der Oberflächenwasserkörper in die Prüfung einzustellen ist, fehlerfrei ermittelt worden ist. Die dafür notwendige Bewertung der Schwere der Verschlechterung kann unabhängig davon, auf welcher Stufe sie vorgenommen wird, nicht losgelöst von fachlichen Untersetzungen erfolgen. Welche fachlichen Erwägungen dem Bewertungssystem der Ergänzungsbeschlüsse zugrunde liegen, bleibt indessen unklar.

8 Die Ergänzungsbeschlüsse bewerten die Auswirkungen auf den Zustand der Oberflächenwasserkörper in zwei Schritten: Zunächst werden die möglichen nachteiligen Auswirkungen auf die Qualitätskomponenten mithilfe der Kategorien „Grad der nachteiligen Auswirkung“ (deutlich, schwach, nicht mess- und beobachtbar), „Dauer“ (langfristig = > 3 Jahre, mittelfristig = 3 Monate bis 3 Jahre, kurzfristig = < 3 Monate) sowie „räumliche Ausdehnung“ (großräumig = > 20 % der Fläche des OWK, mittelräumig = 10 bis 20 % der Fläche des OWK, kleinräumig < 10 % der Fläche des OWK) bewertet. Im Anschluss wird die Schwere der Verschlechterung mittels Aggregation dieser drei Kategorien als „sehr gering“, „gering“, „mäßig“, „stark“ und „sehr stark“ eingestuft. Alle nicht mess- und beobachtbaren nachteiligen Veränderungen führen unabhängig von ihrer Dauer und räumlichen Ausdehnung zu einer „sehr geringen“ Schwere der Verschlechterung. Die Schwere der Verschlechterung des Oberflächenwasserkörpers richtet sich nach derjenigen Qualitätskomponente mit der deutlichsten Verschlechterung.

9 Nähere Ausführungen zu den Kriterien, die den Grad der Auswirkung erfassen sollen, finden sich nur hinsichtlich des Kriteriums „nicht mess- und beobachtbar“. Dieses umfasst nach den Erläuterungen auf Seite 30 der Ergänzungsbeschlüsse auch solche Auswirkungen auf den Wasserhaushalt, die Hydromorphologie und das Tidegeschehen, die von der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) mithilfe eines hydronumerischen Rechenmodells prognostiziert worden sind, in der Natur aber wegen der Komplexität und Variabilität des Tideästuars nicht unmittelbar beobachtbar sind. Solche Auswirkungen werden, obwohl sie nach den Prognosen der BAW tatsächlich zu erwarten sind, ungeachtet ihrer Dauer und räumlichen Ausdehnung als nur rechnerische Veränderungen unterschiedslos der Kategorie „sehr gering“ zugeordnet. Das ist mit dem Anspruch eines höchst vorsorglichen Maßstabs umso weniger vereinbar, als diese Zuordnung unabhängig vom Ist-Zustand erfolgt, also auch für solche Auswirkungen gelten soll, die auf eine schon kritische Vorbelastung treffen.

10 Die Kriterien „schwach“ und „deutlich“ werden in den Ergänzungsbeschlüssen in keiner Weise erläutert, geschweige denn fachlich untersetzt. Damit bleibt die Einstufung der Vorhabenwirkungen aber vor allem im Grenzbereich von „schwach“ zu „deutlich“ nicht nachvollziehbar. Soweit die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgetragen haben, sie hätten sich an der UVU-Wertstufenskala orientiert und bei Wertstufenänderungen „deutliche“ und ohne Wert-stufenänderung „schwache“ Auswirkungen angenommen, ist dies weder in den Ergänzungsbeschlüssen selbst noch in der zugrunde liegenden Ergänzung des Fachbeitrags dokumentiert. Vielmehr fehlt es an Ausführungen dazu, wie die schutzgutbezogenen Wertstufen auf die Wasserkörper bzw. Qualitätskomponenten übertragen wurden. In den Planergänzungsbeschlüssen ist lediglich ausgeführt, dass die Sachinformationen zu den für die Qualitätskomponenten in den Oberflächenwasserkörpern zu erwartenden Vorhabenwirkungen aus der Umweltverträglichkeitsuntersuchung entnommen wurden. Die Bewertung im ergänzenden Fachbeitrag sei anhand dieser Sachinformationen erfolgt, folge aber einem anderen Bewertungsmaßstab und lasse daher die Bewertung der Vorhabenwirkungen, die in der Umweltverträglichkeitsuntersuchung vorgenommen worden sei, unberücksichtigt (S. 23). Auch die - mit wenigen Ausnahmen - pauschalen Hinweise auf Gutachten der BAW bzw. sonstige UVU-Teilgutachten in der Ergänzung des Fachbeitrags reichen nicht aus. Der Senat hat bereits in seinem Hinweisbeschluss im Weser-Verfahren vom 11. Juli 2013 - BVerwG 7 A 20.11 - (Rn. 67) betont, dass die Übertragung von schutzgutbezogenen Erkenntnissen aus der UVU auf die Qualitätskomponenten der WRRL eine von den Planfeststellungsbehörden zu erbringende Transferleistung darstellt und die dafür erforderlichen Zwischenschritte im Planfeststellungsbeschluss nachvollziehbar darzulegen sind. Das erfordert hier wie auch sonst, dass bei Bezugnahmen und Querverweisungen innerhalb der Planunterlagen und im Planfeststellungsbeschluss grundsätzlich seitengenau zu zitieren ist.

11 Die Kriterien, die die Auswirkungen des Vorhabens in ihrer zeitlichen und räumlichen Dimension erfassen sollen, sind zwar im Ansatz verlässlich und nachvollziehbar, weil sie an objektiv messbare Umstände anknüpfen. Die gesetzten raumbezogenen Schwellenwerte sind jedenfalls nicht unvertretbar. Bedenken begegnet allerdings, dass die Beklagten bei den räumlichen Auswirkungen durchgängig einen flächenbezogenen Maßstab gewählt haben. Ob ein flächen- oder ein volumenbezogener Maßstab sachangemessen ist, hängt von der jeweiligen Qualitätskomponente ab. Wird - wie hier - ein einheitlicher Maßstab verwendet, muss dargelegt werden, welche Sachgründe für ein einheitliches, rein flächenbezogenes System sprechen und warum eine nach Qualitätskomponenten differenzierende Bezugsgröße (Fläche, Volumen) nicht sachgerechter und vorsorglicher wäre. Dazu kann den Ausführungen auf Seite 26 der Ergänzungsbeschlüsse nichts Substantielles entnommen werden.

12 Um die Auswirkungen sachgerecht bewerten zu können, hätte zudem der Ist-Zustand der Qualitätskomponenten ordnungsgemäß erfasst werden müssen. Auch daran fehlt es teilweise. In der Ergänzung des Fachbeitrags und in den Ergänzungsbeschlüssen findet sich bei den hydromorphologischen, den chemischen sowie den physikalisch-chemischen Qualitätskomponenten in der Spalte „Einstufung der QK im Ist-Zustand für den OWK“ die Eintragung „relevant aber ohne Bewertung im Ist-Zustand“. Die Einstufung des ökologischen Zustands/Potenzials eines Oberflächenwasserkörpers erfolgt nach § 5 Abs. 4 Satz 1 Oberflächengewässerverordnung (OGewV) zwar vorrangig unter Betrachtung der biologischen Qualitätskomponenten. Bei deren Bewertung sind die hydromorphologischen und die allgemeinen physikalisch-chemischen Qualitätskomponenten aber zur Einstufung unterstützend heranzuziehen (§ 5 Abs. 4 Satz 3 OGewV).

13 Ausweislich der Ergänzungsbeschlüsse sind die Auswirkungen auf die hydromorphologischen Qualitätskomponenten Morphologie und Tideregime sowie die chemisch-physikalischen Qualitätskomponenten Sauerstoff und Salzgehalte untersucht worden (S. 22). Wie diese Untersuchung und namentlich die Bewertung der Ergebnisse ohne Erfassung des Ist-Zustands bewerkstelligt werden konnte, ist nicht dargelegt. Anhaltspunkte dafür, dass die fehlenden Daten zum Ist-Zustand nicht verfügbar waren, sind nicht ersichtlich. Nach Darstellung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung fehlte es nicht an hinreichendem Datenmaterial, sondern nur an dessen Einstufung durch die Flussgebietsgemeinschaft (FGG) Elbe. Dann hätte diese Einstufung durch den Vorhabenträger bzw. die Planfeststellungsbehörden nachgeholt werden müssen. Der Einwand der Beklagten, die Einstufung des Ist-Zustands sei unerheblich gewesen, weil jede Änderung als Verschlechterung bewertet worden sei, greift nicht durch. Diese Argumentation übersieht, dass es für die Ausnahmeprüfung auf das Maß der Verschlechterung ankommt und eine Verschlechterung bei mäßigem Ist-Zustand regelmäßig gravierender sein dürfte als bei einem guten. Überdies kann der Ist-Zustand unter Umständen bei der Prüfung des Verbesserungsgebots relevant werden.

14 Ob die „Hilfsprüfung“ auch deshalb Bedenken begegnet, weil bei gleichzeitiger Verschlechterung verschiedener Qualitätskomponenten nur auf die am stärksten beeinträchtigte Qualitätskomponente abgestellt wird und dies mit dem höchstvorsorglichen Maßstab unvereinbar ist, kann angesichts der vorgenannten Mängel dahinstehen.

15 Mangels Tragfähigkeit der „Hilfsprüfung“ kommt es entscheidungserheblich daher (wieder) darauf an, ob die ursprüngliche wasserrechtliche Prüfung rechtmäßig erfolgt ist. Für die Beantwortung dieser Frage ist die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-461/13 vorgreiflich.

16 II. Die Umweltverträglichkeitsprüfung und die FFH-Verträglichkeitsprüfung weisen - im ergänzenden Verfahren voraussichtlich behebbare - Mängel auf.
1. UVU/UVP
1.1 Gefährdete Pflanzenarten

17 In der UVU/UVP (PFB S. 459/460 und 680) werden vorhabenbedingte erhebliche Auswirkungen auf die terrestrischen Biotoptypen über die Wirkpfade „Tidewasserstände“, „Strömungsgeschwindigkeiten“, „Schwebstoffregime und Geschiebetransport“ und „Salinität“ verneint. Hinsichtlich der gefährdeten Pflanzenarten fehlt es dafür an der erforderlichen Tatsachengrundlage.

18 Keinen Bedenken begegnet es, im Rahmen der Auswirkungsprognose zunächst die relevanten Wirkfaktoren zu identifizieren und festzustellen, womit wann, wo und in welcher Intensität gerechnet werden muss. Scheiden danach - was nachvollziehbar darzulegen ist - Beeinträchtigungen auf bestimmten Wirkpfaden von vornherein aus, sind nähere artenbezogene Untersuchungen nicht erforderlich. Anders verhält es sich aber dann, wenn eine negative Betroffenheit von Arten nicht schon aufgrund des Wirkpfads ausgeschlossen werden kann. In diesem Fall ist zu prüfen, welche Arten im Untersuchungsgebiet direkt oder indirekt betroffen sein können. Das kann Feststellungen zu deren örtlichen Vorkommen erfordern. Besonderes Augenmerk ist dabei - auch im Hinblick auf das Schutzgut der Artenvielfalt - auf die gefährdeten Arten zu richten. Unter diesen sind wiederum vorrangig solche Arten zu behandeln, für die unter biogeografischen Aspekten eine besondere Schutzverantwortung besteht.

19 Diesen Anforderungen genügt die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht. Von den in der Liste der gefährdeten Arten im UVU-Teilgutachten H.4a zur terrestrischen Flora (S. 105 ff.) aufgeführten 131 gefährdeten Arten ist lediglich der an der Elbe endemische Schierlings-Wasserfenchel einer näheren Betrachtung unterzogen worden. Für die dort weiter genannte, an der Elbe ebenfalls endemische Wiebelschmiele sind erhebliche Beeinträchtigungen in der mündlichen Verhandlung verbal-argumentativ ausgeschlossen worden, in den Planfeststellungsbeschlüssen sind diese Erwägungen allerdings nicht dokumentiert. Auch zu den anderen in der Liste aufgeführten gefährdeten Arten kann weder der UVU noch der UVP Näheres entnommen werden. Die Auflistung der gefährdeten Arten im Untersuchungsgebiet bleibt aber ohne Wert, wenn im Rahmen der Auswirkungsprognose nicht geprüft wird, ob bzw. welchen der gelisteten Arten vorhabenbedingte Beeinträchtigungen drohen. Diese Prüfung setzt weder eine flächendeckende artenbezogene Kartierung des gesamten Untersuchungsgebiets voraus noch muss jede einzelne der 131 aufgeführten gefährdeten Arten einer detaillierten Bestandserfassung unterzogen werden. Erforderlich ist aber, dass die Liste - nachvollziehbar - daraufhin gesichtet wird, welche Arten unter den Gesichtspunkten Schutzverantwortung, Gefährdung (auf verschiedenen Bezugsraumebenen), Verbreitung/Seltenheit und Sensitivität ggf. einer näheren Betrachtung auch im Hinblick auf ihre örtliche Verbreitung unterzogen werden müssen. Daran fehlt es.
1.2 Artenvielfalt

20 Die Umweltverträglichkeitsprüfung begegnet zudem im Hinblick auf das Schutzgut der biologischen Vielfalt (Artenvielfalt) Bedenken. In den Planfeststellungsbeschlüssen (S. 462 und 697) werden Auswirkungen auf die Artenvielfalt mit der Begründung verneint, dass ein Totalverlust oder ein relevanter Rückgang von Populationen auszuschließen seien, weil die Verluste nur lokal und/oder zeitweise aufträten und in der Regel weit verbreitete Arten beträfen. Die an der Tideelbe vorkommenden endemischen Pflanzenarten Wiebelschmiele und Schierlings-Wasserfenchel seien vorhabenbedingt ebenfalls nicht gefährdet, da direkte Wirkungen auf die Standorte dieser Arten nicht aufträten und die indirekten Wirkungen, z.B. durch die Veränderung der Salinität, der Strömungsgeschwindigkeiten, des Sedimenttransports und des Wellenschlags, zwar negative Einflüsse auf die Habitateignung hätten, jedoch nicht zu einem Totalverlust der Standorte in dem schon im Ist-Zustand suboptimalen Lebensraum führten.

21 Dieser Bewertungsmaßstab greift zu kurz. Das Schutzgut der biologischen Vielfalt ist nicht erst bei einem Totalverlust von Standorten oder der relevanten Abnahme von Populationen betroffen, sondern kann auch durch eine erhebliche Verschlechterung der Habitateignung für eine einzelne Art beeinträchtigt werden. Allerdings dürfte die bloße Verschlechterung der Habitateignung einzelner Standorte für eine Beeinträchtigung der Artenvielfalt in der Regel nicht genügen. Bei der Artenvielfalt kommt es auf den konkreten Bezug zu Naturraum und Lebensraumtyp an. Zu berücksichtigen ist daher immer die Abhängigkeit von der Flächengröße sowie der standörtlichen und vor diesem Hintergrund möglichen strukturellen Ausstattung. Dies gilt vor allem dann, wenn limitierende Standortfaktoren vorhanden sind, die keinem anthropogenen Einfluss unterliegen bzw. nicht auf einen solchen zurückzuführen sind (vgl. Trautner, UVP-report 17, 2003, S. 155). Welche Bedeutung danach ein einzelner Standort für eine Art bzw. die Artenvielfalt im Untersuchungsgebiet hat, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Ohne nähere Erkenntnisse zu den gefährdeten Arten, für die vorhabenbedingte Beeinträchtigungen nicht von vornherein ausgeschlossen werden können, sowie zu deren Verbreitung im Untersuchungsgebiet und den jeweiligen Habitatanforderungen ist eine solche Prüfung nicht möglich.
2. FFH
2.1 Überwachung der Schiffsgeschwindigkeiten

22 Die Auflage A.II.5.3.3 (PFB S. 65) ist ergänzungsbedürftig. Gemäß A.II.5.3.1 müssen die Vorhabenträger durch geeignete Regelungen sicherstellen, dass die von der BAW für die verschiedenen Streckenabschnitte als unkritisch eingeschätzten Geschwindigkeiten durchs Wasser nicht überschritten werden. Zur Überwachung der tatsächlichen Geschwindigkeiten durchs Wasser haben die Vorhabenträger umgehend geeignete Maßnahmen zu entwickeln (A.II.5.3.3).

23 Mithilfe der Geschwindigkeitsbegrenzung sollen Beeinträchtigungen durch sog. schiffserzeugte Belastungen (Schiffswellen) reduziert bzw. ausgeschlossen werden. Von der Wirksamkeit dieser Maßnahme und der Möglichkeit, ihre Einhaltung effektiv zu überwachen, sind die Planfeststellungsbehörden im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung ausdrücklich ausgegangen (vgl. PFB S. 917 und 932). Wegen der Schutz- und Vermeidungswirkung, die von der Geschwindigkeitsbegrenzung ausgehen soll, stellt die Überwachung ihrer Einhaltung keine nachrangige Frage des Planvollzugs, sondern einen grundsätzlich im Planfeststellungsbeschluss regelungsbedürftigen Aspekt dar.

24 Die Beklagten konnten zwar davon absehen, die Überwachungsmaßnahmen schon in den Planfeststellungsbeschlüssen vom 23. April 2012 zu regeln, weil ein geeignetes Überwachungsverfahren noch nicht zur Verfügung stand, sie jedoch im Erlasszeitpunkt davon ausgehen durften, dass die zeitnahe Entwicklung eines solchen Verfahrens durch die Vorhabenträger ohne Weiteres möglich sein würde. Anderenfalls hätte auch die FFH-Verträglichkeitsprüfung hinsichtlich des Wirkpfads „Schiffswellen“ nicht mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen werden dürfen. Um dem Erfordernis gerecht zu werden, das Überwachungsproblem im Wege der Planfeststellung zu bewältigen, hätte die Auflage A.II.5.3.3 aber mit dem Vorbehalt versehen werden müssen, dass die Überwachungsmaßnahmen durch Planergänzung festgelegt werden.
2.2 Finte
2.2.1 Sauerstoffmangel

25 In den Planfeststellungsbeschlüssen werden erhebliche Beeinträchtigungen der Finte durch eine vorhabenbedingte Verschlechterung der Sauerstoffsituation im Hauptlaichgebiet verneint (S. 1043, 1100/1101 und 1708). Nach Auswertung der aktuellen wissenschaftlichen Literatur durch Bioconsult im „Gutachten zur FFH-Erheblichkeit bei der FFH-Verträglichkeitsprüfung zur Fahrrinnenanpassung Unter- und Außenelbe“ vom 5. Mai 2010 sei im Ergebnis kein Zusammenhang sicher nachweisbar, dass Sauerstoffmangelsituationen den Rekrutierungserfolg tatsächlich reduzierten (S. 1766).

26 Diese Bewertung geht von einem fehlerhaften rechtlichen Ansatz aus. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darf die Verträglichkeitsprüfung nur dann mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen werden, wenn keine vernünftigen Zweifel daran bestehen, dass erhebliche Beeinträchtigungen vermieden werden (Urteil vom 14. Juli 2011 - BVerwG 9 A 12.10 - BVerwGE 140, 149 Rn. 59 = Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 13). Ist der Erhaltungszustand geschützter Arten in einem FFH-Gebiet schlecht, sind hinzutretende Beeinträchtigungen eher als erheblich einzustufen als bei einem guten Erhaltungszustand. Davon ausgehend bestehen zumindest vernünftige Zweifel daran, dass erhebliche Beeinträchtigungen der Finte durch eine Verschlechterung der ohnehin kritischen Sauerstoffsituation in ihrem Hauptlaichgebiet ausgeschlossen werden können:

27 Nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung ist der Erhaltungszustand der Finte in den FFH-Gebieten „Schleswig-Holsteinisches Elbästuar und angrenzende Flächen“ und „Unterelbe“ einheitlich mit „C“ zu bewerten. Zudem ist unstreitig, dass es in Teilen des Hauptlaichgebiets der Finte unterhalb des Hamburger Hafens (Schwingemündung bis zum Mühlenberger Loch) in den Sommermonaten zu Sauerstoffmangelsituationen kommt, in denen der Sauerstoffgehalt unter den Wert von 3 mg/l sinkt. Der (Mindest-)Sauerstoffbedarf der Finte liegt nach den Feststellungen in den Planfeststellungsbeschlüssen bei ca. 3 bis 4 mg/l (vgl. S. 1043), nach dem von den Planfeststellungsbehörden eingeholten Gutachten von Bioconsult (2010, S. 100) liegt der Optimalwert mit > 7 mg/l jedoch deutlich höher. Die frühen Entwicklungsstadien der Finte gelten laut Integriertem Bewirtschaftungsplan für das Elbeästuar (IBP 2012) als besonders empfindlich gegenüber Sauerstoffmangel (S. 62). Nach Einschätzung des IBP gefährdet die Lage des Laichgebiets im Sauerstofftal der Tideelbe die Reproduktion der Finte (S. 21 und 64).

28 Bioconsult (2010) verweist darauf, dass keine konkreten Daten darüber vorlägen, ob und in welchem Ausmaß der Faktor „Sauerstoffdefizit“ den Reproduktionserfolg der Finte tatsächlich reduziere. Es sei nicht auszuschließen, dass die Sauerstoffdefizite die Reproduktion beeinträchtigen könnten, deutliche Effekte seien bisher jedoch nicht beschrieben worden (S. 101). Die Auswirkungen des geplanten Vorhabens auf den Rekrutierungserfolg der Finte seien insgesamt auf der verfügbaren Daten- und Erkenntnislage nicht sicher zu beurteilen. Ein Zusammenhang sei nicht sicher auszuschließen; es erscheine allerdings plausibel, dass eine mögliche vorhabenbedingte Beeinträchtigung der Finte über diesen Wirkpfad nur schwach sei. Es bestehe Untersuchungsbedarf (S. 107).

29 Die Erkenntnislage zum Einfluss von Sauerstoffmangel auf die Reproduktion der Finte war danach bei Erlass der Planfeststellungsbeschlüsse zu dürftig, um vernünftige Zweifel auszuschließen. Die spezifische Wasseroberfläche ist im Abschnitt von km 635 bis km 639 schon im Ist-Zustand besonders ungünstig und wird durch die Anlage der Begegnungsstrecke (km 636 bis km 644) zusätzlich negativ beeinflusst. Selbst wenn dies nur zu einer geringen Zunahme der Zahl und Intensität von Sauerstoffmangelsituationen führt (vgl. Bioconsult 2010, S. 104), können diese Auswirkungen angesichts der dargestellten Erkenntnisdefizite zur Beeinflussung des Rekrutierungserfolgs durch Sauerstoffmangel und des ungünstigen Erhaltungszustands der Art nicht ohne Weiteres als unerhebliche Bagatelle gewertet werden.

30 Der Wirkpfad „Sauerstoff“ bedarf daher genauerer Betrachtung. Soweit die Beklagten in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben, aufgrund neuerer Erkenntnisse aus dem dreijährigen Monitoring von Bioconsult könne ein Einfluss von Sauerstoffmangelsituationen auf die Reproduktion der Finte nunmehr ausgeschlossen werden, mögen sie diese Erkenntnisse in das ergänzende Verfahren einbringen.
2.2.2 Feststellung von Laichaktivität

31 Die Auflage unter A.II.4.2.4 (PFB S. 62) zum Schutz des Fintenlaichs vor Unterhaltungsbaggerungen mit Hopperbaggern begegnet auch in der Neufassung, die sie durch Protokollerklärung in der mündlichen Verhandlung erhalten hat, durchgreifenden Bedenken. Die Neufassung sieht vor, dass die Methodik zur Ermittlung von Laichaktivitäten in Abstimmung mit den zuständigen Naturschutzbehörden der Länder festzulegen ist und der Zustimmung der Planfeststellungsbehörden bedarf. Bis zu dieser Zustimmung dürfen im Zeitraum vom 15. April bis 30. Juni im Hauptlaichgebiet der Finte keine Unterhaltungsbaggerungen mit Hopperbaggern stattfinden.

32 Die Festsetzung der Methode zur Ermittlung von Laichaktivität durch Planergänzung ist nicht vorgesehen. Diese Verfahrensweise ist unabhängig davon, ob die Auflage unter A.II.4.2.4 rein vorsorglich wirken oder erhebliche Beeinträchtigungen mindern bzw. ausschließen soll, zu beanstanden.

33 Die Auflage A.II.4.2.4 trägt dem Umstand Rechnung, dass es bei Erlass der Planfeststellungsbeschlüsse noch keine anerkannte Methode zur Ermittlung von Laichaktivität der Finte in der Elbe gab; nach Darstellung der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung hat sich daran bis heute nichts geändert. Ebenso wie für die Maßnahmen zur Überwachung der Geschwindigkeitsbegrenzung gilt auch hier, dass sie anderenfalls schon in den Planfeststellungsbeschlüssen hätte geregelt werden müssen. Die Verschiebung der Konfliktbewältigung auf einen späteren Zeitpunkt darf nicht dazu führen, dass die durch ein Planergänzungsverfahren vermittelten Beteiligungsrechte und die an einen Planergänzungsbeschluss anknüpfenden Klagerechte abgeschnitten werden. Die Auflage ist daher entsprechend zu ändern.
2.3 Brutvögel

34 Die FFH-Verträglichkeitsprüfung ist zudem hinsichtlich möglicher Beeinträchtigungen von Brutvögeln in den VS-Gebieten „Unterelbe bis Wedel“ und „Unterelbe“ durch einen vorhabenbedingten Anstieg der Überflutungshäufigkeit auf den Vorländern defizitär.

35 In den Planfeststellungsbeschlüssen werden Beeinträchtigungen der Habitatbedingungen für Brutvögel durch vorhabenbedingte Wasserstandsänderungen mit der Begründung ausgeschlossen, dass die geringen hydrodynamischen Veränderungen nicht in die Schutzgebiete hineinwirkten bzw. von ihrer Intensität her zu gering seien, um die natürlich ablaufenden Prozesse zu prägen und zu überlagern (S. 1467 und 1578). Diese nicht näher begründeten Feststellungen haben die Kläger unter Vorlage einer gutachterlichen Stellungnahme substantiiert angegriffen. Danach ist auf der Grundlage der von der BAW prognostizierten Wasserstandsänderungen z.B. im April auf tiefliegendem Grünland mit einer Erhöhung der Überflutungswahrscheinlichkeit um 6,2 %, auf normalem Grünland im Juni um 6,7 % sowie im Juli um 7,9 % zu rechnen (Cimiotti/Hötker/Behrends, Tab. 10, S. 22). Diese Änderungen und die daraus folgende relative Abnahme der Überlebenschancen (a.a.O., Tab. 12, S. 25) sind keine Bagatellen.

36 Es mag sein, dass der Anstieg des MThw - wie die Beklagten in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben - durch Aufsedimentation ausgeglichen wird und die Überflutungshäufigkeit daher faktisch nicht zunimmt. Eine solche saldierende Betrachtung scheitert nicht von vornherein an der zeitlichen Lücke zwischen dem Anstieg des MThw und der Aufsedimentation. Abgesehen davon, dass Sedimentation und Erosion in der Natur ständig ablaufende Vorgänge darstellen, wird auch das Ausbauvorhaben zeitlich gestreckt umgesetzt.

37 Für die Behauptung der Beklagten, dass den Brutgebieten trotz Anstiegs des MThw aufgrund der Aufsedimentation der Vorländer keine Gefahr droht, fehlt es aber bisher an der fachlichen Untersetzung. Aus dem UVU-Teilgutachten H.3 zum Schutzgut Boden ergibt sich zwar, dass die Sedimentationsrate größenordnungsmäßig ausreicht, um den natürlichen säkularen Anstieg wie auch den anthropogen durch Flussausbaumaßnahmen hervorgerufenen Anstieg des Wasserspiegels zu kompensieren, so dass von einer „Überflutung“ ufernaher Bereiche nicht ausgegangen werden könne (S. 141). Für die FFH-Verträglich-keitsprüfung reicht eine generalisierende Betrachtung der Entwicklung der Vordeichflächen aber nicht aus. Vielmehr muss für die von den Klägern als betroffen bezeichneten Vordeichflächen in den VS-Gebieten „Unterelbe bis Wedel“ und „Unterelbe“ jeweils konkret nachvollziehbar dargelegt werden, warum ein (relevanter) Anstieg der Überflutungswahrscheinlichkeit während der Brutperiode ausgeschlossen werden kann.
2.4 Schierlings-Wasserfenchel

38 Die FFH-Verträglichkeitsprüfung setzt sich nicht mit der von Bioconsult 2010 (S. 83) angesprochenen langfristigen Verschlechterung der Standorteigenschaften für den Schierlings-Wasserfenchel stromab von Hamburg durch verstärkte Sedimentation auseinander. Nach dem Vorbringen der Kläger begünstigt diese vor allem in den Nebenelben Konkurrenzpflanzen und befördert die Entstehung von Fließschlick, in dem die Wurzeln des Schierlings-Wasserfenchels keinen Halt mehr finden. Die Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass die Sedimentation zwar grundsätzlich einen möglichen Wirkpfad darstelle und bei den zurückliegenden Fahrrinnenanpassungen auch so behandelt worden sei, vorliegend könnten relevante Beeinträchtigungen aber in der Summe der Zu- und Abnahmen ausgeschlossen werden.

39 In den Planfeststellungsbeschlüssen sind entsprechende Erwägungen bei der FFH-Verträglichkeitsprüfung für die FFH-Gebiete „Schleswig-Holsteinisches Elbästuar und angrenzende Flächen“, „Unterelbe“ und „Neßsand und Mühlenberger Loch“ nicht dokumentiert. Insbesondere fehlt es an konkreten Darlegungen dazu, in welchen Bereichen mit aktuellen oder potenziellen Standorten des Schierlings-Wasserfenchels mit einer Zu- bzw. Abnahme der Sedimentation zu rechnen ist und warum mögliche Veränderungen ohne Relevanz für die Standortbedingungen des Schierlings-Wasserfenchels sind. Nach dem UVU-Teilgut-achten H.3 (S. 142) ist die räumliche Verteilung von Röhricht (der den Schierlings-Wasserfenchel verdrängt) in stromexponierten Bereichen tendenziell rückläufig, in geschützten Bereichen (Nebenelben) breitet sich das Röhricht dagegen aus. Gerade vor diesem Hintergrund bedarf es nachvollziehbarer Ausführungen dazu, warum die Änderungen der Schwebstoffkonzentration und der Sedimentationstendenzen weder die Konkurrenzpflanzen noch die Entstehung von Fließschlick begünstigen.
2.5 Kohärenz
2.5.1 „Sowieso“-Maßnahmen

40 Die Planfeststellungsbeschlüsse (S. 1865) nehmen zu Recht an, dass Maßnahmen zur Kohärenzsicherung auch im betroffenen oder einem anderen FFH-Gebiet vorgesehen werden dürfen (EuGH, Urteil vom 15. Mai 2014 - Rs. C-521/12 - NVwZ 2014, Rn. 38). Sie müssen aber über die Standardmaßnahmen zur Erhaltung (Art. 6 Abs. 1 FFH-RL) und zur Vermeidung von Verschlechterungen und Störungen (Art. 6 Abs. 2 FFH-RL) im Rahmen des Gebietsmanagements hinausgehen (Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299, Rn. 203 = Buchholz 451.91 Europ UmweltR Nr. 30). Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, haben die Planfeststellungsbehörden zu prüfen und im Planfeststellungsbeschluss nachvollziehbar darzulegen. Daran fehlt es.

41 Die Leitlinien und Ziele der Gebietsentwicklung für die Natura 2000-Gebiete im Elbeästuar sind im IBP festgelegt, der im Februar 2012 und damit noch vor Erlass der Planfeststellungsbeschlüsse vorgelegt wurde. Der IBP stellt eine Vielzahl von Maßnahmen dar, die geeignet sind, den Erhaltungszustand von Lebensraumtypen und Arten zu erhalten oder zu verbessern. Ein Teil dieser Maßnahmen kann laut IBP unter bestimmten Voraussetzungen auch als Kohärenzsicherungsmaßnahmen anerkannt werden. Maßnahmen, die aus Sicht der Fachbehörden Hamburgs und Schleswig-Holsteins als Maßnahmen zur Kohärenzsicherung in Frage kommen, sind in den Maßnahmenblättern des IBP-Beitrags beider Länder entsprechend gekennzeichnet (vgl. Teil C, Materialband). Maßnahmentypen des niedersächsischen IBP-Beitrags, die sich potenziell zur Kohärenzsicherung eignen, sind in Tabelle A22 aufgelistet. Der Hinweis auf eine Eignung als Kohärenzsicherungsmaßnahme bedeutet nicht, dass diese Maßnahmen ausschließlich auf diesem Weg umgesetzt werden sollen. Es soll lediglich deutlich gemacht werden, dass die Maßnahme auch auf diesem Weg umgesetzt werden kann (IBP S. 78 f.).

42 Bezeichnet ein Bewirtschaftungsplan - wie hier - bestimmte Maßnahmen als kohärenzgeeignet, darf diese Einstufung in der Regel zugrunde gelegt werden. Abweichendes gilt dann, wenn der Plan bei der Abgrenzung von Standard- und Kohärenzmaßnahmen von einem unzutreffenden Maßstab ausgeht oder „Etikettenschwindel“ betreibt. Anhaltspunkte dafür sind vorliegend nicht ersichtlich. Den Planfeststellungsbeschlüssen kann aber nicht entnommen werden, dass und warum die festgelegten Kohärenzsicherungsmaßnahmen über die nach Maßgabe des Bewirtschaftungsplans (S. 79) durch die zuständige Behörde festzulegenden Standardmaßnahmen hinausgehen. Eine Auseinandersetzung mit dem IBP Elbeästuar ist nicht erfolgt, sie ist jedenfalls nicht dokumentiert. Daran ändert auch die im Schriftsatz der Beklagten zu 2 vom 11. April 2014 nachträglich vorgenommene Zuordnung der Maßnahmen zu den Maßnahmenblättern des IBP-Beitrags SH/HH und zu der Tabelle A22 auf Seite 79 des IBP nichts. Insbesondere ergibt sich daraus nicht, ob und wenn ja, welche Standardmaßnahmen für den Schierlings-Wasserfenchel und den Lebensraumtyp Ästuar in den für die Kohärenzsicherungsmaßnahmen ausgewählten FFH-Gebieten vorgesehen sind und worin das „Überschießende“ der Kohärenzsicherungsmaßnahmen liegt.
2.5.2 Schierlings-Wasserfenchel

43 Bei der Entscheidung über Kohärenzsicherungsmaßnahmen verfügen die Planfeststellungsbehörden namentlich dann, wenn naturschutzfachlich allgemein anerkannte standardisierte Maßstäbe und rechenhaft handhabbare Verfahren fehlen, über eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative. Die gerichtliche Überprüfung ist auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränkt. Diese setzt voraus, dass die Eingriffs- und Kompensationsbilanz im Planfeststellungsbeschluss nachvollziehbar offengelegt wird. Dafür genügt eine verbal-argumen-tative Darstellung, sofern sie rational nachvollziehbar ist und erkennen lässt, ob der Bilanzierung naturschutzfachlich begründbare Erwägungen zugrunde liegen (Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 202).

44 Davon ausgehend begegnen die Kohärenzsicherungsmaßnahmen für den Schierlings-Wasserfenchel nicht schon deshalb Bedenken, weil die Beklagten keinen rein flächenbezogenen Maßstab zugrunde gelegt haben. Auch die gewählte Kombination von Individuen- und Flächenbezug ist vertretbar. Maßgeblich ist allein, ob die bei der Ausfüllung des jeweiligen Maßstabs zugrunde gelegten Annahmen hinreichend vorsorglich sind. Dies lässt sich derzeit nicht feststellen.

45 Die Beklagten haben nicht dargelegt, dass der zur Quantifizierung des Kohärenzbedarfs von IBL/BfBB (S. 1) zugrunde gelegte Ansatz von fünf Exemplaren je potenziellem Standort vorsorglich ist. Ausweislich der Kartierung von Obst, Köhler & Kurz (Anhang 4 zum UVU-Teilgutachten H.4a) finden sich stromab von Hamburg potenzielle Standorte (z.B. in der Haseldorfer Binnenelbe, auf Neßsand und Hanskalbsand, in der Hahnöfer Nebenelbe und im Fährmannsander Watt) in der Nähe von aktuellen Standorten, die teilweise deutlich mehr als fünf Pflanzen aufweisen. Dies könnte dafür sprechen, dass dort an den potenziellen Standorten ebenfalls mit mehr als fünf Pflanzen zu rechnen ist. Abgesehen davon ist die Skalierung in der Kartierung relativ grob, so dass sich allein daraus keine belastbaren Schlüsse auf die potenzielle Besiedlungsdichte ziehen lassen.

46 Wie die auf Seite 1377 der Planfeststellungsbeschlüsse bei der Darstellung des flächenbezogenen Ansatzes angegebenen 9 ha aktueller und potenzieller Standorte im Wirkraum des Vorhabens sowie 28,7 ha aktueller und potenzieller Standorte im gesamten Verbreitungsgebiet zustande gekommen sind, erschließt sich ebenfalls nicht. Die Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass diese Zahlen sich nicht aus den Planunterlagen herleiten lassen, sondern bei Obst, Köhler & Kurz telefonisch abgefragt wurden. Unklar geblieben ist auch, warum der angenommene Faktor für die Besiedlungsdichte von 13:1 und der Faktor von 0,2 für Beeinträchtigungen unter dem Totalverlust (S. 1378) vorsorglich sind.

47 Die Eingriffs- und Ausgleichsbilanz ist weiterhin deshalb unzulänglich, weil nicht nachvollziehbar dargelegt ist, welche Flächen in den Maßnahmengebieten Zollenspieker und Spadenlander Busch/Kreetsand für eine Besiedlung durch den Schierlings-Wasserfenchel geeignet sind. Die Beklagten konnten nicht schlüssig erläutern, wie sich die in den Planfeststellungsbeschlüssen (S. 1377 und 1868) angegebenen 13,65 ha zusätzlicher Standorte bzw. neuer Wuchsortfläche für den Schierlings-Wasserfenchel in den beiden Maßnahmengebieten errechnen. Im Schreiben vom 7. Dezember 2010 an die EU-Kommission ist auf Seite 41 abweichend von den Zahlenangaben in den Planfeststellungsbeschlüssen von rund 8,89 ha Wuchsortfläche die Rede, die sich offensichtlich aus der Addition von 1,67 ha neuer Ansiedlungsfläche im Zollenspieker und 7,22 ha im Gebiet Spadenlander Busch/Kreeetsand ergeben.

48 Die Lücken und Mängel der Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung sind nicht dadurch hinfällig geworden, dass die Beklagten in der mündlichen Verhandlung die Größenangaben zu den Kohärenzflächen korrigiert und für die gesondert planfestgestellte Maßnahme Spadenlander Busch/Kreetsand eine aktualisierte Karte aus der Ausführungsplanung vorgelegt haben.

49 Nach der Begründung, die der durch Protokollerklärung in der mündlichen Verhandlung erfolgten Änderung der Nebenbestimmungen unter A.II.3.6, A.II.3.14.2 und A.II.3.14.4 beigefügt ist, gehen die Beklagten nunmehr von insgesamt 14 190 m² „Optimalfläche“ im Bereich von - 0,2 bis - 1,1 m unter MThw für den Schierlings-Wasserfenchel in den Maßnahmengebieten Zollenspieker (5 790 m²) und Spadenlander Busch/Kreetsand (8 400 m²) aus. Auch diese Zahlen sind - abgesehen davon, dass sie mangels Änderung der Begründung der Planfeststellungsbeschlüsse nicht zu den darin genannten Flächenangaben passen - nicht schlüssig untersetzt. So stimmen die Höhenangaben zu den Optimalflächen in der Begründung zur Protokollerklärung nicht mit den Angaben in der Legende der Karte aus der Ausführungsplanung überein. Überdies bleiben Unklarheiten hinsichtlich der Böschungsgradienten. Für das Maßnahmengebiet Zollenspieker ist keine aktualisierte Karte vorgelegt worden.

50 Daneben fehlt es nach wie vor an substantiierten Darlegungen dazu, warum ein Aufwuchsschlüssel von 0,1 Individuen/m² realistisch und hinreichend vorsorglich ist. Die in diesem Zusammenhang aufgeworfene Frage, welche Samenmenge für die Aussaat benötigt wird und ob diese verfügbar ist, stellt zwar keinen zwingenden Bestandteil der Eingriffs- und Ausgleichsbilanz dar. Hierzu konnten die Beklagten aber ebenfalls keine zufriedenstellenden Angaben machen.

51 Im Rahmen der notwendigen Überarbeitung der Eingriffs- und Ausgleichsbilanz werden sich die Beklagten mit den von den Klägern in der mündlichen Verhandlung schriftlich formulierten Einwänden zu den neuen Flächenangaben etc. im Einzelnen auseinandersetzen müssen.

52 Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass die Beklagten sich der Aufgabe, auch die dem flächenbezogenen Ansatz zugrunde gelegten Annahmen und Setzungen nachvollziehbar darzulegen, nicht mit dem Hinweis entziehen können, der flächenbezogene Ansatz sei nur hilfsweise angewandt worden. Dass die Eingriffs-Ausgleichs-Bilanzierung „hilfsweise“ auf der Grundlage eines rein flächenbezogenen Ansatzes vorgenommen wurde, geht auf eine Anregung der EU-Kommission zurück (PFB S. 1377). Diese ist bei ihrer Zustimmung vom 6. Dezember 2011 (abgedruckt im PFB S. 1935 ff.) davon ausgegangen, dass der Umfang der für den Schierlings-Wasserfenchel vorgeschlagenen Ausgleichsmaßnahmen mindestens dem Dreifachen der potenziell beeinträchtigten Flächen und der Stückzahl der betroffenen Art entspricht (S. 1940). Für die Kommission war demnach auch der flächenbezogene Ansatz relevant.

53 Sollte sich die Eingriffs-/Ausgleichsbilanz in ihren der Kommission unterbreiteten wesentlichen Annahmen nicht plausibel unterlegen lassen, werden die Beklagten ggf. deren erneute Beteiligung in Erwägung ziehen müssen.

54 Die Änderung der Nebenbestimmung in A.II.3.14.2 Satz 5 durch Protokollerklärung in der mündlichen Verhandlung begegnet keinen Bedenken. Der Senat versteht sie dahingehend, dass die Überwachung nunmehr mindestens über einen Zeitraum von 16 Jahren erfolgt. Die Beklagten werden allerdings prüfen müssen, ob weitere Folgeänderungen erforderlich sind, weil die Auflagen in A.II.3.14.2 Satz 5 und A.II.3.14.4 auf ein zehnjähriges Mittel abstellen, dies aber möglicherweise mit den in A.II.3.14.1 Satz 2 genannten Zeiträumen „kollidiert“.

55 Im Übrigen bestehen nach vorläufiger Einschätzung des Senats keine beachtlichen Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Planfeststellungsbeschlüsse.

Urteil vom 09.02.2017 -
BVerwG 7 A 2.15ECLI:DE:BVerwG:2017:090217U7A2.15.0

Ausbau der Bundeswasserstraße Elbe ("Elbvertiefung")

Leitsätze:

1. Stehen für eine Risikoabschätzung verschiedene methodische Ansätze zur Verfügung, ohne dass die eine oder andere Methode von vornherein dem Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit ausgesetzt ist und entscheidet sich die Planfeststellungsbehörde in dieser Situation dafür, eine dieser Methoden zu bevorzugen, gehört es zum wissenschaftlichen Standard, die Methodenwahl nachvollziehbar zu begründen (Rn. 40; im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 109).

2. Das Verschlechterungsverbot (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 WHG) und das Verbesserungsgebot (§ 27 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 WHG) müssen bei der Zulassung eines Projekts - auch im Rahmen der wasserstraßenrechtlichen Planfeststellung nach § 14 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 7 Satz 3 WaStrG - strikt beachtet werden (Rn. 478).

3. Eine Verschlechterung des ökologischen Zustands/Potenzials im Sinne von § 27 Abs. 1 und 2 WHG liegt vor, sobald sich der Zustand/das Potenzial mindestens einer biologischen Qualitätskomponente der Anlage 3 Nr. 1 zur Oberflächengewässerverordnung um eine Klasse verschlechtert, auch wenn diese Verschlechterung nicht zu einer Verschlechterung der Einstufung eines Oberflächenwasserkörpers insgesamt führt. Ist die betreffende Qualitätskomponente bereits in der niedrigsten Klasse eingeordnet, stellt jede Verschlechterung dieser Komponente eine Verschlechterung des Zustands/Potenzials eines Oberflächenwasserkörpers dar (Rn. 479; im Anschluss an EuGH, Urteil vom 1. Juli 2015 - C-461/13 - LS 2, Rn. 70).

4. Ob ein Vorhaben eine Verschlechterung des Zustands/Potenzials eines Oberflächenwasserkörpers bewirken kann, beurteilt sich nach dem allgemeinen ordnungsrechtlichen Maßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts (Rn. 480).

5. Bei als erheblich verändert eingestuften Oberflächenwasserkörpern (vgl. § 28 WHG) ist Bezugsgröße für die Verschlechterungsprüfung nicht der ökologische Zustand, sondern das ökologische Potenzial (Rn. 482 ff.).

6. Dem Bewirtschaftungsplan nach § 83 WHG kommt verwaltungsintern grundsätzlich Bindungswirkung nicht nur für die Wasserbehörden, sondern auch für alle anderen Behörden zu, soweit sie über wasserwirtschaftliche Belange entscheiden (Rn. 489).

7. Für die Verschlechterungsprüfung kommt es auf die biologischen Qualitätskomponenten an; die hydromorphologischen, chemischen und allgemein chemisch-physikalischen Qualitätskomponenten nach Anlage 3 Nr. 2 und 3 zur Oberflächengewässerverordnung (OGewV 2011/2016) haben nur unterstützende Bedeutung (Rn. 496 f.).

8. Räumliche Bezugsgröße für die Prüfung der Verschlechterung ist grundsätzlich der Oberflächenwasserkörper in seiner Gesamtheit (Rn. 506).

9. Eine Verschlechterung des chemischen Zustands eines Oberflächenwasserkörpers liegt vor, sobald durch die Maßnahme mindestens eine Umweltqualitätsnorm im Sinne der Anlage 7 zur OGewV 2011 (= Anlage 8 zur OGewV 2016) überschritten wird. Hat ein Schadstoff die Umweltqualitätsnorm bereits überschritten, ist jede weitere vorhabenbedingte messtechnisch erfassbare Erhöhung der Schadstoffkonzentration eine Verschlechterung (Rn. 578).

10. Für einen Verstoß gegen das Verbesserungsgebot ist maßgeblich, ob die Folgewirkungen des Vorhabens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit faktisch zu einer Vereitelung der Bewirtschaftungsziele führen (Rn. 582).

11. Die Genehmigungsbehörden haben bei der Vorhabenzulassung wegen des Vorrangs der Bewirtschaftungsplanung grundsätzlich nicht zu prüfen, ob die im Maßnahmenprogramm nach § 82 WHG vorgesehenen Maßnahmen zur Zielerreichung geeignet und ausreichend sind (Rn. 586).

12. Das Maßnahmenprogramm muss auf die Verwirklichung des Bewirtschaftungsziels angelegt sein; dies erfordert ein kohärentes Gesamtkonzept, das sich nicht lediglich in der Summe von punktuellen Einzelmaßnahmen erschöpft (Rn. 586).

13. Die Wasserrahmenrichtlinie und das Wasserhaushaltsgesetz verlangen nicht, bei der Vorhabenzulassung die kumulierenden Wirkungen anderer Vorhaben zu berücksichtigen (Rn. 594 f.).

  • Rechtsquellen
    RL 92/43/EWG Art. 1 Buchst. a und h, Art. 4, 6 Abs. 1, 2, 3 und 4, Art. 7
    RL 2009/147/EG Art. 4 Abs. 1 Satz 3 und 4 und Abs. 4
    RL 2000/60/EG Art. 2 Nr. 17, 21 und 23, Art. 4 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 7,
    Art. 11, 13
    RL 2011/92/EU Art. 1 Abs. 2 Buchst. a, Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 Buchst. b
    UVPG § 2 Abs. 1 Satz 2, § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 Satz 3, § 9 Abs. 1 Satz 4
    VwVfG §§ 46, 75 Abs. 1a Satz 2, § 76 Abs. 2
    WaStrG § 1 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Satz 1, § 12 Abs. 7 Satz 3, § 14 Abs. 1 und 3, §§ 14d, 14e Abs. 1
    WaStrG a.F. § 14e Abs. 6 Satz 2
    WHG § 1 Abs. 1, § 3 Nr. 8, § 7 Abs. 1, §§ 12, 27 Abs. 1 und 2, §§ 28, 82, 83
    WaStrAbG § 1 Abs. 1
    UmwRG § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 3 Buchst. b und Abs. 1a Satz 2
    BNatSchG § 32 Abs. 2 Satz 2, § 34 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1 und 2, Abs. 4 Satz 1 und 2, Abs. 5, § 44 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1, § 64 Abs. 1 Nr. 1
    OGewV 2011 § 5 Abs. 4, § 6 Satz 2

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 09.02.2017 - 7 A 2.15 - [ECLI:DE:BVerwG:2017:090217U7A2.15.0]

Urteil

BVerwG 7 A 2.15

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündlichen Verhandlungen am 15., 16., 17., 22. und 23. Juli 2014
sowie am 19., 20. und 21. Dezember 2016
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Nolte,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Brandt, Dr. Keller und Dr. Schemmer
am 9. Februar 2017 für Recht erkannt:

  1. Die Planfeststellungsbeschlüsse der Beklagten vom 23. April 2012 zur Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe in der Gestalt der Ergänzungsbeschlüsse vom 1. Oktober 2013 und vom 24. März 2016 sowie der Protokollerklärungen in den mündlichen Verhandlungen sind rechtswidrig und nicht vollziehbar. Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.
  2. Die Beklagten tragen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Kläger je zur Hälfte; ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagten und die Beigeladene selbst.

Gründe

I

1 Die Kläger sind anerkannte Umwelt- und Naturschutzvereinigungen. Sie wenden sich gegen die Planfeststellungsbeschlüsse der Beklagten zur Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe.

2 Der Planfeststellungsbeschluss der Beklagten zu 1 betrifft die so genannte Delegationsstrecke auf dem Gebiet der Stadt Hamburg, der Beschluss der Beklagten zu 2 die Bundesstrecke von Tinsdal (km 638,9) bis zur Elbmündung (km 755,3); Träger des Vorhabens sind die beigeladene Hamburg Port Authority AöR und die Bundesrepublik Deutschland.

3 Die Ausbaustrecke ist knapp 136 km lang. Sie reicht von der Außenelbe (km 755,3) bis in den Hamburger Hafen zum Containerterminal Altenwerder in der Süderelbe (km 619,5) bzw. zum mittleren Freihafen in der Norderelbe (km 624). Entlang der Ausbaustrecke sind eine Vielzahl von FFH- und Europäischen Vogelschutzgebieten ausgewiesen.

4 Mit dem Ausbauvorhaben soll der Zugang zum Hamburger Hafen so verbessert werden, dass Containerschiffe mit einem Tiefgang von 13,5 m in Salzwasser die Elbe zukünftig tideunabhängig befahren können. Für 14,5 m tiefgehende Containerschiffe soll das Zeitfenster für den tideabhängigen Verkehr vergrößert werden. Zu diesem Zweck wurde den Planungen ein Bemessungsschiff mit einer Länge von 350 m, einer Breite von 46 m und einem Tiefgang von 14,5 m (in Salzwasser) zugrunde gelegt. Das Startfenster für die tideabhängige Fahrt wurde mit zwei Stunden so bemessen, dass in dieser Zeit von den drei großen Terminalbereichen im Hamburger Hafen jeweils ein Containerschiff mit einem Tiefgang von 14,5 m abfahren kann.

5 Die Ausbautiefen schwanken zwischen 0 m über dem BAB-Elbtunnel im Hamburger Hafen und 2,42 m bei Cuxhaven. Die Ausbaubreiten werden von Stromkilometer 748 bis zur Störkurve mit der derzeitigen Regelbreite von 400 m nicht verändert. Von der Störkurve bis zur Lühekurve wird die Regelbreite von 300 m auf 320 m vergrößert, damit sich dort Schiffe mit addierten Schiffsbreiten von 92 m begegnen können. In der Delegationsstrecke wird die Regelbreite der Fahrrinne bereichsweise ebenfalls um maximal 20 m vergrößert.

6 Zwischen dem Ausgang der Lühekurve (km 644) und Blankenese (km 636) wird eine Begegnungsstrecke mit einer Fahrrinnenbreite von im Mittel 385 m für tideabhängig einlaufende Massengutschiffe und tideabhängig auslaufende Containerschiffe eingerichtet. Als weitere Baumaßnahmen sind die Einrichtung eines Warteplatzes in Höhe Brunsbüttel und der Ausbau der Hafenzufahrten Parkhafen/Waltershofer Hafen geplant. Für die Köhlbrandkurve sind eine Vorsetze und für die Richtfeuerlinie Blankenese zwei neue Richtfeuertürme vorgesehen. Zudem soll der Düker Neßsand (km 636,8) ersetzt werden.

7 Für die Baggerarbeiten werden - abhängig vom jeweiligen Sohlmaterial - Hopperbagger oder Eimerkettenbagger mit Transportschuten eingesetzt. Die Unterbringung des anfallenden Baggerguts von rund 42 Mio. m³ ist Gegenstand eines Strombau- und Verbringungskonzepts, das u.a. die Errichtung von Unterwasserablagerungsflächen sowie Umlagerungsstellen und Übertiefenverfüllungen vorsieht. Mit den Unterwasserablagerungsflächen Medemrinne Ost und Neufelder Sand im Bereich der Elbmündung werden neben der Unterbringung des Ausbaubaggerguts auch strombauliche Zwecke verfolgt.

8 Das Planfeststellungsverfahren wurde im September 2006 eingeleitet. Im Zeitraum von September 2008 bis Ende 2010 wurden die Pläne dreimal geändert. Gegenstand der Planänderungen I bis III waren im Wesentlichen Modifikationen der Fahrrinnentrassierung und der Unterwasserablagerungsflächen, die Planung von Ufersicherungsmaßnahmen im Bereich des Altenbrucher Bogens und der Wegfall der ursprünglich vorgesehenen Ufervorspülungen. Die Ufersicherungsmaßnahmen im Altenbrucher Bogen waren Gegenstand einer vorläufigen Anordnung von Mai 2010 und sind inzwischen abgeschlossen.

9 Die Kläger sind im Verwaltungsverfahren beteiligt worden und haben gegen das Vorhaben umfangreiche Einwendungen erhoben.

10 Wegen der vorhabenbedingten Auswirkungen auf die prioritäre Pflanzenart Schierlings-Wasserfenchel wurde Anfang Dezember 2010 die Europäische Kommission von dem Vorhaben unterrichtet. Diese teilte mit Schreiben vom 6. Dezember 2011 mit, dass sie die nachteiligen Auswirkungen des Vorhabens aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses für gerechtfertigt halte.

11 Die Pläne wurden mit Beschlüssen vom 23. April 2012 unter Anordnung von Auflagen zu den Baumaßnahmen, zur Baggergutverbringung und zu den Kompensationsmaßnahmen sowie von Schutzauflagen (Vögel, Finte, Deichbestick, Obstbau, Fischerei, Lärmschutz, Verlandung von Nebengewässern, Siele, Sielbauwerke, Entwässerungseinrichtungen etc., Häfen und Anlagen, Standsicherheit der Deiche, Schiffsgeschwindigkeiten) und Auflagen zur Beweissicherung festgestellt und bekanntgemacht.

12 Die Kläger haben gegen die Planfeststellungsbeschlüsse jeweils fristgerecht Klage erhoben; der Senat hat die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

13 Zur Begründung ihrer Klagen machen die Kläger eine unzureichende Öffentlichkeits- und Verbändebeteiligung, Mängel der Umweltverträglichkeitsuntersuchung und -prüfung sowie Verstöße gegen Vorschriften zum Habitat -, Arten- und Gewässerschutz geltend. Die den Planungen zugrunde liegenden Gutachten der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) zu den hydro- und morphodynamischen Auswirkungen des Vorhabens wiesen erhebliche Mängel auf. Aufgrund dieser Mängel seien die Ausbauwirkungen bei der FFH-Verträglichkeitsprüfung und der Prüfung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit wasserrechtlichen Vorschriften deutlich unterschätzt worden. Das Vorhaben werde zu einem weiteren Verlust ökologisch wertvoller Flachwasserbereiche, der Verlandung von Seiten- und Nebenräumen, der Zerstörung von Süßwasserlebensräumen durch Stromaufverlagerung der Brackwasserzone und einer Erhöhung der Überschwemmungshäufigkeit auf den Vorländern führen. Hierdurch würden geschützte Lebensraumtypen sowie Pflanzen- und Tierarten - neben dem an der Elbe endemischen Schierlings-Wasserfenchel und dem Lebensraumtyp (LRT) Ästuarien u.a. Tideauwald, Finte, Schnäpel, Schweinswal und verschiedene Brut- und Gastvögel - erheblich beeinträchtigt. Die für den Schierlings-Wasserfenchel und den LRT Ästuarien vorgesehenen Kohärenzmaßnahmen seien unzureichend. Zu einem erheblichen Teil handele es sich dabei um ohnehin erforderliche Standardmaßnahmen des Gebietsmanagements. Zudem fehle es teilweise am Funktionsbezug. Die Gewässerqualität der Oberflächenwasserkörper der Tideelbe werde unter Verstoß gegen die Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie weiter verschlechtert und das Ziel eines guten ökologischen Zustands bzw. Potenzials gefährdet. Diese Folgen ließen sich nicht mit überwiegenden öffentlichen Interessen rechtfertigen. Das Vorhaben sei mangels Verkehrsbedarfs schon nicht erforderlich. Abgesehen davon könne die Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens auch auf andere Weise, etwa durch reduzierte Ausbaumaßnahmen oder eine Kooperation der norddeutschen Häfen gesichert werden.

14 Die Kläger beantragen,
die Planfeststellungsbeschlüsse der Beklagten vom 23. April 2012, zuletzt geändert durch die 2. Planergänzungsbeschlüsse vom 24. März 2016 und die in der mündlichen Verhandlung vom 19. bis 21. Dezember 2016 abgegebenen Erklärungen zu Planergänzungen, aufzuheben,
hilfsweise,
die Planfeststellungsbeschlüsse der Beklagten vom 23. April 2012, zuletzt geändert durch die 2. Planergänzungsbeschlüsse vom 24. März 2016 und die in der mündlichen Verhandlung vom 19. bis 21. Dezember 2016 abgegebenen Erklärungen zu Planergänzungen, für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.

15 Die Beklagten beantragen,
die Klagen abzuweisen.

16 Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

17 Die Beklagten und die Beigeladene treten dem Vorbringen der Kläger entgegen.

18 Während des gerichtlichen Verfahrens haben die Beklagten am 1. Oktober 2013 die 1. Ergänzungsbeschlüsse erlassen und die Pläne in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014 durch Protokollerklärungen geändert. Mit Beschluss vom 2. Oktober 2014 (BVerwG 7 A 14.12 ) hat der Senat das Verfahren bis zur vorgreiflichen Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache C-461/13 ausgesetzt und auf (behebbare) Mängel der Planfeststellungsbeschlüsse hingewiesen. Im Anschluss an die Entscheidung des Gerichtshofs vom 1. Juli 2015 haben die Beklagten am 24. März 2016 die 2. Ergänzungsbeschlüsse erlassen und die Pläne in der mündlichen Verhandlung im Dezember 2016 durch weitere Protokollerklärungen geändert bzw. ergänzt.

II

19 Die Klagen sind zulässig und im Hilfsantrag begründet. Die Planfeststellungsbeschlüsse vom 23. April 2012, denen die Ergänzungsbeschlüsse sowie die Änderungen und Ergänzungen durch Protokollerklärungen in den mündlichen Verhandlungen angewachsen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Oktober 2014 - 9 B 29.14 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 237 Rn. 5 m.w.N.), leiden nicht an Fehlern, die ihre mit dem Hauptantrag verfolgte Aufhebung rechtfertigen. Sie weisen aber Mängel der habitatschutzrechtlichen Prüfung auf, die zur Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führen.

20 Der Klageerfolg beruht auf Verstößen gegen Rechtsvorschriften mit umweltrechtlichem Bezug, auf die sich die gerichtliche Kontrolle im Rahmen der erhobenen Verbandsklage nach den einschlägigen Vorschriften des nationalen Rechts (§ 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG, § 64 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) erstreckt. Ob der in diesen Regelungen bestimmte Prüfungsumfang den Vorgaben des Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. 2012 L 26 S. 1 - UVP-RL) und dem mit dieser Regelung umgesetzten Art. 9 Abs. 2 der Aarhus-Konvention vom 25. Juni 1998 (AK-Gesetz vom 9. Dezember 2006, BGBl. II S. 1251) entspricht, kann daher offenbleiben (vgl. näher BVerwG, Urteil vom 11. August 2016 - 7 A 1.15 - Rn. 30).

21 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Planfeststellungsbeschlüsse ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage bei ihrem Erlass (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2014 - 7 B 22.13 - UPR 2015, 34 Rn. 11). Wird - wie hier - nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses ein ergänzendes Verfahren durchgeführt, hängt der Zeitpunkt maßgeblich von dessen Zielrichtung ab. Beschränkt es sich darauf, einen punktuellen Fehler der früheren Entscheidung zu heilen, so bleibt der Zeitpunkt des (ersten) Planfeststellungsbeschlusses maßgeblich. Abweichendes gilt dagegen dann, wenn die Planfeststellungsbehörde ihre Entscheidung im ergänzenden Verfahren auf veränderte tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse stützt und auf der Grundlage einer Aktualisierung der Beurteilungsgrundlagen eine Neubewertung etwa der Verträglichkeitsuntersuchung vornimmt; dann ist insoweit der Zeitpunkt der Aktualisierung maßgeblich (BVerwG, Beschluss vom 6. März 2014 - 9 C 6.12 - Buchholz 406.403 § 34 BNatSchG 2010 Nr. 7 Rn. 38 m.w.N.).

22 Darauf, ob die von den Klägern im gerichtlichen Verfahren erhobenen Rügen bereits Gegenstand ihrer Einwendungen im Planfeststellungsverfahren waren, kommt es nicht an. Die Präklusionsregelungen in § 2 Abs. 3 UmwRG und § 14 Abs. 1 Satz 5 Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 23. Mai 2007 (BGBl. I S. 962; 2008 I S. 1980) sind gemäß Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (nachfolgend: EuGH) vom 15. Oktober 2015 - C-137/14 [ECLI:​EU:​C:​2015:​683] - (Rn. 78 ff.) mit Art. 11 UVP-RL unvereinbar und finden daher keine Anwendung (BVerwG, Urteil vom 11. August 2016 - 7 A 1.15 - Rn. 33).

23 A. Die Planfeststellungsbeschlüsse leiden nicht an beachtlichen Verfahrensfehlern.

24 I. Eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung war im 2. Planergänzungsverfahren nicht erforderlich.

25 1. Die Beklagten haben nach Erlass der Planfeststellungsbeschlüsse vom 23. April 2012 ein ergänzendes Verfahren durchgeführt (§ 14d WaStrG i.V.m. § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG), um die vom Senat im Hinweisbeschluss vom 2. Oktober 2014 bezeichneten Mängel zu beheben und das Urteil des EuGH vom 1. Juli 2015 - C-461/13 [ECLI:​EU:​C:​2015:​433] - in die wasserrechtliche Prüfung einzustellen. Im ergänzenden Verfahren muss die Öffentlichkeit nicht erneut beteiligt werden, wenn der festgestellte Plan nur unwesentlich geändert werden soll (vgl. § 76 Abs. 2 VwVfG). So liegen die Dinge hier.

26 Unwesentlich ist eine Änderung dann, wenn sie im Verhältnis zur abgeschlossenen Gesamtplanung unerheblich ist, also Umfang, Zweck und Auswirkungen des Vorhabens im Wesentlichen gleichbleiben und nur bestimmte räumlich und sachlich abgrenzbare Teile geändert werden (BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 - 9 A 14.12 - BVerwGE 148, 373 Rn. 126). Daran gemessen bedurfte es hier trotz Anzahl und Umfangs der im 2. Planergänzungsverfahren vorgelegten Fachbeiträge keiner erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung. Der Inhalt der neuen Fachbeiträge erschöpft sich im Wesentlichen darin, einzelne Gegenstände der Umweltverträglichkeitsuntersuchung und -prüfung (UVU/UVP) sowie der habitatschutzrechtlichen Verträglichkeits- und Abweichungsprüfung aufgrund der Beanstandungen des Senats im Hinweisbeschluss einer vertieften Betrachtung zu unterziehen. Zudem sind die wasserrechtlichen Fragestellungen anhand der vom EuGH geklärten Rechtsmaßstäbe überprüft worden. Die Unterlagen zielen aber weder auf eine Änderung der Gesamtplanung noch werden Belange anderer oder satzungsgemäße Interessen der Verbände erstmals oder weitergehend betroffen. Sie sind auch nicht Grundlage der ohnehin nur marginalen Änderungen und Ergänzungen von Auflagen im verfügenden Teil der Planfeststellungsbeschlüsse (2. Planergänzungsbeschlüsse - PEB, S. 5 f.).

27 2. Eine Pflicht zur erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung lässt sich vorliegend nicht aus § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 94) herleiten. Eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG konnte unterbleiben. Selbst wenn diese Vorschrift - wie die Kläger meinen - auch nach Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses Anwendung findet, war eine Beteiligung der Öffentlichkeit nicht erforderlich, weil zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen nicht zu besorgen sind (siehe vorstehend unter Nr. 1).

28 Nach der Rechtsprechung des 9. Senats (BVerwG, Urteile vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 34 und vom 10. November 2016 - 9 A 18.15 - Rn. 25) muss die Öffentlichkeit unabhängig davon nach § 9 Abs. 1 UVPG dann neu beteiligt werden, wenn im ergänzenden Verfahren eine nach Gegenstand, Systematik und Ermittlungstiefe neue oder über die bisherigen Untersuchungen wesentlich hinausgehende Prüfung von Umweltbetroffenheiten vorgenommen wird. Dies beurteilt sich danach, ob bereits die ursprünglichen Unterlagen die nach § 6 Abs. 3 Satz 3 UVPG nötige Anstoßwirkung entfalten oder ob eine solche erstmalig von den neuen Unterlagen ausgeht. Die Anstoßwirkung soll den Zweck der Öffentlichkeitsbeteiligung sicherstellen, durch Einbeziehung von Meinungsäußerungen und Bedenken der Öffentlichkeit zu Umweltbelangen den behördlichen Entscheidungsprozess besser und transparenter zu gestalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 34). Sie setzt voraus, dass die Unterlagen potenziell Betroffenen und den anerkannten Vereinigungen die Beurteilung ermöglichen, ob und in welchem Umfang ihre Belange oder ihre satzungsgemäßen Interessen von den Umweltauswirkungen betroffen werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2012 - 4 A 7001.11 u.a. - BVerwGE 144, 44 Rn. 41).

29 Diese Wirkung ging schon von den im Planfeststellungsverfahren ausgelegten umfangreichen Unterlagen zur Umwelt- und FFH-Verträglichkeitsuntersuchung und sonstigen Fachgutachten aus. Dass die neuen Fachbeiträge zu den UVU-Schutzgütern Pflanzen (gefährdete Arten) und biologische Vielfalt sowie zur Betroffenheit von Schierlings-Wasserfenchel, Finte und Brutvögeln und zu den Kohärenzmaßnahmen derart von den ursprünglich ausgelegten Unterlagen abweichen, dass deren Anstoßwirkung nicht mehr ausreicht, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.

30 Das gilt auch für den neuen wasserrechtlichen Fachbeitrag. Dieser nimmt zwar eine Neubewertung der wasserrechtlichen Fragestellungen anhand der vom EuGH geklärten Rechtsmaßstäbe vor und stützt sich dabei u.a. auf aktuelle Zustands- und Potenzialbewertungen. Er stellt aber - anders als dies in den Verfahren des 9. Senats zur Elbquerung auf schleswig-holsteinischer Seite der Fall war - weder die erstmalige substanzielle Befassung mit den Vorgaben des Wasserhaushaltsgesetzes und der Wasserrahmenrichtlinie dar noch werden neue oder andere Auswirkungen des Vorhabens zum Gegenstand der Untersuchung gemacht. Schon der mit der Planänderung III, Teil 7, ausgelegte Fachbeitrag zur Wasserrahmenrichtlinie vom 5. Mai 2010 setzt sich - gestützt auf die UVU-Teilgutachten H.1a, H.1c, H.2a, H.2b, H.3, H.4a, H.5a, H.5b, H.5c, E. nebst Ergänzungen/Änderungen im Rahmen der Planänderungen I bis III - mit den rechtlichen Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie und des Wasserhaushaltsgesetzes auseinander, beschreibt die betroffenen Oberflächenwasserkörper sowie ihren ökologischen und chemischen Zustand bzw. ihr ökologisches Potenzial und prüft die Auswirkungen des Vorhabens auf die biologischen, hydromorphologischen, chemischen und physikalisch-chemischen Qualitätskomponenten sowohl unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen das Verschlechterungsverbot als auch im Hinblick auf das Verbesserungsgebot.

31 Abweichendes folgt nicht daraus, dass der Fachbeitrag vom 5. Mai 2010 mögliche Veränderungen des chemischen Zustands nicht auf die einzelnen Oberflächenwasserkörper bezogen, sondern nur im Wege einer Gesamtbetrachtung (S. 45) behandelt hat. Maßgeblich ist allein, ob mögliche Betroffenheiten nicht erkannt werden konnten. Davon kann hier schon deshalb keine Rede sein, weil der Fachbeitrag sein Ergebnis, die Konzentrationen und/oder Frachten spezifischer synthetischer und nichtsynthetischer Schadstoffe sowie prioritärer und prioritär gefährlicher Schadstoffe würden vorhabenbedingt nicht verändert, u.a. auf das UVU-Teilgutachten H.2b stützt, das die Unter- und Außenelbe in Abschnitten betrachtet, die den Oberflächenwasserkörpern zugeordnet sind (S. 3), und ebenfalls Gegenstand der Öffentlichkeitsbeteiligung war.

32 3. Ungeachtet dessen wäre eine zu Unrecht unterbliebene erneute Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 4 Abs. 1a UmwRG i.V.m. § 46 VwVfG unbeachtlich.

33 Der Senat schließt sich der Auffassung des 9. Senats im Urteil vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 - (BVerwGE 155, 91 Rn. 36 f.) an, wonach eine nur teilweise unterbliebene Öffentlichkeitsbeteiligung nicht gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b UmwRG nach Art und Schwere mit den in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 UmwRG genannten Fällen absoluter Verfahrensfehler vergleichbar ist und deshalb nur einen relativen Verfahrensfehler im Sinne von § 4 Abs. 1a UmwRG darstellt. Ein solcher Verfahrensfehler ist nach § 46 VwVfG unbeachtlich, wenn offensichtlich ist, dass er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Zur Aufklärung dieser Frage hat das Gericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO alle verfügbaren Erkenntnismöglichkeiten auszuschöpfen. Lässt sich nicht aufklären, ob der Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung nach § 4 Abs. 1a Satz 2 UmwRG vermutet (Kausalitätsvermutung). Damit soll sichergestellt werden, dass § 46 VwVfG in Einklang mit den Grundsätzen angewandt wird, die der EuGH mit Urteil vom 7. November 2013 - C-72/12 [ECLI:​EU:​C:​2013:​712], Altrip - zur Beachtlichkeit von Verfahrensfehlern und zur Beweislastverteilung aufgestellt hat (vgl. näher dazu BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2016 - 4 A 5.14 - BVerwGE 154, 73 Rn. 41 ff.). Daran gemessen ist der - unterstellte - Beteiligungsmangel unbeachtlich.

34 Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die unterbliebene Öffentlichkeitsbeteiligung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Aufgrund der im Planergänzungsverfahren erfolgten Beteiligung der Umweltbehörden und -vereinigungen (2. PEB, S. 8 bis 12) sind angesichts des diesen zur Verfügung stehenden Sachverstands alle zusätzlichen Gesichtspunkte zur Sprache gekommen, darüber hinausgehende individuelle Belange betroffener Bürger waren nicht Gegenstand der neuen Fachbeiträge (vgl. BVerwG, Urteile vom 21. November 2013 - 7 A 28.12 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 71 Rn. 34 f. und vom 21. Januar 2016 - 4 A 5.14 - BVerwGE 154, 73 Rn. 48 ff, 50). Vor diesem Hintergrund kann ausgeschlossen werden, dass die Entscheidung ohne den angenommenen Verfahrensfehler anders ausgefallen wäre.

35 II. Die Planfeststellungsbeschlüsse sind nicht deshalb verfahrensfehlerhaft ergangen, weil - wie die Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung im Dezember 2016 geltend gemacht haben - die Beklagten ihnen die Stellungnahme der Kommission vom 6. Dezember 2011 (PFB, S. 1935 ff.) nicht gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG zur Einsicht und Stellungnahme übermittelt haben.

36 Die Stellungnahme der Kommission ist kein "einschlägiges Sachverständigengutachten" im Sinne dieser Vorschrift. Nicht jede Äußerung der Kommission zu naturschutzrechtlichen oder -fachlichen Fragen stellt gleichsam automatisch ein Sachverständigengutachten dar, auf das sich das Beteiligungsrecht der Verbände nach § 63 Abs. 1 BNatSchG erstreckt. Den Charakter als einschlägiges Sachverständigengutachten gewinnt eine solche Äußerung nur dann, wenn sie als (potenzielle) Entscheidungsgrundlage dient und als solche in das Verfahren einbezogen wird. Daran fehlt es hier. Die Stellungnahme der Kommission ist weder Grundlage noch Bestandteil der habitatschutzrechtlichen Verträglichkeitsprüfung. Sie musste nach § 34 Abs. 4 Satz 2 BNatSchG eingeholt werden, weil von dem Ausbauvorhaben eine prioritäre Art (Schierlings-Wasserfenchel) betroffen wird und keine zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses im Sinne von § 34 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG für das Projekt streiten. Für diesen Fall sieht § 34 Abs. 4 Satz 2 BNatSchG einen besonderen Verfahrensschritt vor, der am Ende des Planfeststellungsverfahrens im Hinblick auf das Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung erfolgen muss. Dabei bewertet die Kommission zwar die durch das Projekt beeinträchtigten ökologischen Werte, die Erheblichkeit der vorgebrachten zwingenden Gründe, den Ausgleich der gegensätzlichen Interessen und die vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen und gibt dazu eine wissenschaftliche und wirtschaftliche Einschätzung ab (Leitfaden Natura 2000 - Gebietsmanagement <2000>, S. 55). Diese Einschätzung stellt aber nur eine nachvollziehende Prüfung der Ergebnisse dar, zu denen die Genehmigungsbehörde auf der Grundlage der in das Verfahren eingeführten Unterlagen und Sachverständigengutachten gelangt ist.

37 Aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Januar 2002 - 4 A 15.01 - (Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 168 S. 91 ff.) folgt nichts anderes. Dort war Gegenstand des Verfahrens nicht eine Stellungnahme der Kommission nach § 34 Abs. 4 Satz 2 BNatSchG, sondern eine sachverständige Äußerung zur Qualifikation eines Gebiets als "potenzielles" Schutzgebiet, die die Planfeststellungsbehörde im Verwaltungsverfahren neben anderen Gutachten zu verschiedenen Fragen eingeholt und in ihre rechtliche Prüfung einbezogen hat (BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2002 - 4 A 15.01 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 168 S. 89).

38 Ungeachtet dessen gilt auch hier, dass ein unterstellter Verstoß gegen § 63 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG nach § 46 VwVfG unbeachtlich wäre. Zur Überzeugung des Senats kann ausgeschlossen werden, dass die Entscheidung in der Sache ohne den Fehler anders ausgefallen wäre. In der Stellungnahme der Kommission vom 6. Dezember 2011 werden keine Themen angesprochen, die bis dahin noch nicht Gegenstand des Verfahrens waren.

39 III. Die Umweltverträglichkeitsuntersuchung und -prüfung (UVU/UVP) leidet nicht an den von den Klägern geltend gemachten Mängeln. Ihre Einwände gegen die Prognosen der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) zu den ausbaubedingten Änderungen von Hydrodynamik und Salztransport (H.1a, PÄ III Teil 10) und der morphodynamischen Prozesse (H.1c, PÄ III Teil 10), zum Verbringungskonzept für Umlagerungen im Neuen Luechtergrund (H.1f, PÄ III Teil 10) sowie zu den Änderungen der schiffserzeugten Belastungen (H.1d) und der Sturmflutkenngrößen (H.1b) greifen nicht durch (1.). Die Rügen gegen die UVU-Teilgutachten H.2a bis H.5b - in Gestalt der Aktualisierungen anlässlich der Planänderungen I bis III sowie durch die Fachbeiträge 2.1 und 2.2 zu den 2. Ergänzungsbeschlüssen - sowie weitere Gegenstände der UVU/UVP bleiben ebenfalls erfolglos (2.).

40 1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegen Prognosen zu Verkehrsprojekten keiner Richtigkeitsgewähr, sondern sind gerichtlich nur eingeschränkt daraufhin überprüfbar, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet wurden, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208 Rn. 73 m.w.N.). Dienen die Prognosen zugleich als Grundlage der FFH-Verträglichkeitsprüfung, müssen sie für die Fragen, die sich im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung konkret stellen, hinreichend belastbare Aussagen enthalten (BVerwG, Urteil vom 11. August 2016 - 7 A 1.15 - Rn. 77). Dabei ist zu berücksichtigen, dass für die Risikoeinschätzung häufig - wie auch hier - verschiedene methodische Ansätze zur Verfügung stehen, ohne dass die eine oder andere Methode von vornherein dem Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit ausgesetzt ist. Entscheidet sich die Planfeststellungsbehörde in dieser Situation dafür, eine dieser Methoden zu bevorzugen, gehört es zum wissenschaftlichen Standard, die Methodenwahl nachvollziehbar zu begründen. Gelingt dies, so unterliegt die Methodenwahl als solche keiner weiteren gerichtlichen Kontrolle (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 109).

41 Bei Anlegung dieser Maßstäbe sind die BAW-Prognosen nicht zu beanstanden und hinreichend belastbar. Dass die BAW über das erforderliche Fach- und Erfahrungswissen zur Beurteilung der vorhabenbedingten Auswirkungen namentlich auf die Hydro- und Morphodynamik verfügt, ist entgegen der Auffassung der Kläger nicht zweifelhaft. Die BAW ist eine technisch-wissenschaftliche Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (vgl. § 45 Abs. 3 WaStrG). Sie ist die zentrale Einrichtung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes für die gesamte praktische und wissenschaftliche Versuchs- und Forschungsarbeit auf dem Gebiet des Wasser-, Erd- und Grundbaus und der Bautechnik sowie die zentrale Dokumentations- und Informationsstelle für diese Fachgebiete (Friesecke, WaStrG, 6. Aufl. 2009, § 45 Rn. 3). Wie u.a. die zahlreichen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben und Fachpublikationen belegen, verfügt die BAW über eine umfassende Kompetenz und Erfahrung auf dem Gebiet des Verkehrswasserbaus.

42 Die auf Gutachten von Prof. Dr. Zanke und Dipl.-Ing. Niemeyer (u.a. von Mai 2012 und November 2013 sowie Anlage 4 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 19. Dezember 2016) gestützten Angriffe der Kläger gegen die einzelnen Gutachten der BAW greifen nicht durch:

43 a) Das BAW-Gutachten H.1a zu den ausbaubedingten Änderungen von Hydrodynamik und Salztransport beruht weder auf einem unzulänglich validierten Rechenmodell noch leidet es an methodischen Mängeln.

44 aa) Die Ausbauwirkungen auf die Tidekennwerte (Wasserstände, Strömungen, Salzgehalt) sind im Wege der wasserbaulichen Systemanalyse unter Zuhilfenahme des hydrodynamisch-numerischen (HN-)Rechenmodells UnTRIM prognostiziert worden (H.1a, S. 3). UnTRIM bildet die physikalischen Prozesse im Elbästuar dreidimensional ab. Anhaltspunkte dafür, dass UnTRIM im Zeitpunkt der Planfeststellung nicht mehr dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprach oder es eindeutig überlegene Modelle gab, sind nicht ersichtlich.

45 Das Elbe-Rechenmodell ist an Naturmessungen (Wasserstands-, Strömungs- und Salzgehaltsmessungen) kalibriert und validiert worden (H.1a, S. 5 und Anlage 8). Mit den im Referenzzeitraum ("Spring-Nipp-Zyklus" Mai 2002) in der Natur gemessenen - zeitlich und räumlich gemittelten - Daten sind charakteristische Tidekennwerte ermittelt und so ein charakteristischer Systemzustand modelliert worden, der den "Ist-Zustand" der Gewässer- und Tideverhältnisse beschreibt.

46 Eine unzureichende Validierung lässt sich auf der Grundlage der klägerischen Rügen nicht feststellen. Namentlich folgen Bedenken an der Validität des Modells nicht daraus, dass - wie die Kläger unter Hinweis auf die Bilder 80 ff. und 150 bis 173 in Anlage 8 zu H.1a geltend machen - die modellierten und gemessenen Werte bei den Strömungsgeschwindigkeiten und Salzgehalten - anders als bei den Wasserständen - teilweise erheblich voneinander abweichen und die modellierten Werte dabei in der Regel niedriger sind als die gemessenen.

47 In der Anlage 8 zu H.1a "Validierung des Elbemodells" (S. 1) ist nachvollziehbar dargelegt, warum die Differenzen zwischen Mess- und Rechenwerten die Annahme einer unzulänglichen Validierung nicht tragen. Danach weisen die punktuelle, zeitliche Beschreibung einer Zustandsgröße im Modell und in der Natur einige Unterschiede auf, die bei der Interpretation der Daten berücksichtigt werden müssen.

48 (1) Für die Wasserstände sind die Pegelmessstellen an der Elbe so eingerichtet, dass sie sehr kurzperiodische Signale wie Schiffs- und Windwellen herausfiltern (ausblenden). Aufgrund der großen Wellenlänge des Tidesignals kann der Pegelmesswert als repräsentativ für eine größere Fläche angesehen werden. Wegen dieser Besonderheit der Naturdatenerfassung kann eine gute Übereinstimmung zwischen Messung und Rechnung erzielt werden. Denn der modellierte Wasserstand gilt in gleicher Weise für einen größeren Bereich. Die Simulationsergebnisse eines HN-Modells können an den durch die Messungen vorgegebenen Positionen extrahiert werden. Dabei liefert das Modell die Zustandsgrößen an diskreten Positionen, diese stellen aber das Mittel über die im umstrukturierten orthogonalen Gitter vorgegebene Elementfläche dar. Der modellierte Wasserstand gilt für das gesamte Polygon, in dem die Messstelle liegt. Vor diesem Hintergrund sind die Differenzen zwischen den Modellergebnissen und den Messungen, die an acht Pegelstationen zwischen Cuxhaven und dem Wehr Geesthacht miteinander verglichen wurden, elbaufwärts bis zum Pegel St. Pauli relativ klein (vgl. Bilder 1 bis 78, S. 4 bis 81); am größten sind die Abweichungen an den Pegeln Bunthaus und Wehr Geesthacht (Bilder 61 bis 63, S. 64 bis 66, Bilder 76 bis 78, S. 79 bis 81). Abweichungen von bis zu 25 cm beruhen überwiegend auf Phasendifferenzen, weil das Tidesignal im Modell gegenüber der Messung leicht verzögert stromauf läuft (S. 3).

49 (2) Bei den Strömungsgeschwindigkeiten und den Salzkonzentrationen treten die Unterschiede in den Datenerfassungsmethoden und die Grenzen der Modelldiskretisierung deutlicher hervor. Mit einer punktuellen Strömungs- oder Konzentrationsmessung wird nur der Betrag an einem Ort und in einer bestimmten Wassertiefe erfasst. Topographische Gegebenheiten, z.B. naheliegende Bauwerke und Gradienten der Wassertiefe etc. führen zu deutlichen Änderungen der erfassten Größe. Zudem weisen die Messgrößen einen signifikanten Gradienten über die Wassertiefe auf, so dass sie üblicherweise an drei Positionen in der Wassersäule (2 m über Grund, 2 m unter Tideniedrigwasser und eine Position dazwischen) erfasst werden. Hierdurch erhält man ein recht gutes Bild des zeitlichen Verlaufs der Messgrößen in diesen Tiefen, aber nur einen begrenzten Eindruck über die vertikale Verteilung, weil eine Interpolation zwischen den Messgrößen in den meisten Fällen nicht zulässig ist.

50 Die im HN-Modell berechnete Strömungsgeschwindigkeit bezieht sich demgegenüber - wiederum gemittelt - auf die vertikale Elementfläche. Durch Interpolation wird die Strömungsgeschwindigkeit an der Messposition aus den Werten an den diskreten Punkten berechnet. Die Strömungsgeschwindigkeiten erfahren also im Modell eine Glättung, so dass die Übereinstimmung mit den Strömungsmessungen schon deshalb Differenzen aufweist. Zudem löst das Modell keine turbulenten Schwankungen der Strömungen auf, die durch Messungen aber erfasst werden können. Dies gilt ebenso für den Vergleich von gemessenen und berechneten Salzkonzentrationen.

51 Die Strömungsgeschwindigkeiten sind im Bereich des WSA Cuxhaven an sechs Langzeitmessstationen (siehe Karte S. 83) zwischen Scharhörn (LZ5) und Brunsbüttel (LZ1) gemessen worden, die vier Dauermessstationen des WSA Hamburg (siehe Karte S. 102) liegen zwischen Glückstadt (D4) und Wedel (D1). Größere Differenzen zwischen den Messungen und den Modellergebnissen sind im Bereich Cuxhaven vor allem an den Messstationen LZ5, LZ2 und teilweise der LZ4 zu verzeichnen (H.1a, Anlage 8, S. 84 bis 86, 96 bis 98, 87 bis 89). Bei den Messstationen im Bereich des WSA Hamburg haben sich keine signifikanten Differenzen zwischen den Modellergebnissen und den Messwerten ergeben.

52 Nach den Erläuterungen in Anlage 8 zum Gutachten H.1a (S. 82) können Abweichungen zwischen den Modellergebnissen und den gemessenen Strömungsgeschwindigkeiten u.a. damit erklärt werden, dass die hydronumerischen Modelle zeitlich gemittelte Ergebnisse berechnen, während die Messungen auf Momentaufnahmen beruhen und stärker schwanken. Zudem wurden räumliche Mittelungen vorgenommen, weil die im Modell berechneten Werte für eine Zelle des Modells gelten und die Modelltopographie die tatsächlichen Verhältnisse nur vereinfacht wiedergeben kann. Die Abbildungen zur Strömungsgeschwindigkeit zeigen einen Vergleich der Ergebnisse der Messsonde mit den Modellergebnissen aus einer bestimmten Schicht aus der Wassersäule über dem Messort. Da die Bestimmung dieser Schicht relativ zur Gewässersohle aus der vereinfachten Modelltopographie erfolgt, kann es an dieser Stelle zu Abweichungen kommen, die an stärker geneigten Böschungen größer und vermutlich der Grund für größere Differenzen zwischen modellierten und gemessenen Strömungsgeschwindigkeiten sind. Die Übereinstimmung an den meisten Messstationen ist qualitativ gut, variiert aber von Station zu Station stärker. Quantitativ ist der Vergleich aus den genannten Gründen nur bedingt angemessen (siehe H.1a, Anlage 8, S. 82). Nach den ergänzenden Ausführungen der BAW-Gutachter in der mündlichen Verhandlung im Dezember 2016 ändern die Abweichungen aber nichts an der Volumentreue des Modells. Ein Modell, das - wie hier - die gemessenen Wasserstände gut reproduziert, müsse auch die über den Querschnitt gemittelten Strömungsgeschwindigkeiten ebenso gut reproduzieren, weil anderenfalls die Wasserstände im Modell und in der Natur voneinander abweichen würden. Das erscheint plausibel.

53 Die Salzgehalte wurden an denselben Messstationen aufgenommen wie die Strömungsgeschwindigkeiten. Das Modell erzielt in der Salzgehaltsvariation (Amplitude des Signals) zumeist eine hohe Übereinstimmung zwischen Messung und Modell; in einigen Fällen liefert es eine etwas zu geringe Variation. Die Modellwerte liegen an den Stationen des WSA Cuxhaven tendenziell niedriger als die Messwerte (H.1a, Anlage 8, S. 157). An den Messstellen LZ2, LZ3, LZ4 und LZ5 übertreffen die Messwerte die Modellwerte etwa um 10 bis 40 %. An der Messstation LZ1, die von allen Messstationen im Bereich des WSA Cuxhaven am weitesten stromauf liegt (Bild 79, S. 83), liegen die Messwerte allerdings zum Teil doppelt bzw. mehr als doppelt so hoch wie die Modellwerte. Dieser Befund wird aber dadurch relativiert, dass die Salzwerte sich dort ohnehin im niedrigen einstelligen Bereich bewegen (Bilder 165 bis 167, S. 173 bis 175). Die Abweichungen im oberen Bereich der Brackwasserzone, wo nur geringe Salzgehalte auftreten, beruhen darauf, dass der Salzgehalt am Wehr Geesthacht konstant mit 0,2 PSU angenommen worden ist (PFB, S. 308). Im Übrigen weist das Modell sowohl seeseitig als auch oberstromig offene Modellränder auf, über die Salz in das Modell hineinfließt. Um eine exakte Steuerung des Modells zu gewährleisten, müsste an jedem Randelement, in jedem Tiefenelement und zu jedem Zeitschritt der Salzgehalt bekannt sein. Dies ist technisch unmöglich, deshalb wird der räumliche und zeitliche Verlauf des Salzgehalts an jedem Randpunkt des Modells gesetzt. Das führt zwangsläufig zu Abweichungen zwischen Modell- und Messwerten, stellt aber die Naturnähe des Modells nicht in Frage.

54 bb) Die Prognose zu den Änderungen von Hydrodynamik und Salzgehalt begegnet nicht den von den Klägern geltend gemachten methodischen Bedenken.

55 (1) Die BAW hat sich bei der Methodenwahl aus überzeugend dargelegten fachlichen Erwägungen für eine 3D-Modellierung mit fester Sohle über einen Zeitraum von zwei Wochen und darauf aufbauender Abschätzung der Ausbauwirkungen auf der Grundlage von Expertenwissen entschieden.

56 Die Methode der BAW zielt auf eine nachvollziehbare Analyse der ausbaubedingten Veränderungen aller wesentlichen physikalischen Zustandsgrößen. Durch Ausbaumaßnahmen veränderte Wasserstände bewirken veränderte Strömungen, die ihrerseits den Salzgehalt in der Brackwasserzone und den Sedimenttransport verändern und so Erosions- und Sedimentationszonen beeinflussen können. Zur Bestimmung dieser ausbaubedingten Veränderungen ist das Elbe-Modell für den so genannten planerischen Ist-Zustand (PIZ) und den Ausbauzustand (AZ) mit identischer Randwertsteuerung betrieben worden. Durch Differenzbildung der berechneten Tide-, Strömungs- und Transportkennwerte für den PIZ und den AZ wurden für das gesamte Modellgebiet ausbaubedingte Änderungen der Kennwerte ermittelt, die flächenhaft dargestellt wurden, sofern sie einen sinnvollen, messtechnisch auch zu erfassenden Schwellenwert überschreiten (H.1a, S. 47). Auf diese Weise können die Kennwertänderungen der Ausbaumaßnahme zugeordnet werden (H.1a, S. 5).

57 Nach der fachlichen Bewertung der BAW ist eine naturähnliche Simulation der Transportprozesse in der Brackwasserzone ohne Berücksichtigung der baroklinen Effekte (vertikale Zirkulation) nicht möglich. Die Bedeutung der baroklinen Effekte wird in der "Zusammenfassenden Darstellung zu Kernpunkten hydro- und morphodynamischer Fragestellungen" der BAW (Dr. Heyer) vom 4. April 2014 (S. 6 ff.) näher dargelegt. Danach muss die variable Fluiddichte zwingend berücksichtigt werden, weil der Gradient des Salzgehalts/der Dichte im Wasserkörper so genannte Dichteströmungen verursacht, die die tide- und windinduzierten Strömungen überlagern. Wird die Dichteströmung in die Simulation eingestellt, ist die bodennahe Flutströmung im Bereich der Brackwasserzone bis zum Faktor 1,3 größer als die bodennahe Ebbeströmung und der bodennahe mittlere Schwebstofftransport des Flutstroms bis zum Faktor 1,7 größer als der bodennahe mittlere Schwebstofftransport des Ebbestroms (näher zur Bedeutung der vertikalen Zirkulation für die Schwebstoffdynamik siehe nachfolgend b) bb) (1)). 2D-Modelle sind unstreitig nicht in der Lage, die vertikale Zirkulation in der Wassersäule abzubilden (BAW vom 4. April 2014, S. 7). Die BAW hat ihre Untersuchungen für das streitgegenständliche Ausbauvorhaben, die sie ursprünglich mit 2D-Modellen begonnen hatte, daher im weiteren Verlauf auf 3D-Modelle umgestellt (BAW vom 4. April 2014, S. 9).

58 Dass die numerischen Berechnungen nur für einen Zeitraum vom 3. Mai 2002 bis zum 26. Mai 2002 (H.1a, S. 34; Analysezeitraum vom 11. Mai 2002 bis zum 25. Mai 2002) und mit fester Sohle durchgeführt wurden, begründet keine Zweifel an der Tragfähigkeit der Prognose. Durch die Verwendung einer festen Sohle werden zwar die Wechselwirkungen zwischen veränderten Strömungsgeschwindigkeiten und Sohlhöhen nicht in ihrer fortlaufenden Entwicklung simuliert. Das Modell der BAW bildet das Erosions- und Sedimentationsgeschehen aber periodisch für die modellierte Anzahl von Einzelereignissen ab. Dazu wird anders als bei dem vom Gutachter der Kläger eingesetzten Modell TIMOR 3D nicht nur eine Tideperiode (Dauer etwa 12 Stunden und 25 Minuten) eingestellt, die um den Faktor x hochgerechnet wird. Vielmehr werden alle Tiden über einen gesamten "Spring-Nipp-Zyklus" mit ihren jeweiligen Auswirkungen auf Erosion und Sedimentation berücksichtigt und die relevanten Kennwerte u.a. für den häufigsten niedrigen Oberwasserzufluss (350 m³/s) und einen hohen Oberwasserzufluss (1 500 m³/s; siehe H.1a, S. 33 f.) aus der modellierten Tideserie berechnet. Dieser Umstand ist relevant, weil die Gewässerzustände nicht nur innerhalb einer Tideperiode variieren, sondern auch in aufeinanderfolgenden Tiden sehr verschieden sein können. Eine sachdienliche Analyse ist daher grundsätzlich nur auf der Grundlage einer vollständigen Tideserie möglich (BAW vom 4. April 2014, S. 21 f.).

59 Die BAW hat den unvermeidbaren Unsicherheiten der Modellierung in der Weise Rechnung getragen, dass sie ihrer Untersuchung zudem eine Reihe vorsorglicher Randbedingungen zugrunde gelegt hat. So sind im ausgewählten Analysezeitraum vom 11. Mai 2002 bis zum 25. Mai 2002 gegenüber mittleren Verhältnissen im Mai 2002 höhere Tidehübe auf einem niedrigeren Mittelwasser aufgetreten. Hierdurch ist gewährleistet, dass die Untersuchung hydrologische Grundlagen (energiereiche Tiden) einbezieht, welche die Wirkungen des Ausbaus klar hervortreten lassen (H.1a, S. 40). Weiter sind die Ausbauwirkungen dadurch überschätzt worden, dass die BAW einen erheblichen morphologischen Nachlauf für die Unterwasserböschungen der Fahrrinne berücksichtigt hat, indem für deren Anpassung eine zusätzliche Aufweitung (gleichbedeutend mit einer zusätzlichen Materialentnahme von 11,1 Mio. m³) vorgegeben wurde (BAW vom 4. April 2014, S. 4 f.; H.1a, S. 16 Tabelle 2 rechte Spalte, 3. Zeile). Eine Überschätzung der Ausbaufolgen liegt auch darin, dass die BAW in ihrem Simulationsmodell 2006 die Nebenflüsse stromaufwärts der Störmündung nicht berücksichtigt und so einen Teil des Flutraums vernachlässigt hat (BAW vom 4. April 2014, S. 5 f.). In den zu den Planänderungen I und III erstellten Gutachten sind darüber hinaus worst-case-Randwerte für das Oberwasser (konstant 180 m³/s) und den seeseitigen Salzgehalt (konstant 32 PSU) zugrunde gelegt worden (PÄ I, Teil 3, S. 23; PÄ III, Teil 10, S. 5).

60 Die Prognose der BAW fußt zudem nicht allein auf den modellierten Rechenergebnissen, sondern umfasst eine fachwissenschaftliche Interpretation auf der Grundlage von wasserbaulichem Expertenwissen. Dagegen ist methodisch nichts zu erinnern. Es leuchtet im Gegenteil ohne Weiteres ein, dass eine belastbare Prognose zu den Folgen eines Ausbauvorhabens sich nicht mit Modellwerten begnügen kann, sondern die Ergebnisse mithilfe der gewässerkundlichen Erkenntnisse über das Untersuchungsgebiet und der revier- und methodenspezifischen Erfahrungen der Gutachter eingeordnet und bewertet werden müssen. Dies gilt auch für die Wirkung des morphologischen Nachlaufs (H.1a, S. 6 f.).

61 (2) Die BAW ist bei ihrer Prognose zu Recht von der Wirksamkeit des Strombaukonzepts, namentlich der Unterwasserablagerungsflächen (UWA) in der Medemrinne Ost und am Neufelder Sand ausgegangen. Die UWA Medemrinne Ost (Fläche ca. 628 ha, Oberkante -5,10/ -3,60 mNN, Aufnahmekapazität ca. 12,27 Mio. m³; Erläuterungsbericht B2, S. 40) stellt aufgrund ihrer exponierten Lage ein wichtiges Systembauwerk dar. Sie ist das maßgebliche Reibungs- und Reflexionselement, an dem Tideenergie umgewandelt wird. Das Wasservolumen über der UWA (43,82 Mio. m³) wird durch das abgelagerte Sandvolumen um 28 % reduziert (BAW vom 4. April 2014, S. 16 zu 2.5 ). Die UWA Neufelder Sand (Fläche rund 490 ha, Länge 7 900 m, Breite 1 200 m, Oberkante -4,50 mNN, Aufnahmekapazität ca. 10,2 Mio. m3) dient in erster Linie als stromführendes Element. Die beiden UWA sind ein Verbundsystem, das sich hinsichtlich der Strömungsführung ergänzt (Erläuterungsbericht B.2, S. 40).

62 Das Tidehochwasser wird durch die UWA um bis zu 1,5 cm und das Tideniedrigwasser um bis zu 3,5 cm gedämpft, was 50 % der ohne UWA berechneten Wirkung der ausbaubedingten Änderungen ausmacht (H.1a, S. 97). Ohne Strombaukonzept würde die ausbaubedingte Änderung des Tidenhubs über 10 cm liegen (PÄ III, Teil 11b, S. 29). Auf der UWA im Ostteil der Medemrinne nimmt die maximale Ebbestromgeschwindigkeit wegen der Verkleinerung des Rinnenquerschnitts um +20 cm/s (lokal bis zu ca. +30 cm/s) zu. Bis zum Scheitel der Medemrinnenkurve ergibt sich eine Abnahme der maximalen Strömungen um bis zu -25 cm/s bei Ebbestrom. Die Abnahme des maximalen Flutstroms beträgt hier ca. -10 cm/s (H.1c, S. 59 und Bild 81). Über der UWA Neufelder Sand sind die Verhältnisse umgekehrt. Diese UWA wird am Rand des Gewässerquerschnitts eingebaut und bewirkt eine Abnahme der Strömungen über dem Strombauwerk sowie eine Zunahme in der tiefen Fahrrinne, wobei direkt über dem Strombauwerk die Abnahme bei Flutstrom größer ist als bei Ebbestrom. Die gemeinsame Wirkung der UWA Medemrinne und Neufelder Sand führt nördlich der Fahrrinne zwischen Scheelenkuhlen und der Medemrinnenmündung-Ost nahezu durchgängig zu einer Abnahme der Strömungsgeschwindigkeiten (ausgenommen im Einschnürungsbereich der Medemrinne; H.1c, S. 60). Die Gutachter gehen davon aus, dass die Dämpfung der Tidedynamik durch das Strombauwerk langfristig erhalten bleibt (H.1c, S. 82).

63 (a) Diese Einschätzung ist tragfähig. Die von den Klägern hiergegen unter Bezugnahme auf Gutachten von Prof. Zanke erhobenen Bedenken greifen nicht durch. Der zentrale Einwand, die tidedämpfende Wirkung der UWA werde nicht dauerhaft sein, weil sich Ersatzrinnen bilden bzw. bestehende Rinnen sich vertiefen werden, überzeugt nicht. Die Bildung von Ersatzrinnen, die die tidedämpfende Wirkung der UWA Medemrinne abschwächen oder aufheben würden, ist nicht zu erwarten. Die Medemrinne wird durch die UWA nicht vollständig "verbaut", sondern lediglich die Sohle dieses Wattstroms wird um einige Meter angehoben. Die Rinne als solche bleibt erhalten und wird auch nach Einbau des Materials z.B. für Sportboote und Fischkutter befahrbar bleiben. Das Strombauwerk reduziert den Durchfluss durch die Medemrinne und vermindert damit die Strömungen im Scheitel (Prallhang) und im Westteil der Medemrinne. Dadurch werden die maximalen Strömungen (insbesondere der Ebbephase) in der Hauptrinne, d.h. im Elbabschnitt parallel zur Medemrinne, um maximal 8 % verstärkt. Die Gutachter der Beklagten gehen davon aus, dass sich die Hauptrinne im Abschnitt oberhalb von Glameyer Stack aufgrund der Strömungszunahme in Tiefe und Breite aufweitet und die Medemrinne sich mit Querschnittsverminderungen an die neuen Verhältnisse anpasst; Haupt- und Medemrinne sind miteinander kommunizierende Rinnen (H.1c, S. 80 ff.; BAW vom 4. April 2014, S. 16 f.). Das erscheint schlüssig.

64 Warum die Annahme, dass der ausbaubedingte Zuwachs des für den Wasseraustausch maßgeblichen Mündungsquerschnitts durch die UWA dauerhaft teilweise kompensiert wird, mit Grundannahmen der Hydraulik unvereinbar sein soll, erschließt sich nicht. Der Hinweis der Kläger auf die Entstehung einer Umgehungsrinne nach der Errichtung des Weser-Wehrs geht fehl. Die UWA und das Weser-Wehr sind weder im Hinblick auf ihre Lage im Gewässer noch ihre bauliche Gestaltung vergleichbar. Die UWA, insbesondere die UWA Medemrinne, sind als "weiche" Strombauwerke geplant. Eine moderate morphologische Anpassung der Oberfläche der Strombauwerke an die lokalen hydrodynamischen Verhältnisse ist dadurch nicht nur möglich, sondern erwünscht. Der beabsichtigte hydromechanische Dämpfungseffekt bleibt dennoch erhalten. Die UWA liegt nicht wie ein Wall in der Medemrinne, sondern ist als eher flache Anhebung des Meeresbodens mit einer geringen Steigung von 1:80 bzw. 1:50 geplant. Lage und Form der UWA sind im Hinblick auf eine größtmögliche hydrologische und ökonomische Effizienz über eine längere Planungsphase entwickelt und optimiert worden. Insgesamt ist die Querschnittseinschnürung im Bereich der Medemrinne so modifiziert worden, dass sich im Umfeld der Maßnahmen nur moderate Auswirkungen ergeben. Durch eine Anpassung an die bestehende Bathymetrie werden "harte" Unstetigkeitsstellen und damit mögliche Angriffspunkte für die Strömung vermieden. Mit der Bildung eines strömungsbedingten Bypasses am seitlichen Rand des Bauwerks ist deshalb nach Einschätzung der Fachgutachter nicht zu rechnen (PFB, S. 2552 ff., 2556).

65 Dass die wirk- und lagestabile Errichtung von Unterwasserablagerungsflächen im Mündungsbereich trotz der dort vorherrschenden erheblichen Morphodynamik grundsätzlich möglich ist, wird in der "Studie zur Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit von Einfassungsbauwerken für Unterwasserablagerungsflächen" der IMS GmbH vom 14. März 2006 sowie dem Erläuterungsbericht "Planungsleistungen für die Optimierung der Einfassungsbauwerke von Unterwasserablagerungsflächen zur weiteren Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe an die Containerschifffahrt" der INROS Lackner AG vom 15. Juni 2009 (PFB, S. 52) ausführlich und nachvollziehbar dargelegt. Die Erfahrungen mit den im Zuge des letzten Fahrrinnenausbaus errichteten UWA Krautsand Nord und Süd stützen die Einschätzung von BAW, IMS und INROS Lackner. Aus dem Hinweis der Kläger auf eine Studie der Hamburg Port Authority bzw. einen Werkstattbericht der iwb Ingenieurgesellschaft mbH vom 7. November 2006 zur "Machbarkeit von Sandinseln im Bereich der Elbmündung" folgt nichts anderes. Denn diese Ablagerungskonzepte sind mit dem streitgegenständlichen Strombaukonzept nicht vergleichbar.

66 (b) Zur Sicherung der Wirksamkeit und der Lagestabilität dient das in der - durch Protokollerklärung in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014 geänderten - Auflage A.II.1.6.3 (nachrichtlich aufgeführt in den 2. PEB, S. 6 unter 2.4 .1) angeordnete Monitoring. Danach haben die Vorhabenträger die UWA Medemrinne und die UWA Neufelder Sand so weit lagestabil auszugestalten und zu sichern, dass die strombauliche Wirkung erhalten bleibt. Dafür ist die Topographie der UWA Medemrinne Ost (einschließlich der gesamten Medemrinne) und der UWA Neufelder Sand (einschließlich eines Umrings von 100 m bis maximal zur Uferlinie) nach Fertigstellung des Vorhabens halbjährlich aufzunehmen. Sollten im Hinblick auf den Erhalt der strombaulichen Wirkungen - entsprechend den ausbaubedingten Änderungen der Tidescheitel - Maßnahmen erforderlich werden, um die Lagestabilität der UWA Medemrinne Ost und UWA Neufelder Sand zu erhalten und zu sichern, ist der Vorhabenträger zu entsprechenden Maßnahmen verpflichtet. Sofern Änderungen an der planfestgestellten baulichen Ausgestaltung erforderlich werden, bedarf es einer Planergänzung.

67 Die Auflage deckt auch bauliche Maßnahmen zur Anpassung der UWA in den Randbereichen, etwa zur Bewältigung von Erosionsrinnen, ab. Dass die Vorhabenbeschreibung keine detaillierten Angaben zur technischen Ausgestaltung der einzelnen Strombauwerke enthält, sondern über die konkrete Bauweise erst im Zuge der Ausführungsplanung entschieden wird, ist nicht zu beanstanden. Die Planfeststellungsbehörden durften angesichts der oben angeführten Studien von IMS GmbH und INROS Lackner AG davon ausgehen, dass UWA im Elbmündungsbereich grundsätzlich lagestabil errichtet und unterhalten werden können. Die Unterhaltung der geplanten Strombauwerke stellt im Vergleich zu anderen Strombauwerken an der Küste, die die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung seit vielen Jahrzehnten errichtet und unterhalten hat und die zum Teil extremen Belastungen ausgesetzt sind, keine besonders hohen Anforderungen (BAW vom 4. April 2014, S. 4). Dies gilt umso mehr, als morphologische Reaktionen beobachtbare Prozesse darstellen, die sich nicht "über Nacht" einstellen. Eine eventuell notwendige Sicherung der UWA lässt sich durch besonders geeignete Abdeckungen der Bauwerke oder Pflegemaßnahmen, z.B. Umlagern von Material im Rahmen der ständigen Unterhaltung der Fahrrinne erreichen. Umstände, die Änderungen der planfestgestellten baulichen Ausgestaltung erforderlich machen, können im Planergänzungsverfahren bewältigt werden.

68 cc) Die Prognose der ausbaubedingten Änderungen von Hydrodynamik und Salzgehalt begegnet schließlich nicht deshalb Bedenken, weil - wie die Kläger geltend machen - die tatsächliche Entwicklung der Wasserstände nach den vorangegangenen Fahrrinnenanpassungen jeweils erheblich von den Prognosen der BAW abgewichen ist. Zwar kann im Einzelfall ein Auseinanderklaffen zwischen Prognose und tatsächlicher Entwicklung als Indiz für eine unsachgemäße Prognose in Betracht zu ziehen sein (BVerwG, Urteil vom 20. April 2005 - 4 C 18.03 - BVerwGE 123, 261 <276 f.> m.w.N.). Vorliegend erlaubt die Entwicklung der Tidekennwerte nach den früheren Ausbaumaßnahmen aber keine Rückschlüsse auf die Belastbarkeit der für das streitgegenständliche Ausbauvorhaben erstellten Prognosen.

69 Zum Fahrrinnenausbau 1999/2000 ist ausweislich des zusammenfassenden Gutachtens der BAW zur Hydromechanik vom 29. November 1996 für die Untersuchung der Tidedynamik noch das Modellsystem TRIM-2D eingesetzt worden. Die Elbenebenflüsse sind jeweils durch eindimensionale Modelle bis zur Tidegrenze untersucht worden (S. 5 f.; siehe auch Gutachten der BAW zur ausbaubedingten Änderung der Tidedynamik für die Fahrrinnenanpassung von Oktober 1996, S. 7 f.). Schon deshalb geben die vermeintlichen Fehlprognosen der BAW zu den Auswirkungen der Elbvertiefung 1999/2000 für die Frage der Belastbarkeit der hier mithilfe des Rechenmodells UnTRIM 3D prognostizierten Änderungen der Tidekennwerte nichts her. Den Einwand der Kläger, die BAW habe vor der Fahrrinnenanpassung 1999/2000 sogar den Trend der Änderungen falsch eingeschätzt und für die Wasserstände eine Zunahme prognostiziert, während tatsächlich eine Abnahme eingetreten sei, haben die Beklagten nachvollziehbar entkräftet. Nach den plausiblen Erläuterungen im Schriftsatz vom 11. April 2014 (S. 34) der Beklagten zu 2 wird die gemessene Entwicklung des Tidehochwasserstands und des Tideniedrigwasserstands maßgeblich von der Entwicklung des Tidemittelwasserstands beeinflusst. Das Tidemittelwasser ist bereichsweise - dem prognostizierten Trend qualitativ folgend - quantitativ stärker abgesunken als das Tidehochwasser im selben Bereich gleichzeitig angestiegen. Aus der Überlagerung beider Größen resultiert eine vermeintliche Vorzeichenumkehr, die sich aus den in der Natur gemessenen Pegelständen ablesen lässt. Aufgrund dieser Interdependenz der einzelnen Parameter Tidenhub, Tidemittelwasser, Tidehochwasser und Tideniedrigwasser erzeugen die tatsächlichen Messergebnisse trotz einer dem Trend nach jeweils zutreffenden Prognose für die einzelnen Parameter einen gegenteiligen Eindruck.

70 Für die weiter angeführten "Fehlprognosen" der BAW vor dem 13,5 m SKN-Ausbau der Elbe im Jahr 1974 gilt erst recht, dass es schon an der Vergleichbarkeit der eingesetzten Prognosemodelle fehlt. Abgesehen davon steht nicht fest, dass die Ausbaumaßnahmen (mono)kausal für das Absinken der Wasserstände bei Ebbe um 36 cm anstelle der prognostizierten 12 cm waren. Im zeitlichen Zusammenhang mit dem Ausbau sind die Absperrung der Schwinge und die Eindeichung des Bützflether Sandes (1971), die Absperrung der Ilmenau (1973), die Eindeichung von Hahnöfer Sand und die Absperrung der Borsteler Binnenelbe (1973 bis 1974), die Eindeichung der Haseldorfer Marsch (1975 bis 1977) und die Eindeichung von Nordkehdingen (1971 bis 1976) vorgenommen worden. Zudem sind nach den Ausführungen der Beklagten ebenfalls im zeitlichen Zusammenhang mit dem Ausbau beträchtliche Sandentnahmen aus der Elbe für Industrieansiedlungen und die oben genannten Küstenschutzmaßnahmen erfolgt, die sich nach Schätzungen im Zeitraum von 1974 bis 1995 in der Bundesstrecke auf ca. 65 Mio. m³, von 1950 bis 1995 in Bundes- und Delegationsstrecke zusammen auf ca. 120 Mio. m³ belaufen haben.

71 b) Die Prognose der BAW zu den ausbaubedingten Änderungen der morphodynamischen Prozesse (H.1c) ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie beruht auf einer Untersuchung der zweiwöchigen Echtzeitentwicklung der Sohlhöhen im Vergleichs- und Ausbauzustand mit UnTRIM Sedimorph 3D und einer ergänzenden Untersuchung der Langzeitentwicklung der Sohlhöhen mit verschiedenen 2D-Modellen im Rahmen einer Multi-Modell-Analyse (H.1c, S. 70).

72 aa) Die Rüge der Kläger, UnTRIM Sedimorph sei wegen fehlender Naturmessdaten zu den suspendierten Sedimenten in der Tideelbe nicht ordnungsgemäß kalibriert worden und habe bei der Validierung hinsichtlich der Schwebstoffkonzentration und der räumlichen Ausdehnung der Trübungszone so erhebliche Abweichungen zwischen Modell- und Messwerten gezeigt, dass die Ausbauwirkungen auf Sedimenttransport und Sohlevolution nicht naturnah abgebildet worden seien, greift nicht durch.

73 Ausweislich des Gutachtens H.1c (S. 16 f.) hat die BAW den Mangel an Daten über die Zusammensetzung und Dynamik suspendierter Sedimente zum Anlass genommen, die im Jahr 2002 auf 15 Querprofilen über die gesamte Unterelbe aufgenommenen ADCP-Daten erneut zu prozessieren, weil das Backscattersignal des ADCP unter bestimmten Voraussetzungen und Annahmen in Schwebstoffkonzentrationen umgerechnet werden kann (S. 18). Diese - im Gutachten H.1c (S. 18) näher erläuterte - Prozedur ist laut BAW sehr parametersensitiv, aufgrund der Erfahrungen der Dienststelle in Hamburg und anderer Institutionen konnten die erforderlichen Parameter mit diesem Verfahren jedoch sinnvoll abgeschätzt werden. Das Ergebnis der Prozedur sind flächenhafte Schwebstoffkonzentrationen auf den genannten Querprofilen zu verschiedenen Tidephasen. Diese Daten (Zusammenfassung der querschnittsgemittelten Daten H.1c, Bild 7, S. 20) sind nach den Erläuterungen im Gutachten H.1c noch mit Unsicherheiten behaftet, weil die damaligen Messungen nicht für diese Analyse konzipiert waren. Sie stützen aber das vorherrschende Bild der Schwebstoffdynamik im Elbästuar. Danach deckt sich sowohl die Größenordnung der Schwebstoffkonzentrationen als auch die räumliche Ausdehnung der Trübungszone mit den gängigen Vorstellungen (H.1c, S. 19). Verschiedene bekannte Phänomene (z.B. Lage und Ausdehnung der Trübungszone, Schwebstofftransportvorgänge) können von dem Modell reproduziert werden (H.1c, S. 50 f.). Die für eine morphologische Analyse erforderlichen Prozesse werden so naturähnlich abgebildet, wie es derzeit (auch im internationalen Vergleich) möglich ist (H.1c, S. 51).

74 Aus dem von den Klägern angestellten Vergleich von Bild 7 (H.1c, S. 20) zu den aus ADCP-Daten abgeleiteten querschnittsgemittelten Konzentrationen mit Bild 26 (H.1c, S. 50) zu den modellierten Schwebstoffkonzentrationen folgt nichts anderes. Die Messwerte liegen laut BAW (H.1c, S. 51) grundsätzlich höher als die im Bild 26 dargestellten Konzentrationen, weil bei den modellierten Werten über den gesamten Querschnitt integriert wurde, also auch die flacheren Bereiche mit ihren geringeren Konzentrationen berücksichtigt wurden. Der aus den Messungen berechnete Mittelwert repräsentiert zwangsläufig nur die tieferen Bereiche, in denen schiffsgestützt gemessen werden kann. In diesen Bereichen treten größere Konzentrationen auf, weswegen auch der Mittelwert größer ist. Diese Erläuterungen sind plausibel.

75 Im Übrigen ist im Gutachten H.1c ausführlich und nachvollziehbar dargelegt, dass und warum der Prozess der Kalibrierung und Validierung der Ergebnisse des Sedimenttransports im Vergleich zum Vorgehen bei den hydrodynamischen Ergebnissen deutlich komplexer und umfangreicher ist. Danach kann eine Validierung von Sedimenttransportergebnissen aufgrund der Heterogenität der Kornverteilungen des Sohlmaterials, der stark variierenden örtlichen Gegebenheiten, der damit direkt verbundenen unterschiedlichen Transporteigenschaften sowie der dynamischen Veränderungen des Systems in der Natur wie auch im Modell grundsätzlich nur unvollständig sein. Die zeitliche und räumliche Varianz des Sedimenttransports ist wesentlich größer als zum Beispiel die des Wasserstandes. Eine vollkommen naturähnliche Simulation des Sedimenttransports würde eine genaue Berechnung der zeit- und ortsveränderlichen Erosionsraten im gesamten Untersuchungsgebiet erfordern. Das ist nicht möglich, weil die natürliche, sehr variable räumliche und zeitliche Verteilung aller Sedimenteigenschaften (Kornzusammensetzung, Konsolidierungsgrad des Bodens, biologische Besiedlung etc.) nicht vollständig in der Natur für das gesamte Untersuchungsgebiet kleinräumig erhoben werden kann. Die natürliche Erosion der Gewässersohle und damit auch der Abtransport der erodierten Sedimentmassen mit der Strömung sind deshalb in einer Simulation zwangsläufig mit Unschärfen und Unsicherheiten versehen. Diese müssen bei der Modellierungsstrategie und der Beurteilung von Modellergebnissen berücksichtigt werden. Die nach der Modellkalibrierung noch verbleibenden Abweichungen zwischen Mess- und Rechenergebnissen können laut BAW im Wesentlichen auf nicht erfasste lokale Windeffekte, Abweichungen in der Modelltopographie aufgrund der zeitlichen Differenz zwischen Pegel- und Strömungsmessung, Peilung, Lageänderungen der Strömungsmessgeräte bei hohen Strömungsgeschwindigkeiten, Ungenauigkeiten in der Pegel- und Strömungsmessung etc. zurückgeführt werden. Sie haben keine Auswirkungen auf die Prognosefähigkeit der verwendeten Modelle. Das wesentliche Ziel der BAW-Untersuchungen ist nicht die vollkommen exakte Nachbildung eines bestimmten hydrodynamischen Zustandes, sondern die Bestimmung eines zuverlässigen mathematischen Ersatzsystems für alle relevanten physikalischen Prozesse in der Natur. Es geht nicht um das Nachrechnen allgemeiner Phänomene, sondern die Vorhersage der Wirkungen eines konkreten Ausbauvorhabens (H.1c, S. 49, 52 sowie BAW vom 4. April 2014, Anlage A2, S. 26).

76 bb) Das Gutachten H.1c leidet nicht an methodischen Mängeln.

77 (1) Die ausbaubedingten Änderungen der morphodynamischen Prozesse durften mittels 3D-Modellierung über einen "Spring-Nipp-Zyklus" untersucht werden.

78 Die vorstehend bereits angesprochene vertikale Zirkulation (barokline Effekte), in der die tidegemittelten dreidimensionalen Strömungen in den bodennahen Wasserschichten stromaufwärts und in den darüber liegenden Wasserschichten stromabwärts gerichtet sind, ist auch für den stromaufwärts gerichteten Sedimenttransport in Ästuaren und das zukünftige Unterhaltungsgeschehen (Baggermengen und -schwerpunkte) sehr wichtig (BAW vom 4. April 2014, S. 21 und 10). Vor allem der Transport der Feinsedimente (Tone, Schluffe, Feinsand) wird signifikant durch Dichteströmungen beeinflusst. Bei deren Berücksichtigung in der Simulation ist der bodennahe mittlere Schwebstofftransport des Flutstroms in der Brackwasserzone bis zum Faktor 1,7 größer als der bodennahe mittlere Schwebstofftransport des Ebbestroms. Das ist relevant, weil der strömende Wasserkörper unmittelbar über dem Gewässerboden größere Sedimentmassen enthält als in den höheren Wasserschichten. Die im Wasserkörper der Tideelbe als suspendierte Fracht transportierten Sedimentmassen sind mindestens um den Faktor 10 größer als die im Kontakt mit dem Gewässerboden transportierten gröberen Sedimente (Geschiebefracht). Die dichteinduzierte vertikale Zirkulationsströmung darf deshalb nicht vernachlässigt werden. In einem 2D-Modell, das die Zustandsgrößen vertikal als Mittelwert berücksichtigt, können diese Prozesse nicht reproduziert werden (BAW vom 4. April 2014, S. 6 ff.).

79 Den Einwand der Kläger, bei der Prognose der Langfristmorphodynamik trete die Bedeutung der baroklin beeinflussten Schwebstoffdynamik gegenüber der Sanddynamik in den Hintergrund, weil die Feinschwebstoffe nicht an der Bettbildung teilnähmen, hat die BAW nachvollziehbar entkräftet. Danach bestimmt die suspendierte Fracht den Feinsedimenthaushalt und überwiegend die langfristige morphologische Entwicklung der Tideelbe (BAW vom 4. April 2014, S. 7). Im Gegensatz zu gelösten Substanzen besitzen suspendierte Sedimente eine eigene Dynamik, die durch ihre spezifischen Sinkgeschwindigkeiten geprägt ist. Im Tidezyklus ergibt sich je nach suspendierter Sedimentmenge und den Sinkgeschwindigkeiten der beteiligten Fraktionen ein periodisches Deponieren und Resuspendieren mit zwischenzeitlichem advektiven (mit der Strömung verlaufenden) Transport von Feinsedimenten. Vor allem die 14-tägige Ungleichheit der Spring- und Nipptiden (aber auch andere Ungleichheiten) haben Einfluss auf den Suspensionsgehalt. So werden bei Nipptiden mit geringeren Strömungsgeschwindigkeiten weniger Sedimente mobilisiert und in der Wassersäule verteilt und über kürzere Strecken transportiert. Gelangen in Suspension befindliche Sedimentfraktionen in schwach durchströmte Hafenbereiche, Buhnenfelder oder sonstige Flachwasserzonen, setzen sie sich aufgrund der geringen Turbulenz und der längeren Verweilzeit dort ab und konsolidieren. Sie werden durch die Tideströmungen nur zum Teil wieder abtransportiert und bewirken dadurch morphologische Änderungen, die bis zur Verlandung führen können. Zudem kommt es in Verbindung mit dem weiter stromauf zunehmend asymmetrischer werdenden Tideverlauf infolge des über Jahrzehnte abgesunkenen Tideniedrigwassers und der damit erzeugten Asymmetrie im Verhältnis der maximalen Flut- und Ebbeströmungen zu einem Netto-Stromauftransport bestimmter Schwebstofffraktionen in der Unterelbe. Auch die Stauwasserzeit nimmt Einfluss auf den Netto-Stromauftransport. Da die Stauwasserzeit und die Wassertiefe bei Flutstromkenterung größer sind als bei Ebbestromkenterung, kommt es - insbesondere in den oberen Ästuarabschnitten - zu größeren Depositionen während Stauwasser bei Flutstromkenterung (H.1c, S. 23 f.). Demgegenüber prägt die Sanddynamik die Transportkörper (Dünen und Rippel) in den tiefen Rinnen und kann die Lage von Rinnen verändern. Die tiefe Schifffahrtsrinne ist in der Tideelbe aber durch Strombauwerke (Leitwerke und Buhnen) festgelegt. Auch die Nebenrinnen (Nebenelben) sind durch umfangreiche Ufersicherungen festgelegt, so dass eine freie Rinnendynamik nur noch im breiten Übergangsbereich zur Nordsee möglich ist (BAW vom 4. April 2014, S. 7).

80 Entgegen der Auffassung der Kläger ist die Abbildung der baroklinen Effekte in der 3D-Modellierung nicht in den Abweichungen von Mess- und Modelldaten bei den Strömungsgeschwindigkeiten untergegangen. Wie vorstehend unter III.1. a) aa) näher ausgeführt, sind die Differenzen zwischen Mess- und Rechenwerten für das jeweilige diskrete Element oder den Fließquerschnitt erklärbar. Die modellierten Strömungsgeschwindigkeiten sind daher so naturähnlich, dass sie auch die durch vertikale Zirkulation bewirkten Dichteströmungen naturnah abbilden können.

81 Eine 2D-Modellierung wäre nicht deshalb sachgerechter gewesen, weil - wie die Kläger weiter vortragen - die Strombaumaßnahmen in der Medemrinne in einem Gewässerabschnitt liegen, der nicht maßgeblich von Dichteströmungen beeinflusst wird. Die BAW hat diese Frage für verschiedene Oberwassersituationen geprüft, weil die Lage der dichtebedingten Zirkulationszone vom Oberwasserzufluss gesteuert wird. Nach dem Ergebnis dieser Prüfung (BAW vom 4. April 2014, S. 8 und Bild 6 in Anlage A1) belegt das Verhältnis der mittleren Schwebstofftransporte bei Flut und bei Ebbe, dass die vertikale Zirkulationszone bei allen dargestellten Oberwassersituationen den Gewässerabschnitt einschließt, in dem die Medemrinne liegt.

82 Die Ausbauwirkungen durften für die gesamte Ausbaustrecke von ca. 136 km in einem 3D-Modell simuliert werden. Ungeachtet der Frage, ob eine auf Teilabschnitte bezogene Simulation nicht ohnehin von vornherein ungeeignet wäre, die Folgen eines die gesamte Revierstrecke betreffenden Ausbauvorhabens zu simulieren, umfasst das 3D-Modell nach den Erläuterungen der BAW in der mündlichen Verhandlung auch ein vertikales Geschwindigkeitsprofil. Diesen für die Naturähnlichkeit der simulierten Prozesse relevanten Aspekt bilden die gemittelten Werte einer 2D-Modellierung nicht ab.

83 (2) Die von den Klägern erstmalig in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014 erhobene Rüge, das Gutachten H.1c sei ohne Verwendung eines 3D-Bodenmodells erstellt worden, ist nicht begründet.

84 Richtig ist, dass in der von den Klägern angesprochenen Tabelle 5-2 im Zwischenbericht der BAW zum Forschungs- und Entwicklungsprojekt AufMod vom 15. April 2011 (S. 82 unten) für das Modell UnTRIM Sedimorph beim Modellparameter "3D-Bodenaufbau" die Anmerkung "in Arbeit" eingetragen ist. Daraus folgt aber nicht, dass die Modellrechnungen hier ohne 3D-Bodenmodell durchgeführt wurden.

85 Wie die Kläger selbst einräumen, wird auf S. 38 des Gutachtens H.1c die Funktionsweise eines 3D-Bodenmodells beschrieben. Danach ist Sedimorph ein Modul zur Simulation von dreidimensionalen sedimentologischen Prozessen an der Gewässersohle. Es bilanziert Massenbewegungen infolge Geschiebe- und Suspensionstransport der einzelnen Kornfraktionen sowie des Porenwassers und berechnet aus den Sedimentströmen Sohlhöhenveränderungen. Zudem beschreibt Sedimorph den Aufbau und die Veränderung des Bodens, d.h. die Verwaltung des Sedimentinventars, die Genese von Dünen etc. und berechnet den fraktionierten Geschiebetransport. Nach den Erläuterungen der BAW in der mündlichen Verhandlung war Sedimorph - das nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten seit 2002 national und international eingesetzt wird - als Eigenentwicklung der BAW von Beginn an als morphologisches Modell konzipiert und ist hier auch entsprechend eingesetzt worden. Auch die im zeitlichen Zusammenhang mit der Einführung des Modells erfolgten Verlautbarungen im Mitteilungsblatt der BAW sind nicht geeignet, die Darstellung der Kläger zu stützen. Ausweislich dieser Verlautbarungen löst Sedimorph den Boden dreidimensional auf und repräsentiert seine Zusammensetzung durch die Fraktionierung in verschiedene Sedimentklassen (Weilbeer, BAW-Mitteilungsblatt Nr. 86 <2003>, S. 109 f.). Dazu verwaltet Sedimorph ein dreidimensionales Gitternetz, das aus einem horizontalen Gitter besteht, welches in der Vertikalen vervielfältigt wird, so dass einzelne Schichten aufgespannt werden (Malcherek, BAW-Mitteilungsblatt Nr. 86 <2003>, S. 113).

86 Anhaltspunkte dafür, dass das verwendete Bodenmodell im maßgeblichen Zeitpunkt nicht mehr dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprach, sind nicht ersichtlich. Sie folgen insbesondere nicht daraus, dass Sedimorph Gegenstand eines langfristigen Forschungs- und Entwicklungsprojekts zur Verbesserung seiner Validität und Prognosefähigkeit war bzw. ist. Im Mittelpunkt dieses Projekts steht die Entwicklung eines stratigraphischen Bodenmodells zur Abbildung der vertikalen Schichtung von Sedimenten im oberen Bereich des Bodenmodells (vgl. BAW, Forschungskompendium Verkehrswasserbau 2010, S. 197, und 2013, S. 258). Dadurch wird die vertikale Struktur des Bodens im Modell variabel und ergibt sich aus der Sedimentzusammensetzung des Bodens. Dass Sedimorph weiterentwickelt und verbessert wird, rechtfertigt aber nicht den Schluss, dass es in der hier verwendeten Form zum maßgeblichen Zeitpunkt obsolet war.

87 (3) Den Ergebnissen der 3D-Modellierung fehlt es entgegen der Auffassung der Kläger nicht deshalb an Aussagekraft, weil nur ein Zeitraum von ca. drei Wochen im Mai 2002, davon acht Tage Einschwingzeit und 14 Tage Analysezeitraum (H.1c, S. 46), simuliert worden ist.

88 Der Simulationszeitraum war angesichts der in das Modell eingestellten vorsorglichen Randbedingungen (energiereiche Tiden, niedriges Oberwasser, hoher Salzgehalt, um 11,1 Mio. m³ erhöhte Baggermenge, Nichtberücksichtigung des Flutraums der Nebenflüsse stromauf der Störmündung; vgl. BAW vom 4. April 2014, S. 4 f.) ausreichend lang, um Trends zu erkennen und die Ausbauwirkungen auf dieser Grundlage abzuschätzen. Eine Simulation mit UnTRIM Sedimorph 3D für einen Zeitraum von einem Jahr hätte nach den Angaben der BAW in der mündlichen Verhandlung zum Zeitpunkt der Modellrechnung im Jahr 2005 eine Rechenzeit von einem Jahr (1:1) und hohe Speicherkapazitäten erfordert; zudem wäre mit einem solch langen Rechenlauf ein gesteigertes Risiko für technische Störungen verbunden gewesen. Ob sich an der erforderlichen Rechendauer für Simulationen ohne Verwendung von so genannten Beschleunigungsfaktoren bis zum Erlass der Planfeststellungsbeschlüsse Grundlegendes geändert hatte, kann dahinstehen. Aus dem von den Klägern vorgelegten "Abstimmungsvermerk" vom 9. Februar 2009 ergibt sich zwar, dass die BAW morphologische Veränderungen nach eigenen Angaben auch für längere Zeiträume berechnet hat. Der Vermerk hält aber ausdrücklich fest, dass die BAW die für längere Zeiträume errechneten Modellergebnisse aufgrund der komplexen Randbedingungen als fachlich nicht hinreichend belastbar eingestuft und deshalb nicht in ihre Gutachten aufgenommen hat.

89 Das deckt sich mit der im vorliegenden Verfahren nachvollziehbar dargelegten fachlichen Einschätzung der BAW, dass eine 3D-Langfristmodellierung keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn erbracht hätte. Eine langfristige 3D-Modellierung hätte nur dann Vorteile, wenn auch die Wasserstände, Strömungen und Salzgehalte im Modell über den gesamten Zeitraum naturnah abgebildet würden. Die im Modell gesetzten Randbedingungen bleiben in der Natur aber nicht über einen so langen Zeitraum konstant. Wenn durch Naturmessungen hinlänglich bekannt und nachgewiesen ist, wie sich ein abstrakt bestimmter, kurzfristiger Effekt langfristig auswirkt, bieten Simulationen für einen kurzen Zeitraum nach der Einschätzung der BAW daher präzisere und unverfälschte Ergebnisse. Für die hier relevanten Wirkpfade in Ästuarsystemen ist bekannt, wie sich kurzfristige Effekte langfristig auswirken. So ist etwa die Langfristwirkung eines verstärkten Stromauftransports von Feinsedimenten aufgrund von Messdaten bekannt: Es kommt zu einer Verschiebung von Baggerschwerpunkten nach stromauf und die schleichende Sedimentation in strömungsberuhigten Bereichen nimmt tendenziell zu (BAW vom 4. April 2014, S. 10 unten). Die langfristigen Auswirkungen konnten daher auf der Grundlage einer möglichst präzisen kurzfristigen Simulation und der Daten aus der Gewässerkunde im Rahmen der erforderlichen fachgutachterlichen Interpretation der Ergebnisse belastbar abgeschätzt werden. Die Geometrie der Gewässerquerschnitte wird an der Tideelbe seit ca. zwei Dekaden mit hoher Genauigkeit und zunehmender räumlicher Auflösung vermessen. Aus diesen Daten kann der morphologische Nachlauf zuverlässig abgeschätzt werden, weil die Messdaten direkt in ihrer zeitlichen Entwicklung verglichen werden können (BAW vom 4. April 2014, S. 17 zu 3.1 ).

90 Die BAW hat den Unschärfen der Untersuchung zudem dadurch Rechnung getragen, dass sie bei der Analyse und Prognose langfristiger Trends nicht nur die Ergebnisse der Simulationen beurteilt, sondern auch eine phänomenologische Betrachtung und Beschreibung der Morphodynamik durchgeführt hat (H.1c, S. 41 und 77 ff.). Zur Abschätzung des morphologischen Nachlaufs wurden u.a. vergleichende Betrachtungen zu den Wassertiefen, Fahrrinnenböschungen und morphologischen Entwicklungen vor und nach bisher durchgeführten Wasserbaumaßnahmen angestellt (H.1c, S. 12). Diese Verfahrensweise begegnet keinen Bedenken. Angesichts der Vielzahl und Komplexität der Einflussparameter im Elbästuar greift eine auf mathematische Rechenergebnisse fokussierte Betrachtung zu kurz.

91 Das Vorbringen der Kläger, Methode der Wahl hätte eine 2D- oder quasi 3D-Langzeitmodellierung mit morphologischer Beschleunigung sein müssen, überzeugt nicht. Die morphologische Beschleunigung beruht auf dem Ansatz, bestimmte Einflüsse oder Randbedingungen innerhalb der Simulation mit einem jeweils vorgegebenen Faktor zu verstärken, um so bei gleichem Rechenaufwand die Auswirkungen einer Veränderung während eines längeren Simulationszeitraums zu ermitteln. Sie setzt nach den plausiblen Erläuterungen der Beklagten voraus, dass die jeweils um einen bestimmten Faktor verstärkten Randwerte in der Simulation auch in der Natur stabile Randwerte sind, so dass durch bloße Multiplikation der Auswirkungen dieser Randwerte eine längere simulierte Dauer der Modellrechnung erzielt wird. In hochdynamischen Ästuarsystemen bestehen aber kaum stabile, sondern im Gegenteil sehr variable Randwerte, die erheblichen Schwankungen unterliegen und deshalb nur in einer Simulation ohne morphologische Beschleunigung naturähnlich abgebildet werden können.

92 Aus dem Hinweis der Kläger auf erfolgreiche 2D-Modellierungen weltweit anerkannter Institute wie Deltares (früher Delft Hydraulics, Niederlande) oder DHI Environment (Dänemark) folgt nichts anderes. Die BAW stellt nicht in Abrede, dass es neben UnTRIM Sedimorph 3D auch andere anerkannte Rechenmodelle gibt. Dass sie sich hier für eine 3D-Modellierung entschieden hat, beruht aber- wie dargelegt - auf überzeugenden fachlichen Gründen, die den konkreten Verhältnissen im Elbästuar und insbesondere der Bedeutung des dortigen Sedimenttransports Rechnung tragen. Dies gilt umso mehr, als sie ergänzend eine Multi-Modell-Analyse mit 2D-Modellen für längere Simulationszeiträume von bis zu einem Jahr angestellt hat (näher dazu nachfolgend unter (4)).

93 (4) Die Kritik der Kläger am Simulationszeitraum sieht zudem daran vorbei, dass die Sohlhöhenentwicklung in verschiedenen Szenarien untersucht worden ist: Zusätzlich zu der Berechnung der zweiwöchigen Echtzeitentwicklung mit UnTRIM Sedimorph 3D (H.1c, S. 72 bis 75) wurde die Langzeitentwicklung der Sohlhöhen mit verschiedenen 2D-Modellen abgeschätzt (H.1c, S. 70 und Anlage 2). Im Rahmen dieser Multi-Modell-Analyse sind die Simulationsverfahren Delft3D im 2D-Modus mit einem Beschleunigungsfaktor von 20, UnTRIM Sedimorph 2D mit Beschleunigungsfaktoren von 5 und 7 sowie MARTIN ohne Beschleunigungsfaktor für einen Zeitraum von 60 Tagen eingesetzt worden. Für die Simulationen ist der Gewässerboden homogen mit mittleren Korndurchmessern von 0,2 mm (Feinsand), 0,4 mm (Mittelsand) und 0,6 mm (Grobsand mit größerem Erosionswiderstand) vorbelegt worden; Simulationen mit UnTRIM Sedimorph wurden zusätzlich mit der variablen Sedimentverteilung aus Naturdaten durchgeführt. Zudem wurden Simulationen unter Berücksichtigung von Seegang durchgeführt, um den Effekt der Aufwirbelung von Sedimenten außerhalb der tiefen Rinnen mit zu berücksichtigen (H.1c, S. 71). Nach der übergreifenden Bewertung der Modellergebnisse treten in der morphologischen Reaktion des Systems gleichartige Muster hervor (Anlage 2, S. 12). Laut Gutachten offenbart die Multi-Modell-Analyse, dass eine langfristige morphologische Prognose allein mit Simulationsmodellen derzeit und wohl auch mittelfristig nicht belastbar erstellt werden könne; die Untersuchungen stellten daher Systemstudien dar (H.1c, S. 75 ff., 77; Anlage 2, S. 13).

94 Die Rüge der Kläger, die Multi-Modell-Analyse sei unbrauchbar, weil die Ergebnisse mangels übereinstimmender Randbedingungen weder vergleichbar noch sonst ähnlich seien, greift nicht durch. Zwar trifft zu, dass die Simulationsmodelle nicht mit identischen Eingangsdaten betrieben wurden. Dieses Vorgehen hat die BAW aber fachlich begründet. Nach ihren Erläuterungen sollte durch den ergänzenden Einsatz verschiedener Modellverfahren im Hinblick darauf, dass allein mit mathematischen Simulationsmodellen keine zuverlässigen Prognosen zu langfristigen morphologischen Entwicklungen erstellt werden können (BAW vom 4. April 2014, S. 11 zu 1.8 oben), die Ergebnisspannbreite morphologischer Entwicklungen bestimmt werden. Zur Durchführung dieser Untersuchungen ist konzeptionell überlegt worden, ob für alle Modellläufe eine gleichartige Variation der unscharf erfassbaren Parameter und niemals vollständigen Randbedingungen wie Korngröße, Kornverteilung, Erosionsfestigkeit der Deckschichten, Seegang, Oberwasserführung etc. vorgenommen werden muss. Weil die Anzahl der aus diesem Ansatz resultierenden Modellanwendungen bereits bei sechs zu variierenden Parametern in Kombination mit drei Modellen zu groß ist, wurde mit einem reduzierten Ensemble unterschiedlich parametrisierter Modellanwendungen gearbeitet (BAW vom 4. April 2014, S. 11).

95 Dagegen ist angesichts der Zielrichtung, die Ergebnisspannbreite methodisch zu erweitern, nichts zu erinnern. Es erscheint plausibel, dass langfristige Tendenzen sich durch Simulationen mit jeweils leicht verschobenen, aber in allen Fällen naturnahen Randbedingungen wesentlich besser abschätzen lassen als bei wiederholten Simulationen mit stets denselben Randbedingungen, bei denen die Besonderheiten der einheitlichen Randbedingungen überbetont würden. Die Verwendung teils unterschiedlicher Parameter macht die Multi-Modell-Analyse damit weder wertlos noch schließt sie eine vergleichende Betrachtung der jeweiligen Modellergebnisse aus. In der Anlage 2 zum Gutachten H.1c ist jedes Modellergebnis für sich und in Kombination mit den anderen Modellergebnissen bewertet worden, wobei die BAW die ausbaubedingten Veränderungen der Langzeitentwicklung in den tiefen Rinnen - insbesondere im Medemgebiet -, in denen der bettbildende Geschiebetransport stattfindet, betrachtet hat (H.1c, S. 76). Die dabei von der BAW erkannten "gleichartigen Muster" (H.1c, Anlage 2, S. 12) beziehen sich zum einen auf die einzelnen Simulationsergebnisse mit Delft3D, die eine prinzipiell vergleichbare Verteilung der ausbaubedingten Änderungen in Abhängigkeit von den untersuchten Sedimenten (Fein-, Mittel- oder Grobsand) zeigen. Zum anderen ist laut BAW eine partiell vergleichbare Verteilung zwischen den mit den Ergebnissen aus Delft3D dargestellten Erosions- und Sedimentationsgebieten einerseits und den mit dem Modellverfahren MARTIN berechneten Ergebnissen zwischen den Osteriff-Stacks und dem Altenbrucher Bogen andererseits zu erkennen. Überdies zeigt auch das Modell UnTRIM Sedimorph nach 700 Tiden Änderungen, die der dargestellten Verteilung von Erosions- und Sedimentationsgebieten entsprechen, wobei die Erosionen überwiegen. Die Tiefenänderungen sind bei UnTRIM Sedimorph dem Betrag nach aber viel geringer als bei den Modellen Delft3D und MARTIN, was den natürlichen (beobachteten) Verhältnissen näher kommt (H.1c, S. 76 f.).

96 Die Aussagekraft der Multi-Modell-Analyse wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass in den bildhaften Darstellungen nicht angegeben ist, ob es sich um Umlagerungen im Millimeter-, Zentimeter-, Dezimeter- oder Meterbereich handelt. Die Tiefenänderungen sind auf den Abbildungen in Anlage 2 zu H.1c nicht in Maßeinheiten ausgedrückt, sondern lediglich mit "weniger bzw. mehr Erosion/Sedimentation" oder "flacher/tiefer" beschrieben. Dies lässt sich aber nach den schlüssigen Erläuterungen der BAW damit erklären und rechtfertigen, dass eine in Einheiten quantifizierte Prognose auf der Grundlage von Rechenmodellen wie oben angeführt nicht möglich ist und die BAW sich deshalb darauf beschränkt hat, die erkennbaren Trends zu beschreiben.

97 (5) Hinsichtlich des in die Modellierung eingestellten Sedimentinventars ergeben sich ebenfalls keine Bedenken. Laut Gutachten H.1c (S. 16) wurden die Simulationen mit sieben Sedimentfraktionen durchgeführt, die im Wesentlichen der Einteilung nach der Udden-Wentworth-Skala entsprechen. Der Geschiebetransport ist durch fünf Fraktionen beschrieben worden ("sehr feiner Sand" bis "grober Sand"), der Schwebstofftransport ist in zwei Fraktionen simuliert worden ("mittlerer Schluff" und "grober Schluff"). Die Udden-Wentworth-Skala ist internationaler Standard. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Klassifizierungen des Sedimentinventars im Gutachten H.1c nicht konsistent verwendet wurden, namentlich die Klassifizierungen nach Udden-Wentworth und der EN ISO 14688 (davor DIN 4022) nebeneinander verwendet wurden, obwohl die Korngrößeneinteilung teilweise nicht übereinstimmt, haben die Kläger nicht dargetan. Sie folgen insbesondere nicht daraus, dass im Gutachten und in den Bildunterschriften in Anlage 1 (Bilder 35 bis 69) deutsche Begriffe verwendet werden, die Sedimentanteile in den Bildern aber in englischer Sprache bezeichnet sind. Die englischen Begriffe sind im Gutachten H.1c und den Bildunterschriften lediglich ins Deutsche übersetzt worden.

98 Dass der Feinschluff nicht in die Simulation eingestellt wurde, ist nicht zu beanstanden. Bei der Simulation von Suspensionstransport ist vor allem die Sinkgeschwindigkeit von Bedeutung. Die im Modell verwendeten in Suspension transportierten Fraktionen Grobschluff und Mittelschluff repräsentieren durch ihre unterschiedlichen Sinkgeschwindigkeiten einen Teil des in der Natur auftretenden Spektrums an Sinkgeschwindigkeiten. Zusätzlich wurden Simulationen durchgeführt, bei denen das von der BAW eingesetzte Verfahren das Bilden und Zerfallen von Flocken (die eine größere Sinkgeschwindigkeit aufweisen können als die in den Flocken gebundenen einzelnen Partikel) über eine konzentrationsabhängige Parametrisierung der Sinkgeschwindigkeiten einer Fraktion abbildet (H.1c, S. 77 f.).

99 Die Aussagekraft des Gutachtens H.1c wird ferner nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Feinsand bei der Simulation des Suspensionstransports nicht berücksichtigt wurde. Feinsand geht zwar ab einer gewissen Strömungsgeschwindigkeit in Suspension über. In den einzelnen Abschnitten der Bundesstrecke ist laut Bodenartenübersicht (Erläuterungsbericht B.2, S. 31) auch Fein-sand anzutreffen. Nach den Erläuterungen der BAW in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014 sind bei den durchgeführten Ganztidenmessungen über den gesamten Querschnitt der Elbe aber keine oder nur sehr geringe Mengen Feinsand gemessen worden. Beim Suspensionstransport durfte der Feinsand daher ausgeblendet werden.

100 (6) Der Seegang ist bei der Prognose der morphodynamischen Entwicklung ausreichend berücksichtigt worden. Es wurden Modellierungen mit dem Modell UnTRIM und dem spektralen Seegangsmodell UnK durchgeführt (siehe H.1c, S. 7, 37 f., zu den Einzelheiten vgl. Anlage 3). Die Ergebnisse der Seegangsmodellierung sind im Gutachten H.1c in Kapitel 11.4 (S. 81 f.) und bei der Bewertung der ausbaubedingten morphologischen Änderungen berücksichtigt worden (S. 90). Im Rahmen der Multi-Modell-Analyse ist im Modell MARTIN mit Seegang gerechnet worden (H.1c, Anlage 2, S. 9).

101 Laut Anlage 3 (S. 12) zum Gutachten H.1c liegen die maximalen ausbaubedingten Änderungen der Wellenhöhe dem Betrag nach bis über 0,10 m. Dasselbe gilt für die Peakperioden, bei denen Änderungen dem Betrag nach bis über 0,10 s erwartet werden. Nach den Ausführungen der BAW ist die Morphodynamik von den ausbaubedingten Veränderungen des Seegangs - abgesehen von lokalen Effekten - nicht in relevantem Ausmaß betroffen (vgl. H.1c, S. 90; BAW vom 4. April 2014, S. 11 unten zu 1.9).

102 Entgegen der Auffassung der Kläger sind auch die Auswirkungen auf die Watt-flächen betrachtet worden (siehe auch H.1c, S. 6). Laut Gutachten H.1c (S. 79) zu 11.4.2 "Priele, Sande und Wattgebiete nördlich Medemsand" wird es an der Schleswig-Holsteinischen Westküste zu einer tendenziellen Zunahme der Sedi-mentation kommen. Die ausbaubedingten Änderungen werden aber so gering sein, dass man sie mit Methoden der Beweissicherung nicht erfassen kann. Die Auswirkungen auf erosionsgefährdete küstennahe Watten in den Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer, Hamburgisches Wattenmeer und Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer werden auf S. 101 im Gutachten H.1c unter Nr. 12.6 behandelt.

103 Soweit das Vorbringen der Kläger darauf zielt, signifikante Auswirkungen auf die Wattflächen hätten nur wegen des zu kurzen Simulationszeitraums nicht festgestellt werden können, ist auch dieser Einwand unbegründet. Die - selbst bei Berücksichtung der geplanten Ablagerung von 12,5 Mio. m³ Ausbaubaggergut am Neuen Luechtergrund - zu erwartenden sehr geringen Einträge in das Schleswig-Holsteinische Wattenmeer sind angesichts des schon jetzt vorhandenen Transportgeschehens in diesem Bereich in der Natur nicht verifizierbar und signifikant (PÄ III, Teil 10, S. 43).

104 (7) Die Rüge, der zukünftige Unterhaltungsaufwand sei erheblich unterschätzt worden, greift nicht durch.

105 Das BAW-Gutachten H.1c (Zusammenfassung, S. II bis IV und 90 ff.) verhält sich u.a. dazu, ob sich die charakteristischen Richtungen des Netto-Transports verändern und es dadurch zu neuen Unterhaltungsschwerpunkten kommt. Nach Einschätzung der BAW werden sich die charakteristischen Richtungen nicht verändern, wohl aber die Transportmengen. Oberhalb der Rhinplate (Höhe Glückstadt) bis in den Lühebogen werden die mit dem Flutstrom dominierenden Transporte suspendierter Sedimente um ca. 10 % verstärkt. Auch die Geschiebefrachten nehmen zu, sie sind jedoch im Vergleich zu den suspendierten Frachten von untergeordneter Bedeutung. Der in Flutstromrichtung orientierte Netto-Transport suspendierter Sedimente erlangt Bedeutung erst mit Oberwasserzuflüssen, die kleiner sind als 750 m³/s. Eine Verstärkung um 10 % ist daher bei großen Oberwasserzuflüssen nicht gegeben. Die bisher zwischen Schulau und dem Köhlbrandbogen mit dem Flutstrom dominierenden Transporte werden abgeschwächt.

106 Die Unterhaltungsbaggermengen werden nach der Prognose der BAW in der Seeschifffahrtsstraße insgesamt zunehmen; in der Begegnungsstrecke oberhalb der Lühekurve um mehr als 50 % (bezogen auf die Baggerabschnitte Wedel und Wedeler Au); die tatsächlichen Mengen werden aber auch vom zukünftigen Sedimentmanagement oberhalb der Rhinplate abhängen. Im Köhlbrandbogen und in der Norderelbe werden die Baggermengen nicht signifikant zunehmen, wenn die Kreislaufmenge von der Beigeladenen vermindert werden kann. In der Begegnungsstrecke wird mit einer ausbaubedingten Zunahme der Unterhaltungsbaggermengen von mehr als 10 % der Bezugsbaggermenge gerechnet; für die Fahrrinne im Bereich der Rhinplate bei Glückstadt sowie im Altenbrucher Bogen wird eine Zunahme von 3 % bzw. mehr als 3 % der Bezugsbaggermenge erwartet. Die Zunahme durch abschnittsweise erhöhte Seiteneintreibungen wird entlang der gesamten Fahrrinne ebenfalls auf 3 % der Bezugsbaggermenge geschätzt (zu den Einzelheiten H.1c, S. 90 ff.).

107 Gegen die lediglich prozentuale Abschätzung der Entwicklung der Unterhaltungsbaggermengen ist nichts zu erinnern. Die BAW hat nachvollziehbar dargetan, warum eine exakte Berechnung der zukünftigen Baggermengen nicht möglich ist. Das ergibt sich einerseits aus den Modellunschärfen und andererseits aus der Unkenntnis über die zukünftigen hydrologischen Verhältnisse in den Jahren und Jahrzehnten nach dem Ausbau (H.1c, S. IV und 93). Das Wetter, das die Niederschlagsmenge im Einzugsgebiet der Elbe und damit den Oberwasserzufluss bestimmt, kann nicht vorhergesagt werden.

108 Die Tragfähigkeit der BAW-Prognose zur Entwicklung der Baggermengen und -schwerpunkte wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass es in den Jahren 2000 bis 2005 nach dem letzten Fahrrinnenausbau zu einer deutlichen Zunahme der Baggermengen, insbesondere im Bereich der Delegationsstrecke, und einer Verschiebung der Baggerschwerpunkte gekommen ist. Dieser Sachverhalt ist unstreitig und wird im Gutachten H.1c (S. 90 f.) behandelt. Die dem zugrunde liegenden Wirkzusammenhänge (extremes August-Hochwasser 2002, geringe Oberwasserzuflüsse im 2. Halbjahr 2003 und in 2004, "Kreislaufbaggerei" sowie Maßnahmen im Hamburger Hafen) sind inzwischen so weit erforscht, dass ein strukturiertes Sedimentmanagement für die Tideelbe entwickelt werden konnte (vgl. BAW vom 4. April 2014, S. 13 und 15 f.). Das BAW-Gutachten weist nachdrücklich darauf hin, dass die Zunahme der Baggermengen reduziert werden könnte, wenn das Baggergut nach dem Ausbau nicht mehr in den flutstromdominanten Abschnitten des Systems umgelagert wird (H.1c, S. IV und 93).

109 (cc) Mit ihrem Hinweis auf "Fehlprognosen" der BAW in der Vergangenheit dringen die Kläger auch hier nicht durch. Verschiedene Ausbauvorhaben mit unterschiedlichen Gesetzmäßigkeiten können nicht ohne Weiteres miteinander verglichen werden. Das gilt insbesondere für die Vertiefung der Unterems und den Bau des Emssperrwerks. Abgesehen davon sind die Ausbauwirkungen auf die morphodynamischen Prozesse vor der Vertiefung der Unter- und Außenelbe auf SKN 13,5 m (1974 bis 1978) bzw. SKN 14,5 m (1999/2000) noch nicht auf der Grundlage eines morphodynamischen Rechenmodells prognostiziert worden (BAW vom 4. April 2014, S. 8). Das hier eingesetzte Modell UnTRIM Sedimorph wird nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erst seit 2002 verwendet. Aus etwaigen Mängeln der BAW-Prognose von 1996 für die Fahrrinnenanpassung 1999/2000 kann daher nicht auf die Unzulänglichkeit des Modells UnTRIM Sedimorph geschlossen werden.

110 Ungeachtet dessen ergeben sich aus der Beweissicherung zum letzten Fahrrinnenausbau keine Anhaltspunkte dafür, dass die Prognosemethoden der BAW seinerzeit unzulänglich waren; insoweit kann auf den Abschlussbericht zur Beweissicherung von 2011 (Kapitel III. 5, S. 49 ff.) verwiesen werden. Für die teils erhebliche Zunahme der Baggermengen in der Delegationsstrecke ("tidal pumping") gab es - wie oben bereits ausgeführt - offenbar mehrere Ursachen, die sich in ihrer Wirkung überlagert haben: besondere hydrologische Randbedingungen (Oberwasserzeitreihe 2002 bis 2005), sedimentdynamische Anpassungsprozesse nach Herstellung der neuen Fahrrinnengeometrie sowie Maßnahmen im Hamburger Hafen und im Mühlenberger Loch (BAW vom 4. April 2014, S. 13 f.). Als eine wesentliche Ursache gilt zudem die so genannte "Kreislaufbaggerei".

111 c) Die BAW-Prognose zur Umlagerung von Ausbaubaggergut im Neuen Luechtergrund ist nicht zu beanstanden.

112 aa) Die Umlagerung ist Gegenstand des BAW-Gutachtens H.1f vom 16. Oktober 2006 sowie eines anlässlich der Planänderung III erstellten Gutachtens vom 10. März 2010 (PÄ III, Teil 10, S. 28 ff.). Beide Gutachten umfassen entgegen dem klägerischen Vorbringen auch die Bereiche Neuwerker und Cuxhavener Watt (H.1f, Bild 3, S. 5 und PÄ III, Teil 10, Abbildungen 26 und 27, S. 32).

113 Für die Umlagerungsstelle Neuer Luechtergrund war ursprünglich eine Verklappungsmenge von 2,5 Mio. m³ und eine Umlagerungszeit von drei Monaten vorgesehen (H.1f, S. 4). Als Untersuchungszeitraum für das eingesetzte 3D-HN-Modell wurde der 3. bis 11. Mai 2002 gewählt (H.1f, S. 5 f.). Im Modell wurden in dieser Zeit 1,5 Stunden vor und nach dem höchsten Wasserstand jeweils 16 000 m³ (insgesamt 240 000 m³) abgelagert (H.1f, S. 9 und 21). Mit der Planänderung III wurde die Umlagerungsmenge am Neuen Luechtergrund auf 12,5 Mio. m³ mit einer Umlagerungsdauer von 15 Monaten erhöht. Die vom Vorhabenträger vorgesehene mittlere Umlagerungsmenge von 16 000 m³/Tide wurde für die Simulation im Sinne eines worst-case-Ansatzes verdoppelt, weil nur eine Zeitspanne von 28 Tiden simuliert wurde (PÄ III, Teil 10, S. 28). Die Umlagerung wurde von drei Gutachtern der BAW mit verschiedenen Modellen untersucht (UnTRIM3D 2004 gemäß Bezugsgutachten H.1f, Delft3D in 2D und UnTRIM3D 2007; PÄ III, Teil 10, S. 28). Der für die Simulation kreierte Ausbauzustand berücksichtigt zu Beginn der Umlagerungssimulation ein abgelagertes Sedimentvolumen von 11,6 Mio. m³ entsprechend einer vorweggenommenen Umlagerung in 14,5 Monaten. Die restlichen 0,9 Mio. m³ werden in einer Zeitspanne von 28 Tiden im Modell umgelagert (PÄ III, Teil 10, S. 29).

114 Entgegen der Auffassung der Kläger begegnet es keinen methodischen Bedenken, dass die BAW in der Simulation zur Planänderung III nur 0,9 Mio. m³ Sediment im Modell umgelagert hat. Ihr Einwand, die Ergebnisse seien nicht aussagekräftig, weil dadurch alle Erosions- und Verdriftungsvorgänge während der Umlagerungszeit von 14,5 Monaten nicht erfasst worden seien, greift nicht durch. Die Beklagten haben nachvollziehbar dargelegt, warum es sachgerecht und ausreichend war, das Transportverhalten der umgelagerten Sedimentfraktionen nach der letzten Umlagerung noch während eines weiteren "Spring-Nipp-Zyklus" und somit über einen Zeitraum von 28 Tagen zu analysieren.

115 Nach den Erläuterungen der BAW in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014 beruht die Untersuchung nicht auf einem auf die gesamte Umlagerungszeit bezogenen, sondern einem periodischen Konzept. Danach finden die Umlagerungen immer am selben Ort und zur selben Zeit - 1,5 Stunden vor und nach Tidehochwasser - statt. Nach den Modellergebnissen ist jede Umlagerung in diesem Zeitfenster ein singuläres Ereignis, das lokal zu einer örtlich und zeitlich begrenzten, mehr oder minder starken Erhöhung der Trübung führen kann, aber nicht über den jeweiligen Tidezyklus hinaus wirkt. Mit Abschluss des Tidezyklus sind die Auswirkungen der einzelnen Verklappungsvorgänge beendet, sie kumulieren nicht. Vier Stunden nach der Verklappung ist die Sedimentkonzentration so gering, dass sie nicht von der Hintergrundkonzentration zu unterscheiden ist.

116 Dieses Vorbringen ist plausibel. Schon im Gutachten H.1f ist ausgeführt, dass die in Bild 21 und 22 dargestellten maximalen Schwebstoffgehalte von über 500 mg/l nur kurzzeitig während des Verklappens auftreten, die Werte aber innerhalb der nächsten zwei Stunden wieder auf unter 1 mg/l absinken (S. 21). Die feinen Fraktionen breiten sich aufgrund der geringeren Sinkgeschwindigkeiten weiter aus als die groben Fraktionen. Grobschluff erreicht seewärts den Großen Vogelsand, in Richtung Elbmündung gelangt er bis Steubenhöft. Mittel- und Feinschluff gelangen über den Großen Vogelsand hinaus bis Bake A, stromauf erreichen sie Otterndorf. Die Sandfraktionen verbleiben am Boden im Umkreis von 2 km um die Umlagerungsstelle. Die Auswertung der Deposition ergab eine abgelagerte Schicht von maximal 60 cm im Bereich der Umlagerungsstelle (H.1f, S. 26 und 30). Dabei wurde die Porosität des sedimentierten Materials im Modell vernachlässigt, in der Realität entsteht vermutlich eine höhere Ablagerung (H.1f, S. 26). Nur geringe Mengen werden mit der Strömung bis maximal 3 km von der Umlagerungsstelle entfernt transportiert (vgl. H.1f, S. ii, 21 und 29 f.).

117 Die Untersuchung zur Planänderung III hat die Aussagen zu den vorherrschenden Transportrichtungen bestätigt (PÄ III, Teil 10, S. 44). Aus dem Hinweis der Kläger auf S. 33 des BAW-Gutachtens zur PÄ III, wonach die Form des Spülkörpers in den ersten Wochen nach Einbringung bei mittleren Tide- und Wetterverhältnissen nahezu stabil ist und nur eine sehr fein aufgelöste Tiefenänderungsskala (bis 0,1 mm) die allmählich beginnende Verformung des Spülkörpers zeigt, folgt nichts anderes. Die BAW hat geprüft, wie sich der dargestellte Spülkörper nach dem Einbringen mittel- bis langfristig verformt und wohin durch Strömungsangriff ausgetragene Massen transportiert werden. Danach zeigt die mit Delft3D für ein ganzes Jahr ermittelte Tiefenerosion, dass die ausgetragenen Massen nahezu vollständig nach West-Nordwest verlagert werden und sich nur teilweise am Großen Vogelsand und im nördlichen Böschungsbereich des Luechterlochs ablagern (PÄ III, Teil 10, S. 33). Obwohl die schluffigen Feinsedimente im Baggergut nur zu einem sehr geringen Massenanteil enthalten sind (näher dazu nachfolgend unter bb)), wurden deren Ausbreitungsgebiete im Rahmen der Verdriftungsuntersuchungen aufgrund von Einwendungen besonders betrachtet; wegen der Ergebnisse kann auf PÄ III, Teil 10, S. 33 f. verwiesen werden. Sind die grundsätzlichen Transportrichtungen und das Absetzverhalten der Sedimente danach schon aufgrund einer Simulation für 28 Tiden erkennbar, bedurfte es keiner Simulation wiederkehrender Vorgänge über einen längeren Zeitraum, weil hiermit kein zusätzlicher Erkenntnisgewinn verbunden wäre.

118 Die vom Gutachter der Kläger (Prof. Zanke) in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014 vorgelegten Grafiken zu den mit dem morphodynamischen Modell TIMOR3 vorgenommenen Untersuchungen, nach denen der Zuwachs an eingetriebenem Klappgut am Kontrollpunkt deutlich höher ist, wenn die gesamten 12,5 Mio. m³ Baggergut in den Wasserkörper verklappt werden, sind nicht geeignet, die BAW-Prognose zu erschüttern. In den Grafiken sind weder die Verdriftungsmengen quantifiziert worden noch sind die Ausbreitungswege der einzelnen Fraktionen erkennbar.

119 bb) Das in die Simulation eingestellte Sedimentinventar ist nicht zu beanstanden. Die BAW ist sowohl im Gutachten H.1f (S. 8, Tabelle 4) als auch in der Untersuchung anlässlich der Planänderung III (Teil 10, S. 29 und 35) davon ausgegangen, dass das Klappgut zu 98 % aus Sand und zu 0,31 % aus Ton und Schluff besteht. Entgegen der Auffassung der Kläger findet sich im BAW-Gutachten zur Planänderung III auf S. 29 insoweit kein Widerspruch zwischen den Zahlenangaben und der Sedimentverteilungskurve. Die Sedimentverteilungskurve mag zwar einen größeren Prozentsatz an Schluff zeigen. Sie ist aber offensichtlich nicht feinmaßstäblich gezeichnet, was schon die grobe Einteilung auf der Y-Achse unschwer erkennen lässt.

120 Die in Tabelle 4 des Gutachtens H.1f näher dargestellte Kornzusammensetzung für das numerische Modell beruht auf Mittelwerten aus Bodenproben, die in der Fahrrinne zwischen Elbe-km 732 und km 740 genommen wurden (S. 7). Ob diese Baggergutzusammensetzung für die gesamte Strecke repräsentativ ist - was die Kläger unter Hinweis auf die Zusammensetzung des Baggergutes in der Hamburger Delegationsstrecke gemäß Tabelle 3.3.1-1 in Planunterlage B.2, S. 29 bestreiten - kann dahinstehen. Im BAW-Gutachten zur PÄ III wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei den Umlagerungen am Neuen Luechtergrund darauf zu achten ist, dass die beim Ausbau gebaggerten Weichsedimentschichten nicht dorthin verbracht werden. Die Antragsunterlage gehe davon aus, dass hierhin nur Feinsande und gröberes Material umgelagert werden (PÄ III, Teil 10, S. 28). Die Ablagerung von Baggergut, dessen Zusammensetzung von der in die Simulation eingestellten Zusammensetzung in relevanter Weise abweicht, wäre daher ohne entsprechende Planänderung unzulässig.

121 cc) Die BAW-Simulation zur Umlagerung im Neuen Luechtergrund in PÄ III, Teil 10 begegnet schließlich nicht deshalb Bedenken, weil die BAW dabei von einem Oberwasserzufluss von 180 m³/s ausgegangen ist. Zwar trifft zu, dass für die ursprünglich vorgesehene Umlagerung von 2,5 Mio. m³ Baggergut am Neuen Luechtergrund im Gutachten H.1 f die realen Abflussverhältnisse (im Mittel 850 m³/s) zugrunde gelegt wurden und Schwebstoffe bei niedrigem Oberwasser grundsätzlich weiter stromauf transportiert werden. Die unterschiedlichen Abflüsse in den beiden Simulationen hatten nach den Erläuterungen der BAW in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014 aber keinen signifikanten Einfluss auf die vorherrschenden Transportrichtungen in der Elbmündung. Zudem ist der Einfluss des Oberwassers in diesem Bereich schon deshalb geringer, weil das Tidevolumen im Verhältnis zum Oberwasser durch die Aufweitung der Mündung wesentlich größer wird.

122 d) Das BAW-Gutachten H.1d zu den schiffserzeugten Belastungen leidet nicht an Mängeln, die seine Belastbarkeit in Frage stellen.

123 Ausweislich der Erläuterungen im Gutachten sind abgesicherte quantitative Prognosen der ausbaubedingten Änderungen von schiffserzeugten Belastungen im extremen Flachwasser von inhomogenen Wasserstraßen nur mit der Methode des hydraulischen Modellversuchs in einem fachlich hinreichenden Modellmaßstab gewährleistet (H.1d, S. 21). Für das hydraulische Modell wurde der Unterelbeabschnitt von km 641,6 bis km 643,2 ausgewählt. Als Bezugseinheiten für die Prognose der ausbaubedingten Änderungen sind die im Jahr 2006 größten, mit hoher Geschwindigkeit verkehrenden Containerschiffe der PPM43-Klasse (Breite b = 42,8 m) dem zukünftigen Bemessungsschiff PPM46 (Containerschiff mit b = 46 m) gegenübergestellt und die geschwindigkeitsabhängigen Belastungsgrößen verglichen worden. Zudem sind die durch das Bemessungsschiff der letzten Fahrrinnenanpassung (PM32 b = 32,3 m) erzeugten Belastungsgrößen denen des PPM46 gegenübergestellt worden; in der Begegnungsstrecke Blankenese/Wedel ist auch das Massengutschiff MG58 mit b = 58 m als Aufkommer in die Bewertung einbezogen worden (H.1d, Zusammenfassung am Anfang).

124 Laut Gutachten haben die Messungen im Referenzgebiet ergeben, dass neben dem Passierabstand zum Ufer im Wesentlichen die Schiffsgeschwindigkeit das Maß der schiffserzeugten Belastungen bestimmt; die Belastungen können daher durch diesen Parameter deutlich beeinflusst werden, soweit die nautischen Erfordernisse dies zulassen. Diese Erkenntnis ist aufgrund der physikalischen Gesetzmäßigkeiten allgemein gültig und kann auf das gesamte Revier übertragen werden (H.1d, S. 79). Durch die Vertiefungsmaßnahmen ist örtlich annähernd eine Kompensation der zukünftigen Schiffsgrößen möglich. Dagegen bewirkt die Zunahme der Schiffsgrößen in den Abschnitten, in denen die Wassertiefen heute schon ausreichen, höhere schiffserzeugte Wasserspiegelauslenkungen und Rückstromgeschwindigkeiten. Bei hohen Schiffsgeschwindigkeiten nehmen der Energieeintrag und damit gleichermaßen die Belastung der Wasserstraße durch Wellen und Strömung sowie deren ausbaubedingte Änderungen überproportional zu (H.1d, Zusammenfassung). Das Gutachten benennt für verschiedene Abschnitte die Fahrgeschwindigkeiten durchs Wasser, die aus wasserbaulicher Sicht als unkritisch oder unerheblich bzw. auf der sicheren Seite liegend angesehen werden (H.1d, Zusammenfassung).

125 Die Aussagekraft des Gutachtens unterliegt entgegen der Auffassung der Kläger nicht deshalb Zweifeln, weil das Gutachten sich an dem den Planungen zugrunde gelegten Bemessungsschiff und nicht an den größeren Containerschiffen der "Emma-Maersk-Klasse" orientiert. Das Ausbauvorhaben dient nicht dazu, Schiffen dieser Größenklasse eine tideunabhängige Revierfahrt mit maximalen Tiefgängen zu ermöglichen (PFB, S. 159 ff.). Abgesehen davon sind die Änderungen der schiffserzeugten Belastungen im hydraulischen Modell für Extremsituationen untersucht worden, um eventuelle Veränderungen deutlich als "auf der sicheren Seite liegend" herauszustellen. Als "Extremsituationen" sind Passagen mit maximalem Tiefgang, geringem Fahrabstand zur Fahrrinnenkante (nur erforderlicher Seitenabstand), höchstmögliche Geschwindigkeiten, große Schiffseinheiten sowie geringe Wassertiefen bzw. geringe Kielfreiheit definiert worden (H.1d, S. 51). Zudem ist im hydraulischen Modell die Sollsohle ohne Ansatz von Baggertoleranz und Vorratsbaggerungen eingebaut worden. Auf diese Weise liegen die prognostizierten ausbaubedingten Änderungen der schiffserzeugten Belastungen immer "auf der sicheren Seite", weil die vorgegebene Sollsohle für das Verhältnis Schiff - Wasserstraße als ungünstigster Querschnitt anzunehmen ist (H.1d, S. 51).

126 e) Die Kritik der Kläger am BAW-Gutachten H.1b zu den ausbaubedingten Änderungen der Sturmflutkenngrößen ist nicht begründet.

127 Im Gutachten H.1b sind die Sturmflutverhältnisse unter Berücksichtigung der Unterwasserablagerungsflächen (UWA) (S. 11) auf der Basis einer hochauflösenden 2D-HN-Modellierung mit dem Programm UnTRIM für den planerischen Ist-Zustand und den Ausbauzustand für sechs Sturmflutszenarien (siehe S. 35) untersucht worden (Sturmflut vom 3. Januar 1976 - SF76 -, Sturmflut vom 28. Januar 1994 - SF94 -, Sturmflut vom 3./4. Dezember 1999 - SF99 - sowie die Bemessungssturmflut - SFB - mit drei verschiedenen Oberwasserabflüssen; S. 34). Die Bemessungssturmflut ist an den Verlauf der Sturmflut vom 3. Januar 1976 angelehnt, der Wasserstandsverlauf Cuxhaven ist vergleichbar zum 3. Januar 1976, jedoch mit um 0,5 m erhöhtem Windstau eingestellt, der Oberwasserzufluss beträgt 2 200 m³/s (von 1926 bis 2002 im Mittel an drei Tagen/Jahr überschritten; siehe Tabelle 2, S. 33), die Windentwicklung über der Elbe ist vergleichbar zum 3. Januar 1976, jedoch mit um 10 % erhöhter Windgeschwindigkeit eingestellt. Zusätzlich sind für die Bemessungssturmflut die sehr hohen Abflüsse 3 000 m³/s und 4 000 m³/s untersucht worden. Abflüsse dieser Größenordnung sind bisher bei Sturmfluten in der Elbe nicht beobachtet worden. Die Nebenflüsse der Elbe sind nicht berücksichtigt worden, weil die Sturmflutsperrwerke an den Nebenflüssen für die Untersuchung als geschlossen vorausgesetzt wurden; das Wehr Geesthacht ist bei Sturmflut gelegt (H.1b, S. 5 und 14). Nach den Untersuchungen werden sich ausbaubedingt die Sturmflutscheitelwasserstände um weniger als +2 cm/-3 cm und die Eintrittszeit des Sturmflutscheitelwasserstandes sowie die Dauer hoher Wasserstände um weniger als +/- fünf Minuten verändern. Das Gutachten gelangt zu dem Ergebnis, dass das Hochwasserschutzniveau ausbaubedingt nicht verändert wird; die geplante Fahrrinnenanpassung sei hochwasserneutral (H.1b, S. 63; zu den Einzelergebnissen siehe S. 65).

128 Entgegen der Auffassung der Kläger geht das Gutachten zu Recht von einer dauerhaft tidedämpfenden Wirkung der UWA im Elbmündungsbereich aus (siehe oben unter III.1.a) bb) (2)). Zudem ist die Wirkung der Ausbaumaßnahmen vorsorglich für eine extrem hohe Sturmflut mit extrem hohem Oberwasserzufluss untersucht worden (H.1b, S. 32).

129 f) Die Rüge, die BAW habe die Gefahr eines irreversiblen "Umkippens" des Tideelbeökosystems verkannt, greift ebenfalls nicht durch.

130 Entgegen der Auffassung der Kläger lässt sich eine solche Gefahr aus der Studie von Prof. Winterwerp ("On the response of tidal rivers to deepening and narrowing - Risks for a regime shift towards hyper-turbid conditions" von 2013) nicht herleiten. Laut Winterwerp (Kapitel "Zusammenfassung und Schlussfolgerungen", S. 5) vermindert die Vertiefung von Tideflüssen ihre Spülwirkung. Mit ansteigender Schwebstoffkonzentration schwäche sich die effektive Räumkraft ab, wodurch die Tide weiter verstärkt werde. Das bewirke einen Anstieg der Flutstromdominanz, was die Schwebstoffkonzentration weiter steigen und die effektive Räumkraft weiter sinken lasse (Feedback-Schleife, Schneeballeffekt). Die Analyse lasse den Schluss zu, dass ein kritischer Punkt existiere, bei dessen Überschreiten der Fluss mehr oder weniger autonom in einen Zustand extremer Trübung wechsle. Ein solcher Punkt könne in einem tidebeeinflussten Fluss durch umfassende technische Maßnahmen (Vertiefung, Verengung, etc.) überschritten werden (Kapitel 6, S. 9 f.).

131 Diese Analyse hat nach Einschätzung der BAW im Wesentlichen hypothetischen Charakter. Abgesehen davon, dass die Betrachtungen von Winterwerp auf einer mathematischen Formel basierten, die die Geometrie des Gewässersystems sehr stark vereinfache, räume Winterwerp selbst ein, dass der kritische Punkt weder quantifiziert noch Indikatoren definiert werden konnten, mit denen ein Überschreiten dieses Punktes festgestellt werden könnte (S. 10). In der Zusammenfassung zu seiner Studie "Man-included regime shifts in small estuaries - II: a comparison of rivers" von November 2013 betone Winterwerp, dass ein vollständiges Verständnis der Tideentwicklung in den untersuchten Flüssen "hind-cast" (d.h., die bekannten historischen Zustände nachbildende) Simulationen dieser Entwicklungen mit fortgeschrittenen numerischen Modellen erfordere, die die Hydrodynamik, die Morphodynamik und den Transport feiner Sedimente integrierten. Bis dahin blieben die präsentierten Analysen hypothetisch (BAW vom 4. April 2014, S. 14).

132 Für die Frage, ob ausbaubedingt ein Umkippen des Elbeökosystems droht, sind die Winterwerp-Studien daher nach den plausiblen Erläuterungen der BAW ohne Aussagekraft. Dasselbe gilt für die von den Klägern im Verfahren BVerwG 7 A 15.12 eingereichten Anlagen K 22 (Vortrag Dr. Heyer) und K 23 (HPA), in denen die Gefahr des Umkippens eines Systems infolge langandauernder Tideasymmetrie sowie unerwünschter hydromorphologischer Entwicklungen der Tideelbe abstrakt angesprochen werden, die sich aber zum Umkippen des Tideelbeökosystems als Folge der geplanten Ausbaumaßnahme nicht verhalten.

133 Im Übrigen hat die BAW die Tideflüsse Elbe, Weser und Ems seit mehr als einer Dekade mit hoch auflösenden dreidimensionalen Simulationsmodellen untersucht und das charakteristische Systemverhalten dieser Flüsse im Detail verglichen. Nach den ihr vorliegenden Erkenntnissen und Untersuchungen kann ein Umkippen des Elbeökosystems als Folge des geplanten Ausbaus ausgeschlossen werden (BAW vom 4. April 2014, S. 15). Die von den Klägern vorgelegte tabellarische Darstellung von Dipl.-Ing. Konermann zu den gestuften Effekten von Fahrrinnenvertiefungen auf das Schwebstofftransportgeschehen in Ästuaren ist nicht geeignet, diese fachliche Einschätzung zu erschüttern. Selbst wenn der darin angenommene Ursachenzusammenhang zwischen der fortschreitenden Degradierung des Emsästuars und den Fahrrinnenvertiefungen tatsächlich bestehen sollte, kann daraus nicht ohne Weiteres auf die zukünftige Entwicklung des Elbästuars geschlossen werden. Die Entwicklung des Emsästuars hatte spezifische Ursachen und kann deshalb nicht ohne detaillierte Analyse der jeweiligen örtlichen Bedingungen auf andere Ästuare übertragen werden. Dies belegt etwa das Beispiel der von umfangreichen Ausbaumaßnahmen betroffenen Weser. Obwohl der Tidenhub in Bremen infolge der Strombauwerke ungefähr auf das Zehnfache des ursprünglichen Werts gestiegen ist, zeigt die noch immer ebbestromdominierte Weser nur wenig Trübung und nur ein geringes Ungleichgewicht im Sedimenthaushalt (vgl. Schriftsatz der Beklagten zu 2 vom 11. April 2014, S. 32 f.).

134 g) Schließlich bleibt auch die Rüge der Kläger, die BAW-Gutachten seien anlässlich der Planänderungen und -ergänzungen nicht oder nur unzureichend aktualisiert worden, erfolglos.

135 Für die Planänderung I (Modifikation der UWA östlich sowie Errichtung einer neuen UWA westlich vom Glameyer Stack, Wegfall aller Ufervorspülungen mit Ausnahme der Vorspülung Lühe-Wisch, Wegfall der Spülfelder Pagensand I und II, Vergrößerung des Spülfeldes Pagensand III sowie Erhöhung der Umlagerungsmenge am Neuen Luechtergrund von 2,5 Mio. m³ auf 7,5 Mio. m³; PÄ I, Teil 1, S. 10 ff.) hat die BAW eine neue Modelluntersuchung mit veränderten worst-case-Randwerten (Oberwasserzufluss konstant bei 180 m³/s, seeseitiger Salzgehalt konstant bei 32 PSU) durchgeführt. Das Gutachten (PÄ I, Teil 3, S. 22 ff.) kommt zu dem Ergebnis, dass die in den BAW-Grundlagengutachten dargestellten und wasserbaulich interpretierten ausbaubedingten Änderungen bis auf dargestellte punktuelle Änderungen durch die neue Zielvariante trotz des Einsatzes von worst-case-Randwerten nahezu ausnahmslos unterschritten würden (S. 26 f.).

136 Anlässlich der Planänderung II (Änderung der Ufersicherungsmaßnahmen im Altenbrucher Bogen; vgl. PÄ II, Teil 1, S. 10 ff.) hat die BAW die lokalen Auswirkungen mit den neuen Planungselementen im Gesamtsimulationsmodell untersucht (PÄ II, Teil 9, S. 1 f.). Laut Gutachten führen die Ausbaumodifikationen zu keinen signifikanten Verstärkungen der bisher festgestellten ausbaubedingten Änderungen (S. 25 f.).

137 Zur Planänderung III (Wegfall der Spülfelder Pagensand III und Schwarztonnensand sowie der Vorspülung Lühe-Wisch, Modifikation der UWA Neufelder Sand, Erhöhung der Umlagerungsmenge am Neuen Luechtergrund von 7,5 Mio. m³ auf 12,5 Mio. m³) hat die BAW im März 2010 das Gutachten "Topographievergleich 2003 - 2006, Umlagerung von Ausbaubaggergut" vorgelegt (PÄ III, Teil 10). Der begutachtete Ausbauzustand AZ_10 umfasst die wasserbaulichen Elemente der Planänderung II und die planerischen Modifikationen gemäß Planänderung I. Zudem sind die aus der Ablagerung von insgesamt 12,5 Mio. m³ Ausbaubaggergut am Neuen Luechtergrund resultierenden Ablagerungen in der Ausbauvariante AZ_10 anteilig berücksichtigt und neue Topographiedaten von 2006 zugrunde gelegt worden (PÄ III, Teil 10, S. 2 und 5). Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass die Grundlagengutachten auch bei Verwendung der neuen Topographiedaten weiter Bestand haben (PÄ III, Teil 10, S. 27).

138 Die Vorgehensweise der BAW, für die Planänderung III - mit Ausnahme der vorstehend unter III. 1.c) gesondert behandelten Umlagerung am Neuen Luechtergrund - über einen Topographievergleich nachzuweisen, dass die aktualisierte Topographie keinen wesentlichen Einfluss auf die Vorhabenwirkungen hat, ist methodisch nicht zu beanstanden. Es leuchtet ein, dass der Wegfall der Ufervorspülungen und Spülfelder als landseitige Maßnahmen allenfalls geringe hydrologische und morphologische Wirkung hat und eine vollständig neue Modellierung daher nicht erforderlich war.

139 Soweit die Kläger geltend machen, die Beklagten hätten angesichts der Ergebnisse des Projekts "Perspektive Lebendige Unterems" von BUND, NABU, WWF und TU-Berlin sowie neuer Erkenntnisse von Prof. Dr. Backhaus (Institut für Meereskunde, Universität Hamburg) zur Eigenschwingungsfrequenz der Elbe ihrer Anregung im Beteiligungsschreiben vom 23. Dezember 2015 nachkommen und im 2. Planergänzungsverfahren eine neue und längere Modellierung unter Nutzung des High-Performance-Rechners der BAW veranlassen müssen, ist dem nicht zu folgen.

140 Wie eingangs ausgeführt ist für die Prüfung der Rechtmäßigkeit grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses abzustellen; bei einem ergänzenden Verfahren kommt es maßgeblich auf dessen Zielrichtung an. Daran gemessen mussten im 2. Planergänzungsverfahren weder aktuelle Gutachten der BAW eingeholt werden noch ist für die Prüfung der Tragfähigkeit der wasserbaulichen Untersuchungen nunmehr auf den Zeitpunkt des Erlasses der 2. Planergänzungsbeschlüsse abzustellen. Die Zielrichtung des ergänzenden Verfahrens beschränkte sich darauf, punktuelle Mängel der UVU/UVP und der habitatschutzrechtlichen Prüfung zu heilen und eine neue wasserrechtliche Prüfung vorzunehmen. Die BAW-Gutachten hat der Senat im Hinweisbeschluss vom 2. Oktober 2014 nicht beanstandet, sie mussten im ergänzenden Verfahren daher keiner Neubewertung unterzogen oder aktualisiert werden. Auf die aktuellen Rechnerkapazitäten der BAW kommt es somit nicht an.

141 Aus dem Hinweis der Kläger, das Habitatschutzrecht verlange bei der Verträglichkeitsprüfung, die auf den BAW-Gutachten aufbaue, als Standard stets die Berücksichtigung der "besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse", folgt nichts anderes. Auch insoweit gilt für den Zeitraum bis zum Entscheidungstermin, dass zwar vor neuen Erkenntnissen nicht die Augen verschlossen werden dürfen. Es besteht aber keine Pflicht, bis zum Entscheidungstermin fortwährend nachzuermitteln (BVerwG, Urteil vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 89). Das gilt erst recht für den Zeitraum nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses. Die Entscheidungsgrundlagen und Planunterlagen unterliegen während des gerichtlichen Verfahrens zwangsläufig einem "Alterungsprozess". Dieser Umstand darf sich grundsätzlich nicht zu Lasten der Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörden auswirken.

142 Ungeachtet dessen haben die Beklagten die Erkenntnis von Prof. Dr. Backhaus, die Eigenschwingungsfrequenz der Elbe rücke infolge der bereits erfolgten und der geplanten Ausbaumaßnahmen so dicht an die Tidefrequenz heran, dass Resonanzphänomene aufträten, die zu einem höheren Ausschlag der Tide führten, zur Kenntnis genommen und geprüft. Nach der Bewertung durch die BAW-Gutachter (Stellungnahme vom 9. April 2015) handelt es sich dabei nicht um eine verfahrensrelevante Erkenntnis. Die Tideresonanz werde auch von den BAW-Untersuchungen abgedeckt. In der Studie von Prof. Dr. Backhaus werde dieses Phänomen wegen zu grober Eingangsdaten und der Eindimensionalität des Modells schon bei isolierter Betrachtung überschätzt. Zudem sei damit nichts über den Umfang der vorhabenbedingten Verstärkung der Tideresonanz ausgesagt.

143 2. Die weiteren gegen die UVU/UVP, namentlich die UVU-Teilgutachten H.2a bis H.5b und die anlässlich der 2. Planergänzung erstellten Fachbeiträge PEU II 2.1 und 2.2 , erhobenen Einwände sind ebenfalls nicht begründet.

144 a) Die Rüge, der Untersuchungsrahmen sei zu eng gefasst worden, weil Schutzgüter außerhalb der Deichlinie nicht betrachtet und die Nebenflüsse ausgeklammert worden seien, greift nicht durch.

145 aa) Gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 UVPG ist Untersuchungsgebiet der Einwirkungsbereich des Vorhabens. Dieser kann nicht einheitlich für alle Bestandteile der das Vorhaben umgebenden Umwelt festgelegt werden, sondern ist nach der spezifischen Reichweite der Auswirkungen des Vorhabens auf die einzelnen Umweltfaktoren oder Umweltbestandteile zu bestimmen (Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 6 Rn. 20).

146 Dem wird die UVU gerecht. Den Vorgaben in der "Festlegung des Untersuchungsrahmens gemäß § 5 UVPG" durch Schreiben der Planfeststellungsbehörden vom 26. Mai 2005 entsprechend ist das Untersuchungsgebiet räumlich (seitlich) im Ausgangspunkt durch die Deichlinie begrenzt worden. Darüber hinaus umfasst es grundsätzlich auch die tidebeeinflussten Nebenflüsse und Nebengewässer der Tideelbe. Im Übrigen ist der Untersuchungsrahmen in Einklang mit den Vorgaben der Planfeststellungsbehörden für die jeweiligen Schutzgüter differenziert festgelegt worden. So sind etwa beim Schutzgut Wasser die Aspekte "Schwebstoffregime", "Salinität", "Sauerstoff- und Nährstoffhaushalt" sowie "Schadstoffe" auch für die Nebengewässer und Nebenflüsse der Elbe untersucht worden (vgl. H.2a, S. 4, 21, 42, 44, 58, 59, 86, 89, 96 und H.2b, S. 1 ff., 100 ff.). Das Untersuchungsgebiet für das Schutzgut Grundwasser ist ebenfalls spezifisch abgegrenzt worden (H.2c, S. 2). Die UVU zum Schutzgut Boden beschreibt als maximales Auswirkungsgebiet den gesamten vor den Landesschutzdeichen gelegenen Überflutungsbereich der Tideelbe zwischen km 584,8 (Geesthacht) und km 755,3 (Außenelbe), ihre Nebengewässer sowie die tidebeeinflussten Flussabschnitte der in die Tideelbe mündenden Nebenflüsse (H.3, S. 1); für das Schutzgut Pflanzen (terrestrische Flora) ist das Untersuchungsgebiet entsprechend umrissen worden (H.4a, S. 3). Für das Schutzgut Tiere (terrestrische Fauna) sind zusätzlich die Insel Trischen sowie Teile des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer (zwischen Neufeld und Trischendamm) und des Nationalparks Hamburgisches Wattenmeer (Neuwerk, Scharhörn, Nigehörn) einbezogen worden (H.4b, S. 158). Aus welchen Gründen diese schutzgutbezogenen Festlegungen fachlich unvertretbar sein sollten, haben die Kläger nicht dargetan.

147 bb) Das gilt auch für ihre Rüge, die Festlegung des Untersuchungsgebiets für das Schutzgut Grundwasser im UVU-Teilgutachten H.2c schließe angrenzende terrestrische Grundwasserkörper hinter der Deichlinie aus. Die Grenze des Untersuchungsgebiets für das Schutzgut Grundwasser ist im ersten Schritt aufgrund geomorphologischer Kriterien anhand der Gewässerlandschaften entlang des Geestrandes festgelegt worden, weil quantitative und qualitative Änderungen des Elbwassers aufgrund der hydrologischen Wirkungszusammenhänge theoretisch im gesamten Marschbereich Veränderungen im Grundwasser hervorrufen können. In den Bereichen, in denen diese Grenzziehung das Untersuchungsgebiet so verkleinern würde (z.B. am Hochufer zwischen Altona und Wedel), dass mögliche Auswirkungen nicht vollständig berücksichtigt werden könnten, wurde ein Mindestabstand von 1 km zur Elbe und den betrachteten tidebeeinflussten Nebengewässern als Grenze herangezogen (H.2c, S. 2 zu 1.2 .1). Das Gebiet greift damit (siehe auch Karte Anhang I - 1) über die seitliche Deichlinie noch hinaus.

148 b) UVU und UVP beruhen im Hinblick auf Flora und Fauna auf einer hinreichend aktuellen Datengrundlage. Die gegenteilige, insbesondere auf eine Stellungnahme von Dr. Feldt vom 13. August 2012 gestützte Auffassung der Kläger ist unzutreffend.

149 aa) Ausdrückliche Vorgaben zur Aktualität der Datengrundlage enthalten weder die UVP-Richtlinie noch das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder die von den Klägern herangezogene Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 18. September 1995 (UVPVwV, GMBl. S. 671). In ihren Schlussanträgen vom 13. Oktober 2011 in der Rechtssache C-43/10 [ECLI:​EU:​C:​2011:​651] leitet die Generalanwältin aus Art. 5 Abs. 1 Buchst. b UVP-RL her, dass es in der Regel auf den Stand der Kenntnisse zu Beginn des Genehmigungsverfahrens ankomme (Rn. 138; siehe auch Ziffer 0.5.1.2 UVPVwV). Wenn sich in einem späteren Stadium des Verfahrens zeige, dass aktuellere Angaben erforderlich seien, müssten diese verlangt werden (Rn. 140). Nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (Gaßner/Winkelbrandt/Bernotat, UVP und Strategische Umweltprüfung, 5. Aufl. 2010, S. 172 Rn. 97 und S. 187 Rn. 112) sind Datenbestände in der Regel dann hinreichend aktuell, wenn die Erhebungen im Gelände nicht länger als fünf Jahre zurückliegen und nach Durchführung der Geländearbeiten keine erheblichen Veränderungen des Standortes oder der anthropogenen Einflüsse eingetreten sind.

150 Als Leitlinie für die Praxis mag es im Ansatz sinnvoll sein, die Tauglichkeit der Datengrundlage an einer zeitlichen Grenze auszurichten. Eine solche Grenze kann aber nur einen allgemeinen Anhalt bieten. Sie ändert nichts daran, dass die Aktualität der Datengrundlage nach Maßgabe praktischer Vernunft unter Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände zu beurteilen ist. So kann insbesondere bei einem großflächigen Untersuchungsgebiet die Aktualisierung von Datenbeständen in einem Teilgebiet auch Rückschlüsse auf die Verlässlichkeit älterer Daten für ein anderes Teilgebiet zulassen; eine fortlaufende Aktualisierung aller Bestandsdaten kann nicht verlangt werden.

151 bb) Daran gemessen waren die Daten zu Flora und Fauna ausreichend aktuell:

152 (1) Für die Beschreibung des Ist-Zustandes der terrestrischen Flora wurde auf Daten aus Kartierungen von 1993 bis 1996, Befliegungen von 2000 bis 2002, Kartierungen Dritter seit der letzten Fahrrinnenanpassung und Kartierungen von 2005 bis 2006 zurückgegriffen (H.4a, S. 13 bis 19 und Karte zur Aktualität der verwendeten Daten in Anlage 1). Die Daten aus den Befliegungen wurden in ein geographisches Informationssystem überführt und mit der Klassifikation verglichen. Die Datengrundlage ist im Gutachten H.4a (S. 19) insgesamt bewertet worden. Anlässlich der Planänderung I sind Daten aus einer Befliegung von 2006 zur Erfassung der Röhrichtbestände und angrenzender ufernaher Vegetationseinheiten hinzugekommen (PÄ I, Teil 3, S. 73). In den Unterlagen zur Planänderung III wird auf neue Daten aus 2008 verwiesen, durch die sich die Beschreibung des Ist-Zustandes der terrestrischen Flora nicht ändere (PÄ III, Teil 3, S. 52).

153 (2) Für die terrestrische Fauna ist zur Beschreibung des Bestandes von Brut- und Gastvögeln auf Daten aus den Jahren 2000 bis 2005 (in Ausnahmefällen ältere Daten) zurückgegriffen worden; für einige Teilgebiete fehlen Daten (H.4b, S. 12 bis 15). Im Rahmen der Planänderung I sind hinsichtlich der Brutvögel eine Reihe zusätzlicher Bestandsaufnahmen aus 2005 bis 2008, schwerpunktmäßig aus 2007 ausgewertet worden (PÄ I, Teil 3, S. 96 f.); für die Gastvögel sind Untersuchungen aus 2007/2008 neu berücksichtigt worden (PÄ I, Teil 3, S. 109 ff.). Zur Planänderung II wurden ornithologische Jahresberichte des NABU von 2001 bis 2005 für die Landkreise Cuxhaven und Bremerhaven ausgewertet, die allerdings keine Aktualisierung der Werteinstufung des Untersuchungsgebiets ermöglichten (PÄ II, Teil 3, S. 45). Zudem wurden Ortskundige befragt und Angaben von Behörden (NLWKN, Stadt Cuxhaven) sowie einzelne Fachgutachten aus 2003, 2007 und 2009 eingearbeitet (PÄ II, Teil 3, S. 48). Anlässlich der Planänderung III sind für die Brut- und Gastvögel keine neuen Daten erhoben bzw. eingepflegt worden (PÄ III, Teil 3, S. 60 f.).

154 (3) Für die aquatische Flora sind bezogen auf das Phytoplankton Daten aus dem Zeitraum von 1997 bis 2002, für Teilbereiche auch aus 2003/2004 zugrunde gelegt worden, für das Phytobenthos im Wesentlichen aus 2002/2003 (H.5a, S. 15 f. und 18 f.). Das Phytobenthos ist in der näheren Vergangenheit nicht vollständig untersucht worden; laut UVU ist aber mit den durchgeführten Diatomeenanalysen die meist dominierende Algenklasse erfasst worden, in der sich aussagekräftige Bioindikatoren finden (H.5a, S. 19). Anlässlich der Planänderung I sind für das Phytoplankton zudem Daten der Wassergütestelle Elbe von 2005 und 2006 berücksichtigt und Daten der BfG (Nature-Consult 2007) gesichtet worden. Für das Phytobenthos wurden von der Arbeitsgemeinschaft für die Reinhaltung der Elbe (ARGE) neue Angaben vorgelegt (2005/2006); zudem wird auf Daten der ARGE Elbe aus 2007 sowie Untersuchungen von Gutowski von 2005 und 2006 verwiesen (PÄ I, Teil 3, S. 81 ff.). Für die Planänderung II sind keine neuen Daten verzeichnet (PÄ II, Teil 3, S. 34). Zur Planänderung III wurden aktuelle Daten der ARGE zum Phytoplankton für die Messstationen Zollenspieker (km 598,7) und Seemannshöft (km 628,8) veröffentlicht (PÄ III, Teil 3, S. 54).

155 (4) Bei der aquatischen Fauna sind für das Zoobenthos und die Fische Unterlagen von 1997 bis 2004 berücksichtigt worden (H.5b, S. 21 ff., 23, 50 ff., 56 ff., 75 f.). Für die Meeressäuger (Schweinswal, Seehund, Kegelrobbe) sind Daten aus der Zeit von 1995 bis 2005 ausgewertet worden (H.5b, S. 80 ff.). Im Rahmen der Planänderung I sind für das Zoobenthos Untersuchungen aus 2007 (schwerpunktmäßig Krieg; Bioconsult) und 2008 (Krieg; BfG) einbezogen worden (PÄ I, Teil 3, S. 148 f.), für die Fische Unterlagen aus 2000, 2001, 2006, 2007 und 2008 (S. 160). Für die Seehunde wurden neue Daten aus 2005 bis 2008 und für die Schweinswale aus 2007 aufgenommen (PÄ I, Teil 3, S. 164). Anlässlich der Planänderung III (Teil 3) sind für die Fische zusätzliche Untersuchungen aus 2009 und für die Seehunde neue Daten aus den Befliegungen der Jahre 2005 bis 2009 eingestellt worden (S. 79 f., 81 f.).

156 Für das Zooplankton trifft zwar zu, dass eine vollständige Inventarisierung der Zooplanktonarten im Untersuchungsgebiet aus den späten 60er Jahren stammt (H.5b, S. 12 f.). Danach sind nur einzelne Flussabschnitte, Gruppen oder Arten untersucht worden. Eine neuere Bestandserfassung für das Mühlenberger Loch stammt aus 1998. Aktuelle Untersuchungen liegen aber aus dem Bereich Geesthacht (km 590) bis Lühesand (km 645) vor (Schöl und Günster, 2006). Die UVU bewertet die Datenbasis zur Beschreibung und Bewertung des Zooplanktons insgesamt gleichwohl zu Recht als ausreichend. Die Erfassungen von Schöl und Günster aus 2006 zeigen laut UVU keine deutlich abweichenden Ergebnisse zu früheren Untersuchungen (z.B. Scholz 1961) oberhalb von Lühesand. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass sich der Bestand auch in anderen Flussabschnitten nicht grundlegend geändert habe (vgl. auch IHF 1997, ARGE Elbe 1998), zumal sich die produktivsten Planktongebiete oberhalb von Lühesand befänden (H.5b, S. 13).

157 Der Rückschluss von der Entwicklung des Zooplanktonbestands oberhalb von Lühesand auf das Zooplankton stromab ist angesichts der ergänzenden Erläuterungen der UVU-Gutachter in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014, wonach das Übergangsgewässer ohnehin die "natürliche Sterbezone" für das insoweit "statische" Süßwasserplankton darstellt, plausibel; substanzielle Einwände hiergegen haben die Kläger nicht erhoben. Das Ergebnis der im Teilgutachten H.5b auf S. 13 angesprochenen Erfassung des gesamten Zooplanktons durch die Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) musste nicht abgewartet werden. Diese - inzwischen wohl aufgegebene - Erfassung war nicht durch das Vorhaben veranlasst, sondern stellte eine davon unabhängige Grundlagenforschung dar.

158 Im Übrigen ist in den UVU-Teilgutachten jeweils dargelegt, wie mit Datenlücken umgegangen wurde und aus welchen Gründen die vorhandenen Daten als ausreichend erachtet werden (vgl. etwa H.4a, S. 19; H.4b, S. 12 ff.; H.5b, S. 80 ff.). Damit haben sich die Kläger nicht näher auseinandergesetzt.

159 c) Die Rüge, die Ermittlungstiefe der UVU sei unzureichend, weil es an orts- und artenspezifischen Bestandsaufnahmen fehle, bleibt erfolglos.

160 aa) Eine ordnungsgemäße UVU erfordert nicht notwendig eine flächendeckende orts- und artenspezifische Bestandsaufnahme. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 UVPG hat der Träger des Vorhabens die entscheidungserheblichen Unterlagen vorzulegen. Das Bundeswasserstraßengesetz enthält keine fachspezifischen Regelungen im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 1 UVPG, gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 UVPG sind daher die Absätze 3 und 4 anzuwenden. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 UVPG müssen die Unterlagen u.a. eine Beschreibung der Umwelt und ihrer Bestandteile im Einwirkungsbereich des Vorhabens unter Berücksichtigung des allgemeinen Kenntnisstandes und der allgemein anerkannten Prüfungsmethoden enthalten, soweit die Beschreibung und die Angaben zur Feststellung und Bewertung erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen des Vorhabens erforderlich sind und ihre Beibringung für den Träger des Vorhabens zumutbar ist (vgl. auch Art. 3 und 5 Abs. 1 Buchst. b UVP-RL).

161 Welche Angaben zur Feststellung und Bewertung erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen des Vorhabens erforderlich sind, kann nur nach Maßgabe des Einzelfalls beurteilt werden (vgl. Art. 3 Abs. 1 UVP-RL). Anders als bei der FFH-Verträglichkeitsprüfung ist der Gegenstand der Ermittlungen bei der Umweltverträglichkeitsuntersuchung (UVU) nicht auf bestimmte Arten oder Lebensraumtypen beschränkt. Zu ermitteln sind gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG die Auswirkungen auf Menschen, Tiere, Pflanzen, die biologische Vielfalt, Boden, Wasser, Luft, Klima, Landschaft, Kulturgüter, sonstige Sachgüter sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen. Die Ermittlungen sind damit grundsätzlich offener und breiter angelegt als in der FFH-Verträglichkeitsprüfung und bedürfen anderer Einschränkungen und Begrenzungen; UVU und UVP müssen auch bei Großvorhaben praktisch handhabbar bleiben (vgl. Erb, Umwelt- und Technikrecht, Bd. 121, 2013, S. 91 und 105).

162 Ermittelt und untersucht werden müssen alle Umstände, die für eine sachgerechte (Planungs-)Entscheidung erforderlich sind. Dabei können auch Erkenntnislücken verbleiben, es muss weder ein lückenloses Arteninventar erstellt noch eine allgemeine Bestandsaufnahme durchgeführt werden. Maßgeblich sind die naturräumlichen Gegebenheiten des konkreten Falles: je typischer die Gebietsstruktur, desto eher kann auch auf typisierende Merkmale und allgemeine Erfahrungen abgestellt werden. Es kann daher genügen, wenn für den Untersuchungsraum besonders bedeutsame Repräsentanten (Tier- und Pflanzengruppen) festgestellt werden und für die Bewertung der Auswirkungen mit Bioindikatoren gearbeitet wird. Bestehen dagegen Anhaltspunkte für das Vorhandensein besonders seltener Arten, ökologischer Strukturen oder Vorgänge, bedarf es weitergehender Ermittlungen. Sofern es für besonders schützenswerte oder hochwertige Arten oder Strukturen keine konkreten Anhaltspunkte gibt, muss danach nicht aktiv gesucht werden (Erb, a.a.O. S. 90 bis 95). Das Recht nötigt nicht zu einem Ermittlungsaufwand, der keine zusätzlichen Erkenntnisse verspricht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 21. Februar 1997 - 4 B 177.96 - Buchholz 406.401 § 8 BNatSchG Nr. 20 und vom 29. Oktober 2014 - 7 VR 4.13 - ZUR 2015, 163 Rn. 16; Urteil vom 31. Januar 2002 - 4 A 15.01 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 168 S. 116).

163 bb) Daran gemessen begegnen die Bestandserhebungen und -beschreibungen für Flora und Fauna keinen Bedenken.

164 (1) Der Bestand der terrestrischen Flora ist im UVU-Teilgutachten H.4a anhand der vorkommenden Biotoptypen beschrieben (S. 20 ff.). Überdies sind die im Untersuchungsgebiet festgestellten besonders geschützten und gefährdeten Biotoptypen (H.4a, S. 94 f. und 102 ff.) und Pflanzenarten (S. 104 ff.) sowie Lebensraumtypen gemäß Habitatrichtlinie aufgeführt (S. 98 ff.).

165 (a) Dass die Bestandsdarstellung bei der terrestrischen Flora mit Ausnahme der geschützten und gefährdeten Arten nur biotoptypenbezogen erfolgt ist, ist nicht zu beanstanden. Die Biotoptypen sind in Obergruppen, Haupteinheiten und Untereinheiten gegliedert, die örtliche Verteilung im Untersuchungsgebiet kann den Karten im Anhang zu H.4a entnommen werden. Einer durchgängig artenbezogenen Bestandsdarstellung bedurfte es nicht. Im Gutachten H.4a (S. 153 ff.) ist unter Bezugnahme auf wissenschaftliche Methoden/Ansätze ausgeführt, warum auf die allgemeine Empfindlichkeit der Vegetation gegenüber möglichen Veränderungen und mögliche Auswirkungen auf die räumliche Verteilung der Biotoptypen abgestellt werden kann und wie die insoweit betrachteten Leitarten (verschiedene Röhrichtarten, Zeigerarten und seltene Arten) ausgewählt wurden. Die Auswirkungsprognose stellt fest, dass die Mehrzahl der mittels Wasser übertragenen vorhabenbedingten Wirkungen ungeeignet ist, Auswirkungen auf die terrestrische Flora im Außendeichland hervorzurufen; die Wirkreichweite endet (mit wenigen Ausnahmen) am Ufer bzw. im Bereich des mittleren Tidehochwassers. Betrachtet wurden daher in erster Linie die Röhrichte im weiteren Sinne (S. 156 ff.); eine gesonderte Untersuchung wurde für den Schierlings-Wasserfenchel vorgenommen (S. 159 ff., Anhänge 3 und 4). Warum dieser methodische Ansatz nicht vertretbar sein sollte, haben die Kläger nicht dargetan.

166 (b) Soweit der Senat die UVU in seinem Hinweisbeschluss vom 2. Oktober 2014 (7 A 14.12 - Rn. 17 ff.) hinsichtlich der gefährdeten Pflanzenarten als unzureichend beanstandet hat, ist dieser Mangel im ergänzenden Verfahren durch den Fachbeitrag PEU II 2.1 (IBL vom 6. November 2015) behoben worden. Die dagegen gerichteten Rügen der Kläger greifen nicht durch.

167 Für den neuen Fachbeitrag ist die Liste der gefährdeten Pflanzenarten unter Angabe des Gefährdungsstatus aktualisiert und ergänzt worden, dabei sind im Jahr 2015 durchgeführte Kartierungen von Rote-Liste-Pflanzenarten im Untersuchungsgebiet berücksichtigt worden. Aufgrund der Bestandsaktualisierung sind über die ursprünglich 134 gelisteten gefährdeten Pflanzenarten (H.4a, S. 105) hinaus weitere 78 Arten aufgenommen worden. Von den danach 212 Pflanzenarten sind 136 als nicht weiter untersuchungsrelevant ausgeschieden worden, weil sie von keinem vorhabenbedingten Wirkpfad betroffen werden (PEU II 2.1, S. 23 ff., 35, 78). Für die verbliebenen 76 Pflanzenarten (und vorsorglich drei weitere Arten mit besonderer Bedeutung für die Röhrichtzonierung oder das salzgeprägte Grünland) wurden Steckbriefe mit verschiedenen Informationen etwa zur Verbreitung im Untersuchungsgebiet, zur Gefährdung und zur Schutzverantwortung, zur Häufigkeit/Seltenheit sowie zur Autökologie und zu Habitat- und Standortansprüchen erstellt (PEU II 2.1, S. 96 ff.). Die als untersuchungsrelevant betrachteten Pflanzenarten wurden nach Lebensraumtyp und Wuchsort und damit ihren Hauptvorkommen und Standortansprüchen vier ökologischen Gruppen zugeordnet: den Helophyten (Sumpfpflanzen), den Hydrophyten (Wasserpflanzen), den weiteren Arten feuchter bis nasser Standorte und den weiteren Arten extensiv genutzter, mesophiler Wiesen und Weiden (PEU II 2.1, S. 38); die Arten, für die eine besondere Schutzverantwortung besteht, sind in einem eigenen Kapitel untersucht worden (PEU II 2.1, S. 62 ff.).

168 Der Einwand der Kläger, wichtige Bereiche auf den Elbinseln Auberg, Drommel, Bishorster Sand und Schwarztonnensand sowie die Buchten am Hahnöfersand seien in den Losen 2 und 3 nicht oder unvollständig kartiert worden, ist nicht begründet. Die Ermittlungen waren ausreichend, eine lückenlose Erfassung ist nicht erforderlich. Die Kartierungen beruhen auf zwei Durchgängen im Frühjahr und Sommer 2015 zur Erfassung von 3 900 ha Vorlandflächen, Ufern und Inseln unterhalb des Hamburger Hafens. Das Gebiet umfasst tiefliegende Bereiche der Vorländer entlang der Tideelbe und auf den Elbinseln vom Mühlenberger Loch bis km 693. Die kartierten Befunde wurden jeweils mit GPS eingemessen, so dass der Lebensraum der kartierten Pflanzen anschließend über Luftbilder und vorhandene Biotoptypenkartierungen charakterisiert und die konkrete Wuchshöhe in Bezug zum mittleren Tidehochwasser (MThw) ermittelt werden konnte; für jeden Fundort wurde die Bestandsgröße auf einer achtstufigen Skala geschätzt.

169 Abgesehen davon, dass der Fachbeitrag nicht nur auf die Kartierungen abstellt, sondern auch andere Erkenntnismittel berücksichtigt, lassen sich die von den Klägern gerügten Diskrepanzen zwischen den Ergebnissen der Kartierungen im Sommer 2015 und des FFH-Monitorings nach den Erläuterungen der Beklagten im Schriftsatz vom 21. Juli 2016 plausibel erklären. Während für das Monitoring bekannte Standorte gezielt aufgesucht werden, um Vorkommen besonders detailliert zu dokumentieren, dient die Kartierung für den neuen Fachbeitrag vor allem dazu, eine größere Anzahl von Gefäßpflanzensippen in einem erheblich größeren Gebiet zu erfassen, um einen Überblick über Arteninventar und Verteilung der Sippen im Untersuchungsgebiet zu ermöglichen.

170 Soweit die Kläger geltend machen, die Kartierungen der Lose 1 bis 3 könnten schon deshalb nicht Grundlage einer Gefährdungsabschätzung, geschweige denn einer FFH-Verträglichkeitsprüfung sein, weil ihnen keine einheitliche Erfassungssystematik zugrunde liege, ist dem nicht zu folgen. Ein Einfluss der geltend gemachten Inhomogenitäten auf die Auswirkungsprognose ist nicht dargetan oder sonst ersichtlich. In die Wirkpfadbetrachtung sind unabhängig von länderspezifischen Kartierungen und Einstufungen als gefährdete Art alle bekannten, im Untersuchungsgebiet vorkommenden gefährdeten Pflanzenarten (und zusätzlich die mit Blick auf das Schutzgut Artenvielfalt als bedeutsam betrachteten, nicht gefährdeten Arten) eingestellt worden. Darauf, ob sich die Kartierungen als Grundlage einer FFH-Verträglichkeitsprüfung eignen, kommt es hier nicht an.

171 Das Gebiet oberhalb des Hamburger Hafens musste entgegen der Auffassung der Kläger nicht in die Betrachtung einbezogen werden. Ausgehend von den Prognosen der BAW drohen dort keine spürbaren Auswirkungen auf die terrestrische Flora (siehe schon H.4a, S. 4). Der ausbaubedingte Anstieg des Tidehubs beträgt im Abschnitt oberhalb km 600 bis zum Wehr Geesthacht bei einem niedrigen Oberwasser von 350 m³/s nur 2 bis 3 cm, das MThw (zwischen 2,35 und 2,55 m NN) steigt um 2 cm (H.1a, S. 82). Soweit die Kläger die rückschreitende Uferentwicklung in diesem Abschnitt vor allem auf die vorangegangenen Ausbaumaßnahmen zurückführen und auf die Ergebnisse der Beweissicherung verweisen, fehlt es ihrem Vorbringen an der erforderlichen Substanz. Ob - wie die Beklagten geltend machen - relevante Änderungen der Tideparameter in diesem Bereich wesentlich auf das Wehr Geesthacht und den Oberwasserabfluss zurückzuführen sind, kann daher dahinstehen.

172 (2) Für das Schutzgut terrestrische Fauna ist der Brut- und Gastvogelbestand unter Angabe von Arten jeweils für eine Reihe konkret benannter Teilgebiete dargestellt (21 bzw. 18 Teilgebiete für Schleswig-Holstein, 7 Teilgebiete für Hamburg und 48 bzw. 31 Teilgebiete für Niedersachsen; H.4b, S. 19 ff. und 47 ff. sowie Anhangtabellen 1.1 - 1.29 und Karten H.4b-1 und -2; Übersicht über die Bewertung der Teilgebiete unter Angabe der wertgebenden Arten bzw. Vorkommen S. 42 ff.). Substanzielles dazu, warum diese Daten unzureichend sein sollen, haben die Kläger nicht vorgetragen.

173 (3) Dasselbe gilt für das Teilgutachten zum Schutzgut aquatische Flora (H.5a). Darin sind für verschiedene Elbabschnitte häufig nachgewiesene Arten des Phytoplanktons aufgeführt (S. 32 f.), der Ist-Zustand des Phytoplanktons in der Tideelbe wird auf S. 34 f. zusammenfassend beschrieben, die Nebenflüsse werden auf S. 38 ff. auch unter Angabe von Arten behandelt. Für das Phytobenthos ist die Diatomeenflora an ausgewählten Standorten entlang der Tideelbe und ihrer Zuflüsse arten- bzw. artengruppenbezogen dargestellt (H.5a, S. 41 f.). In den Anlagen zu H.5a finden sich Diagramme der taxonomischen Zusammensetzung des Phytoplanktons an ausgewählten Messstellen der Tideelbe von 1997 bis 2004, eine Gesamtartenliste für das Phytoplankton der Tideelbe 2004 sowie Übersichten über die benthischen Diatomeen der Oste.

174 (4) Beim Schutzgut aquatische Fauna wurde für die arten- und taxabezogene Bestandsbeschreibung des Benthos das Untersuchungsgebiet in vier Abschnitte sowie die Nebenflüsse unterteilt (H.5b, S. 27 ff. und 51 f.), für die Fische in drei Abschnitte und verschiedene Nebenflüsse. Die Beschreibung ist artenbezogen erfolgt (H.5b, S. 62 und 73 ff.). Zudem sind die rezenten Fischarten in der Tideelbe und die nachgewiesenen Arten der Roten Listen sowie im Anhang der Habitatrichtlinie aufgeführte Arten und ihr Gefährdungsstatus aufgelistet (S. 59 und 61 f.; zu den Meeressäugern, Seehunden, Kegelrobben, Schweinswalen vgl. S. 85 ff.).

175 d) Die der UVU zugrunde gelegte Abgrenzung der Schutzgüter Boden und Wasser ist nicht zu beanstanden.

176 Das UVU-Teilgutachten H.3 geht unter Bezugnahme auf § 2 Abs. 1 BBodSchG und § 1 Abs. 1 WHG davon aus, dass semisubhydrische Böden (Wattböden) und subhydrische Böden (Unterwasserböden) aus rechtlicher Sicht nicht durch das Bundesbodenschutzgesetz, sondern als Bestandteil der Gewässer über das Wasserhaushaltsgesetz geschützt, aus fachlicher Sicht aber als Böden betrachtet würden. Wegen dieser unterschiedlichen Grenzziehungen, der Schwierigkeit, in einem dynamischen System eine eindeutige Höhenlinie zu definieren, und der Notwendigkeit, eine Konsistenz zu anderen Schutzgütern (insbesondere zu terrestrischen Biotoptypen) herzustellen, haben die Gutachter als Grenzlinie zwischen dem Schutzgut Wasser und dem landseitig zu bewertenden Schutzgut Boden die untere Linie des Röhrichts und vergleichbarer Vegetationseinheiten bzw. bei Fehlen einer Vegetationsbedeckung die MThw-Linie betrachtet (H.3, S. 3). Damit sei der Bewertungsraum für das Schutzgut Boden gegenüber den rechtlichen Vorgaben in denjenigen Bereich des Gewässers erweitert worden, über den üblicherweise keine Sedimentdaten vorlägen. Vegetationslose Watten würden demnach nicht als Böden, sondern als mehr oder weniger intensiv in Umlagerung begriffene Sedimente des Gewässers angesehen; die Bearbeitung dieser Flächen erfolge im Gutachten zum Schutzgut Wasser - Teilbereich Sedimente (H.3, S. 3 f.).

177 Die UVU ist danach bei der Bestimmung des Schutzguts Boden im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UVPG vom Begriffsverständnis des § 2 Abs. 1 BBodSchG ausgegangen, der die Gewässerbetten ausdrücklich ausnimmt. Deren Grenze wird vom mittleren Tidehochwasserstand gebildet. Es bestand keine Verpflichtung, das davon abweichende - an fachwissenschaftlichen Vorstellungen ausgerichtete und insoweit vorrechtliche - Begriffsverständnis der Kläger zugrunde zu legen. Zudem hält sich die UVU nicht starr an die rechtlichen Begrifflichkeiten, sondern ergänzt sie im Sinne einer Erweiterung des Bodenbegriffs durch eine Detailkorrektur hinsichtlich der semisubhydrischen Böden, die als Standorte Höherer Pflanzen dienen. Dieser funktionsbezogene Ansatz ist nicht zu beanstanden. Die in der UVU vorgenommene Abgrenzung ist eine plausible fachliche Systematisierung. § 2 Abs. 1 BBodSchG enthält eine bundesgesetzlich verbindliche Begriffsbestimmung, soweit der Anwendungsbereich von jeweils spezifischen Schutzvorschriften für Böden einerseits und Gewässer andererseits bestimmt werden soll. Demgegenüber will das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung mit seinem integrativen Ansatz Umwelteinwirkungen umfassend und immer bezogen sowohl auf den Boden als auch das Wasser ermitteln und bewerten. Die Unterscheidung der Schutzgüter Boden und Wasser führt insoweit nicht zu einer rechtlichen Weichenstellung, so dass die Betonung rein sachbezogener Abgrenzungskriterien und damit die Einbeziehung fachwissenschaftlicher Kategorisierungen der besonderen Aufgabenstellung der UVU gerecht werden. Zudem übersehen die Kläger, dass nach dem Bundesbodenschutzgesetz möglicherweise weniger Flächen dem Schutzgut Boden zuzuordnen gewesen wären.

178 e) Die Feststellung und Bewertung der vorhabenbedingten Auswirkungen auf den Sauerstoffhaushalt begegnet keinen Bedenken.

179 Der Sauerstoffhaushalt wird im UVU-Teilgutachten H.2a ausführlich behandelt. Danach sind im Sommerhalbjahr bei geringem Oberwasserzufluss im Abschnitt von ca. km 630 bis km 650 (OWK Elbe-Hafen und Elbe-West) vor allem durch den Eintrag biologisch abbaubaren organischen Materials aus der Mittelelbe regelmäßig Sauerstoffmangelsituationen zu verzeichnen (H.2a, S. 64). Die eutrophe Mittelelbe weise im Sommerhalbjahr Phytoplanktonmassenentwicklungen auf, die über den Wasserkörper Elbe-Ost in die Wasserkörper Elbe-Hafen und Elbe-West verfrachtet würden und dort mangels ausreichender Durchlichtung des Wasserkörpers abstürben (so genannte Sekundärverschmutzung). Der Abbau dieser organischen Substanz finde unter Sauerstoffverbrauch statt (H.2a, S. 74).

180 Die Auswirkungen des Vorhabens auf den Sauerstoffhaushalt sind im Hinblick auf die Verringerung der spezifischen Wasseroberfläche, eine Akkumulation zehrungsfähigen Materials infolge längerer Verweilzeit des Wassers und einen verstärkten Stromauftransport von Schwebstoffen/Sedimenten infolge erhöhter maximaler Flutstromgeschwindigkeit betrachtet worden (H.2a, S. 132 ff., 134). Dabei sind die vorhabenbedingten Änderungen der spezifischen Wasseroberfläche konservativ in einem besonders ungünstigen Bereich (mit besonders ungünstiger spezifischer Wasseroberfläche im Ist-Zustand) im oberen Abschnitt des Wasserkörpers Elbe-West untersucht worden, in dem die Begegnungsstrecke geplant ist (km 635 bis km 639; H.2a, S. 134). Die vorhabenbedingten Veränderungen des Ist-Zustandes bewegen sich in diesem Bereich im einstelligen Prozentbereich, Änderungen > 5 % sind lediglich bei einem von zehn Profilen erreicht worden. Diese Veränderung der spezifischen Wasseroberfläche ist ungeeignet, mess- und beobachtbare Veränderungen des Sauerstoffhaushaltes auszulösen (H.2a, S. 135). Zudem wird es laut UVU weder zu einem für den Sauerstoff- und Nährstoffhaushalt relevanten verstärkten Stromauftransport von Schwebstoffen/Sedimenten infolge erhöhter maximaler Flutstromgeschwindigkeit noch zu beachtlichen Auswirkungen auf die Verweilzeiten bzw. die Laufzeit eines Wasserteilchens kommen. Einen Transport zehrungsfähigen organischen Materials stromauf in die Wasserkörper Elbe-West und Elbe-Hafen schließt die UVU aus, weil derartiges Material weiter stromab nicht verfügbar ist. Die von der BAW bei niedrigem Oberwasser beschriebene Transportkette nach oberstrom transportiert lediglich Sand und Schluff. Eine Akkumulation zehrungsfähigen Materials infolge längerer Verweildauer ist nicht zu erwarten (H.2a, S. 138 f.).

181 Vor diesem Hintergrund ist die Bewertung der UVP (PFB, S. 713), die vorhabenbedingten Auswirkungen auf das Schutzgut Wasser (Sauerstoffhaushalt) seien nicht erheblich, nachvollziehbar. Der von der Wassergütestelle für die letzte Fahrrinnenvertiefung angenommene Rückgang des Sauerstoffgehalts um 0,2 mg O2/l bewegt sich in einer Größenordnung, die durch natürliche hydrologische und meteorologische Einflüsse überlagert wird (PFB, S. 1708).

182 f) Die Ermittlung und Bewertung möglicher Verluste von Vordeichflächen infolge einer vorhabenbedingten Erhöhung des MThw ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Rüge der Kläger, wie in den Planfeststellungsbeschlüssen zur letzten Fahrrinnenvertiefung von 1999 hätten auch hier erhebliche Bodenverluste angenommen werden müssen, ist unbegründet.

183 Das Thema Flächenverlust durch Wasserstandsänderungen wird im UVU-Teilgutachten H.3 ausführlich behandelt. Die Abbruchkanten und jährlichen Abbruchraten sowie Sedimentationsraten sind anhand von Querprofileinmessungen durch Vergleich der Geländehöhen ermittelt worden (H.3, S. 21 ff.). Danach gibt es fünf aktive Abbruchbereiche, in denen die Abbruchkanten mehr oder weniger stark deichwärts rückverlegt werden und "aufwärtswandern" (üblicherweise verändert sich die Lage der Abbruchkanten von "unterhalb MThw" zu "oberhalb MThw"). Die Abbruchkanten werden nur schwach durch das regelmäßige Tidegeschehen beeinflusst, Uferabbrüche entstehen durch Belastungsspitzen bei starkem Wellenschlag (Schiffsverkehr oder Sturmtiden) (H.3, S. 73). Die Erosionen in exponierten Bereichen gehen vielfach mit Anlandungen an geschützten Ufern einher, die mehrere Meter pro Jahr betragen können (H.3, S. 71). Die Sedimentationsrate nimmt mit Abstand vom Ufer ab (H.3, S. 67).

184 Darauf gestützt gehen die Planfeststellungsbeschlüsse von einer insgesamt sehr heterogenen Verteilung von Uferbereichen mit Erosions- und Sedimentationstendenzen aus. In stromexponierten Bereichen deute sich ein Trend zur verstärkten Erosion an, in geschützten Seitenbereichen (Nebenelben) würden neue Böden durch Sedimentation gebildet (PFB, S. 465). Durch eine maßnahmenbedingte Erhöhung des MThw komme es im Ufervorfeld nicht zwangsläufig zu einer landwärtigen Verschiebung der mittleren Hochwasserlinie und zu Bodenverlusten. Die neu gebildeten semisubhydrischen Wattböden und semiterrestrischen Böden kompensierten die Verluste in stärker exponierten Bereichen. Es werde daher durch maßnahmenbedingte Wasserstandsänderungen keine Bodenverluste und somit keine erheblichen Auswirkungen geben (PFB, S. 698 f.).

185 Hiergegen ist nichts zu erinnern. Permanente Umlagerungs-, Sedimentations- und Erosionserscheinungen in Ufer- und Randbereichen sind typische dynamische Prozesse in einem Ästuar, und zwar sowohl natürlich als auch anthropogen beeinflusst (H.3, S. 69). Einer abschnittsweisen Gegenüberstellung von Sedimentations- und Erosionsflächen bedurfte es insoweit für die Zwecke der UVU/UVP nicht. Dass zwischen der vorhabenbedingten Änderung des MThw und der Aufsedimentation eine zeitliche Lücke klafft, während der mit erheblichen Flächenverlusten gerechnet werden muss, ist weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.

186 Der Einwand der Kläger, beim Tideröhricht drohten durch die Änderungen der Wasserstände einerseits Verluste durch Erosion und andererseits die Umwandlung von Tideröhricht in geringerwertigen, nicht ästuartypischen Landröhricht wegen der Aufsedimentation von Wuchsflächen, greift nicht durch.

187 Die UVU verneint relevante Auswirkungen auf die Tideröhrichtbestände (H.4a, S. 156 ff. am Beispiel der Leitart Phragmites australis) durch Änderungen der Strömungsgeschwindigkeiten und des Tidehubs. Nur ein Teil der flussnah gelegenen Röhrichte sei Überflutungen während der Vegetationsperiode ausgesetzt; gesundes Schilf sei gegen mechanische Belastung sehr widerstandsfähig (H.4a, S. 156). Längeres Trockenfallen werde von Phragmites australis gut toleriert, solange die Hochwässer zur gleichen Höhe aufliefen wie bisher (H.4a, S. 157). Eine Verschiebung des Verhältnisses zwischen Wattflächen und Flachwasserbereichen betreffe nur teilweise Bereiche, die von Röhrichten besiedelt sind. Sie sei für die Bestände ohne Belang, die Änderung der Standortfaktoren werde sich im Toleranzbereich der vorhandenen Arten bewegen (H.4a, S. 157). Im Rahmen der Beweissicherung zur vorangegangenen Fahrrinnenanpassung habe kein Kausalzusammenhang zwischen dem geringfügigen Verlust an Röhrichten und Uferstauden von 2,3 ha (0,2 %) im Untersuchungsgebiet und dem Ausbau festgestellt werden können. Derartige Veränderungen seien der natürlichen Fluktuation (oder methodischen Artefakten der Erfassung) zuzuordnen (H.4a, S. 158). Zudem verweist die UVU auf eine Analyse der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) von November 2004 zu aktuellen räumlichen Veränderungen ufernaher Röhrichte und Uferstauden unter besonderer Berücksichtigung ihrer historischen Entwicklung (UVU-Teilgutachten H.4a, S. 152 ff. <156 ff.>). Die Analyse der Entwicklung der Schilfröhrichte in den letzten 30 bis 50 Jahren habe gezeigt, dass die Röhrichtentwicklung nicht monokausal durch den Anstieg des MThw, sondern von verschiedenen unabhängigen Faktoren gesteuert werde.

188 Diese Bewertung leuchtet ein. Zwar wird die Einschätzung der Kläger, dass das MThw einen relevanten Faktor für die Ausdehnung von Röhricht darstellt, von der Untersuchung der BfG (2004, S. 98) bestätigt. Einer Änderung des MThw kommt aber nicht die monokausale Bedeutung zu, die die Kläger ihr beimessen wollen. Vielmehr spielen laut BfG andere Parameter wie z.B. Sedimentation, Wellenschlag, Strömung, Topographie, Überstauungszeiten etc. und namentlich die Dynamik der Unter- und Außenelbe ebenfalls eine Rolle (S. 98 f.). Einer Erhöhung des MThw folge nicht zwangsläufig eine horizontale Verlagerung der MThw-Linie in Richtung Deich. Andere Parameter, wie die Sedimentation, könnten die horizontale Verschiebung der MThw-Linie mindern oder sogar umkehren. Da eine Änderung des MThw nur über einen längeren Zeitraum wirksam werden könne und das System hochdynamisch sei, veränderten sich während dieser Zeit auch andere Standortfaktoren, so dass eine monokausale Ableitung der Änderung des MThw auf die Standortbedingungen von ufernahen Biotoptypen nicht zulässig sei. Zwischen dem langsamen Anpassungsprozess an veränderte Wasserstände und erosionsbedingten Röhrichtverlusten bestehe kein Zusammenhang (vgl. BfG, S. 99).

189 Dass die von den Klägern geltend gemachte negative Entwicklung von Tide- zu Landröhricht infolge einer Aufsedimentation ufernaher Flächen in der Hauptsache durch das Vorhaben und nicht durch exogenen Eintrag, namentlich Hochwasser und Sturmfluten, verursacht wird, lässt sich nicht feststellen. Es ist weder substanziiert dargetan noch sonst ersichtlich, dass die vorhabenbedingten Änderungen der Wasserstände zu Sedimentationen führen, die nach Art und Umfang nicht in den exogenen Einträgen "untergehen".

190 g) Die UVU zum Schutzgut Artenvielfalt (biologische Vielfalt) begegnet ebenfalls keinen Bedenken mehr. Die im Hinweisbeschluss vom 2. Oktober 2014 (Rn. 20 f.) beanstandeten Mängel sind im ergänzenden Verfahren behoben worden. Die Einwände der Kläger gegen den neuen Fachbeitrag (IBL vom 6. November 2015, PEU II 2.2) greifen nicht durch.

191 Entgegen der Auffassung der Kläger war eine Erweiterung des Untersuchungsgebiets auf den Bereich stromauf des Hamburger Hafens bis zum Wehr Geesthacht nicht erforderlich. Dort sind weder Ausbaumaßnahmen geplant noch relevante indirekte Ausbauwirkungen zu besorgen.

192 Der Fachbeitrag PEU II 2.2 erweist sich auch nicht deshalb als unzureichend, weil die vom neuen Fachbeitrag zu den Brutvögeln (PEU II 4) nicht erfassten Brut- und Gastvogelarten sowie Fische und Rundmäuler darin nicht betrachtet werden. Der neue Fachbeitrag PEU II 2.2 untersucht mögliche nachteilige Auswirkungen auf das Schutzgut Artenvielfalt für die beiden Artengruppen Makrozoobenthos und Höhere Pflanzen, weil nur für diese Artengruppen vorhabenbedingt erhebliche negative Auswirkungen nicht von vornherein ausgeschlossen werden können (2. PEB, S. 32; PEU II 2.2, S. 12). Gegen diesen Ansatz ist nichts zu erinnern, namentlich waren die Planfeststellungsbehörden aufgrund der nur punktuellen Beanstandungen des Senats nicht gehalten, eine vollständig neue UVU zum Schutzgut Artenvielfalt zu erstellen.

193 Im Übrigen folgt der Fachbeitrag in Übereinstimmung mit dem Hinweisbeschluss vom 2. Oktober 2014 (Rn. 21) den Hinweisen von Trautner (UVP-report 2003, S. 155, auch 157) und nimmt natur- und lebensraumtypische Arten, darunter insbesondere gefährdete Arten der Roten Listen sowie Arten, für die unter biogeographischen Gesichtspunkten eine besondere Schutzverantwortung besteht, in den Blick. Sofern vorhanden, werden zudem so genannte Schlüsselarten einbezogen, die durch ihr Auftreten oder ihre Eigenschaften bzw. Lebensweise wesentlich auf den jeweiligen Lebensraum und seine Biozönose einwirken. Dies können auch seltene, lokal vorkommende und bislang nicht erkennbar gefährdete Arten sein (PEU II 2.2, S. 13; näher dazu S. 13 bis 18 sowie ausführlich Anhang, S. 56 ff.).

194 Die Auswahl der Makrozoobenthos-Arten ist entgegen der Auffassung der Kläger nicht zu beanstanden (Auswahlkriterien in PEU II 2.2, S. 13 f.). Die u.a. nach den Kriterien besondere Sensitivität und Schutzverantwortung ausgewählten Arten beziehen sich jeweils auf Teilabschnitte und stellen insoweit räumliche Repräsentanz- sowie Schwerpunktvorkommen dar. Alle acht Arten weisen eine besonders enge Bindung an den Lebensraumtyp Ästuarien (LRT 1130) auf (PEU II 2.2, S. 20). Dabei ist der Wenigborster (Propappus volki) zu Recht mit ausgewählt worden, weil er als Vertreter der Sandlückenräume den benthischen Lebensraum der Fahrrinne repräsentiert und überwiegend in der Fahrrinne mit hohen Strömungsgeschwindigkeiten und starken Sedimentbewegungen vorkommt. Nach den ergänzenden (schriftsätzlichen) Erläuterungen der Beklagten ist die Art gemäß dem im Fachbeitrag herangezogenen Ästuartypieindex (AeTI) kein negativer Indikator, sondern eine an diese Bedingungen angepasste und tolerante, aber dennoch typische Art. Sie kann in anderen Zusammenhängen ein negativer Indikator sein. Dies ist hier aber nicht der Fall, zumal es in Flüssen unabhängig von der Schiffbarkeit (und der Unterhaltung) generelle Unterschiede in der Artenzusammensetzung zwischen Randbereichen und Gewässermitte gibt, die auf unterschiedlichen Substratverhältnissen, Fließgeschwindigkeiten und Salinitäten beruhen und folglich nicht zwangsläufig den Einfluss von Unterhaltungsbaggerungen widerspiegeln.

195 Dem sind die Kläger nicht substanziiert entgegengetreten. Ihr Einwand, die Fahrrinne im tiefen Wasser würde ohne intensive und dauerhafte Unterhaltungsbaggerungen eine weit artenreichere Biozönose aufweisen, geht fehl. Darauf, wie sich das Makrozoobenthos-Vorkommen entwickeln könnte, wenn die Fahrrinne nicht mehr unterhalten würde, kommt es nicht an.

196 h) Die sonstigen Rügen greifen ebenfalls nicht durch.

197 aa) Die auf die Ergebnisse des Monitorings 2014 (Stiller) gestützte Rüge, der neue Fachbeitrag PEU II 2.1 (gefährdete Pflanzenarten) sei auch deshalb fehlerhaft, weil die irreversible Verkleinerung des limnischen Teilareals der Tideelbe als Vegetationsregion mit besonders hoher Artenvielfalt durch Stromaufverschiebung des Brackwasserareals nicht berücksichtigt worden sei, ist unbegründet. Zwar können sich die vorhabenbedingten Änderungen der Salzgehalte langfristig dahin auswirken, dass salztolerantere Arten in ihrer Konkurrenzkraft gegenüber weniger salztoleranten Arten gering gefördert werden (PEU II 2.1, S. 4). Die von der BAW prognostizierten Änderungen des Salzgehalts sind aber auch unter Berücksichtigung der Ist-Zustandsbeschreibung in der Monitoring-Untersuchung 2014 nicht geeignet, erhebliche Beeinträchtigungen namentlich der Makrophyten und der unter ihnen vorkommenden gefährdeten Pflanzenarten zu verursachen. Laut Fachbeitrag (PEU II 2.1, S. 4) unterliegen die 53 Pflanzenarten, für die in einem ersten Prüfschritt eine vorhabenbedingte Betroffenheit durch Salinität nicht sicher ausgeschlossen werden konnte und die daher Art für Art untersucht wurden (PEU II 2.1, S. 19), bereits im Ist-Zustand einem schwankenden Salzeinfluss (periodisch oder aperiodisch während der Vegetationszeit durch Normaltiden, Windfluten bis hin zu Sturmfluten). Echte salzempfindliche, reine Süßwasserarten (Glykophyten i.e.S.) kommen im Untersuchungsgebiet nicht vor (PEU II 2.1, S. 50, 56). Die Auswirkungen auf die salztoleranteren Pflanzen werden als gering positiv und auf die weniger salztoleranten als gering negativ bewertet; insgesamt sind es unerhebliche Auswirkungen (2. PEB, S. 19 f. und 27 letzter Absatz zu 2)).

198 bb) Die UVU/UVP (PFB, S. 395) geht zu Recht davon aus, dass die Herstellung der Vorsetze Köhlbrand keine erheblichen Auswirkungen auf die Brutvögel haben wird. Das Artenspektrum und Vorkommen der Brutvögel im Hamburger Hafen ist sehr eingeschränkt (siehe H.4b, S. 29 und Anhang, Tabelle 1.29; PÄ I, Teil 3, S. 228 und 232). Für die im Köhlbrand brütenden Gehölzbrüter gibt es nach den Ausführungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung von Juli 2014 jenseits der Hochwasserwand und am anderen Ufer in Altona Ausweichmöglichkeiten, sofern es durch Bauarbeiten zu akustischen Vergrämungen kommen sollte. Die Annahme, dass erhebliche Auswirkungen auf die Gastvögel ausgeschlossen werden können, weil im Köhlbrand beständig Schiffsverkehr herrscht und die dort rastenden Vögel an Schiffsbewegungen gewöhnt sind (H.4b, S. 148 und 156; PÄ I, Teil 3, S. 232; PÄ III, Teil 3, S. 107), ist plausibel.

199 Die Rüge, in der UVU/UVP (PFB, S. 392 f. zu den Brutvögeln) bleibe offen, welche Brutvogelarten auf dem Vorland von St. Margarethen durch die UWA und die Übertiefenverfüllung (ÜV) in welchem Ausmaß betroffen seien, greift im Ergebnis nicht durch. Die Ausführungen auf S. 392 f. der Planfeststellungsbeschlüsse sind zwar nicht nachvollziehbar, weil dort für die mit der Errichtung der UWA und der ÜV verbundenen Lärmimmissionen ein Schwellenwert von 47 dB(A) angesetzt worden ist und im Vorland St. Margarethen ein 30 m breiter Streifen von Immissionswerten von 47 bis 52 dB(A) betroffen ist. Dieser Mangel ist aber nicht entscheidungserheblich, weil die Planfeststellungsbeschlüsse insoweit nicht den aktuellen Stand der UVU wiedergeben. Die Auswirkungsprognose ist mit der Planänderung I (Teil 3) auf der Grundlage neuer Erkenntnisse geändert worden. Danach kommt es aufgrund neuer Daten zum Brutvogelvorkommen und neuer Forschungsergebnisse zur Lärmempfindlichkeit von Brutvögeln entgegen der Annahme in der ursprünglichen UVU (H.4b, S. 117 f.) nicht zu einer Lebensraumminderung um 25 % auf einem ca. 30 m breiten Uferstreifen im Vorland von St. Margarethen. Der angesetzte schallkritische Wert von 47 dB(A) hat sich in neuen Untersuchungen nur für den schallempfindlichen Wachtelkönig bestätigt, der im Vorland von St. Margarethen brütet (PÄ I, Teil 3, S. 130). Für die im Gebiet vorhandenen Arten Bekassine, Kiebitz, Rotschenkel und Uferschnepfe liegt er dagegen nach neuerer Einschätzung bei 55 dB(A) (PÄ I, Teil 3, S. 131). Diese Grenze wird im gesamten Vorland nicht erreicht. Soweit für einen maximal 30 m breiten Uferstreifen im Vorland von St. Margarethen Lärmwerte von über 47 dB(A) prognostiziert werden, befinden sich dort keine Brutplätze des Wachtelkönigs.

200 Die UVU/UVP zu den Auswirkungen der UWA St. Margarethen, Scheelenkuhlen und Brokdorf auf die Gastvögel (PFB, S. 399 f.) ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die UVU erkennt diese Bereiche als wertvolle Gastvogellebensräume mit hoher bzw. sehr hoher Bedeutung an und setzt gestützt auf Veröffentlichungen zum Einfluss von Straßenverkehr, Windkraftanlagen, Freizeitaktivitäten, Wasserfahrzeugen, Tourismus und anderen Störquellen als worst-case pauschal einen Störungs- bzw. Meidungsradius von 500 m um die Baustellen herum an. Zudem wird darauf abgestellt, dass ausreichend Raum für Ausweichbewegungen zur Verfügung steht, weil nicht alle Maßnahmen gleichzeitig realisiert werden (PFB, S. 399 f.; H.4b, S. 145 f., 155; PÄ III, Teil 3, S. 107). Dagegen ist nichts zu erinnern. Die Übersicht zum vorgesehenen Bauablauf (PÄ III, Teil 1, S. 22) weist eine zeitlich versetzte Errichtung der UWA aus. Überdies nehmen die Bauarbeiten jeweils nur vier bis sechs Monate in Anspruch. Angesichts der räumlichen Nähe der für die UWA vorgesehenen Flächen zueinander (Lage im Bereich km 683 bis km 692) ist nachvollziehbar, dass während der Bauzeit erreichbare Ausweichmöglichkeiten bestehen.

201 cc) Die Rüge, die Auswirkungen des Vorhabens auf das Ufergrundstück des Klägers zu 1 und des WWF im Naturschutzgebiet Allwördener Außendeich bei Freiburg könnten mangels ortsbezogener Bestandsaufnahmen in der UVU nicht beurteilt werden, ist nicht begründet. Das Naturschutzgebiet Allwördener Außendeich/Brammersand wird im UVU-Teilgutachten H.4b zur terrestrischen Fauna bei der Darstellung des Brut- und Gastvogelbestandes auf S. 35 und 92 als Teilgebiet 2121.4/1 bzw. 1.8.03.05 aufgeführt und das Brut- und Gastvögelvorkommen artenbezogen beschrieben. Der Ortsbezug kann ohne Weiteres mithilfe der Karten H.4b-1 und H.4b-2 hergestellt werden, in denen die einzelnen Teilgebiete ausgewiesen sind.

202 dd) Der auf S. 464 der Planfeststellungsbeschlüsse bezogene Vorwurf, baubedingte Auswirkungen auf das Schutzgut Boden seien nur für die UWA Glameyer Stack, den Neßsand-Düker und die Richtfeuerlinie Blankenese quantifiziert worden, ist nicht gerechtfertigt. Die UVP knüpft insoweit an den - wie oben ausgeführt - nicht zu beanstandenden Ansatz der UVU an, vegetationslose Flächen unterhalb der MThw-Linie nicht dem Schutzgut Boden zuzurechnen. Im Übrigen differenziert die UVU zwischen bau-, anlage- und betriebsbedingten Wirkfaktoren. Zu den baubedingten Wirkungen zählen die Ausbaumaßnahmen und die Strombau- und Verbringungsmaßnahmen. Ausgehend von dieser Differenzierung und der Zuordnung der (vegetationslosen) Unterwasserböden zum Schutzgut Wasser ist nicht ersichtlich, dass noch weitere baubedingte Auswirkungen auf das Schutzgut Boden hätten quantifiziert werden müssen. Daraus folgt zugleich, dass auch die Rüge, beim Schutzgut Boden seien sämtliche anlagebedingten Auswirkungen auf Unterwasserböden wegen der fehlerhaften Grenzziehung zwischen Boden und Wasser zu Unrecht ausgegrenzt worden, nicht durchgreift.

203 ee) Die Rüge, die Prognose der vorhabenbedingten Auswirkungen auf terrestrische Biotoptypen im Bereich der UWA Glameyer Stack und der Richtfeuerlinie Ober- und Unterfeuer Blankenese (PFB, S. 442 f.) sei mangelhaft, weil aus der UVU nicht erkennbar sei, welche wertgebenden Arten betroffen seien, ist ebenfalls unbegründet.

204 Die Spülleitung zur Einspülung der UWA Glameyer Stack-Ost wird von Land aus antransportiert und dort zwischengelagert (PFB, S. 441). Der Zusammenbau erfolgt auf den Wattflächen. Der Transport erfolgt ausschließlich über vorhandene Wege, als Lagerplatz soll - wenn eine Lagerung auf den vorhandenen Verkehrsflächen nicht möglich ist - zusätzlich eine Fläche von maximal 0,2 ha in einem ufernahen Suchraum von 9,4 ha östlich von Glameyer Stack genutzt werden. In der vorläufigen Anordnung vom 11. Mai 2010 ist dem Vorhabenträger die Auflage erteilt worden, die Baustelle nur auf einer solchen Fläche einzurichten, auf der sich keine größeren Bestände gefährdeter Arten der Roten Listen befinden. Die Fläche muss zuvor kartiert oder anhand der Daten des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz beurteilt werden. In der UVU bedurfte es daher keiner artenbezogenen Bestandsaufnahme, weil dies in der vorläufigen Anordnung speziell geregelt ist. Dass erhebliche Auswirkungen auf die Biotoptypen angesichts der Kleinräumigkeit der Fläche von 0,2 ha unwahrscheinlich sind, liegt auf der Hand.

205 Die Baustelle für das Unterfeuer der Richtfeuerlinie Blankenese ist als Wasserbaustelle geplant (PFB, S. 443). Die Erschließung der Baustelle für das Oberfeuer erfolgt über den Elbuferweg, die Baustelleneinrichtung ist auf dem Baugrundstück möglich. Durch die landseitigen Baustelleneinrichtungsflächen und die Baustellenerschließungen kommt es zu vorübergehenden Belastungen der terrestrischen Flora (artenreicher Scherrasen), während die dauerhafte Flächeninanspruchnahme durch die Errichtung des Oberfeuers sich auf 0,1 ha beschränkt (H.4a, S. 149, sowie PÄ III, Teil 3, S. 98 f.). Warum es beim Biotoptyp des artenreichen Scherrasens (H.4a, S. 78) weiterer artenbezogener Ermittlungen bedurft hätte, erschließt sich nicht. Die angenommene Wertstufe 2 ist nach der UVU (H.4a, S. 113), die insoweit der Einordnung nach Bierhals u.a. folgt, die höchstmögliche.

206 B. Die Planfeststellungsbeschlüsse verstoßen mit Ausnahme einer teilweise fehlerhaften FFH-Verträglichkeits- und Abweichungsprüfung und eines daraus folgenden Fehlers der planerischen Abwägung nicht gegen materiell-rechtliche Vorschriften.

207 I. Die Planrechtfertigung liegt vor.

208 Eine Wasserstraßenplanung ist gerechtfertigt, wenn für das beabsichtigte Vorhaben nach Maßgabe der vom Bundeswasserstraßengesetz verfolgten Ziele einschließlich sonstiger gesetzlicher Entscheidungen ein Bedürfnis besteht. Das ist nicht erst bei der Unausweichlichkeit des Vorhabens der Fall, sondern bereits dann, wenn es vernünftigerweise geboten ist (BVerwG, Urteil vom 9. November 2006 - 4 A 2001.06 - BVerwGE 127, 95 Rn. 34; Gerichtsbescheid vom 29. Januar 2009 - 7 A 1.08 - Rn. 13). Zu den wasserstraßenrechtlichen Ausbauzielen gehören gemäß § 1 Abs. 1 WaStrG, § 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Seeschifffahrt (Seeaufgabengesetz - SeeAufG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 17. Juni 2016 (BGBl. I S. 1489) u.a. die Erhaltung und Verbesserung der Funktion der Wasserstraßen für den allgemeinen Schiffsverkehr, die Vermeidung von Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs und die ungehinderte Erreichbarkeit der Häfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. August 2016 - 7 A 1.15 - Rn. 59). Das streitgegenständliche Vorhaben entspricht diesen gesetzlichen Planungszielen.

209 Die Ausbaumaßnahmen zielen auf die Verbesserung der Verkehrsfunktion der Bundeswasserstraße Elbe, der besonders hohe verkehrliche Bedeutung zukommt. Dies belegt schon ihre Aufnahme in Anlage 2 zum Bundeswasserstraßengesetz durch das Gesetz zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturmaßnahmen vom 9. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2833, 2842). Die Aufnahme in Anlage 2 zum Bundeswasserstraßengesetz stellt zwar - wovon auch die Planfeststellungsbehörden zu Recht ausgegangen sind (PFB, S. 141) - keine gesetzliche und damit auch keine für das gerichtliche Verfahren verbindliche Bedarfsfeststellung dar, sie ist aber Ausdruck der Verkehrsbedeutung, die der Gesetzgeber diesen Wasserstraßen beimisst (vgl. BVerwG, Gerichtsbescheid vom 29. Januar 2009 - 7 A 1.08 - Rn. 13; inzwischen ist der vordringliche Bedarf für eine Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe in § 1 i.V.m. der Anlage, Abschnitt 1, lfd. Nr. 11 zum Bundeswasserstraßenausbaugesetz - WaStrAbG - vom 23. Dezember 2016, BGBl. I S. 3224, verbindlich normiert). Ausweislich der Gesetzesbegründung zum Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz (BT-Drs. 16/54 S. 37) dient der Ausbau der Unter- und Außenelbe der Verbesserung der seewärtigen Zufahrt zu einem deutschen Seehafen (§ 14e Abs. 1 Nr. 3), zudem erfüllt er die Kriterien des § 14e Abs. 1 Nr. 4 (sonstiger internationaler Bezug) und Nr. 5 (besondere Funktion zur Beseitigung schwerwiegender Verkehrsengpässe).

210 Bezogen auf diese Ziele erweist sich das Vorhaben als vernünftigerweise geboten. Es dient dazu, die tideunabhängige und tideabhängige Erreichbarkeit des Hamburger Hafens für große Containerschiffe zu verbessern und Gefahren und Erschwernisse aus dem Begegnungsverkehr zu mindern (PFB, S. 76 ff.). In den Planfeststellungsbeschlüssen (S. 140 ff.) und der planfestgestellten Bedarfsbegründung (B.1) ist nachvollziehbar dargelegt, dass insbesondere die Containerschifffahrt ein konkretes Bedürfnis für eine Verbesserung der Erreichbarkeit des Hamburger Hafens hat. Die Tiefgänge der weltweit und auf der Unter- und Außenelbe eingesetzten Containerschiffe nehmen zu. Die Anzahl von Containerschiffen mit einem Konstruktionstiefgang von mehr als 13,5 m hat laut Erläuterungsbericht schon in der Vergangenheit deutlich zugenommen. Für die Zukunft sind auch und gerade auf der Ostasien-Route, die in Hamburg rund die Hälfte des seit der letzten Elbvertiefung deutlich gestiegenen Containerumschlags ausmacht, weiter zunehmende Schiffstiefgänge und immer größere Schiffseinheiten zu erwarten. Containerschiffe in der Größe des Bemessungsschiffs mit einem Tiefgang von 14,50 m werden zukünftig die Regel sein. Ihre wirtschaftlich sinnvolle Ausnutzung hängt maßgeblich davon ab, ob die Ladungskapazitäten ausgeschöpft und tidebedingte Wartezeiten vermieden bzw. reduziert werden können (PFB, S. 143; B.1, S. 15 ff.). Der Verkehrsbedarf ist anlässlich der Planänderung III aufgrund des seinerzeit infolge der Weltwirtschaftskrise zu verzeichnenden Rückgangs des Seeverkehrs weltweit und im Hamburger Hafen nochmals überprüft worden; Anhaltspunkte für einen Fortfall des Verkehrsbedarfs haben sich dabei nicht ergeben (PÄ III, Teil 11a).

211 Die insbesondere auf Gutachten von Dr. Feldt gestützten Einwände der Kläger gegen die Planrechtfertigung greifen nicht durch. Die gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Prognose des Verkehrsbedarfs wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Entwicklung des Containerumschlags im Hamburger Hafen - abgesehen vom Einbruch während der Weltwirtschaftskrise - durchweg erhebliche, teils zweistellige prozentuale Zuwächse aufweist. Dieser Umstand rechtfertigt für sich genommen nicht die Einschätzung, dass die Zugangserschwernisse für große Containerschiffe sich weder bisher ausgewirkt haben noch zukünftig auswirken werden. Dasselbe gilt für den Hinweis, die in der Unterelbe real gefahrenen Tiefgänge im Zeitraum 2002 bis 2011 belegten, dass selbst die schon jetzt möglichen Tiefgänge nicht genutzt würden. Zum einen zeigt die Tiefgangsentwicklung im Anschluss an die Fahrrinnenvertiefung 1999, dass die Tiefgänge mit mehr als 11,70 m (maximal möglicher Salzwassertiefgang im tideunabhängigen Verkehr vor 1999) nach Abschluss der Ausbaumaßnahmen 2000 rapide zugenommen haben (vgl. dazu Abbildung 7, S. 11, der als Anlage B 10 von den Beklagten vorgelegten Stellungnahme der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt vom 2. April 2014). Zum anderen sind die Auslastungsgrade und durchschnittlichen Abladetiefgänge in der Vergangenheit nicht geeignet, die Planrechtfertigung in Zweifel zu ziehen, weil damit keine methodischen Mängel der Bedarfsprognose aufgezeigt werden. Bisher nicht genutzte Auslastungsgrade und Tiefgangsspielräume eingesetzter Containerschiffe sind kein Indiz dafür, dass ein größerer Tiefgang von den Reedereien nicht gewollt oder vom Umschlagsaufkommen her nicht möglich gewesen wäre (PFB, S. 160 f.), geschweige denn zwingen sie zu dem Schluss, dass hierfür auch künftig kein Bedarf besteht. Die für die Bewertung des Verkehrsbedarfs in erster Linie maßgebliche, von konjunkturellen Schwankungen weitgehend unabhängige Entwicklung der Schiffsgrößen steht außer Zweifel.

212 Die Rüge, der ursprünglich für die Bestimmung des Ausbaubedarfs gewählte Konstruktionstiefgang des Bemessungsschiffs sei im Verlauf der Planungen zu einem Gebrauchstiefgang "mutiert", ist unbegründet. Die Kläger missverstehen den Zusammenhang zwischen den Ausbauzielen und dem Bemessungsschiff. Ausbauziele sind ein realer Abladetiefgang von 13,50 m für die tideunabhängige und von 14,50 m für die tideabhängige Fahrt (PFB, S. 76; B.2, S. 14 ff.). Damit stellen die Planfeststellungsbeschlüsse in Rechnung, dass der Maximaltiefgang nur in Ausnahmefällen erreicht wird, weil die Schiffe ihre Tragfähigkeit nicht voll ausnutzen. Konstruktiv sind die Schiffe mit Blick auf Geschwindigkeit und Treibstoffverbrauch auf den Gebrauchstiefgang ausgelegt, der je nach Konstruktion des Schiffes um 0,50 bis 1,50 m geringer ist als der Konstruktionstiefgang (S. 166 f.). Das Bemessungsschiff ist nicht selbst der Bedarfsträger für die Fahrrinne, sondern stellt nur ein Modell (planerisches Axiom) für die Bandbreite von Schiffen dar, die mit einem realen Abladetiefgang von 14,50 m tideabhängig auf der Elbe verkehren können sollen. Es dient zur Ableitung der durchschnittlichen Anforderungen an eine Fahrrinne durch die prognostizierten Containerflotten, aus denen sich die Dimensionierung der Fahrrinne ergibt. Anders als bei real existierenden Schiffen wird beim Bemessungsschiff nicht zwischen dem Konstruktions- und Gebrauchstiefgang unterschieden.

213 Soweit der Gutachter Dr. Feldt das konkrete Ausbaumaß als überzogen beanstandet, kommt dieser Frage nach der bedarfsangemessenen Dimensionierung nur im Rahmen der habitatschutzrechtlichen Alternativenprüfung bzw. der planerischen Abwägung Bedeutung zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986 - 4 C 13.85 - BVerwGE 75, 214 <238>).

214 II. Die habitatschutzrechtliche Prüfung genügt hinsichtlich der Betroffenheit der prioritären Pflanzenart Schierlings-Wasserfenchel und der Abweichungsprüfung nicht in jeder Hinsicht den gesetzlichen Anforderungen. Im Übrigen verstoßen die Planfeststellungsbeschlüsse nicht gegen Vorschriften zum Schutz von FFH- und Europäischen Vogelschutzgebieten.

215 1. Projekte können ein FFH-Gebiet erheblich beeinträchtigen, wenn sie drohen, die für das Gebiet festgelegten Erhaltungsziele zu gefährden (EuGH, Urteil vom 7. September 2004 - C-127/02 [ECLI:​EU:​C:​2004:​482] - Rn. 48). Maßgebliches Kriterium ist der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten im Sinne der Legaldefinitionen des Art. 1 Buchst. e und i der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 S. 7 - Habitatrichtlinie - FFH-RL). Ein günstiger Erhaltungszustand muss trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben (BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 43). Dass keine Beeinträchtigungen auftreten, muss gewiss sein. Nur wenn insoweit keine vernünftigen Zweifel verbleiben, darf die Verträglichkeitsprüfung mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen werden (EuGH, Urteil vom 7. September 2004 - C-127/02 - Rn. 59 und 61; BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 56). Dieser Maßstab gilt gleichermaßen für Vogelschutzgebiete im Sinne der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (kodifizierte Fassung, ABl. L 20 S. 7 - Vogelschutzrichtlinie - VRL), die gemäß § 32 Abs. 2 BNatSchG zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Abs. 2 BNatSchG erklärt worden sind. Mit der Schutzgebietserklärung geht das Gebiet nach Art. 7 FFH-RL in das Schutzregime dieser Richtlinie über; ein mit den Erhaltungszielen des Gebiets unverträgliches Vorhaben kann dann im Wege der Abweichungsprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG/Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL zugelassen werden (BVerwG, Urteil vom 1. April 2004 - 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276 <LS 2 und S. 282 ff.>). Anderenfalls bleibt es bei dem strengeren Schutzregime der Vogelschutzrichtlinie, nach der nur überragende Gemeinwohlbelange wie der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen oder der Schutz der öffentlichen Sicherheit die Verbote des Art. 4 Abs. 4 VRL überwinden können (BVerwG, Urteil vom 1. April 2004 - 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276 <289>).

216 Die Verträglichkeitsprüfung für Vorhaben in einem Ästuar hat den Besonderheiten dieses Lebensraumtyps Rechnung zu tragen. Ästuare sind hochdynamische und komplexe Ökosysteme mit Tief- und Flachwasserzonen, Watten, Uferröhrichten, Uferstaudenfluren und Auenwäldern. Die Ausdehnung dieser Bereiche und die natürliche Fluktuation der geschützten Arten und Lebensraumtypen schwankt in Abhängigkeit von Mündungsform, Oberwasserzufluss, Tidegeschehen und Windeinfluss. Tidegeschehen und Oberwasserzufluss bestimmen zudem den Sedimenttransport sowie die Nähr- und Schwebstoffgehalte. Selbst in einem naturnahen Zustand unterliegen die Lage und das Verhältnis der Land- und Wasserflächen infolge von Ablagerungs- und Abtragungsprozessen einem stetigen Wandel (vgl. Rahmenkonzeption "FFH-Gebiete im Elbästuar - Ziele für die Erhaltung und Entwicklung" der FFH-Lenkungsgruppe norddeutscher Länder, Natura 2000 im Elbästuar, von April 2005, S. 46; Leitfaden EU-Kommission zur Umsetzung der Vogelschutz- und der Habitatrichtlinie in Mündungsgebieten (Ästuaren) und Küstengebieten, Januar 2011, S. 6). Bereits bei der Festlegung von Erhaltungszielen und dem Gebietsmanagement steht daher nicht die Erhaltung des aktuellen räumlichen Musters einzelner Ästuarstrukturen, sondern die Wahrung und Förderung der wesentlichen Funktionen des Elbästuars in einer sich verändernden Landschaft im Vordergrund (Rahmenkonzept, S. 44; EU-Leitfaden, S. 24 f.). Auch für die Frage, ob die mit einem Vorhaben verbundenen Einwirkungen auf das Ästuar die habitatrechtlich festgelegten Erhaltungsziele gefährden können, ist diese Dynamik zu berücksichtigen. Diesen Maßstäben wird die Verträglichkeitsprüfung mit den genannten Einschränkungen gerecht.

217 a) Die Verträglichkeitsprüfung beruht nicht auf einer fehlerhaften Summationsbetrachtung. Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG ist bei der Verträglichkeitsprüfung auch das Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen in den Blick zu nehmen. Die Planfeststellungsbeschlüsse berücksichtigen "alle Pläne und Projekte mit hinreichender planerischer Verfestigung bis Ende Herbst 2010, weitere Projekte werden bis zur Vorlage des Planfeststellungsbeschlusses fortlaufend nachgeführt" (S. 928, 2. Abs. a.E.). Recherchierte Projekte, die noch nicht beantragt sind, noch keine Planreife erlangt haben oder für die keine Unterlagen zur Umwelt- und FFH-Verträglichkeit vorliegen, werden aufgeführt, aber nicht weiter berücksichtigt. Dies gilt auch für den Fall, dass "derartige Projekte bis zum Zeitpunkt der Planfeststellung der Fahrrinnenanpassung dennoch genehmigt sein könnten und folglich zum Zeitpunkt der Planfeststellung in die durch die Planfeststellungsbehörden fixierten Summationskulissen gelangen" (PFB, S. 928, 3. Abs. a.E.).

218 Diese Ausführungen sind - wie die Kläger zu Recht monieren - weder in sich schlüssig noch stimmen sie mit den Erläuterungen auf S. 1650 der Planfeststellungsbeschlüsse überein. Die Kläger haben aber nicht dargetan, dass diese Unschärfen entscheidungserheblich sind. Ihre gegen die Beschreibung der allgemeinen Summationskulisse gerichtete Kritik sieht schon daran vorbei, dass in den Planfeststellungsbeschlüssen gebietsspezifische Summationsbetrachtungen angestellt worden sind, die auch Entwicklungen nach der Planänderung III einbeziehen (PFB, S. 929; vgl. etwa PFB, S. 1052 ff., 1110 ff. und 1472 ff.). Zudem fehlt es an substanziellen Ausführungen dazu, für welche Arten oder Lebensraumtypen die jeweilige gebietsspezifische Summationsbetrachtung unzulänglich und die Betroffenheit daher unterschätzt worden ist. Die nur allgemein gehaltenen weiteren Rügen der Kläger greifen nicht durch.

219 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind andere Pläne und Projekte dann in die Verträglichkeitsprüfung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG einzubeziehen, wenn ihre Auswirkungen und damit das Ausmaß der Summationswirkung verlässlich absehbar sind. Das ist grundsätzlich erst dann der Fall, wenn die hierfür erforderliche Genehmigung erteilt ist. An der gebotenen Gewissheit fehlt es jedenfalls dann, wenn bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses noch nicht absehbar ist, ob und wann das weitere Projekt realisiert werden wird (BVerwG, Urteile vom 21. Mai 2008 - 9 A 68.07 - Buchholz 406.400 § 34 BNatSchG 2002 Nr. 1 Rn. 21, vom 24. November 2011 - 9 A 23.10 - BVerwGE 141, 171 Rn. 40 und vom 15. Juli 2016 - 9 C 3.16 - NVwZ 2016, 1631 Rn. 56; Beschluss vom 9. Dezember 2011 - 9 B 44.11 - Buchholz 406.400 § 34 BNatSchG 2002 Nr. 7 Rn. 3).

220 aa) Bei Anlegung dieser Maßstäbe mussten die Baggerungen zur Herstellung und Aufrechterhaltung der 1999 planfestgestellten Solltiefe bzw. ihre Folgen nicht als anderes Projekt in die Summationsbetrachtung eingestellt werden. Die Auswirkungen umgesetzter Vorhaben oder bisheriger Nutzungen, die - wie hier die Ausbaumaßnahmen 1999 und die anschließenden Unterhaltungsbaggerungen - bereits in den Ist-Zustand eingegangen sind, müssen nicht in die Summationsbetrachtung eingestellt werden, sondern sind als Vorbelastung in die Verträglichkeitsprüfung einzubeziehen. Dies bewirkt keine unzulässige Reduzierung des Schutzniveaus. Vorbelastungen können den Erhaltungszustand so verschlechtern, dass nur noch geringere Zusatzbelastungen toleriert werden können (BVerwG, Beschluss vom 10. November 2009 - 9 B 28.09 - Buchholz 406.400 § 34 BNatSchG 2002 Nr. 3 Rn. 3). Die Unterhaltungsmaßnahmen zur Erhaltung der 1999 planfestgestellten Solltiefe werden nach Herstellung der planfestgestellten neuen Solltiefe nicht fortgesetzt, sondern von den Unterhaltungsmaßnahmen zur Erhaltung der neuen Solltiefe und -breite abgelöst. Die Bundeswasserstraße Elbe ist dem Schiffsverkehr gewidmet. Ihr widmungsgemäßer, mittels schifffahrtsfunktionaler Unterhaltungsmaßnahmen (§ 8 Abs. 1 Satz 1 WaStrG) zu sichernder Zustand ergibt sich aus der planungsrechtlichen Zulassungsentscheidung (BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2001 - 9 A 13.01 - BVerwGE 115, 294 <298 f.>). Die planfestgestellte neue Solltiefe liegt ausweislich der Abbildung auf S. 78 der Planfeststellungsbeschlüsse durchweg unterhalb der 1999 planfestgestellten Solltiefe. Auch aus dem Urteil des EuGH vom 14. Januar 2010 in der Rechtssache - C-226/08 [ECLI:​EU:​C:​2010:​10], Papenburg - (Rn. 47 ff., 51) ergibt sich keine Notwendigkeit summierender Betrachtung. Die Entscheidung betrifft sukzessive Unterhaltungsmaßnahmen in der Fahrrinne (Bedarfsbaggerungen), die vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Habitatrichtlinie genehmigt worden waren, danach aber fortgesetzt wurden.

221 bb) Die Verfüllung des Steinwerder Hafens ist zu Recht nicht in die Summationsbetrachtung eingestellt worden (PFB, S. 1662). Soweit in der Klagebegründung vom 16. August 2012 (S. 164) von der "jüngst planfestgestellten Verfüllungsmaßnahme im Steinwerder Hafen" die Rede ist, kann dies nicht nachvollzogen werden. Soweit ersichtlich ist die "Verfüllung Südteil Steinwerder Hafen" erst mit Beschluss vom 13. Januar 2014 planfestgestellt worden. Ungeachtet dessen kommt die für diese Maßnahme angestellte Vorprüfung der FFH-Verträglichkeit zu dem Ergebnis, dass das Vorhaben zu keinerlei Beeinträchtigungen von Schutzgebieten führt; relevante Kumulationseffekte mit anderen Plänen und Projekten könnten ausgeschlossen werden (PFB "Verfüllung Steinwerder Hafen", S. 47). Vor diesem Hintergrund können Summationseffekte auch für das streitgegenständliche Ausbauvorhaben ausgeschlossen werden.

222 Der Rüge der Kläger, die Beklagten hätten die in die Summationsbetrachtung eingestellten Projekte im Hamburger Hafen nur exemplarisch benannt, musste der Senat nicht weiter nachgehen. Die Kläger haben nicht dargetan, welche konkreten Projekte sie - neben der Verfüllung des Steinwerder Hafens - in der Summationskulisse vermissen. Offenbleiben kann daher auch, bis zu welchem Zeitpunkt die Planfeststellungsbehörde die Summationskulisse nachhalten kann und muss.

223 cc) Das mit Bescheid vom 30. September 2008 immissionsschutzrechtlich genehmigte Kraftwerk Moorburg in der Süderelbe ist in die Summationsbetrachtung eingestellt worden (PÄ I, Teil 5, Teil 1, S. 73 und PÄ III, Teil 5, Teil 1, S. 21 und 24 sowie Karte T5-02; PFB, S. 928 und 1663 f.). Die zuletzt mit Bescheid vom 21. Februar 2011 geänderte wasserrechtliche Erlaubnis für das Kraftwerk vom 4. Oktober 2010 ist noch nicht bestandskräftig; sie ist Gegenstand eines derzeit ruhenden Revisionsverfahrens (BVerwG 7 C 7.16 ). In der FFH-VU für das streitgegenständliche Ausbauvorhaben wird auf die Verträglichkeitsuntersuchung von KlfL von 2006 für das Kraftwerk Moorburg verwiesen (PÄ III, Teil 5, Teil 1, S. 24). Als für die Summationsbetrachtung relevante Wirkpfade benennen die Planfeststellungsbeschlüsse (S. 929) den Qualitätsverlust der Fischwanderstrecke wegen Ausfalls der Rastmöglichkeit in der Alten Süderelbe (anlagebedingt), den Tod von Fischen und Neunaugen durch starke Erschütterungen unter Wasser (Bauphase), die Einschränkung der Passierbarkeit der Süderelbe bzw. den Tod von Fischen und Neunaugen durch Sauerstoffdefizite und den Tod von Fischen und Neunaugen durch die Kühlwasserentnahme (Betriebsphase). Erhebliche Beeinträchtigungen von Fischen und Neunaugen durch Summationseffekte werden unter Hinweis auf die für das Kraftwerk vorgesehenen Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen (erschütterungsarme Bauverfahren, Stärkung der Bestände der Langdistanzwanderfisch- und Neunaugenarten durch den Bau einer zweiten Fischaufstiegsanlage beim Wehr Geesthacht, Anreicherung des Kühlwassers mit Sauerstoff in kritischen Situationen) ausgeschlossen (PFB, S. 930; PÄ I, Teil 5, Teil 1, S. 73). Die Beklagten waren nicht gehindert, ihrer Summationsbetrachtung die Auswirkungsprognose von KlfL zugrunde zu legen und darauf gestützt eine Summationswirkung auszuschließen. Es ist nicht Aufgabe der Planfeststellungsbehörden, im Rahmen der Summationsbetrachtung die FFH-Verträglichkeitsprüfungen für andere Vorhaben inzident auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen.

224 dd) Der Wärmelastplan für die Tideelbe von Dezember 2008 stellt entgegen der Auffassung der Kläger kein anderes Projekt im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG dar. Der - im Bundesnaturschutzgesetz und der Habitatrichtlinie nicht legal definierte - Begriff "Projekt" wird in Art. 1 Abs. 2 Buchst. a UVP-RL als die Errichtung von baulichen oder sonstigen Anlagen und sonstige Eingriffe in Natur und Landschaft definiert (siehe EU-Kommission, Natura 2000 - Gebietsmanagement, S. 33). Das trifft auf den Wärmelastplan offensichtlich nicht zu. Er ist trotz seiner Bezeichnung auch kein "Plan" im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG. Damit sind, wie sich bereits aus dem Wortlaut von § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG und Art. 6 Abs. 3 FFH-RL ergibt, nur solche Pläne gemeint, von denen Auswirkungen auf Natura 2000-Gebiete ausgehen können (BVerwG, Beschluss vom 5. September 2012 - 7 B 24.12 - Buchholz 406.403 § 34 BNatSchG Nr. 1 Rn. 12; vgl. EU-Kommission a.a.O. S. 34). Das ist beim Wärmelastplan nicht der Fall. Es handelt sich dabei lediglich um eine ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift mit Handlungsempfehlungen im Sinne von Mindestanforderungen an die Qualität eines Gewässers bei der Zulassung von Projekten.

225 b) Die Strombauwerke und die Anordnung zu den Schiffsgeschwindigkeiten sind zu Recht als Schadensminderungsmaßnahmen in die Verträglichkeitsprüfung eingestellt worden.

226 Schadensvermeidungs- oder minderungsmaßnahmen müssen erhebliche Beeinträchtigungen nachweislich wirksam verhindern oder reduzieren. Der Nachweis obliegt der Behörde, sämtliche Risiken, die aus Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Maßnahmen oder der Beurteilung ihrer langfristigen Wirksamkeit resultieren, gehen zu Lasten des Vorhabens (EuGH, Urteil vom 29. Januar 2004 - C-209/02 [ECLI:​EU:​C:​2004:​61] - Rn. 24 bis 26). Notwendiger Bestandteil des Schutzkonzepts kann die Anordnung eines Monitorings sein. Ein Monitoring allein reicht aber nicht aus, sondern muss Teil eines Risikomanagements sein, das die fortdauernde ökologische Funktion der Schutzmaßnahmen gewährleistet. Begleitend zum Monitoring müssen Korrektur- und Vorsorgemaßnahmen für den Fall angeordnet werden, dass die Beobachtung nachträglich einen Fehlschlag der positiven Prognose anzeigt. Die Korrektur- und Vorsorgemaßnahmen müssen geeignet sein, Risiken für die Erhaltungsziele wirksam auszuräumen (BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 54).

227 aa) Diesen Anforderungen werden die Strombaumaßnahmen im Mündungsgebiet, die im Hinblick auf die nachhaltige Dämpfung der unerwünschten Ausbauwirkungen einen unverzichtbaren Bestandteil des Ausbauvorhabens darstellen (PFB, S. 235; PÄ III, Teil 11b, S. 29), gerecht. Wie vorstehend unter A.III.1.a) bb) (2) näher dargelegt, begegnet die u.a. auf Gutachten von IMS GmbH und INROS Lackner AG sowie langjährige Erfahrungen mit der Errichtung und Unterhaltung von Strombauwerken gestützte Einschätzung, dass die UWA im Mündungsbereich lage- und funktionsstabil errichtet werden können, keinen durchgreifenden Bedenken. Die Lage und Form der UWA ist über eine längere Planungsphase entwickelt und optimiert worden. Ihre Lage- und Funktionsstabilität wird im Rahmen des in den Planfeststellungsbeschlüssen (PFB, S. 57; 2. PEB, S. 6) angeordneten Monitorings engmaschig (halbjährlich) überwacht, so dass bauliche Maßnahmen zur Erhaltung und Sicherung der Lagestabilität zeitnah geplant und ergriffen werden können.

228 bb) Auch die Anordnung zu den Schiffsgeschwindigkeiten genügt den oben genannten Anforderungen. Dass die in den Planfeststellungsbeschlüssen (Auflage A.II.5.3.3; PFB, S. 65) vorgesehenen Geschwindigkeitsbegrenzungen geeignet sind, die schiffserzeugten Belastungen zu vermeiden oder zu reduzieren, ist vorstehend unter A.III.1.d) näher dargelegt. Die Auflage A.II.5.3.3 ist aufgrund der Beanstandungen im Hinweisbeschluss vom 2. Oktober 2014 (Rn. 22 ff.) in Satz 2 durch eine Regelung ergänzt worden, die die Festsetzung der zur Überwachung der tatsächlichen Geschwindigkeiten durchs Wasser geeigneten Maßnahmen einer Planergänzung vorbehält.

229 Entgegen der Auffassung der Kläger musste die Überwachungsmethode als solche nicht schon in den Planfeststellungsbeschlüssen festgelegt werden, sondern kann Gegenstand einer Vorbehaltsregelung sein. Darin liegt - auch mit Blick auf den Charakter der Geschwindigkeitsbegrenzung als Schadensminderungsmaßnahme - kein unzulässiger Konflikttransfer. Von einer unzureichenden Problembewältigung wäre nur dann auszugehen, wenn die Planfeststellungsbehörden bei Erlass der Planfeststellungsbeschlüsse nicht annehmen durften, dass ein wirksames Verfahren zur Überwachung der Geschwindigkeiten durchs Wasser entwickelt werden kann. Anhaltspunkte dafür haben die Kläger nicht dargetan und sind auch sonst nicht ersichtlich. Sie folgen insbesondere nicht aus dem seit Erlass der Planfeststellungsbeschlüsse im April 2012 verstrichenen Zeitraum. Die Beklagten haben unter Vorlage eines ausführlichen und aussagekräftigen Berichts des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Hamburg vom 26. Juni 2016 zu den Grundlagen und den Einzelheiten der Überwachungsmethode nachvollziehbar dargetan, dass die Entwicklung der Überwachungsmethode in der Zwischenzeit deutlich vorangeschritten ist. Die Methode als solche "steht", die zur praktischen Umsetzung erforderliche Software ist entwickelt und befindet sich im Probebetrieb. Zur Überprüfung ihrer Wirksamkeit ist in den Planfeststellungsbeschlüssen unter A.II.5.3.4 (S. 65) eine Dokumentations- und Berichtspflicht vorgesehen. Für den Fall, dass die Maßnahmen sich als unzureichend erweisen, haben sich die Planfeststellungsbehörden unter A.II.5.3.5 (S. 65) weitere Maßnahmen vorbehalten.

230 Die Regelung unter A.II.5.3.3 Satz 2 (2. PEB, S. 6) begegnet weder im Hinblick auf zeitliche Aspekte noch auf Beteiligungsrechte Bedenken. Gemäß Auflage A.II.5.3.1 Satz 1 (PFB, S. 65) haben die Vorhabenträger vor Fertigstellung der Fahrrinnenanpassung durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die Geschwindigkeiten durchs Wasser nicht überschritten werden. Damit ist gewährleistet, dass die schädlichen Auswirkungen ab dem Zeitpunkt der Vorhabenverwirklichung wirksam verhindert werden (vgl. zu dieser Anforderung BVerwG, Urteil vom 23. April 2014 - 9 A 25.12 - BVerwGE 149, 289 Rn. 60). Die Beteiligungsrechte sind im ergänzenden Verfahren zu wahren. Der Einwand der Kläger, ein solches Verfahren sei nicht mehr ergebnisoffen, greift nicht durch. Die Überwachungsmethode muss vor Fertigstellung des Ausbauvorhabens bestandskräftig festgesetzt sein. Dadurch ist sichergestellt, dass die Ausbaustrecke vorher nicht freigegeben werden darf.

231 cc) Das Vorbringen der Kläger, die Fragen der Vorhabendimensionierung und der Baukonzeption seien zu Unrecht als Schadensbegrenzungsmaßnahmen in die Prüfung eingestellt worden, führt nicht auf einen Rechtsmangel. Die beanstandeten Ausführungen auf S. 930 der Planfeststellungsbeschlüsse erschöpfen sich in der Feststellung, dass die zuletzt - nach drei Planänderungen - ausgewählte Ausbauvariante den bestmöglichen Kompromiss zwischen optimalen Anlaufbedingungen und minimalen hydrologischen Effekten darstellt.

232 c) Die Verträglichkeitsprüfung für den Schierlings-Wasserfenchel wird den besonderen Anforderungen an den Schutz dieser nach der Habitatrichtlinie prioritären Pflanzenart nicht vollständig gerecht.

233 Für prioritäre Arten trifft die Mitgliedstaaten nach Art. 1 Buchst. h sowie dem 11. Erwägungsgrund der Habitatrichtlinie eine besondere Verantwortung (BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 117; EuGH, Urteil vom 13. Januar 2005 - C-117/03 [ECLI:​EU:​C:​2005:​16] - Rn. 27); dies haben auch die Fachgutachter berücksichtigt (PEU II 5.1, S. 7). Der zur 2. Planergänzung vorgelegte Fachbeitrag (IBL vom 6. November 2015, PEU II 5.1, S. 35) und ihm folgend die 2. Ergänzungsbeschlüsse (S. 99 f.) bejahen erhebliche Beeinträchtigungen des Schierlings-Wasserfenchels auf den Wirkpfaden "Salinitätssteigerung" und "erhöhter Energieeintrag" in den FFH-Gebieten "Schleswig-Holsteinisches Elbästuar und angrenzende Flächen", "Unterelbe" und "Mühlenberger Loch/Neßsand" (dort nur "erhöhter Energieeintrag") für 52 Exemplare bzw. umgerechnet 1,98 ha; Beeinträchtigungen auf dem Wirkpfad "Sedimentation/Fließschlick/Konkurrenzpflanzen" werden verneint (PEU II 5.1, S. 2 f.; 2. PEB, S. 100).

234 Dem neuen Fachbeitrag liegt eine standortbezogene Methode zugrunde. In der Wahl dieser Methode waren die Beklagten frei, weil es eine als naturschutzfachlich überlegen anerkannte Methode zur Ermittlung von Beeinträchtigungen des Schierlings-Wasserfenchels noch nicht gibt. Namentlich ist die hier bedeutsame Frage, welche Abhängigkeit zwischen dem Salzgehalt und der Verbreitung des Schierlings-Wasserfenchels besteht, naturschutzfachlich noch nicht eindeutig geklärt (vgl. PEU II 5.1, S. 16 f.). Die Methode muss aber von vorsorglichen Prämissen ausgehen und darf keine Mängel aufweisen. Diesen Anforderungen wird der Fachbeitrag mit Ausnahme des eingestellten Oberwassers von 350 m³/s gerecht. Der gegenteiligen Auffassung der Kläger, die u.a. gestützt auf Gutachten von Prof. Dr. Jensen vom 13. Mai 2016 und 10. November 2016 eine unzureichende Berücksichtigung gradueller Beeinträchtigungen und der Standortdynamik sowie eine unzulängliche Ermittlung und Bemessung der aktuellen und potenziellen Standorte geltend machen, ist nicht zu folgen.

235 aa) Der neue Fachbeitrag (PEU II 5.1, S. 6) und die 2. Ergänzungsbeschlüsse (S. 100) stellen nicht auf graduelle Verschlechterungen durch Salinitätssteigerungen ab, weil sie dies aufgrund der Autökologie des Schierlings-Wasserfenchels nach heutigem Kenntnisstand für naturschutzfachlich nicht begründet halten. Ein Standort oder seine guten Eigenschaften könnten ausfallen oder eben nicht. Nach den ergänzenden Erläuterungen von Obst (Fachbeitrag Planula von September 2015, PEU II 5.3, S. 3) tritt ein Verlust an besiedelbarer Fläche erst dann ein, wenn der Salzgehalt so hoch ist, dass ein Überleben des Schierlings-Wasserfenchels nicht mehr möglich ist. Dieser Ansatz ist plausibel. Der Schierlings-Wasserfenchel ist eine zweijährige Pflanze. Er vermehrt und verbreitet sich durch Samen, die in der Regel im Herbst keimen, so dass die Pflanze den Winter als Rosette überdauert. Die Blütezeit ist im Juni und Juli. Eine Pflanze bildet ca. 4 500 Früchte mit insgesamt 9 200 schwimmfähigen Diasporen aus. Die Schwimmfähigkeit der Samen beträgt ein bis zwei, zum Teil auch bis zu elf Tage. Innerhalb von ein bis zwei Tiden können die Samen bis zu 8 km Strecke zurücklegen. Nach der Samenreife (Sommer und Herbst) sterben die Pflanzen ab. Der Schierlings-Wasserfenchel ist ein Pionier vegetationsfreier und -armer Standorte und wird von aufkommenden Großröhrichtarten zurückgedrängt. Er besitzt keine dauerhaften Standorte und ist darauf angewiesen, dass immer wieder neue geeignete Wuchsorte entstehen. Im Verbreitungsgebiet kann sich die Art aus langlebigen Samenbanken regenerieren (IBL/BfBB, Fachbeitrag vom 25. Oktober 2010, S. 6 ff.). Vor diesem Hintergrund ist es gerechtfertigt, darauf abzustellen, ob die Standortbedingungen sich an den aktuellen und potenziellen Standorten vorhabenbedingt so verschlechtern, dass ein Totalausfall dieser Standorte droht.

236 Die Schwelle für einen salinitätsbedingten Ausfall von Standorten ist im Fachbeitrag mit 2 PSU angesetzt worden. Dieser Prognosewert liegt an der unteren Grenze der Setzung von 2 bis 3 PSU, die als Grenz- oder Schwellenwert einer mittleren oder kurzfristig tolerierten Salinität vermutet werden (PEU II 5.1, S. 18). Er ist im Hinblick darauf, dass nach derzeitigem Erkenntnisstand bei einem Salzgehalt von 0,3 % (= 3 PSU) noch alle Samen keimfähig sind und eine Hemmung der Keimung erst ab 1 % Salzgehalt (= 10 PSU) auftritt (PEU II 5.3, S. 5), ausreichend vorsorglich. Zudem nehmen der Fachbeitrag und die 2. Ergänzungsbeschlüsse vorsorglich einen monokausalen Zusammenhang zwischen einem Salzgehalt von 2 PSU und einem Totalverlust von aktuellen und potenziellen Standorten an, obwohl naturschutzfachlich eine Reihe anderer Gründe dafür verantwortlich sein können, dass ein naturnaher oder geeigneter Standort nicht oder nicht mehr besiedelt wird (PEU II 5.1, S. 6 Nr. 4; 2. PEB, S. 117).

237 bb) Die Standortdynamik des Schierlings-Wasserfenchels bildet der neue Fachbeitrag dadurch ab, dass der Bestand an aktuellen und potenziellen Standorten nicht im Sinne einer Momentaufnahme für einen bestimmten Stichtag, sondern über den Zeitraum von 2000 bis 2015 betrachtet worden ist. Die Rüge, die für diesen Zeitraum zusammengetragene Datengrundlage sei lückenhaft und unzureichend, greift nicht durch.

238 Dem Fachbeitrag liegen Kartierungen aus den Jahren 2000 bis 2014 für das gesamte Verbreitungsgebiet (Expertenkartierungen aus einem E+E-Vorhaben für die Jahre 2000 bis 2002, eine flächendeckende Kartierung in 2002 bis 2003 sowie Daten aus den nachfolgend in den Bundesländern Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen in unterschiedlicher Häufigkeit durchgeführten Monitoring-Erhebungen) und die Kartierungen zur terrestrischen Flora aus dem Jahr 2015 zugrunde (PEU II 5.1, S. 9 f.). Als aktuelle Standorte werden solche Standorte aufgeführt, die naturnahe Wuchsbedingungen aufweisen und an denen seit dem Jahr 2000 mindestens einmal ein Exemplar des Schierlings-Wasserfenchels gefunden wurde. Dabei wird vom jemals festgestellten Maximalbestand an Pflanzen ausgegangen, und zwar selbst dann, wenn dieser Standort nach Expertenmeinung mittlerweile erloschen sein dürfte. Potenzielle Standorte sind solche, an denen der Schierlings-Wasserfenchel aufgrund naturnaher Standortbedingungen (definiert in Anlage 1 zu PEU II 5.2) vorkommen könnte, bisher aber - selbst nach 15 Jahren - noch nie ein Exemplar festgestellt worden ist (PEU II 5.1, S. 5). Insgesamt sind aus den 15 Jahren zu den ermittelten 185 aktuellen Standorten 729 Angaben zur Anzahl des Schierlings-Wasserfenchels vorhanden; 142 der 185 aktuellen Standorte sind mit Flächenangaben hinterlegt (= 76,8 %). Zudem liegen Daten zu den 80 potenziellen Standorten vor (100 % des Datensatzes; PEU II 5.1, S. 10 und Tabelle im Anhang). Die Fortschreibung der Daten wird u.a. dadurch belegt, dass die Anzahl der aktuellen Standorte sich nach den Angaben des Gutachters Obst in der mündlichen Verhandlung von 135 in 2002/2003 auf 185 in 2015 erhöht hat.

239 Eine Unterschätzung des Vorkommens unterhalb von Hamburg, namentlich in den schleswig-holsteinischen Uferbereichen, lässt sich nicht feststellen. Nach den durch die Tabelle in der Anlage zu PEU II 5.1 bestätigten Erläuterungen des Gutachters Obst findet in Niedersachsen in jedem Jahr und in Hamburg (seit 2009) alle zwei Jahre ein Monitoring statt. Für Schleswig-Holstein weist die Anhangtabelle einzelne Daten aus 2003, 2006, 2008, 2009 und 2011 aus. Die Daten aus dem Monitoring (2015) sind mit Ausnahme eines aktuellen Standorts am rechten Ufer der Wischhafener Süderelbe (Niedersachsen) mit 10 Exemplaren (PEU II 5.1, S. 10) nicht berücksichtigt. Eingeflossen sind aber die Ergebnisse der Untersuchungen zur terrestrischen Flora im Jahr 2015, für die in zwei Durchgängen die Ufer und Vorländer sowie die Elbinseln auf Vorkommen gefährdeter und naturraumtypischer Pflanzensippen untersucht wurden (PEU II 5.1, S. 10). Vor diesem Hintergrund sind relevante Lücken bei der Erfassung der aktuellen und potenziellen Standorte auch auf dem Gebiet von Schleswig-Holstein, das bisher nicht in derselben Regelmäßigkeit erfasst worden ist wie die Gebiete in Niedersachsen und Hamburg, nicht erkennbar oder dargetan.

240 Aus dem von den Klägern in der mündlichen Verhandlung im Dezember 2016 (Anlage 3 zum Protokoll vom 19. Dezember 2016) vorgelegten Erhebungsbogen von Obst/Köhler/Kurz aus dem Jahre 2006 folgt nichts anderes. Dem Erhebungsbogen (Datum 15. August 2003) kann zwar entnommen werden, dass auf dem Fährmannssander Watt im Jahr 2001 nahe dem Deichfuß ein größeres Vorkommen (> 100 Exemplare) festgestellt worden ist, das in der Tabelle zu PEU II 5.1 nicht vermerkt ist. Dieser Erfassungsfehler ist aber nicht relevant. Angesichts der Lage des Standorts am Deichfuß ist nicht erkennbar, dass dieser von dem im Fachbeitrag untersuchten Wirkpfad Energieeintrag betroffen sein könnte. Ebenso wenig kann es über den Wirkpfad Salinitätssteigerung zu Beeinträchtigungen kommen. Laut BAW-Gutachten H.1a (S. 73) beträgt der maximale Salzgehalt im Abschnitt km 650 bis km 640 0,2 PSU. Selbst bei einem Oberwasser von 180 m³/s ergibt sich in diesem Abschnitt nur ein Anstieg des Salzgehalts um ca. 0,1 PSU (PÄ III, Teil 10, S. 23 Abbildung 19); der maximale Salzgehalt bewegt sich in Höhe km 650 bei ca. 0,5 PSU (PÄ III, Teil 10, S. 22 Abbildung 17) und erreicht damit nicht einmal annähernd den gesetzten Grenzwert von 2 PSU.

241 cc) Die flächenhafte Ermittlung der aktuellen und potenziellen Standorte erweist sich ebenfalls als hinreichend vorsorglich. So sind bei der nachträglichen Digitalisierung anhand von Luftbildern die Flächen für die aktuellen und potenziellen Standorte größer gezeichnet worden als in der Natur tatsächlich abgeschätzt (PEU II 5.1, S. 6 zu Nr. 5). Dies hat der Gutachter Obst in der mündlichen Verhandlung im Dezember 2016 beispielhaft für die aktuellen Standorte 131, 132, 133, 216, 217, 218, 219, 222, 223 und 224 sowie die potenziellen Standorte 215, 220 und 221 im Naturschutzgebiet Schweenssand dargelegt (siehe Anlage 5 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 19. Dezember 2016). Dabei versteht es sich von selbst, dass die Flächenvergrößerung nicht nach einem einheitlichen Maß, etwa einer Pufferfläche mit einem Radius von 10 oder 50 m, erfolgen kann, sondern auf die Spezifika der jeweiligen Standorte abstellen muss.

242 Der Hinweis der Kläger auf den aktuellen Standort SH 15 (siehe Blatt 2 der Anlage 3 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 19. Dezember 2016) begründet keine Zweifel an der Vorsorglichkeit der Flächenbestimmung. An diesem Standort am schleswig-holsteinischen Ufer (Höhe etwa km 677), der zugleich die aktuell bekannte Verbreitungsgrenze an den Ufern der Elbe flussabwärts markiert, wurde 2008 ein aktueller Standort mit einer Pflanze am landseitigen Ufer der Glückstädter Nebenelbe in einem Buhnenfeld ca. 1 000 m nördlich des Unterfeuers und des Fähranlegers nachgewiesen (PEU II 5.1, S. 10). Der Fachbeitrag setzt hierfür unter Rückgriff auf den Flächenmittelwert eine Eingriffsfläche von 1 570 m² an (PEU II 5.1, S. 36 Tabelle 5-2). Dagegen ist nichts zu erinnern. Das Vorbringen der Kläger, an diesem Standort müsse eine potenzielle Eignungsfläche von 20 000 m² angesetzt werden, überzeugt nicht. Der Standort SH 15 ist im August 2011 wieder aufgesucht worden. Zu dieser Zeit war das gesamte Buhnenfeld im Rahmen einer Uferschutzmaßnahme neu aufgesetzt worden, eine intensive Suche hat keinen neuen Nachweis ergeben (PEU II 5.1, S. 21). Kurz & Behlow (2012, S. 31) halten eine Wiederansiedlung für möglich, weil sich im Buhnenfeld wieder Schlick ansetzt. Der Fachbeitrag geht davon aus, dass eine Wiederansiedlung in größerer Zahl aufgrund der Standortbedingungen unwahrscheinlich ist (PEU II 5.1, S. 37). Das ist angesichts der früheren "Belegung" des Standorts mit einem Exemplar plausibel. Vor diesem Hintergrund durfte der Standort SH 15 mit dem Flächenmittelwert in die Eingriffsbilanzierung eingehen. Dies gilt umso mehr, als in die Eingriffsbilanzierung für den Wirkpfad "Salinitätssteigerung" auch die in der Nähe gelegenen potenziellen Standorte 255 mit 1 600 m², 153 mit 2 100 m² und 154 mit 3 250 m² eingestellt worden sind (PEU II 5.1, S. 19 und 36).

243 Der für die aktuellen Standorte, die nicht mit Flächenangaben hinterlegt sind (23,2 %), angesetzte Flächenmittelwert von 1 570 m² begegnet keinen Bedenken. Bei der Festlegung des Flächenmittelwertes wurden vorsorglich nur die Standorte unterhalb von Hamburg berücksichtigt. Aus dem Datensatz über alle aktuellen Standorte mit Flächenangaben im gesamten Verbreitungsgebiet hätte sich nur ein etwa halb so großer Flächenmittelwert von rund 890 m² errechnet (PEU II 5.1, S. 6).

244 dd) Hinreichend vorsorglich ist auch der Ansatz von fünf Exemplaren je potenziellem Standort in der individuenbezogenen Bilanz (PEU II 5.1, S. 6 unter Nr. 3). Die Bedenken, die der Senat insoweit im Hinweisbeschluss vom 2. Oktober 2014 (Rn. 45) angemeldet hatte, werden im neuen Fachbeitrag nachvollziehbar entkräftet. Danach sind die potenziellen Standorte als Beobachtungsflächen zu qualifizieren. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie zwar Standortbedingungen aufweisen, die mit denjenigen an aktuellen naturnahen Standorten vergleichbar sind, dort aber gleichwohl noch niemals ein Exemplar des Schierlings-Wasserfenchels nachgewiesen werden konnte. Als Maßstab für die theoretisch mögliche Anzahl von Individuen je potenziellem Standort können daher laut Fachbeitrag nur Referenzstandorte von tatsächlich nahen aktuellen Standorten herangezogen werden. Dagegen ist nichts zu erinnern. Die Plausibilität dieses Ansatzes wird durch die im Fachbeitrag (PEU II 5.1, S. 38) benannten Beispiele in der Glückstädter Nebenelbe (potenzielle Standorte Nr. 153, 154 und 255, aktuelle Standorte SH12 und SH15 mit je einem Exemplar) und auf Hanskalbsand (potenzieller Standort Nr. 234, Referenzstandorte auf Neßsand Nr. 193 und 194 mit je 4 Individuen) belegt. Aus dem Vorbringen der Kläger (Stellungnahme Prof. Dr. Jensen vom 13. Mai 2016, Nr. 1), nach der Logik des Fachbeitrags müsse für den potenziellen Standort auf Hanskalbsand eine größere Anzahl von Individuen angenommen werden, weil auf Neßsand 2015 eine Population mit 88 Exemplaren erfasst worden sei, ergibt sich nichts Abweichendes. Es wird weder dargelegt, wo genau sich dieser Standort befinde, noch aus welchen Gründen er sich als Referenzstandort aufdränge. Nach der Erwiderung der Beklagten zu 2 (Schriftsatz vom 21. Juli 2016, S. 117) verteilt sich die Zahl 88 auf insgesamt acht Standorte auf Schweinesand und den Hamburger Teil von Neßsand. Der größte von diesen Standorten weise eine Individuenzahl von 36 Exemplaren auf. Selbst diese Zahl sei aber als Orientierung zu hoch, weil der Standort im strömungsberuhigten Bereich liege. Dem sind die Kläger nicht entgegengetreten.

245 Ihr Einwand, wegen der Unmöglichkeit einer systematischen Erfassung aller aktuellen und potenziellen Standorte müsse bei der Flächenbemessung ein höchst vorsorglicher Maßstab angelegt werden, der hier - je nach Oberwasser und angenommenem Zusammenhang zwischen Salinität und Wertverlust - zu einer Flächenbetroffenheit von 31 bis 71 ha führe, greift nicht durch. Zwar können Geländebegehungen und die Auswertung von Luftbildaufnahmen keine Gewähr für eine lückenlose Erfassung aller aktuellen und potenziellen Standorte bieten. Diesem Umstand ist aber entgegen der Auffassung der Kläger nicht dadurch Rechnung zu tragen, dass pauschal alle Flächen als geeignet betrachtet werden, die die beiden Standortfaktoren "von krautigen Pflanzen besiedelte Uferbereiche" und "Lage unterhalb von MThw <tidebeeinflusste Röhrichte>" erfüllen. Dieser Ansatz ist nach der Bewertung des Gutachters Obst, der das Vorkommen des Schierlings-Wasserfenchels an der Unterelbe seit Jahren untersucht und dokumentiert, fachlich unzutreffend, weil er wesentliche Standortfaktoren wie z.B. Bodensubstrat und Strömungs- und Wellenexposition nicht berücksichtigt (PEU II 5.3, S. 2 und 6 zu 3.2 ). Er führt zu einer erheblichen - auch durch die besondere Verantwortung für prioritäre Arten nicht gebotenen - Überschätzung der Eignungsflächen. Die Plausibilität dieser Bewertung wird schon dadurch belegt, dass selbst an den kartierten potenziellen Standorten mit naturnahen Standortbedingungen in einem Zeitraum von 15 Jahren keine Exemplare des Schierlings-Wasserfenchels nachgewiesen wurden.

246 ee) Dagegen lässt sich nicht feststellen, dass die Verträglichkeitsprüfung dem Ziel besonderer Vorsorglichkeit auch hinsichtlich des zugrunde gelegten Oberwassers von 350 m³/s gerecht wird. Der Fachbeitrag und die 2. Ergänzungsbeschlüsse gehen davon, dass der selbst gesetzte Grenzwert von 2 PSU durch vorhabenbedingte Salinitätssteigerungen bei einem Oberwasser von 350 m³/s nur im Abschnitt km 680 bis km 670 überschritten wird (PEU II 5.1, S. 18). Der im Fachbeitrag als worst-case bezeichnete Oberwasserzufluss von 350 m³/s (PEU II 5.1, S. 17) ist nach dem BAW-Gutachten H.1a das häufigste niedrige Oberwasser am Pegel Neu Darchau im Zeitraum von 1995 bis 2004; nur - aber immerhin - 10 % aller Ereignisse in diesem Zeitraum hatten niedrigere Oberwasserzuflüsse (H.1a, S. 33 f.). Dieser Anteil hat sich, werden die Jahre 1995 bis 2015 betrachtet, auf 12 % erhöht. Ausweislich einer von den Klägern in der mündlichen Verhandlung (Anlage 3 zum Protokoll vom 19. Dezember 2016) vorgelegten Verlaufskurve über die Entwicklung des Oberwasserzuflusses am Pegel Neu Darchau von 2006 bis 2016 spiegelt sich darin eine steigende Tendenz wider. Dabei fällt auf, dass niedrigere Werte in mehreren Jahren monatelang vor allem im Sommer, also einer sensiblen Vegetationsperiode des Schierlings-Wasserfenchels aufgetreten sind. Bei lang anhaltenden sehr geringen Oberwassermengen wird der Salzgehalt der Brackwasserzone am weitesten stromauf transportiert (BAW, PÄ III, Teil 10, S. 5). Soweit die Beklagten geltend machen, für die Habitateigenschaften seien häufig auftretende Salinitätsverhältnisse und nicht seltene, nur kurzzeitige Ausnahmesituationen maßgeblich, ist hiernach nicht schlüssig, dass die Prüfung mit dem gewählten Oberwasser von 350 m³/s auf der sicheren Seite liegt. Vielmehr kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch im Abschnitt km 670 bis km 660 noch potenzielle und aktuelle Standorte auf dem Wirkpfad Salinitätssteigerung in einem für den Schierlings-Wasserfenchel unverträglichem Maß betroffen werden.

247 ff) Zu den im Fachbeitrag im Übrigen behandelten Wirkpfaden (vermehrter Wellenauflauf und örtlich erhöhte Strömungsgeschwindigkeiten, Substratänderungen an Standorten oder Verdrängung durch Röhrichte) haben die Kläger in der Sache keine substanziellen Einwände erhoben. Namentlich haben sie nicht dargetan, dass ein niedrigeres Oberwasser auch für diese Wirkpfade relevant wäre.

248 gg) Das Gewicht der vorhabenbedingten Auswirkungen auf den Schierlings-Wasserfenchel ist entgegen der Auffassung der Kläger nicht deshalb unterschätzt worden, weil mit dem angenommenen Totalausfall von Standorten zugleich eine Verkleinerung des Weltareals des an der Elbe endemischen Schierlings-Wasserfenchels einhergeht. Die 2. Ergänzungsbeschlüsse stellen gestützt auf eine hinreichend vorsorgliche Methode erhebliche Beeinträchtigungen des Schierlings-Wasserfenchels (vorbehaltlich der ergänzenden Prüfung des Wirkpfads Salinitätssteigerung mit einem Oberwasser unter 350 m³/s) durch den Verlust von 1,98 ha Standortflächen bzw. 52 Individuen fest und bilden damit zugleich die vorhabenbedingte Verkleinerung des Weltareals ab.

249 hh) Die in den Klagebegründungen vom 16. August 2012 (S. 139 f.) unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des WWF Deutschland von Juli 2012 weiter erhobene Rüge, erhebliche Beeinträchtigungen des Schierlings-Wasserfenchels hätten auch für die stromauf von Hamburg gelegenen FFH-Gebiete "Zollenspieker und Kiebitzbrack", "Heuckenlock und Schweenssand" sowie "Hamburger Unterelbe" bejaht werden müssen, ist nicht begründet. Die Planfeststellungsbeschlüsse schließen erhebliche Beeinträchtigungen des Schierlings-Wasserfenchels in diesen - von der hafenseitigen Ausbaugrenze mehrere Kilometer entfernten - Gebieten durch mögliche Salzgehaltsveränderungen, schiffserzeugte Belastungen und die modellierten hydrologischen Veränderungen aus. Die indirekten Vorhabenwirkungen seien nach Art und Intensität nicht geeignet, auf die Habitatbedingungen bzw. die Population einzuwirken (PFB, S. 1171, 1193, 1344 und 1347). Das ist angesichts der von der BAW (H.1a, S. 78 f.) prognostizierten Änderungen für den Abschnitt km 620 bis km 610 (MTnw -0,03 bis -0,02 m, MThw +0,02 m; mittlere maximale Flutstromgeschwindigkeit 0,00 bis 0,03 m/s, mittlere maximale Ebbestromgeschwindigkeit 0,01 bis 0,02 m/s; Tidehub +0,04 bis +0,05 m) plausibel. Substanzielle Einwendungen hiergegen haben die Kläger nicht erhoben.

250 d) Die Verträglichkeitsprüfung für den LRT 1130 (Lebensraumtyp Ästuarien) leidet nicht an Mängeln.

251 Die Planfeststellungsbeschlüsse gehen davon aus, dass erhebliche Beeinträchtigungen des LRT 1130 in den FFH-Gebieten "Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und angrenzende Küstengebiete" (PFB, S. 950 <Erhaltungsziele>, S. 968 ff.), "Schleswig-Holsteinisches Elbästuar und angrenzende Flächen" (PFB, S. 996 <Erhaltungsziele>, S. 1037 ff.) sowie "Unterelbe" (PFB, S. 1064 <Erhaltungsziele>, S. 1094 ff.) nicht auszuschließen sind. Das Vorhaben führe zwar nicht zu einem direkten Flächenverlust. Die Naturnähe des LRT 1130 werde aber auf insgesamt 3 451 ha Fläche bzw. ca. 7,2 % der Fläche des LRT 1130 im Elbästuar um bis zu 25 % reduziert (gradueller Funktionsverlust). Nach dem von Bioconsult Schuchardt & Scholle GbR entwickelten Bewertungsmodell (näher dazu nachfolgend) entspricht dies einem rechnerischen Funktionsverlust auf einer Fläche von 321 ha (ca. 0,7 % der Fläche des LRT 1130; PFB, S. 914 f.).

252 Entgegen der Auffassung der Kläger ist das Ausmaß der Beeinträchtigungen des LRT 1130 methodisch vertretbar ermittelt und ihre Schwere zutreffend bewertet worden. Die auf eine Stellungnahme des Dipl.-Biol. Behrends (NABU Schleswig-Holstein) von Juni 2012 sowie gutachterliche Äußerungen der Dipl.-Ing. Konermann in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014 gestützte Kritik der Kläger ist unbegründet. Namentlich die zentrale Rüge, die Auswirkungen des Vorhabens auf verschiedene Lebensraumkompartimente des LRT 1130 wie Flachwasserzonen, Wattflächen und Tideröhrichte sowie selbstständige Lebensraumtypen wie z.B. den Weichholz-Auenwald (LRT 91E0) seien nicht standortbezogen und flächengenau, sondern nur hinsichtlich der Stabilität in der Verteilung der topographischen Einheiten betrachtet worden, greift nicht durch.

253 aa) Für die Erfassung und Bewertung von Beeinträchtigungen des Komplexlebensraumtyps Ästuarien gibt es keine naturschutzfachlich allgemein anerkannte Methode. Das von den Planfeststellungsbehörden aufgrund der Kritik an der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung (FFH-VU) (vgl. PFB, S. 908) zusätzlich beauftragte Gutachterbüro Bioconsult hat in seinem Gutachten vom 5. Mai 2010 ein eigenes Bewertungsmodell entwickelt, das sich im Ausgangspunkt an der Fachkonvention von Lambrecht & Trautner (Fachinformationssystem und Fachkonventionen zur Bestimmung der Erheblichkeit im Rahmen der FFH-VP - Endbericht zum Teil Fachkonventionen, Schlussstand Juni 2007) orientiert, zugleich aber verschiedene Spezifika des LRT 1130 berücksichtigt (z.B. hohe natürliche Dynamik im Elbästuar, Landesgrenzen überschreitende ökologische Strukturen und Funktionen, besondere ökologische Funktionen des LRT bzw. von Teilflächen für charakteristische (wandernde) Arten; Bioconsult, S. 37 ff.; siehe auch PFB, S. 912 ff.).

254 Das Modell beurteilt die Erheblichkeit der Auswirkungen auf die für den Fortbestand des LRT 1130 notwendigen Strukturen und spezifischen Funktionen sowie die charakteristischen Arten nach dem Kriterium der graduellen Funktionsbeeinträchtigung. Bewertungsmaßstab ist die Abnahme der Naturnähe, die ausgehend von der beeinträchtigten Fläche über verschiedene Indikatoren (Wassertiefe, Strömungsgeschwindigkeit, Tidehub, Salinität, Arten) operationalisiert wird. Sofern mehrere Indikatoren für einen Wirkfaktor relevant sind, wird im Wege der Aggregation nur der jeweils am stärksten veränderte Indikator genutzt, weil eine Addition zur Überschätzung führen würde (Bioconsult, S. 42 f.). In die Betrachtung einbezogen wurden die Ausbaubaggerungen (Veränderung von Hydro- und Morphodynamik und Salinitätsgradient, Beeinträchtigung Flora/Fauna), die Herstellung der Begegnungsstrecke und des Warteplatzes (Veränderung von Hydro- und Morphodynamik, Beeinträchtigung Fauna), die Herstellung der Unterwasserablagerungsflächen und Buhnen einschließlich der Einbringung von Hartsubstrat (Veränderung von Hydro- und Morphodynamik, Sedimentstruktur, Beeinträchtigung Fauna), die Beaufschlagung der Umlagerungsstellen (Veränderung von Hydro- und Morphodynamik, Beeinträchtigung Fauna), die Übertiefenverfüllung (Veränderung Sedimentstruktur, Beeinträchtigung Fauna) sowie die Unterhaltungsbaggerungen (Mehrmengen, Beeinträchtigung Fauna S. 43 f.). Berücksichtigt wurden zudem die indirekten und schwachen Beeinträchtigungen wie die Verstärkung der vorhandenen sommerlichen Sauerstoffdefizite und eine weitere Verstärkung der Sedimentation in den Seitenräumen; weil diese Wirkungen nicht sicher zu quantifizieren sind, wurden sie mit dem Indikator "Wassertiefe in der Stromrinne" erfasst (S. 44 f.).

255 Der Indikator "Wassertiefe in der Stromrinne" bezeichnet direkte und indirekte vorhabenbedingte Veränderungen einer Vielzahl von Strukturen und Funktionen des Lebensraumtyps, u.a. die Verteilung von Eulitoral und Sublitoral und die Sedimentation in Nebenräumen (S. 46). Über den Indikator "Tidehub" werden Veränderungen in der Verteilung der Biotoptypen und der Biozönose erfasst (S. 47), mit dem Indikator "Strömungsgeschwindigkeiten im Bereich von Strombauwerken" dauerhafte Veränderungen vor allem der Morphologie (S. 47). Der Indikator "Salinität" erfasst Veränderungen des LRT 1130 wie die Zonierung der Vegetation und Fauna und die Ausdehnung bestimmter Teilhabitate innerhalb des LRT (S. 48). Mithilfe des Indikators "Arten" (Makrozoobenthos) werden u.a. die Sedimentzusammensetzung, direkte Störungen und Veränderungen der bodenbildenden Fauna abgebildet (S. 48).

256 bb) Die Eingriffswirkung der UWA Medemrinne Ost im FFH-Gebiet "Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und angrenzende Küstengebiete" ist im Modell ausreichend berücksichtigt worden. Die UWA Medemrinne Ost wird insgesamt eine Fläche von ca. 628 ha in Anspruch nehmen und nur mit einer Teilfläche von ca. 46,6 ha (= 7,4 %) im Schutzgebiet liegen (PFB, S. 954). Das Bewertungsmodell berücksichtigt insoweit über den Indikator "Strömungsgeschwindigkeit im Bereich von Strombauwerken" die Änderung der Strömungsgeschwindigkeit durch die dauerhafte Aufhöhung der Sohle um mehrere Meter auf der direkt in Anspruch genommenen Fläche mit einer Abnahme der Naturnähe um 10 % sowie über den Indikator "Arten 1 und 2" die Veränderungen von Abundanz und Biomasse des Benthos und der Sedimentstruktur mit einer Abnahme der Naturnähe um 25 % (Bioconsult, S. 58 f.). Für die Beeinträchtigungen auf einer Fläche von 46,6 ha wird im Ergebnis ein rechnerischer Flächenverlust von 11,7 ha angenommen (vgl. Bioconsult, Tabelle 4, S. 70). Substanzielles dazu, warum die Eingriffswirkung der UWA Medemrinne Ost damit nur unzureichend bewertet worden ist, haben die Kläger nicht dargetan.

257 Ihr Hinweis auf die Festsetzungen des Gesetzes zum Schutz des schleswig-holsteinischen Wattenmeeres (Nationalparkgesetz - NPG - vom 17. Dezember 1999, GVBl. 518) führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Schutzzweck des Nationalparkgesetzes steht einer am Funktionsverlust der betroffenen Flächen orientierten Bemessung der Beeinträchtigung nicht entgegen. Die Kläger haben nicht dargetan, warum es mit ihm unvereinbar sein soll, die mit der Errichtung der UWA Medemrinne Ost und der Umlagerungsstelle Medembogen (Abnahme der Naturnähe um 2,5 %, Bioconsult, S. 62) verbundene Flächeninanspruchnahme von knapp 100 ha wegen nur gradueller Funktionsbeeinträchtigungen auf insgesamt 12,9 bzw. 13 ha umzurechnen. Soweit sie einen Verstoß gegen die Schutzbestimmungen des § 5 NPG rügen wollen, übersehen sie, dass nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 NPG die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes zulässig bleibt. Zu den gesetzlichen Aufgaben in diesem Sinne gehören auch der Ausbau und die Unterhaltung von Bundeswasserstraßen (§ 7 Abs. 1, § 12 Abs. 1 WaStrG).

258 cc) Die Rüge, die Setzung von 7 % Abnahme der Naturnähe für den Wirkpfad Ausbaubaggerungen sei nicht nachvollziehbar, insbesondere sei nicht erkennbar, wie die indirekten Auswirkungen vom Indikator "Wassertiefe in der Stromrinne" erfasst würden, greift ebenfalls nicht durch. Der Wert von 7 % ist unter Rückgriff auf die von den Ausbaubaggerungen direkt betroffenen Flächen ermittelt worden (in den FFH-Gebieten insgesamt ca. 1 890 ha). Auf diesen Flächen wird die Sohle um bis zu 3 m tiefer gelegt; im Mittel beträgt die Vertiefung auf den direkt betroffenen Flächen ca. 1,1 m. Die Verbreiterung der Fahrrinne (ohne Begegnungsstrecke) betrifft weitere 93 ha. Damit wird die durch die Ausbauten der Vergangenheit bereits stark veränderte Morphologie der Stromrinne und des Gesamtsystems weiter von einem naturnahen Zustand entfernt und die Wiederherstellbarkeit eines günstigen Erhaltungszustands tendenziell erschwert. Der weitere Anstieg des Tidehubs und die weiteren schwachen und nur begrenzt zu quantifizierenden indirekten Wirkungen wie die erhöhte Auflandung in den Seitenräumen und die mögliche Verstärkung des sommerlichen Sauerstoff-Defizits sind dabei berücksichtigt. Die mittlere Vergrößerung der derzeitigen Wassertiefe von 14 m um 1,1 m entspricht einer Veränderung von ca. 7 % (vgl. Bioconsult, S. 54 und Tabelle 3, S. 66 sowie Abbildung 9 auf S. 51).

259 dd) Die weitere Rüge, das Bewertungsmodell sei ungeeignet, die akkumulierende Sedimentation mit dem Risiko eines Trendwechsels und Umkippens des Elbeökosystems abzubilden, ist ebenfalls unbegründet. Das Modell stellt in Rechnung, dass die Sedimentation in den Seitenräumen über einen entsprechend langen Zeitraum betrachtet (> 10 Jahre) zu einer Akkumulation der Auflandungsraten führen wird (Bioconsult, S. 45). Weil diese Wirkungen aber nicht sicher zu quantifizieren sind, werden sie mit dem Indikator "Wassertiefe in der Stromrinne" erfasst. Dieser Indikator bildet direkte und indirekte vorhabenbedingte Veränderungen einer Vielzahl von Strukturen und Funktionen des Lebensraumtyps ab. Ein "drohendes Umkippen" des Tideelbeökosystems wird im Modell nicht abgebildet. Wie vorstehend dargelegt, gibt es aber keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Entwicklung für die Elbe droht (siehe A.III.1f.).

260 ee) Das Bewertungsmodell von Bioconsult erweist sich schließlich nicht deshalb als methodisch unvertretbar, weil es die Bedeutung des ersten Vertiefungsschritts überschätzt und die "schleichenden Entwicklungsprozesse", etwa bei den Uferlebensräumen, den Flachwasserbereichen, beim Sauerstoff und der Röhrichtentwicklung, nicht abbildet. Ausweislich der Erläuterungen auf S. 49 des Gutachtens erfasst der Indikator "Wassertiefe" die direkten und indirekten vorhabenbedingten Veränderungen des LRT 1130. Das Modell geht dabei davon aus, dass 1. eine stärkere relative Vergrößerung der Wassertiefe zu stärkeren Auswirkungen führt und umgekehrt 2. während der ersten Vertiefung eines anthropogen nicht veränderten Ästuars eine stärkere ökologische Funktionsbeeinträchtigung bzw. Abnahme der Naturnähe stattfindet (u.a. über die dann größere Beeinträchtigung der benthischen Gemeinschaften) als bei weiteren Vertiefungen und 3. weitere Vertiefungen in dem dann bereits überformten System zu weniger ausgeprägten ökologischen Veränderungen im Vergleich zum jeweils vorhergehenden Status quo führen, also eine lineare Funktion zwischen "zunehmender Wassertiefe" und "Abnahme der Naturnähe" nicht anzunehmen ist (S. 49 f.). Aus der diesen Zusammenhang verdeutlichenden Abbildung (Abbildung 9 c links, S. 51) wird ersichtlich, dass die ökologischen Veränderungen, ausgedrückt in einer prozentualen Abnahme der Naturnähe, von Vertiefungsschritt zu Vertiefungsschritt (hypothetisch jeweils um 1 m angenommen) kleiner werden; insgesamt wird das System aber durch eine fortschreitend größere Naturferne gekennzeichnet (S. 50). Aus der vorhabenbedingten Abnahme der Naturnähe wird im Modell (Abbildung 9 rechts, S. 51) ein absoluter Flächenverlust abgeleitet, der anschließend in entsprechender Anwendung der Fachkonvention von Lambrecht & Trautner als eine Grundlage zur Ermittlung der Erheblichkeit verwendet wird (zur Errechnung des als "äquivalenter Flächenverlust" bezeichneten Werts siehe S. 50 Mitte).

261 Warum die Ausbaufolgen für Uferlebensräume, Flachwasserbereiche, Röhricht etc. unzulänglich erfasst werden, wenn zwar nicht von einer linearen Zunahme der Auswirkungen, wohl aber einer fortschreitenden Naturferne ausgegangen wird, haben die Kläger nicht substanziiert dargetan.

262 ff) Der Vorwurf, die Auswirkungen auf dem Ästuar zugehörige tidebeeinflusste selbstständige Lebensraumtypen (z.B. vegetationsfreies Schlick-, Sand- und Mischwatt, Atlantische Salzwiesen, Sandbänke, Feuchte Hochstaudenfluren) sowie Lebensraumkompartimente (Röhricht) seien nicht angemessen erfasst worden, ist nicht gerechtfertigt. Er sieht schon daran vorbei, dass die selbstständigen Lebensraumtypen (z.B. die LRT 1140, 1210, 1110, 1310, 1330, 6430) in der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung und -prüfung gesondert betrachtet worden sind (PÄ I, Teil 5, Teil 2a, S. 85 und 88 ff.; Teil 2b, S. 27 und 37 ff.; z.B. PFB, S. 964 f., 970, 1034 ff., 1093 f, 1096 f.). Die vorhabenbedingten Auswirkungen auf das Lebensraumkompartiment "Röhricht" sind ebenfalls in den Blick genommen worden (vgl. PÄ I, Teil 5, Teil 1, S. 139 f.; Teil 2a, S. 113 unter Nr. 1 und S. 114).

263 Im Bewertungsmodell von Bioconsult (S. 47) werden die Auswirkungen auf selbstständige Lebensraumtypen und -kompartimente über die Indikatoren "Tidehub", "Strömungsgeschwindigkeit im Bereich von Strombauwerken" und "Salinitätsgradient" erfasst. Zwar ist die Auflandung in den Seitenräumen nicht quantifiziert und die Umwandlung von Vorlandflächen in Wattflächen durch Erosion aufgrund von Wellenschlag nicht berücksichtigt worden, "weil die Auswirkungen sehr kleinräumig sind und in jedem Fall eine Zuordnung zum LRT 1130 möglich ist" (S. 45, 53). Das Bewertungsmodell stellt aber ungeachtet seiner verschiedenen Pauschalierungen und Setzungen eine naturschutzfachlich vertretbare Methode zur Erfassung und Bewertung der vorhabenbedingten Beeinträchtigungen des LRT 1130 dar. Eine standort- und einzelflächenbezogene Betrachtungsweise würde der Großräumigkeit des LRT 1130 sowie der charakteristischen Dynamik und Veränderlichkeit dieses Lebensraumtyps und der ihm zugehörigen Biotoptypen nicht gerecht. Zudem müsste damit eine wie auch immer geartete funktionsbezogene Abgrenzung der Auswirkungsbereiche einhergehen.

264 Angesichts der Spezifika des LRT 1130 ist es auch nicht ausgeschlossen, bei einem durch indirekte Auswirkungen herbeigeführten Biotopwechsel von einer Gleichwertigkeit auszugehen, wenn der neue Biotoptyp ebenfalls dem LRT 1130 zugehört. Das Vorbringen der Kläger, eine solche Vergleichsbetrachtung sei hier unzulässig, weil die Gesamtentwicklung des Ästuars sich vor allem seit der letzten Fahrrinnenvertiefung ständig verschlechtere, kann sich nicht auf die Ergebnisse der Beweissicherung (PFB, S. 361 ff.) zum Fahrrinnenausbau 1999 stützen. Danach haben sich die damaligen Prognosen der Fachgutachter, die Wasserstandsänderungen würden zu Veränderungen der Ufer und ihrer Vegetation führen, nicht bestätigt. Das Monitoring hat auch keine zunehmende Verschlickung von Flachwasserbereichen nachgewiesen. Stattdessen hat sich ein sehr heterogenes morphologisches Bild ergeben, in dem sich Erosion und Sedimentation auf kleinem Raum abwechseln und im Laufe weniger Jahre oft gegenläufige Tendenzen an einem Ort zu beobachten waren. Auf vielen Wattflächen überwog dabei, wie auch in der Zeit vor 1999, die Sedimentation. Trotz der großen morphologischen Dynamik der Unter- und Außenelbe ist die generelle prozentuale Verteilung der topographischen Einheiten (Vorland, Watt, Flach- und Tiefwasser) ausgesprochen stabil geblieben (siehe Abschlussbericht über die Beweissicherung zur Entwicklung der Topographie des LRT 1130 (2011, S. 50 ff.). Insgesamt ist die Systemreaktion auf die durch den Ausbau veränderte Unterwassertopographie in der natürlichen Dynamik untergegangen, die von Tidegeschehen, Oberwasserzufluss und Windverhältnissen bestimmt wird (PFB, S. 1739).

265 gg) Entgegen der Auffassung der Kläger trifft nicht zu, dass die Beeinträchtigungen des LRT 1130 nur bezogen auf das gesamte Vorhabengebiet betrachtet wurden. Sowohl Bioconsult (S. 68 ff.) als auch die Planfeststellungsbehörden (PFB, S. 969 f., 1039, 1095 f.) haben die Auswirkungen des Vorhabens auf den LRT 1130 in den betroffenen FFH-Gebieten auch jeweils gesondert betrachtet. Die flächenbezogene Abnahme der Naturnähe ist für die einzelnen Vorhabenbestandteile und die betroffenen FFH-Gebiete "Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und angrenzende Küstengebiete", "Schleswig-Holsteinisches Elbästuar und angrenzende Flächen" und "Unterelbe" jeweils gesondert dargestellt (Bioconsult, S. 70 Tabelle 4). Zudem findet sich für die einzelnen Gebiete eine Übersicht über die Anteile der Flächen der einzelnen Vorhabenbestandteile am LRT 1130 (S. 71 Tabelle 5).

266 e) Die Rüge, die Beklagten hätten für den LRT 91E0 (Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior), den LRT 1330 (Atlantische Salzwiesen) und den LRT 6430 (Feuchte Hochstaudenfluren der planaren und montanen bis alpinen Stufe) fehlerhaft gute bzw. mäßige Erhaltungszustände zugrunde gelegt, obwohl der tatsächliche Erhaltungszustand sich zwischenzeitlich weiter verschlechtert habe, führt nicht auf einen Fehler der Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Schleswig-Holsteinisches Elbästuar und angrenzende Flächen".

267 Die Kläger verweisen auf einen Textbeitrag des Planungsbüros Mordhorst-Bretschneider GmbH mit Stand vom 22. März 2012 zum oben genannten FFH-Gebiet (Folgekartierung/Monitoring LRT in FFH-Gebieten und Kohärenzgebieten in Schleswig-Holstein 2007 bis 2012). In diesem Beitrag werden die im Jahr 2010 kartierten FFH-LRT den Angaben im Standarddatenbogen und den Ergebnissen der Erstkartierung im Jahr 2005 gegenüber gestellt (Tabelle 2, Anhang, S. 46 ff.). Danach sind für den LRT 91E0 im Standarddatenbogen (1999 bis 2005) 350 ha vermerkt, davon 50 ha im Erhaltungszustand "A" und 300 ha im Erhaltungszustand "B". Für die Kartierung 2005 sind 396,55 ha (ohne Bewertung) und für die Kartierung 2010 insgesamt 289,28 ha (davon 76,13 ha im Erhaltungszustand "B", 213,15 ha im Erhaltungszustand "C") sowie 60,20 ha als Übergangsbiotop (ohne Bewertung) verzeichnet. Für den LRT 1330 sind im Standarddatenbogen 214 ha im Erhaltungszustand "B", für die Kartierung 2005 263,29 ha, davon 4,69 ha im Erhaltungszustand "B" und 258,60 ha ohne Bewertung, und für die Kartierung 2010 insgesamt 306,51 ha, davon 61,48 ha im Erhaltungszustand "B" und 245,03 ha im Erhaltungszustand "C" verzeichnet. Für den LRT 6430 sind im Standarddatenbogen 105 ha im Erhaltungszustand "B", anlässlich der Kartierung 2005 28,53 ha, davon 0,03 ha im Erhaltungszustand "B" und 28,50 ha ohne Bewertung, und für die Kartierung 2010 57,52 ha, davon 46,05 ha im Erhaltungszustand "B" und 11,47 ha im Erhaltungszustand "C", angegeben. Die Planfeststellungsbeschlüsse stellen jeweils auf die Angaben in den Standarddatenbögen ab (PFB, S. 985 zum LRT 91E0, S. 982 zum LRT 1330 und S. 984 zum LRT 6430).

268 Es kann dahinstehen, ob diese Veränderungen Ausdruck einer - wie die Kläger meinen - maßgeblich durch den letzten Fahrrinnenausbau bewirkten Abwärtsentwicklung sind. Abgesehen davon, dass die Beweissicherung zum vorangegangenen Ausbau etwa für den Weidenauwald entgegen der Prognose keinen Rückgang, sondern eine leichte Zunahme ergeben hat (vgl. Abschlussbericht zur Beweissicherung von 2011, III.6, S. 115), kommt es darauf, ob die Planfeststellungsbehörden die Erhaltungszustände der LRT 91E0, 1330 und 6430 hinreichend aktuell erfasst haben, entscheidungserheblich nicht an. Die Erheblichkeitsschwelle des § 34 BNatSchG wird bei einem schlechten Erhaltungszustand zwar schneller erreicht und überschritten. Die vorgenannten LRT sind aber nach den von den Klägern nicht substanziiert angegriffenen Feststellungen der Verträglichkeitsprüfung von dem Vorhaben nicht betroffen.

269 Danach stellt der prioritäre LRT 91E0 (Flächenanteil im Gebiet ca. 1,82 %; PFB, S. 985) im FFH-Gebiet "Schleswig-Holsteinisches Elbästuar und angrenzende Flächen" im Wirkraum der Fahrrinnenanpassung nur selten die unmittelbare Ufervegetation dar. In der Regel sind Röhrichte, Grünland oder Uferbefestigungen vorgelagert; das gilt z.B. für alle Uferabschnitte, in denen das Institut für Bodenkunde vorsorglich von einer stärkeren Ufererosion ausgeht. Im 91E0 finden keine direkten Eingriffe statt. Die hydrologischen Vorhabenwirkungen sind zu schwach, um Veränderungen des LRT hervorzurufen. Auch aus der prognostizierten morphologischen Dynamik ergibt sich keine ausbaubedingte Gefährdung des Tideweiden-Auwaldes. Einerseits wächst nur ein sehr kleiner Teil direkt am Ufer, andererseits vergrößert sich an Ufern mit Anlandungstendenz sein Lebensraum (PFB, S. 1036; siehe auch PÄ I, Teil 5, Teil 2a, S. 90). Die Kartierungen zu den terrestrischen Biotoptypen im UVU-Teilgutachten H.4a (Anhang) bestätigen die Ausführungen zum örtlichen Vorkommen des LRT 91E0.

270 Der LRT 1330 (Flächenanteil ca. 1,11 %; PFB, S. 982) wird nach den Feststellungen der Verträglichkeitsprüfung weder direkt noch indirekt durch Vorhabenwirkungen betroffen. Die ausbaubedingten Wirkungen sind danach nicht geeignet, Veränderungen von Lebensräumen im supralitoralen Bereich bzw. von vegetationsbestandenen Lebensräumen im eulitoralen Bereich auszulösen. Hydrologische Vorhabenwirkungen sind in den hochgelegenen Wattbereichen mit Pioniervegetation besonders gering und so schwach, dass sie keine Veränderungen der LRT verursachen (PFB, S. 1035). In dem Bereich, für den auf der Grundlage des UVU-Teilgutachtens H.3a Uferabbrüche prognostiziert werden (Blomesche Wildnis, km 676 bis km 677,5, und Bütteler Außendeich, km 691,5 bis km 692), kommt der LRT 1330 nicht vor (PÄ I, Teil 5, Teil 2a, S. 89).

271 Der LRT 6430 (Flächenanteil ca. 0,54 %; PFB, S. 984) kommt im Schutzgebiet außendeichs nicht vor. Durch den Wegfall des Spülfeldes Pagensand kann eine Beeinträchtigung des möglicherweise im Bereich des ursprünglich geplanten Spülfeldes vorkommenden LRT ausgeschlossen werden (PFB, S. 1035; vgl. auch PÄ I, Teil 5, Teil 2a, S. 90).

272 Substanziierte Einwendungen gegen diese Feststellungen haben die Kläger nicht erhoben. Ihre Auffassung, aus der von den Beklagten angenommenen erheblichen Beeinträchtigung des LRT 1130 folge zugleich eine Beeinträchtigung der LRT 91E0, 1330 und 6430, weil es sich dabei um integrale Bestandteile des LRT Ästuarien handele, ist unzutreffend. Wie oben ausgeführt stellt das von Bioconsult für den LRT 1130 entwickelte Bewertungsmodell die Auswirkungen auf die für das Ästuar charakteristischen LRT in die Betrachtungen zur Abnahme der Naturnähe mit ein. Der Hinweis der Kläger auf den IBP Elbästuar (S. 14 f.), wonach Maßnahmen, die zum günstigen Erhaltungszustand und zur Verbesserung der hydromorphologischen Situation des Ästuars als Ganzes beitragen, sich auch auf die darin eingebetteten Lebensraumtypen und Arten positiv auswirken, ist insoweit unergiebig. Insbesondere rechtfertigt er nicht den (Umkehr-)Schluss, dass mit einer erheblichen Beeinträchtigung des LRT 1130 stets eine erhebliche Beeinträchtigung der ästuartypischen LRT einhergeht.

273 f) Die Planfeststellungsbehörden haben auch erhebliche Beeinträchtigungen des prioritären LRT 91E0 und des LRT 2330 (Dünen mit offenen Grasflächen mit Corynephorus und Agrostis) im FFH-Gebiet "Neßsand und Mühlenberger Loch" zu Recht verneint.

274 Die LRT 91E0 und 2330 sind als maßgebliche Bestandteile des FFH-Gebiets "Neßsand und Mühlenberger Loch" benannt worden (PFB, S. 1131). Zu den Erhaltungszielen für das Gebiet gehört u.a. die Erhaltung und Entwicklung eines günstigen Erhaltungszustands des prioritären LRT 91E0 mit seinen charakteristischen Tier- und Pflanzenarten (PFB, S. 1134). Der LRT 91E0 kommt im Schutzgebiet mit einem Flächenanteil von ca. 3,13 % vor (1,45 % im Erhaltungszustand "C", 1,68 % im Erhaltungszustand "B"). Der LRT 2330 kommt im Schutzgebiet nur mit einem Flächenanteil von ca. 0,63 % vor. Im Standarddatenbogen ist kein Erhaltungszustand angegeben, das Vorkommen ist nicht signifikant (PFB, S. 1131).

275 Nach dem Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung (PFB, S. 1142) werden die LRT 91E0 und 2330 vom Vorhaben nicht betroffen. Für den Rückbau/Neubau des Dükers Neßsand werden als Baufeld vorübergehend unbewachsene Sandstrandflächen, die weder zum LRT 91E0 noch zum LRT 2330 gehören, beansprucht. Es kommt nicht zu ausbaubedingten indirekten Wirkungen, die geeignet sind, Veränderungen von Lebensräumen im supralitoralen Bereich des Gebiets auszulösen. Ufererosionen werden für den Bereich des Prüfgebiets nicht prognostiziert. Die Anlage der Begegnungsstrecke führt ebenfalls nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen. Auf der von den Ausbaubaggerungen betroffenen Fläche außerhalb der bisherigen Fahrrinne (ca. 70 ha) wird die Morphologie direkt verändert. Dadurch ergeben sich auch Änderungen in der Hydrodynamik (Tidehub, Strömung; PFB, S. 1140 f.). Die Begegnungsstrecke ist aber im Zuge der Planänderung I zum Schutz des nördlich der Insel Schweinesand/Neßsand vorgelagerten Flachwassergebiets modifiziert und ihre südliche Begrenzung auf einer Strecke von 1,5 km um rund 30 m nach Norden verschoben worden. Daraus resultiert eine Verkleinerung der Fahrrinne um rund 2,8 ha (siehe PÄ I, Teil 1, S. 13). Diese Modifikation dient auch dem Schutz der Böschung der Insel Neßsand vor zusätzlichen Erosionserscheinungen (PFB, S. 908, 1140). Eine Zunahme der Erosion durch schiffserzeugte Belastungen ist aufgrund der Auflage zu den Schiffsgeschwindigkeiten nicht zu erwarten (PFB, S. 1151). Für den Streckenabschnitt Glückstadt bis östliches Ende der Begegnungsstrecke ist eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 12 Knoten vorgesehen (PFB, S. 65 unter A.II.5.3). Damit ist u.a. der Forderung der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) der Freien und Hansestadt Hamburg im Beteiligungsschreiben vom 20. November 2008 (S. 2) Rechnung getragen worden, zusätzlich zu der mit dem Vorhabenträger bereits abgeschlossenen Vereinbarung zur Sicherung der Elbinsel Neßsand eine rechtsverbindliche Befahrensregelung vorzusehen. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob und wenn ja, in welchem Umfang die von den Klägern (Stellungnahme des Dipl.-Biol. Lutz vom 4. Juli 2012) geltend gemachten negativen Veränderungen im FFH-Gebiet "Neßsand und Mühlenberger Loch" auf die letzte Fahrrinnenanpassung im Jahr 1999 zurückgehen.

276 Die Rüge der Kläger, im Schutzgebiet seien stärkere hydrodynamische Veränderungen zu erwarten als von der BAW prognostiziert, greift - wie oben unter A.III.1 ausgeführt - nicht durch.

277 g) Die Verträglichkeitsprüfung für die Finte ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Erhebliche Beeinträchtigungen der Art in den FFH-Gebieten "Schleswig-Holsteinisches Elbästuar und angrenzende Flächen", "Unterelbe", "Neßsand und Mühlenberger Loch" sowie "Rapfenschutzgebiet Hamburger Stromelbe" sind gemessen an den Erhaltungszielen für diese Gebiete (PFB, S. 999 f., 1066, 1133, 1116; PEU II 3, S. 66) zu Recht ausgeschlossen worden.

278 aa) Nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014 war der Erhaltungszustand der Finte bei Erlass der Planfeststellungsbeschlüsse im April 2012 auch im FFH-Gebiet "Schleswig-Holsteinisches Elbästuar und angrenzende Flächen" (abweichend von der FFH-VU <PÄ I, Teil 5, Teil 2a, S. 29> und den Planfeststellungsbeschlüssen <S. 987>) ebenso wie im FFH-Gebiet "Unterelbe" mit "C" einzustufen. An dieser Gesamtbewertung halten auch der zur 2. Planergänzung erstellte Fachbeitrag von Bioconsult vom 15. Oktober 2015 und die 2. Ergänzungsbeschlüsse fest (PEU II 3, S. 27; 2. PEB, S. 51). Für die im neuen Fachbeitrag einbezogenen FFH-Gebiete "Neßsand und Mühlenberger Loch" und "Rapfenschutzgebiet Hamburger Stromelbe" sind die Erhaltungszustände mit "B" bzw. "C" angegeben (PEU II 3, S. 23). Ist der Erhaltungszustand geschützter Arten in einem FFH-Gebiet schlecht, sind hinzutretende Beeinträchtigungen eher als erheblich einzustufen als bei einem guten Erhaltungszustand.

279 bb) Erhebliche Beeinträchtigungen adulter Finten durch bauzeitliche Störungen (Ausbau- und Unterhaltungsbaggerungen, Errichtung von UWA und Buhnen) sowie die damit verbundenen akustischen und visuellen Reize (Unterwasserschall, Trübung/Vergrämung) haben die Planfeststellungsbehörden auch unter Berücksichtigung des überwiegend schlechten Erhaltungszustands zu Recht verneint. Das Einsaugen von Fischen durch Hopperbagger ist zwar grundsätzlich möglich. Allerdings geht von den Baggerarbeiten eine starke Scheuchwirkung aus, und zudem wandert die Finte in der Regel nicht am Grund der tiefen Rinne. Des Weiteren betreffen die Baggerarbeiten nicht die Rand- und Flachwasserbereiche, die als wichtiges Aufwuchshabitat dienen. Bei Zugrundelegung eines Störradius von 100 m stehen den Finten ausreichende Ausweichmöglichkeiten zur Verfügung. Ihr Wanderkorridor bleibt erhalten, das Nahrungsangebot wird nicht verringert. Da im Wesentlichen Sande und Mergel gebaggert werden, ist nicht mit großräumigen Trübungswolken zu rechnen (vgl. PFB, S. 1008 und 1042 ff., 1076 und 1099 ff., 1121 und 1123 ff., 1139 f. und 1144 ff.). Diese Bewertungen haben die Kläger nicht substanziiert angegriffen.

280 cc) Verluste von Laich und Larven durch Ausbau- und Unterhaltungsbaggerungen während der Hauptlaichzeit und der sensiblen Larvalphase werden durch die Auflagen unter A.II.4.2 (PFB, S. 61 f. in der Fassung der 2. PEB, S. 5 unter A.2.1) ausgeschlossen. Die Auflage A.II.4.2.4 begegnet mit dem Inhalt, die sie durch die 2. Ergänzungsbeschlüsse (S. 5) gefunden hat, nicht mehr den im Hinweisbeschluss vom 2. Oktober 2014 unter Rn. 31 f. formulierten Bedenken; die dort unter Rn. 33 angesprochenen Beteiligungsrechte sind im ergänzenden Verfahren zu wahren.

281 Durch Protokollerklärung in der mündlichen Verhandlung am 20. Dezember 2016 haben die Beklagten die Auflage A.II.4.2.4 dahingehend ergänzt, dass diese auch für Unterhaltungsarbeiten im Wasserinjektionsverfahren gilt. Damit ist dem Vorbringen der Kläger im Schriftsatz vom 25. November 2016 zu den möglichen Beeinträchtigungen durch dieses Baggerverfahren ausreichend Rechnung getragen worden.

282 dd) Die Rüge der Kläger, die Laich- und Aufwuchshabitate der Finte in den FFH-Gebieten "Schleswig-Holsteinisches Elbästuar und angrenzende Flächen", "Unterelbe" und "Mühlenberger Loch und Neßsand" würden erheblich beeinträchtigt, weil die Naturnähe des LRT 1130 durch verstärkte Sedimentation und Verlandung von Flachwasserbereichen abnehme, greift nicht durch.

283 In den Planfeststellungsbeschlüssen werden erhebliche Beeinträchtigungen der Finte auf diesem Wirkpfad mit der Begründung verneint, dass es nur in sehr geringem Maße zu einer Auflandung von Seitenräumen kommen werde und die Lebensraumqualitäten für die Finte dadurch nicht verschlechtert würden (PFB, S. 1043 f., 1100 f., 1146). Dagegen ist nichts zu erinnern. Zu den Erhaltungszielen für das FFH-Gebiet "Schleswig-Holsteinisches Elbästuar und angrenzende Flächen" gehört zwar auch die "Erhaltung der Population bzw. möglichst geringer anthropogener Feinsedimenteinträge in die Laichgebiete" (PFB, S. 999 f.). Im FFH-Gebiet "Unterelbe" wird u.a. die "Erhaltung und Entwicklung einer vitalen, langfristig überlebensfähigen Laichpopulation und ungehinderter Aufstiegsmöglichkeiten aus dem marinen Bereich in die Flussunterläufe in enger Verzahnung mit naturnahen Laich- und Aufwuchsgebieten in Flachwasserbereichen, Nebengerinnen und Altarmen" angestrebt (PFB, S. 1066). Für das FFH-Gebiet "Mühlenberger Loch und Neßsand" ist als Erhaltungsziel u.a. die "Erhaltung und Entwicklung eines günstigen Erhaltungszustands der Finte mit ihren als Nahrungs-, Aufwuchs- oder Laichgebiet genutzten Lebensstätten aus Flachwasserbereichen, bei Tidehochwasser überstauten Süßwasserwatten, Stromkanten und Tiefwasserbereichen" vorgesehen (PFB, S. 1134). Diese Ziele werden vorhabenbedingt aber nicht gefährdet. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Laichplätze und Aufwuchsareale durch das Vorhaben morphologisch so verändert werden, dass ihre funktionelle Bedeutung eingeschränkt wird.

284 Am linken Elbufer sind die Laichplätze zwischen Schwinge- und Estemündung zu lokalisieren, wobei die Hahnöfer Nebenelbe und das Mühlenberger Loch besonders wichtig sind. Am rechten Elbufer haben die Pagensander Nebenelbe sowie flache Bereiche des Hauptstroms eine Bedeutung. Spätere Larvenstadien bzw. Jungfinten halten sich ebenfalls im Bereich der Hahnöfer Nebenelbe und dem Mühlenberger Loch auf (Bioconsult 2010, S. 98). Für die Pagensander Nebenelbe hat die BAW ausgehend von einem niedrigen Oberwasser von 350 m³/s eine Zunahme der Schwebstofffracht um ca. 5 % prognostiziert; die Zuwächse werden stromauf kontinuierlich geringer (H.1c, S. 87). Für die Hahnöfer Nebenelbe wird eine Abnahme des Eintrags suspendierter Sedimente um ca. 10 % prognostiziert (H.1c, S. 87). Laut Bioconsult (2010, S. 99) ist vor diesem Hintergrund nicht von einer deutlichen Beeinträchtigung der Fintenlaichplätze auf diesem Wirkpfad auszugehen. Im Bereich der Begegnungsstrecke ist zudem die Trassierung der Fahrrinne durch die Planänderung I mit Rücksicht auf das der Insel Schweinesand/Neßsand vorgelagerte Flachwassergebiet geändert und die südliche Begrenzung der Begegnungsstrecke auf einer Länge von gut 1,5 km zwischen km 638,3 und km 636,75 um 30 m nach Norden verschoben worden (PÄ I, Teil 1, S. 13). Mit dieser Verschiebung wird eine Betroffenheit des Flachwassergebiets vermieden (Bioconsult 2010, S. 98).

285 Soweit Bioconsult (2010, S. 95) in das Bewertungsmodell für den LRT 1130 eingestellt hat, dass die sehr schwache vorhabenbedingte Verstärkung der Sedimentation in den Seitenräumen dauerhaft wirken wird und sich die jährlich nur geringen zusätzlichen Auflandungsraten bei entsprechend langem Betrachtungszeitraum (> 10 Jahre) akkumulieren werden, zielt dies nach den plausiblen Erläuterungen des Gutachters Schuchardt in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014 darauf, den für den LRT 1130 angelegten Bewertungsmaßstab der "Abnahme der Naturnähe" angemessen auszufüllen. Die Prognose nur sehr geringer vorhabenbedingter Auswirkungen auf die Laichareale wird damit nicht in Frage gestellt.

286 ee) Der in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014 erhobenen Rüge, im Hauptlaichgebiet drohten im Bereich Neßsand (km 638 bis km 640), der einen sensiblen Punkt in der Populationskette darstelle, wegen der dort geplanten Begegnungsstrecke Habitatverschlechterungen durch den zunehmenden Schiffsverkehr, fehlt es an Substanz. Wie oben ausgeführt ist bei der Fahrrinnentrassierung in Höhe Neßsand auf den vorgelagerten Flachwasserbereich Rücksicht genommen worden. Dass die Habitatbedingungen im Übrigen durch Schiffsverkehr in relevanter Weise negativ beeinflusst werden, haben die Kläger nicht dargetan und ist auch nicht ersichtlich. Namentlich ist nicht erkennbar, dass die Durchgängigkeit dieses Streckenabschnitts durch eine Zunahme des Schiffsverkehrs in relevanter Weise eingeschränkt wird.

287 ff) Es drohen auch keine erheblichen Beeinträchtigungen der Finte durch erhöhte Schwebstoffkonzentrationen.

288 Die Einschätzung der Planfeststellungsbehörden (PFB, S. 419 f.), die Veränderungen der Schwebstoffgehalte seien für die Finten tolerierbar, ist nicht zu beanstanden. Die Veränderungen des Schwebstoffgehalts sind zu gering, um für die adulten Fische, Eier oder Larven relevant zu sein. Laut UVU-Teilgutachten H.2a (S. 121) zur Wasserbeschaffenheit und zum Stoffhaushalt wird das Vorhaben im Hauptlaichgebiet (Abschnitt zwischen Mühlenberger Loch und Schwinge-Mündung, km 635 bis km 654,9) keinen nennenswerten neuen Eintrag von Schwebstoffen bewirken. Die Auswirkungen auf das Schwebstoffregime in den Nebenelben werden im Gutachten H.2a (S. 122 f.) näher beschrieben und für alle Nebenelben als neutral bewertet.

289 Der Einwand der Kläger in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014, durch die Zunahme der Schwebstoffgehalte werde die Habitateignung jedenfalls tendenziell verschlechtert, weil der Schwebstoff den Lichteinfall reduziere und dies eine geringere Nahrungsverfügbarkeit (Phytobenthos, Phytoplankton) bewirke, greift ebenfalls nicht durch. Laut UVU-Teilgutachten H.5a (S. 55 f., 57 f., 64 f., 68 und 71) sind bau-, anlage- und betriebsbedingte Auswirkungen auf das Phytobenthos und das Phytoplankton durch Veränderungen des Schwebstoffregimes und eine Verringerung der Eindringtiefe des Lichts im Bereich km 635 bis km 727 sowie in den Nebenelben nicht zu erwarten.

290 gg) Die Rüge, die Fintenpopulation werde durch die Stromaufverschiebung der Brackwassergrenze und eine damit verbundene Verkleinerung ihrer Laichhabitate erheblich beeinträchtigt, ist nicht begründet.

291 Abgesehen davon, dass die obere Brackwassergrenze in Abhängigkeit von den hydrologischen und meteorologischen Randbedingungen um 45 km variiert (PFB, S. 1711), wird die ausbaubedingte Veränderung der Salinität mit dem Begriff "Verschiebung der Brackwasserzone" nicht zutreffend beschrieben. Denn die Salinität erhöht sich nicht in der gesamten Brackwasserzone in gleicher Weise. Die ausbaubedingten Änderungen des Salzgehalts treten in einem Flussabschnitt auf, der infolge der durch Tide und Oberwasser bestimmten Dynamik ohnehin regelmäßig unter Brackwassereinfluss steht. Weiter stromauf, wo im Ist-Zustand die Brackwasserzone in den limnischen Bereich übergeht, werden die ausbaubedingten Änderungen des Salzgehalts minimal sein (PFB, S. 1713). Ausweislich der Tabelle auf S. 140 im UVU-Teilgutachten H.5b ergeben sich im Hauptstrom für den Bereich km 650 bis km 660 keine Änderungen des mittleren Salzgehalts von 0,2 PSU. Für den Bereich km 660 bis km 670 ergeben sich Änderungen des mittleren Salzgehalts von 0,2 bis 0,7 PSU um 0,0 bis +0,1 PSU und im Bereich km 670 bis km 680 (mittlerer Salzgehalt 0,4 bis 2,0 PSU) von +0,1 bis +0,3 PSU. Die Salzgehalte der Nebenelben werden durch die im Hauptstrom herrschenden Verhältnisse geprägt. Danach sind für das Mühlenberger Loch, die Hahnöfer Nebenelbe und die Lühesander Nebenelbe keine vorhabenbedingten Änderungen der Salzgehalte zu erwarten. In der Haseldorfer Binnenelbe sowie den Pagensander und Schwarztonnensander Nebenelben liegen die Änderungen unterhalb des von der BAW definierten Schwellenwertes von 0,2 PSU (H.1a, S. 47). Für die übrigen Nebenelben sind aufgrund der schon im Ist-Zustand vorhandenen hohen Salzgehalte und der hohen Salzgehaltsvariation vernachlässigbar geringe Veränderungen der Salzgehalte zu erwarten (H.5b, S. 140). Das Laichgebiet wird sich danach vorhabenbedingt - wenn überhaupt - allenfalls geringfügig verkleinern.

292 Der von den Klägern in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014 erhobene Einwand, die Stromaufverschiebung der 2 bis 3 PSU-Isohaline führe dazu, dass Laich und Larven in Bereiche mit noch höherer Salinität verdrifteten, greift nicht durch. Wenn die Finte an der Grenze zum Oligohalinikum laicht, besteht unabhängig vom Ausbau stets die Gefahr einer Verdriftung von Laich und Larven in Bereiche mit einem Salzgehalt von mehr als 2 bis 3 PSU.

293 hh) Die Beklagten haben schließlich auch eine erhebliche Beeinträchtigung der Fintenpopulation durch zusätzliche Mortalitäten und subletale Beeinträchtigungen aufgrund von Sauerstoffmangelsituationen im Ergebnis zu Recht ausgeschlossen.

294 (1) Nicht tragfähig ist allerdings die im Fachbeitrag (PEU II 3, S. 82 f.) und in den Planfeststellungsbeschlüssen (2. PEB, S. 48, 52) angestellte Erwägung, eine erhebliche Beeinträchtigung der Fintenpopulation durch vorhabenbedingt verstärkte Sauerstoffmangelsituationen sei zu verneinen, weil den Ei- und Larvenverlusten auf dem Wirkpfad "Abnahme des Sauerstoffgehalts" die Verbesserungen der Reproduktion durch Verzicht auf Unterhaltungsbaggerungen im Hauptlaichgebiet der Finte gegengerechnet werden könnten. Das in den Planfeststellungsbeschlüssen (A.II.4.2, PFB, S. 61 f.; 2. PEB, S. 5) angeordnete Verbot von Ausbau- und Unterhaltungsbaggerungen im Hauptlaichgebiet der Finte vom 15. April bis 30. Juni stellt keinen Verzicht auf die Fortsetzung einer bestandskräftig genehmigten Nutzung dar. Die Unterhaltungsbaggerungen zur Sicherung der 1999 planfestgestellten Solltiefe der Fahrrinne werden nach der Herstellung der neuen Solltiefe nicht fortgesetzt, sondern von den Unterhaltungsbaggerungen zur Aufrechterhaltung der neuen Solltiefe abgelöst und wären daher ohne das Verbot dem neuen Vorhaben als Wirkpfad zuzurechnen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. August 2016 - 7 A 1.15 - Rn. 101). Im Übrigen stünde die vorgenommene Saldierung im Widerspruch zur Rechtsprechung des EuGH zum habitatrechtlichen Verschlechterungsverbot, das auch für die Fortsetzung bestandskräftig zugelassener Nutzungen relevant ist (vgl. EuGH, Urteile vom 14. Januar 2016 - C-399/14 [ECLI:​EU:​C:​2016:​10] - und vom 24. November 2016 - C-461/14 [ECLI:​EU:​C:​2016:​895]).

295 Diese unzutreffende Beurteilung ist aber nicht entscheidungserheblich, weil die Planfeststellungsbeschlüsse die Auswirkungen eines verstärkten Sauerstoffmangels auf Fintenlaich und -larven auch unabhängig von der Saldierung als unerheblich einstufen durften (2. PEB, S. 63). Angesichts eines prognostizierten Anstiegs der Mortalität um weniger als 1 % und subletaler Beeinträchtigungen um 1,5 % ist gegen diese Wertung nichts zu erinnern, zumal sich der Zustand der Fintenpopulation seit 2010 trotz schon bisher aufgetretener Sauerstoffmangelsituationen verbessert hat und die Finte als so genannter relativer r-Stratege regelmäßig einen sehr großen Überschuss an Eiern produziert. Die Einwände der Kläger gegen die Methode zur Ermittlung der zusätzlichen Mortalität und subletalen Beeinträchtigungen greifen nicht durch.

296 (2) Die der Erheblichkeitsbeurteilung zugrunde gelegten Orientierungswerte von 3 mg O2/l/6h für letale Beeinträchtigungen und 4 mg O2/l/6h für subletale Beeinträchtigungen sind hinreichend vorsorglich. Sie beruhen auf einer Auswertung des naturschutzfachlichen Schrifttums zu den grundlegenden Wirkungsmechanismen von Sauerstoffmangel auf Fische (Adulte, Juvenile, Fischbrut) im Allgemeinen (PEU II 3, S. 28 bis 33) und die Finte im Besonderen (S. 33 bis 36). Bei der Ableitung der Orientierungswerte sind zudem bereits bestehende O2-Empfehlungen und Experteneinschätzungen beachtet worden (PEU II 3, S. 28). Die festgelegten Orientierungswerte sind auch für die gegenüber Sauerstoffdefiziten weniger toleranten Fischeier und frühen Larvenstadien hinreichend vorsorglich, weil sie den fischkritischen Wert von 3 mg O2/l mit den zeitlichen Komponenten "Unterschreitungsdauer" und "Wiederholungshäufigkeit" verknüpfen, deren Relevanz ebenfalls aus dem naturschutzfachlichen Schrifttum abgeleitet wird (PEU II 3, S. 36 f.).

297 Entgegen der Auffassung der Kläger musste als Erheblichkeitsschwelle nicht der im Wärmelastplan für die Tideelbe von Dezember 2008 als Maßstab für einen guten Gewässerzustand für große Ströme und Flüsse (Typ 20) angegebene Orientierungswert von > 6 mg O2/l (S. 3) oder gar der für die Finte ausgewiesene Normalbedarf (Sauerstoffkonzentration, die für gute Lebensbedingungen erforderlich ist) von 7 bis 9 mg O2/l (S. 5) festgelegt werden. Abgesehen davon, dass der überwiegende Teil des Hauptlaichgebiets (ca. km 630 bis km 650; PEU II 3, S. 18) im Oberflächenwasserkörper (OWK) Elbe-West (km 635 bis km 654,9) liegt, der dem Typ 22.3 (Strom der Marschen) zugeordnet ist (PEU II 1, Tabelle 6.1-2, S. 31), für den der Wärmelastplan (S. 3) einen Orientierungswert von > 4 mg O2/l vorsieht, markiert der Wert von 6 mg O2/l nicht die naturwissenschaftlich begründete Belastungsgrenze für die Verträglichkeitsprüfung. Vielmehr verortet auch der Wärmelastplan die Schwelle für signifikant schädliche Effekte bzw. die für das Überleben von Fischen erforderliche Mindestsauerstoffkonzentration bei 3 mg O2/l (fischkritischer Wert; S. 3); für die Finte geht er bei 20 °C Wassertemperatur von einem Minimalbedarf von 3 bis 4 mg O2/l aus (S. 5).

298 Aus dem Hinweis der Kläger auf die im Niedersächsischen Fachbeitrag Natura 2000, Teil B, S. 30, zum IBP Elbe für das FFH-Gebiet "Unterelbe" beschriebenen fintenbezogenen Erhaltungsziele (siehe auch PEU II 3, S. 20) folgt nichts anderes. Die im Fachbeitrag und den 2. Ergänzungsbeschlüssen angenommene vorhabenbedingte Verschlechterung des Sauerstoffgehalts um -0,2 mg O2/l ist nicht schon deshalb mit den Erhaltungszielen unverträglich, weil sie einen "vorbelasteten" Wasserparameter weiter verschlechtert. Maßgeblich ist, ob diese Verschlechterung den Reproduktionserfolg und die Larvalentwicklung auch in Ansehung des ungünstigen Erhaltungszustands mehr als geringfügig beeinträchtigt. Das haben die Beklagten für die ermittelte zusätzliche Mortalität von < 1 % und die Zunahme subletaler Beeinträchtigungen von ca. 1,5 % zu Recht ausgeschlossen.

299 (3) Die Verträglichkeitsprüfung geht nicht von einem unzutreffenden (günstigen) Erhaltungszustand aus. Der Fachbeitrag beschreibt zwar eine positive Entwicklung einzelner Unterkriterien, die auf der Grundlage eines überarbeiteten, noch nicht abgestimmten Bewertungsschemas zu einer besseren Einstufung des Kriteriums "Zustand der Population" führen würden. Er nimmt aber insgesamt - abgesehen vom Gebiet "Neßsand und Mühlenberger Loch" - einen ungünstigen Erhaltungszustand an (PEU II 3, S. 23). Zudem hält er bei der Erheblichkeitsbewertung für das "Delta -0,2 mg/l-Szenario“ fest, dass angesichts der Bedeutung des Reproduktionsgebiets in der Elbe für die Fintenpopulation eine besondere Vorsorglichkeit erforderlich und wegen des insgesamt offiziell (noch) als mäßig bis schlecht eingestuften Erhaltungszustands eine besondere Empfindlichkeit gegenüber weiteren Verschlechterungen anzusetzen sei (PEU II 3, S. 84). Die 2. Ergänzungsbeschlüsse (S. 51) verweisen ebenfalls auf die noch unveränderte offizielle Einstufung des Erhaltungszustands mit "C".

300 Die Fachgutachter und die Beklagten waren gleichwohl nicht gehindert, in die Erheblichkeitsbetrachtung des "Delta -0,2 mg/l-Szenarios" mit einzustellen, dass sich der Zustand der Population hinsichtlich der Kriterien "Abundanz adulter Finten" und "Altersstruktur Laicherbestand" im Zeitraum 2011 bis 2014 trotz der temporären Sauerstoffdefizite in diesen Jahren positiv entwickelt hat und die Finte nicht mehr als gefährdet auf der Roten Liste geführt wird (PEU II 3, S. 84 f.; 2. PEB, S. 49, 52). Dieser Umstand zeigt immerhin, dass der Reproduktionserfolg und die Populationsdynamik der Finte nicht allein von den Sauerstoffverhältnissen bestimmt werden, sondern hierfür eine Reihe anderer variabler Parameter wie Wassertemperatur, Oberwasserabfluss, Abundanz der Fressfeinde etc. mitbestimmend sind (vgl. PEU II 3, S. 26). Diese Parameter können die Auswirkungen von Sauerstoffmangelsituationen entweder verstärken oder abschwächen. Gegen einen monokausalen Zusammenhang zwischen Sauerstoffmangelsituationen und dem Zustand der Fintenpopulation spricht auch das im Fachbeitrag betrachtete Vergleichsjahr 1985, in dem die ungünstigen Sauerstoffverhältnisse keine Auswirkungen auf die Entwicklung der Larven hatten (PEU II 3, S. 65).

301 (4) Die Kritik der Kläger an der im Fachbeitrag vorgenommenen Gegenüberstellung der Fintenei- und -larvendichten mit den Sauerstoffmangelsituationen der Jahre 2011 bis 2014 (PEU II 3, S. 57 ff. Abbildung 12 bis 15) führt nicht auf einen entscheidungserheblichen Mangel der Verträglichkeitsprüfung. Die Grafiken sollen belegen, dass eine Kausalbeziehung zwischen der Sauerstoffsituation und der interannuellen Variabilität der Ei- und Larvendichte nicht eindeutig nachzuweisen ist. Darauf kommt es indes entscheidungserheblich schon deshalb nicht an, weil der Fachbeitrag mittels Modellrechnung auf der Basis der vorsorglichen Sauerstoff-Orientierungswerte gerade davon ausgeht, dass eine negative Entwicklung des Wirkpfads Sauerstoff die Mortalität erhöhen kann. Im Ergebnis stellen der Fachbeitrag (PEU II 3, S. 81 f.) und die 2. Ergänzungsbeschlüsse (S. 49) bei der Bewertung der Folgen geringer Verschlechterungen der Sauerstoffsituation tragend daher zu Recht darauf ab, dass die Populationsentwicklung der Finte von so vielen variablen Umweltbedingungen (Wassertemperatur, Hydrographie, Nahrungsangebot, Fraßdruck) bestimmt wird, dass geringfügige negative Änderungen eines das Habitat mitbestimmenden Umstands in den sonstigen Schwankungen "untergehen".

302 Mehr als eine Bestätigung dieser Tendenzaussage - keine monokausale Beziehung zwischen Sauerstoff und Population - kann den Abbildungen 12 bis 15 (S. 57 ff.) im Fachbeitrag nicht entnommen werden, weil die Grafiken zu den Sauerstoffmangelsituationen zwar die gesamte Aufwuchsphase abbilden, diese aber nicht in Zeitabschnitte gliedern. Zeitliche Eingrenzungen und Tendenzen sind - wie die Kläger zu Recht betonen - allein der Zusammenschau mit der Darstellung in Abbildung 8 (PEU II 3, S. 44) zu entnehmen. Daraus kann aber immerhin geschlossen werden, dass im Jahr 2011 eine bereits im Juni heikle Sauerstoffsituation, die sich in den Juli hinein erstreckt hat, einer außergewöhnlich hohen Ei- und Larvendichte nicht entgegengestanden hat.

303 h) Die Verträglichkeitsprüfung leidet nicht an Mängeln, weil die Betroffenheit der prioritären Fischart Schnäpel nicht bzw. unzureichend bewertet worden ist.

304 aa) Es kann dahinstehen, ob es sich bei der in den Standarddatenbögen verschiedener FFH-Gebiete (vgl. z.B. "Unterelbe" <PÄ I, Teil 5, Teil 2b, S. 28, 40 ff.>, "Schleswig-Holsteinisches Elbästuar und angrenzende Flächen" <PÄ III, Teil 5, Teil 2a, S. 14, 16 f., 20>) aufgeführten Schnäpelart "Coregonus oxyrhynchus (Nordseeschnäpel)" um die in der Habitatrichtlinie in Anhang II als prioritäre Art und in Anhang IV als streng geschützte Art von gemeinschaftlichem Interesse aufgeführte Art "Coregonus oxyrhynchus (anadrome Populationen in bestimmten Gebieten der Nordsee)" handelt. Unstreitig ist, dass der echte Nordseeschnäpel spätestens seit etwa 1940 als ausgestorben gilt. Ob - was die Beklagten bestreiten - die Habitatrichtlinie auf den Restbestand einer anadromen Nordseeform des Coregonus maraena aus der dänischen Vidau abstellt, auf die heute alle Vorkommen in den deutschen Nordseezuflüssen zurückgehen sollen und die für Besatzmaßnahmen in Wiederansiedlungsprojekten verwendet werden, bedarf hier keiner abschließenden Klärung. Es lässt sich jedenfalls nicht feststellen, dass Erhaltungs- bzw. Entwicklungsziele für den Schnäpel vorhabenbedingt beeinträchtigt werden.

305 bb) Für die FFH-Gebiete "Neßsand und Mühlenberger Loch" und "Schleswig-Holsteinisches Elbästuar und angrenzende Flächen" bedurfte es ungeachtet der mit Schreiben der Bundesregierung vom 9. Juli 2009 an die EU-Kommission übermittelten Einschätzung, dass eine natürliche Reproduktion der Art in der gesamten Unterelbe nicht nachgewiesen sei und das Vorkommen als nicht signifikant (Wertstufe "D") bewertet werde, schon deshalb keiner Verträglichkeitsprüfung, weil sich auf diese Art in den genannten Gebieten keine Erhaltungs- und Entwicklungsziele beziehen (PFB, S. 1133, 988). Für das FFH-Gebiet "Unterelbe" ist für den Schnäpel das Ziel "Aufbau und Entwicklung von vitalen, langfristig überlebensfähigen Populationen in bis zu den Laichgewässern durchgängigen, unverbauten und unbelasteten, vielfältig strukturierten Fließgewässern; Wiederherstellung und Schutz von Laich- und Aufwuchshabitaten in sauerstoffreichen Nebengewässern mit mittlerer bis starker Strömung, sandig-kiesigem Grund, naturnahen Uferstrukturen sowie naturraumtypischer Fischbiozönose" festgesetzt (siehe Amtsblatt des Landkreises Stade vom 14. Oktober 2010 <S. 208 ff.>). Zudem findet sich dort der "besondere Hinweis: der Schnäpel bildet in der Elbe derzeit keine lebensfähige Laichpopulation, da die wenigen Einzelfänge ausschließlich aus Besatzmaßnahmen stammen" (vgl. auch PFB, S. 1062). Ob diese Einschätzung zutrifft oder im Hinblick auf die von den Klägern vorgelegten Stellungnahmen der Universität Hamburg (Dr. Thiel) vom 25. Mai 2012 und (Dr. Thiel und Dipl.-Biol. Magath) vom 16. August 2012 Bedenken begegnet, kann offenbleiben. Selbst wenn der Senat davon ausgeht, dass der Zustand der Schnäpelpopulation in der Unterelbe auf der Grundlage des Methodenvorschlags von Experten der Länderfachbehörden und des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) zur Erfassung der Wanderfische im Rahmen des bundesweiten FFH-Monitorings von Dezember 2011 (S. 23) mit "C" (unregelmäßige oder sporadische natürliche Reproduktion und/oder von Besatz abhängig) hätte bewertet werden müssen, ist die Verträglichkeitsprüfung im Ergebnis nicht zu beanstanden.

306 cc) Die Planfeststellungsbeschlüsse schließen erhebliche Beeinträchtigungen von Schnäpeln im FFH-Gebiet "Unterelbe" aus (PFB, S. 1103 ff.). Der Schnäpel nutze das Gebiet als Nahrungs- und Streifhabitat sowie als Wandergebiet. Ausgehend von einem Störradius von 100 m könne er Baustellenbereiche und Störzonen in wechselnden Bereichen des FFH-Gebiets ohne Unterbrechung des Wandergebiets meiden; Laich- und Aufwuchshabitate lägen außerhalb der Vorhabenflächen bzw. des FFH-Gebiets. Dagegen ist nichts zu erinnern. Nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014 liegen die optimalen Laichgebiete des Schnäpels nicht in der Unterelbe, sondern in der Mittel- und Oberelbe sowie den Unterläufen von Nebenflüssen (z.B. Este, Seeve); die Unterelbe wird vom Schnäpel vor allem als Wanderstrecke genutzt (vgl. auch IBP Elbästuar, S. 36). Das Aufsteigen von Schnäpeln in der Unterelbe zu den Laichgebieten wird durch das Vorhaben nicht erschwert. Die Durchgängigkeit der Unterelbe nach stromauf ist nicht zuletzt wegen der Fischaufstiegsanlage am Wehr Geesthacht gut. Das Sauerstoffloch unterhalb des Hamburger Hafens in den Sommermonaten ist für die Aufwärtswanderung der Schnäpel zu den Laichgebieten nicht von Bedeutung (vgl. auch Stellungnahme des Landessportfischerverbandes vom 24. November 2016, S. 6; Anlage K 11 zum Schriftsatz der Kläger vom 25. November 2016). Die Aufstiegswanderung findet erst im Herbst (Oktober/November) statt, Laichzeit sind im Wesentlichen die Monate November und Dezember bei unter 6°C Wassertemperatur (vgl. Methodenvorschlag "Erfassung der Wanderfische im Rahmen des bundesweiten FFH-Monitorings" von Dezember 2011, S. 21). Die für eine erfolgreiche Entwicklung der Eier/Larven erforderlichen Sauerstoffkonzentrationen sind in dieser Zeit sichergestellt.

307 Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014 geltend gemacht haben, Schnäpellarven könnten im Spätfrühjahr in den sauerstoffarmen Hamburger Hafen verdriftet werden, ergibt sich daraus ungeachtet der Frage, inwieweit dies dem Vorhaben zuzurechnen wäre, keine Beeinträchtigung der oben genannten Schutzziele. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass hiervon ein relevanter Teil des Larvenaufkommens betroffen wäre. Die klebrigen Eier haften sich an Kies, Steinen oder Wasserpflanzen an, der Schlupf findet bereits im Februar/März statt. Die frisch geschlüpften Tiere suchen Bereiche mit stehendem Wasser auf, z.B. angebundene Nebengewässer, Flutmulden oder Seen. Bereits im ersten Frühjahr wandern die Tiere mit 30 bis 40 mm Länge wahrscheinlich ins Wattenmeer ab; die adulten Tiere wandern vom zeitigen Frühjahr bis Mai in Richtung Wattenmeer zurück (vgl. Methodenvorschlag von Dezember 2011, S. 21). Vor diesem Hintergrund ist schon nicht erkennbar, dass beachtliche Teile des Laichs oder der Larven während der Sauerstoffmangelsituationen in den Hamburger Hafen verdriften. Anderenfalls wäre auch die Sinnhaftigkeit der Besatzmaßnahmen, die nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014 immer noch bzw. wieder stattfinden, zumindest fraglich.

308 Sofern danach überhaupt Larven in den sauerstoffarmen Monaten in den Hamburger Hafen verdriften, bewirkt das Vorhaben jedenfalls keine relevante Verschlechterung der Situation. Laut Wärmelastplan für die Tideelbe beträgt der Sauerstoffbedarf des gegenüber Sauerstoffmangel intoleranten Schnäpel bei +15 bis 20 °C Wassertemperatur minimal 8,0 mg O2/l und normal > 9,0 mg O2/l (S. 5). Damit dürfte der Sauerstoffgehalt unterhalb des Hamburger Hafens die Minimalwerte für den Schnäpel in den Sommermonaten schon jetzt regelmäßig deutlich verfehlen. Dieser Befund wird durch den von den Beklagten im Fachbeitrag zur Finte (PEU II 3) unterstellten vorhabenbedingten Absunk des Sauerstoffgehalts um -0,2 mg O2/l nicht relevant verschlechtert.

309 Sollten auch die Nebenelben der Unterelbe grundsätzlich geeignete Laichhabitate darstellen, ist nicht ersichtlich, dass diese potenziellen Laichhabitate vorhabenbedingt eine erhebliche Verschlechterung erfahren. Die Nebenelben sind nicht von Ausbaubaggerungen betroffen; Unterhaltungsbaggerungen finden dort im Ist-Zustand nicht statt und sind auch künftig nicht zu erwarten (siehe H.2a, S. 123).

310 i) Erhebliche Beeinträchtigungen von Schweinswalen im FFH-Gebiet "Unterelbe" haben die Planfeststellungsbehörden zu Recht verneint.

311 Der Schweinswal ist maßgeblicher Bestandteil des FFH-Gebiets "Unterelbe"; der Erhaltungszustand ist mit "C" angegeben (PFB, S. 1060, 1063). Als Erhaltungsziel ist die "Erhaltung geeigneter Lebensräume mit ausreichender Nahrungsverfügbarkeit sowie Sicherung der unbehinderten Wechselmöglichkeit zu anschließenden Teillebensräumen" angegeben (PFB, S. 1067). In den Planfeststellungsbeschlüssen werden dauerhafte erhebliche Beeinträchtigungen der Habitatfunktionen verneint (PFB, S. 1107). Die von den Klägern hiergegen - gestützt auf gutachterliche Stellungnahmen vom 18. Juni 2012 (Dipl.-Biol. Koschinski und Wenger) und von Mai 2013 (Dipl.-Biol. Wenger) - erhobenen Einwände greifen nicht durch.

312 aa) Erhebliche Beeinträchtigungen durch akustische und visuelle Reize (Trübung) können ausgeschlossen werden. Die Planfeststellungsbeschlüsse gehen davon aus, dass es während der Bauzeit (ca. 21 Monate) aufgrund akustischer und visueller Reize zu einer mittelfristigen und mittelräumigen Habitatmeidung innerhalb der Störzone von ca. 100 m um die Vorhabenstandorte kommt, im Gebiet aber ausreichende Ausweichmöglichkeiten bestehen (PFB, S. 1107). Dagegen ist nichts zu erinnern. Die Stellungnahme von Koschinski/Wenger vom 18. Juni 2012 führt selbst aus, dass Hörschäden bei Schweinswalen nur im Nahbereich der Schallquelle zu befürchten und durch den Betrieb von Hopperbaggern vermutlich nicht zu erwarten sind (S. 7 f.). Es drohen auch keine erheblichen Beeinträchtigungen wegen erhöhter Trübung durch Aufwirbelung von Sediment. Dank ihres Echolotsystems können Schweinswale auch bei schlechten Sichtverhältnissen navigieren. Im Übrigen haben die Kläger gegen die nachvollziehbaren Ausführungen in der FFH-VU (PÄ I, Teil 5, Teil 1, S. 132), die Tiere seien aufgrund des starken Schiffsverkehrs in der Fahrrinne und der Unterhaltungsbaggerungen an die von den Baggerschiffen ausgehenden akustischen und visuellen Störwirkungen gewöhnt, nichts Substanzielles eingewandt.

313 bb) Anhaltspunkte dafür, dass sich das Kollisionsrisiko vorhabenbedingt signifikant erhöht, sind nicht ersichtlich. Nach der von den Klägern eingereichten Stellungnahme vom 18. Juni 2012 (S. 9 unter 3.2 ) ist unklar, ob es überhaupt zu Kollisionen von Schweinswalen mit großen Schiffen kommt. Dagegen spricht schon, dass es für diese Annahme trotz ca. 80 000 Schiffsbewegungen im Jahr in der Unterelbe keine fundierte Datenlage gibt. Soweit in der Stellungnahme vom 18. Juni 2012 auf die tödliche Verletzung eines einzelnen Schweinswals durch Schiffsschrauben im Mai 2012 (nach Erlass der Planfeststellungsbeschlüsse) hingewiesen wird, gehen die Gutachter selbst davon aus, dass solche Verletzungen vermutlich auf schnell fahrende Motorboote zurückzuführen sind. Das wäre - ungeachtet dessen, dass dieser Vorfall nicht geeignet ist, ein signifikantes Kollisionsrisiko zu belegen - keine vorhabenbedingte Folge.

314 cc) Den Ausführungen unter Nr. 3.3 der Stellungnahme vom 18. Juni 2012, es gebe den "Verdacht", dass eine Erhöhung des Feinsedimentanteils und die Aufnahme dieser Feinstoffe durch "die damit typischerweise assoziierten Bakterien" die Gesundheit der Schweinswale beeinträchtigen könne, fehlt es an der erforderlichen Substanz. Die Gutachter beziehen sich ohne nähere Begründung auf die persönliche Mitteilung eines pensionierten Veterinärdirektors und erkennen einen "zusätzlichen Untersuchungsbedarf". Solche vagen Vermutungen reichen nicht aus, um vermeintliche Versäumnisse einer Verträglichkeitsprüfung aufzuzeigen.

315 dd) Das gilt gleichermaßen für das nicht näher untersetzte Vorbringen unter Nr. 5 der Stellungnahme der Dipl.-Biol. Wenger von Mai 2013, durch die im Anschluss an die Ausbaumaßnahmen zu erwartende erhöhte Zahl von Unterhaltungsbaggerungen würden mit Umweltgiften belastete Sedimente aufgewirbelt, die sich in verschiedenen Geweben der Schweinswale anlagerten und sich negativ auf deren Immunsystem bis hin zu erhöhter Anfälligkeit für Parasitierung und virale (Atemwegs-)Erkrankungen und eine Reduktion der Fertilität auswirkten. Insoweit fehlt es an einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Ergebnissen der UVU (Teilgutachten H.2a) und der UVP (PFB, S. 424) zu den Auswirkungen des Vorhabens auf die Schadstoffgehalte im Wasser. Laut UVU (H.2a, S. 145) sind die von der BAW in den Abschnitten der Tideelbe prognostizierten Zunahmen der Unterhaltungsbaggerungen zu gering, um mess- und beobachtbare Veränderungen der Schadstoffgehalte hervorzurufen. In den Planfeststellungsbeschlüssen werden Auswirkungen auf marine Säuger durch Veränderungen des Schadstoffgehalts wegen der Zunahme von Unterhaltungsbaggerungen verneint (PFB, S. 424).

316 ee) Inwieweit die in der Stellungnahme vom 18. Juni 2012 unter 3.4 angesprochene Verschiebung der Brackwassergrenze nach stromauf zu erheblichen Beeinträchtigungen von Schweinswalen führen soll, ist nicht ersichtlich. Es kann dahinstehen, ob Finte und/oder Stint die bevorzugte Beute des Schweinswals darstellen und er diesen mit der Folge eines gesteigerten Kollisionsrisikos auf ihrem Weg zu den Laichgebieten stromauf folgt. Wie vorstehend unter B.II.1.g) gg) dargelegt, kommt es vorhabenbedingt nicht zu einer relevanten Stromaufverschiebung des Hauptlaichgebiets der Finte; für den Stint haben die Kläger dazu ohnehin nichts Substanzielles vorgetragen.

317 ff) Schließlich fehlt es auch dem Vorbringen, die Gefährdung der Schweinswale folge im Wesentlichen daraus, dass die Tiefengradienten zu Lasten der Flachwasserzonen verschoben würden, wodurch u.a. die Sauerstoffsituation weiter verschlechtert werde, an der erforderlichen Substanz. Die Stellungnahme von Mai 2013 vermutet unter Nr. 4 "vorbehaltlich entsprechender Aussagen von Fischexperten", die Wandermöglichkeiten oder Ablaich- und Reproduktionserfolge der Fischarten Finte und Stint könnten durch eine Erhöhung der Fließgeschwindigkeit und geänderte Strömungsverhältnisse in den Flachwasserbereichen negativ beeinflusst werden, so dass die Schweinswale weniger Nahrung fänden und in der Folge in der Unterelbe ausblieben. Diese Ausführungen sind naturschutzfachlich nicht näher unterfüttert. Abgesehen davon drohen - wie vorstehend unter B.II.1.g) näher dargelegt - keine erheblichen Gefährdungen der Fintenpopulation durch veränderte Fließ- und Strömungsgeschwindigkeiten, eine Verkleinerung von Flachwasserzonen oder eine Zunahme von Sauerstoffmangelsituationen; dass für den Stint anderes gelten könnte, haben die Kläger nicht vorgetragen. Entsprechend vermittelte Gefährdungen für die Schweinswale durch erhebliche Einschränkungen der Nahrungsverfügbarkeit scheiden daher aus.

318 gg) Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die Reproduktion der Schweinswale in der Unterelbe stattfindet, sind - ungeachtet dessen, dass es insoweit schon an einer Verknüpfung mit den Erhaltungszielen für das Gebiet "Unterelbe" fehlt - nicht dargetan. Laut IBP (S. 20) reproduziert die Art sich in der Unterelbe nicht. Nach der Stellungnahme von Wenger und Koschinski vom 18. Juni 2012 (S. 6) gibt es exemplarische Hinweise auf eine Reproduktion von Schweinswalen u.a. im Elbästuar. Die nachfolgende Tabelle führt u.a. den Totfund zweier Jungtiere in der Elbe Anfang Juli 1993 sowie jeweils eines Jungtiers im Mai 2008, im April 2009 und im Juni 2012 auf; zudem ist im Mai 2012 ein Jungtier in Begleitung dreier ausgewachsener Tiere in Höhe Övelgönne gesichtet worden. Warum aus diesen Einzelfunden auf eine Reproduktion in der Unterelbe geschlossen werden kann, haben die Kläger nicht dargelegt. Aus der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (BVerwG 7 VR 7.12 ) eingereichten Aufstellung der Dipl.-Biol. Wenger über Schweinswal-Sichtungen in Weser, Jade und Elbe im Jahr 2012 folgt - abgesehen davon, dass ein Großteil der Sichtungen erst nach Erlass der Planfeststellungsbeschlüsse stattgefunden hat - nichts anderes. Ein wichtiges Aufzuchtgebiet in der Nordsee sind vielmehr die Gewässer vor Sylt und Amrum (PFB, S. 1063). In den Sommermonaten bzw. der Hauptfortpflanzungszeit befindet sich der Vorkommensschwerpunkt im Bereich des Sylter Außenriffs; im Frühjahr stellt der Borkum Riffgrund vor der niedersächsischen Küste einen weiteren Schwerpunkt dar (vgl. Konzept des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 1. Dezember 2013 für den Schutz der Schweinswale vor Schallbelastungen bei der Errichtung von Offshore-Windparks in der deutschen Nordsee, S. 4 f.).

319 k) Erhebliche Beeinträchtigungen von Brutvögeln durch einen vorhabenbedingten Anstieg der Überflutungsgefahr auf den Vorländern der Vogelschutzgebiete (VS-Gebiete) "Unterelbe bis Wedel" und "Unterelbe" haben die Beklagten zu Recht ausgeschlossen (2. PEB, S. 93 f.). Die dagegen erhobenen, im Wesentlichen auf ein Fachgutachten des Michael-Otto-Instituts im NABU von Mai 2016 (Anlage K 7 zum Schriftsatz vom 31. Mai 2016) gestützten Rügen der Kläger sind nicht begründet.

320 aa) Die Methode des Fachbeitrags (IBL vom 12. November 2015, PEU II 4), mögliche Brutplätze auf den Vorländern im Wege der Revierkartierung zu ermitteln und die digitalisierten Reviermittelpunkte mit Vegetationseinheiten und Geländehöhen zu verschneiden, ist nicht zu beanstanden.

321 Die Revierkartierung ist eine anerkannte Methode zur Bestandserfassung (Südbeck et al., 2005, S. 47 ff.; 2. PEB, S. 66). Der Ansatz der Kläger - Ermittlung konkreter Neststandorte und Geländehöhen - wäre im Hinblick darauf, dass die Reviere und Neststandorte der bodenbrütenden und bodennah brütenden Vögel jährlich variieren, eine Momentaufnahme ohne zusätzlichen Erkenntnisgewinn. Der tatsächliche Bestand kann nur durch intensive populationsökologische Untersuchungen (inklusive Nestersuche und möglichst vollständiger Beringung der Vogelindividuen) ermittelt werden (Südbeck, S. 53). Ein solcher Aufwand konnte und musste hier schon angesichts der Größe der im negativen Wirkbereich gelegenen Flächen (725 ha im VS-Gebiet "Unterelbe" und 910 ha im VS-Gebiet "Unterelbe bis Wedel", vgl. PEU II 4, Tabelle 3-1, S. 9) nicht geleistet werden. Nach den eigenen Angaben der Kläger (Anlage K 7 zum Schriftsatz vom 31. Mai 2016, S. 5) hätte selbst die repräsentative Erfassung einer Stichprobe von Nestern "wenige hundert Personen-Arbeitstage" erfordert. Überdies ist eine exakte Kartierung von Neststandorten ohne Störung der Brutvögel und Gefahr für den Bruterfolg nicht möglich.

322 Methodisch nicht zu beanstanden ist, dass die artspezifische Höhenverteilung der Brutgebiete nur auf der Grundlage von Revierkartierungen für die Teilgebiete Schwarztonnensand und Allwördener Außendeich ermittelt wurde (PEU II 4, S. 56 f.). Die Gebiete unterscheiden sich in Vegetation und Artenspektrum und können als repräsentative Teilflächen qualifiziert werden. Die Auswertung der Erfassungen hat ergeben, dass die Individuen auch innerhalb einer Artengruppe grundsätzlich in verschiedenen Höhenlagen brüten und die meisten Arten ihre Reviermittelpunkte über der mittleren Geländehöhe haben (PEU II 4, S. 57). Die in das Modell eingestellten Geländehöhen wurden 2010 durch Laser-scan-Befliegung ermittelt, das digital im Geoinformationssystem (GIS) bereitgestellte Höhenmodell hat eine Rasterauflösung von 1,1 m² x 1,1 m² (PEU II 4, S. 11). Die Vegetationseinheiten wurden durch Auswertung hochauflösender Luftbilder ermittelt (PEU II 4, S. 11). Soweit die Kläger monieren, dass dabei Parameter wie der Abstand zu Gehölzen, Wegen und Wasser sowie Art und Intensität der Nutzung nicht erhoben wurden, kann dahinstehen, ob - wie die Beklagten vortragen - diese Parameter in den Vegetationseinheiten abgebildet werden. Abgesehen davon, dass ihre kleinräumige Erfassung angesichts der Flächengröße mit vertretbarem Aufwand nicht zu leisten wäre, ist nicht dargetan oder sonst ersichtlich, dass geeignete Brutstandorte übergangen wurden. Zwar kann der Abstand zu Gehölzen etwa unter dem Gesichtspunkt der Verkammerung von Habitatflächen für die Eignung als Neststandort maßgeblich sein, wenn Arten Offenlandlebensräume bevorzugen (vgl. PEU II 4, S. 21). Es fehlen aber jegliche Anhaltspunkte dafür, dass Flächen auf denen keine Bäume, Sträucher oder Schilfbestände das Sichtfeld der Vögel beeinträchtigen, nicht mithilfe hochauflösender Luftbilder festgestellt werden können.

323 Ein Mangel der Flächenerfassung ergibt sich weiter nicht aus dem Vortrag der Kläger, die überflutungsgefährdeten Habitate des Austernfischers seien unzulänglich erfasst worden, weil dieser auch Sandbänke, begrünte Deiche, Pioniervegetation, Trockenrasen und vegetationslose Bereiche besiedele (Anlage K 7, zum Schriftsatz vom 31. Mai 2016, S. 6 unten). Zwar ist der Austernfischer in der Tabelle 6-1 (PEU II 4, S. 22) unter diesen Vegetationseinheiten nicht aufgeführt. Es ist aber nicht erkennbar, dass sie für die Bemessung der Überflutungsgefahr von Bedeutung sind. So macht z.B. der Trockenrasen mit 135 ha nur etwa 7,2 % der Gesamtfläche mit Habitateignung von 1 879 ha aus (Tabelle 6-4, PEU II 4, S. 24; vegetationslose Bereiche 0 ha, Pioniervegetation 11 ha, begrünte Deiche 41 ha, Sandflächen 21 ha). Zudem kommt der Trockenrasen insbesondere auf den hohen Bereichen der Inseln vor (Tabelle 6-1, PEU II 4, S. 22, 39); von einem vorhabenbedingten Anstieg des MThw werden diese Gebiete in der Regel nicht erreicht (PEU II 4, S. 25 und Abbildung 6-5, S. 31). Soweit in den Anhangtabellen zum Fachbeitrag (PEU II 4, Tabelle 9-16, S. 29 und Tabelle 9-17, S. 30) in der dort jeweils höchsten Höhenstufe (280/290/300 - 350 cm über NHN) minimale vorhabenbedingte Veränderungen von 0,1 bis 0,5 bzw. 0,2 bis 1,1 Prozentpunkten angenommen werden, bewegen sich diese im Bagatellbereich. Im Übrigen ist angesichts der Flächenverteilung (Tabelle 6-1, PEU II 4, S. 22) nicht zu beanstanden, dass die Tabellen 9-20 und 9-21 im Anhang zu PEU II 4, die die prozentualen artspezifischen Überflutungswahrscheinlichkeiten im Ist-Zustand und im Ausbauzustand ausweisen, auf die Habitate Grünland und Röhricht abstellen. Diese typisierende Betrachtung ist zulässig; auch nach der von den Klägern mit Schriftsatz vom 31. Mai 2016 vorgelegten Anlage K 7, S. 10, brüten die Bodenbrüter in der Regel im Grünland.

324 bb) Die Verträglichkeitsprüfung basiert nicht auf fehlerhaften hydrologischen Randbedingungen. Der Fachbeitrag stellt auf die von der BAW prognostizierten Erhöhungen des MThw ab (PEU II 4, S. 41); mit ihren gegen die Prognosen der BAW gerichteten Rügen dringen die Kläger nicht durch (siehe oben A.III.1.a)). Ihr Einwand, der säkulare Meeresspiegelanstieg sei nicht berücksichtigt worden, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die BAW hat den säkularen Anstieg des Meeresspiegels bewusst nicht in ihre Berechnungen eingestellt (H.1a, S. 100). Zur Begründung hat sie darauf verwiesen, Berechnungen mit dem Nordsee-Modell und dem Jade-Weser-Modell der BAW zur Abschätzung der ausbaubedingten Veränderungen der Tidewasserstände bei Berücksichtigung eines beschleunigten Meeresspiegelanstiegs von 90 cm bei gleichzeitigem Ausbau von Außen- und Unterweser hätten ergeben, dass die Auswirkungen der Fahrrinnenvertiefungen nach einer säkularen, klimabedingten Zunahme der Wassertiefen geringer sein würden als die für den heutigen Zustand prognostizierten Veränderungen. Dieses Ergebnis ist laut BAW physikalisch zu erklären, weil z.B. eine Vertiefung von 15 m auf 16 m größere Auswirkungen erzeuge als eine Vertiefung von 16 m auf 17 m. Dieser Zusammenhang sei allgemeingültig, so dass prognostiziert werde, dass die ausbaubedingten Änderungen nach einem Meeresspiegelanstieg nicht größer sein werden als für den Ausbauzustand prognostiziert (H.1a, S. 100). Das ist plausibel.

325 Soweit in der von den Klägern vorgelegten Anlage K 7 zum Schriftsatz vom 31. Mai 2016, S. 8, auf neue Erkenntnisse aus dem Jahr 2014 zum Einfluss von Klimaveränderungen verwiesen wird, kommt es hierauf ungeachtet der Frage nach ihrer Relevanz für die ausbaubedingte Erhöhung des MThw schon deshalb nicht an, weil die wasserbaulichen Prognosen der BAW anlässlich der 2. Planergänzung nicht aktualisiert werden mussten (siehe oben unter A.III.1.g)). Zudem ist im Fachbeitrag hinsichtlich des vorhabenbedingt zu erwartenden Anstiegs des MThw durchgängig mit einem worst-case-Ansatz gearbeitet worden, indem der für die jeweiligen Flussabschnitte prognostizierte Anstieg des MThw jeweils aufgerundet wurde (PEU II 4, S. 14; 2. PEB, S. 73 f.).

326 Die von den Klägern in diesem Zusammenhang erhobene Rüge, der Wegfall des vollständigen Gezeitenschutzes auf dem Twielenflether Sand im VS-Gebiet "Unterelbe bis Wedel", für den eine MThw-Erhöhung von 3 cm drohe, sei nicht beachtet worden, greift im Ergebnis nicht durch. Zwar geht der Fachbeitrag (PEU II 4, S. 8) zu Unrecht davon aus, dass der Twielenflether Sand (km 650 bis km 653, NSG Haseldorfer Binnenelbe mit Elbvorland) als sommerbedeichter Polder vollständig außerhalb des Wirkbereichs des MThw-Anstiegs liegt. Vielmehr besteht seit 2007 über einen Priel im Nordwesten des Gebiets ein dauerhafter Gezeiteneinfluss (siehe 2. PEB, S. 80 Abbildung 4). In den 2. Ergänzungsbeschlüssen (S. 79) ist aber nachvollziehbar dargelegt, dass dieser Fehler angesichts des geringen Anteils (unter 2 %) der nicht mehr eingedeichten Fläche am gesamten VS-Gebiet "Unterelbe bis Wedel" und des in den Erhaltungszielen für dieses Gebiet (PFB, S. 1447) festgelegten Vorrangs der mit der Ausweitung des Tideeinflusses verfolgten Ziele vor denen des Brutvogelschutzes nicht relevant ist.

327 cc) Gegen die Methodik zur Ermittlung der Sedimentationsraten auf den Vorländern und den Ansatz eines Mittelwerts von 0,8 cm/a ist nichts zu erinnern. Laut Fachbeitrag (PEU II 4, S. 50 f.) beträgt die Sedimentationsrate im Bereich von km 680 (Höhe Glückstadt) bis km 643 (Höhe Lühort) nach Datenauswertung des WSA Hamburg im Mittel ca. + 1 cm/a. Im Mündungsbereich ist die Sedimentkonzentration und folglich der Vorlandaufwuchs wegen seegangsbedingt größerer Turbulenz höher. Der Vorlandaufwuchs verläuft - ebenso wie der MThw-Anstieg - nicht linear. Im Ergebnis ist oberhalb von km 680 im Zeitraum von 1960 bis 2010 eine Aufwuchsrate von ca. 1,0 cm/a, im Zeitraum von 1970 bis 2010 von ca. 1,1 cm/a und für die Jahre 1998 bis 2010 von ca. 0,8 cm/a anzusetzen. Diese Daten beruhen auf einer von Prof. Dr. Fröhle (Institut für Wasserbau der Technischen Universität Hamburg-Harburg) vorgenommenen Trendbereinigung, die darauf zielt, die Vergleichbarkeit der statistischen Verteilung früherer mit heutigen Hochwasserscheitelwerten herzustellen (näher Kapitel 9.3 im Anhang zu PEU II 4). Im Fachbeitrag wurde vorsorglich der geringe Wert von 0,8 cm/a zugrunde gelegt.

328 Der festgelegte Sedimentationsmittelwert erweist sich nicht deshalb als fehlerhaft, weil er höher ist als die Messdaten der Profilmessungen aus der Beweissicherung zur Fahrrinnenvertiefung von 1999 (vgl. PEU II 4, Anhang Kapitel 9.2). Die Profilmessungen stellen Geländehöhen von 1962 bzw. 1964 oder 1965 den Geländehöhen in 2009 bzw. 2010 gegenüber. Daraus ergibt sich gemäß Anlage K 7 (S. 10 f.) zum Schriftsatz der Kläger vom 31. Mai 2016 für das Profil 665207 (PEU II 4, Anhang S. 8) an den Stationen 470 und 475 eine Sedimentationsrate von 0,19 bis 0,23 cm/a, für das Profil 680471 (Anhang S. 10) an den Stationen 760 und 775 von 0,46 bis 0,56 cm/a und für das Profil 676193 (S. 9) an den Stationen 160 und 165 von 0,84 bis 1 cm/a (zur Lage der Beweissicherungsprofile siehe PEU II 4, Anhang, S. 6 Abbildung 9-6). Eine Überschätzung des Vorlandaufwuchses lässt sich aus diesem Befund jedoch nicht herleiten. Die Querschnitte aus der Beweissicherung sollen nur beispielhaft den Effekt des natürlichen Aufwuchses zeigen (PEU II 4, S. 51); sie dienen aber nicht als präziser Nachweis für seinen Umfang (vgl. auch 2. PEB, S. 84).

329 Die weitere Rüge der Kläger, die Mittelwertbildung sei unzulässig, weil der Vorlandaufwuchs durch eine starke Sedimentation in den vorderen und höherwüchsigen Uferbereichen und eine Sedimentation deutlich unter dem Mittelwert in den dahinterliegenden, von den Brutvögeln bevorzugten Marschgrünlanden gekennzeichnet sei, greift nicht durch. Ihren durch den Gutachter Dr. Hötker in der mündlichen Verhandlung im Dezember 2016 beispielhaft für das Profil 676193 - Glückstadt (Anlage 1 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19. Dezember 2016) erhobenen Einwand, die von den Fachgutachtern ausgewählten Transekt-Ausschnitte spiegelten Auflandungsraten in Bereichen wider, die für Brutvögel nicht relevant seien, konnten die Beklagten entkräften. Die von ihnen vorgelegten Unterlagen zum Vorlandaufwuchs im Zeitraum 1998 bis 2010 auf dem Twielenflether Sand und dem Allwördener Außendeich (Anlage 2 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 19. Dezember 2016) zeigen, dass die Vorländer in ihrer gesamten Tiefe vermessen worden sind. Die Messungen weisen auch in den uferferneren Bereichen nicht ausnahmslos, aber überwiegend einen Aufwuchs aus. Zudem belegen sie, dass die Aufwuchshöhe selbst in kleinen Geländeabschnitten teils erheblich variiert. Dieser Umstand rechtfertigt es, einen Mittelwert von 0,8 cm/a anzusetzen.

330 Die Mittelwertbildung ist zudem deshalb unbedenklich, weil der Vorlandaufwuchs keinen Eingang in die Ermittlung des vorhabenbedingt erhöhten Überflutungsrisikos gefunden hat (PEU II 4, S. 79; 2. PEB, S. 81 und 83). Er ist vielmehr erst bei der Bestimmung der voraussichtlichen Kompensationszeit, d.h. des Zeitraums, in dem der vorhabenbedingte Anstieg des MThw durch Sedimentation der Vorländer infolge von Wind und Sturmfluten voraussichtlich ausgeglichen wird (siehe 2. PEB, Tabelle 6-10, S. 85) berücksichtigt worden und hat dort erkennbar weniger Gewicht als bei der isolierten Wirkpfadbetrachtung.

331 dd) Die im Fachbeitrag vorgenommene Ermittlung der Überflutungswahrscheinlichkeiten und die Berücksichtigung vorbelasteter Flächen begegnet keinen methodischen Bedenken.

332 Die Überschreitungshäufigkeit der Wasserstände ist über einen Zeitraum von 63 Jahren (1951 bis 2013) ermittelt worden (PEU II 4, S. 12). Der Einwand der Kläger, auf diese Weise sei die starke Zunahme von Überflutungen in den letzten zehn Jahren relativiert worden, greift nicht durch. Um eine belastbare Aussage zur tatsächlichen Verteilung erhöhter Tidescheitelwasserstände zu erhalten, ist eine ausreichend lange Zeitreihe erfasster Scheitelwerte notwendig (2. PEB, S. 74 f.). Zudem wurde eine Trendbereinigung der abgelesenen Pegelstände (Tidescheitelwasserstände) durchgeführt, um die Häufigkeit erhöhter Wasserstände unabhängig von langfristigen Veränderungen des MThw in der Vergangenheit zu ermitteln. Dies ermöglicht eine detaillierte Beschreibung der Überflutungswahrscheinlichkeiten im Ist-Zustand bzw. in der Vergangenheit sowie der vorhabenbedingt veränderten Überflutungswahrscheinlichkeit bei einer Erhöhung des MThw um 1 bis 3 cm (PEU II 4, S. 16). So macht bei einem Tidehub von > 3 m eine MThw-Erhöhung von maximal aufgerundet 3 cm weniger als 1 % aus, eine Erhöhung des MThw um 1 cm entsprechend ungefähr 0,3 %; die Hochwasserstände variieren täglich in deutlich stärkerem Ausmaß als die ausbaubedingte Erhöhung des MThw (2. PEB, S. 95).

333 Die Berücksichtigung von "überflutungsvorbelasteten" Flächen ist weder grundsätzlich noch im konkreten Fall zu beanstanden. Der Vorwurf, das Überflutungsrisiko im Ist-Zustand sei nicht ausreichend untersetzt, liegt neben der Sache; insoweit kann auf S. 41 ff., insbesondere S. 44 bis 49 des Fachbeitrags (PEU II 4) verwiesen werden. Als statistisch zu 100 % vorbelastet werden die Gebiete eingestuft, die zwischen 2004 und 2013 in jedem Monat der Brutzeit in jedem Jahr überflutet worden sind (2. PEB, S. 78). Die in diesem Zusammenhang erhobene Rüge (Anlage K 7 zum klägerischen Schriftsatz vom 31. Mai 2016, S. 14), bei Röhrichtflächen dürfe nicht von einer 100%igen Vorbelastung ausgegangen werden, weil zahlreiche Röhrichtbrüter nicht am Boden, sondern höher in der Vegetation in seltener überfluteten Bereichen brüteten, ist nicht begründet. Die prozentuale Verteilung von Grünland und Röhrichtflächen auf den jeweiligen Höhenstufen ist differenziert ermittelt worden, die Grenze der 100 %-Vorbelastung ist in den Tabellen jeweils markiert (PEU II 4, Tabelle 6-7 und 6-8, S. 40 f.). Überdies berücksichtigt der Fachbeitrag, dass Bruthabitate im Röhricht durchschnittlich tiefer liegen als im Grünland und die Röhrichtbrüter daher in der Regel stärker überflutungsgefährdet sind als die Arten des Grünlands (PEU II 4 S. 70). Eine 50%ige Vorbelastung, die nicht zum generellen Ausscheiden von Flächen aus der Betrachtung führt, wird angenommen, wenn ein bestimmter Pegelstand im Zeitraum eines Monats innerhalb der Brutzeit in der Hälfte der Jahre des Zeitraumes von 2004 bis 2013 unterschritten wurde (PEU II 4, S. 33). Weil das MThw in der Tideelbe flussaufwärts ansteigt, steigt auch die Überflutungswahrscheinlichkeit auf einer definierten Geländehöhe nach oberstrom hin an. Die Bestimmung der Vorbelastungen ist daher für jeden der sechs betrachteten Flussabschnitte separat durchgeführt worden (PEU II 4, Tabelle 6-6, S. 35).

334 ee) Die Verträglichkeitsprüfung erweist sich schließlich nicht deshalb als fehlerhaft, weil die Beklagten die aktuelle Situation der Brutvögel bzw. den Bruterfolg zu schlecht bewertet und die Auswirkungen des Vorhabens daher unterschätzt haben.

335 Es ist nicht zu beanstanden, dass der Fachbeitrag (PEU II 4, S. 83) und die 2. Ergänzungsbeschlüsse (S. 94 ff.) den prognostizierten vorhabenbedingten Anstieg der Überflutungswahrscheinlichkeit um +0,8 bis maximal +4,1 % in Relation zur natürlichen Varianz des Bruterfolges (hohe natürliche Bestandsdynamik und Variabilität von Umweltfaktoren, z.B. interannuelle Schwankungen des MThw, Prädatorendruck) bewerten. Der Fachbeitrag geht der Frage nach, ob den Brutvögeln auf dem Wirkpfad "Anstieg der Überflutungsgefahr" erhebliche Beeinträchtigungen drohen. Diese Frage kann nur am Bruterfolg, d.h. daran anknüpfen, ob der Bruterfolg vorhabenbedingt ausbleibt oder reduziert wird (vgl. PEU II 4, S. 83; vgl. auch 2. PEB, S. 78 f.). Für das Ausmaß der möglichen Betroffenheit ist mithin bedeutsam, wie sich der Bruterfolg im Ist-Zustand darstellt bzw. von welchen Umständen der Bruterfolg schon jetzt und in Zukunft mitbestimmt wird. Hierzu gehört - neben der unter dd) behandelten Vorbelastung durch Überflutung - der Verlust von Gelegen durch Prädation. Die Verlustrate durch Prädation setzen sowohl der Fachbeitrag (PEU II 4, S. 75 f.) als auch Cimiotti et al. (2014, S. 26) übereinstimmend mit 5 % an, obwohl die Verlustraten tatsächlich offenbar höher liegen (PEU II 4, S. 75; Cimiotti et al. 2014, S. 26); die hohen Verluste von Gelegen durch Beutegreifer werden jedenfalls auch in den von den Beklagten zitierten Stellungnahmen des NABU Schleswig-Holstein vom 7. Mai 2016 und des NABU Nordrhein-Westfalen vom 18. März 2016 beklagt. Entgegen der Auffassung der Kläger müssen die möglichen Verluste auf den Wirkpfaden "Überflutungshäufigkeit" und "Prädation" nicht aus Gründen der Vorsorge addiert werden. Im Fachbeitrag (PEU II 4, S. 75 f.) ist nachvollziehbar dargelegt, dass eine Addition nicht sachgerecht ist, weil so natürliche Wechsel- bzw. Folgewirkungen nicht betrachtet würden. Eine additive Berücksichtigung der Prädation würde voraussetzen, dass ein Prädator eine feste Anzahl an Nestern ausbeutet, unabhängig davon, wie viele nach einer Überflutung verbleiben (näher mit hypothetischem Zahlenbeispiel Exkurs PEU II 4, S. 75). Es ist daher ausreichend vorsorglich, dass die Verlustrate durch Prädation mit 5 % niedrig angesetzt ist. Ob die Habitatvorbelastungen durch Überflutungen und Prädation im Ist-Zustand es rechtfertigen, die Verhältnisse auf Teilen der Vorländer als "ökologische Falle" zu qualifizieren, kann dahinstehen. Auf diese im Fachbeitrag in einem Exkurs behandelte naturschutzfachliche Frage kommt es entscheidungserheblich nicht an (2. PEB, S. 91 zu 5)).

336 Keinen Bedenken begegnet schließlich, dass die Beklagten bei der Verträglichkeitsprüfung mit in den Blick genommen haben, dass mehr als 95 % des VS-Gebiets "Unterelbe" und mehr als 80 % des VS-Gebiets "Unterelbe bis Wedel" vom Vorhaben nicht betroffen sind bzw. in einem Bereich mit einem vorhabenbedingten Absunk des MThw liegen. Zudem wird die so genannte Nodaltide - wenn auch zufällig - positiv wirken und den vorhabenbedingten Anstieg des MThw mindern (2. PEB, S. 95; PEU II 4, S. 83).

337 l) Vorhabenbedingte erhebliche Beeinträchtigungen des afro-sibirischen Knutts im VS-Gebiet "Ramsar-Gebiet Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und angrenzende Küstengebiete" haben die Beklagten zu Recht ausgeschlossen.

338 aa) Der afro-sibirische Knutt ist im VS-Gebiet als Gastvogel von besonderer Bedeutung ausgewiesen; sein Erhaltungszustand ist mit "A" angegeben (PFB, S. 1392). Zu den Erhaltungszielen für das Gebiet gehört u.a. die Erhaltung der natürlichen Nahrungsverfügbarkeit, z.B. der natürlichen Vorkommen von Benthosorganismen als Nahrung für Wat- und Wasservögel, und der prägenden Sediment- und Strömungsverhältnisse sowie der durch diese bewirkten Morphodynamik (vgl. PFB, S. 1406, 1412). Erhebliche Beeinträchtigungen der Nahrungsverfügbarkeit und der sonstigen Habitatbedingungen durch Änderungen der Hydrodynamik (Strömung, Tidekennwerte) sowie Sedimentation in den Wattgebieten werden in den Planfeststellungsbeschlüssen verneint (PFB, S. 1429 f.).

339 Die Kläger machen - gestützt auf Gutachten von Cimiotti et al. von März 2014 sowie des Michael-Otto-Instituts im NABU von Mai 2016 - geltend, der afro-sibirische Knutt verdopple mit seiner alternativlosen Hauptnahrungsquelle im Dithmarscher Watt, der Baltischen Plattmuschel (Macoma balthica), innerhalb von drei Wochen seine Körpermasse. Bei einer geringeren Energieaufnahmerate könne der Weiterzug in die sibirischen Brutgebiete (ca. 4 000 km) nicht bewältigt werden, was sich unmittelbar auf die Populationen in Westafrika und Nordsibirien auswirke. Die vorhabenbedingte Erhöhung der Gezeitendynamik im Bereich der Medemrinne führe zur Entwicklung von Watten mit grobkörnigeren Sedimenten, die von der auf feinkörniges Sediment angewiesenen Plattmuschel nicht besiedelt würden.

340 Dieses Vorbringen findet in den Auswirkungsprognosen der BAW keine Stütze. Nach dem Gutachten von Cimiotti et al. 2014 kommt der afro-sibirische Knutt vor allem im Gebiet Nr. 12 "Trischen-Meldorfer Bucht" nördlich der Elbmündung vor (siehe Abbildung 7 auf S. 31 sowie Tabelle 16 auf S. 37). Dass die vorhabenbedingten Änderungen des Tidehubs und der Strömungsgeschwindigkeiten sowie die Errichtung der UWA Medemrinne Ost und der Umlagerungsstellen Neuer Luechtergrund und Medembogen sich auf diesen Bereich dergestalt auswirken werden, dass die Siedlungsbedingungen für die Baltische Plattmuschel und in der Folge das Nahrungshabitat des afro-sibirischen Knutt beeinträchtigt werden, ist nicht dargetan oder sonst ersichtlich.

341 bb) Nach der Verträglichkeitsprüfung ist der Anstieg des Tidehubs im Bereich zwischen Strom-km 755 bis km 710, von dem das Vogelschutzgebiet mindestens einen Kilometer entfernt liegt, gering, weil der Effekt dort durch die große Gewässerbreite stark abgeschwächt wird (PFB, S. 1421). Die indirekten Vorhabenwirkungen durch Veränderung von Tidekennwerten und Strömungen wirken im Außenelbebereich aufgrund der Größe der Wasserfläche nur äußerst gering und haben keine Auswirkungen auf die Habitatbedingungen (PFB, S. 1431). Für die UWA Medemrinne Ost wird von einer relativen Veränderung der Strömungsgeschwindigkeiten von +20 % ausgegangen (PFB, S. 1418).

342 Diese Feststellungen können sich auf die BAW-Gutachten stützen. Danach betrifft etwa die von Cimiotti et al. 2014 (S. 40) angesprochene Erhöhung des Tidehubs von bis zu 0,11 m nur lokal den nordwestlichen Teil der UWA Medemrinne Ost, südöstlich der UWA wird der mittlere Tidehub um bis zu 0,6 m abgesenkt (H.1a, S. 84). Im Bereich Strom-km 720 bis km 710 (Fahrrinne Höhe Medemrinne) beträgt die ausbaubedingte Änderung des mittleren Tidehubs -0,04 bis 0,00 m (H.1a, S. 57), im Bereich km 730 bis km 720 0,00 bis 0,03 m (S. 55) und von km 740 bis km 730 ebenfalls 0,00 bis 0,03 m (S. 52). Die ausbaubedingten Änderungen der maximalen Flutstromgeschwindigkeit betragen im Bereich der Medemrinne Ost unterstrom der UWA bis zu -0,20 m/s, auf der UWA bis zu +0,15 m/s und oberstrom der UWA bis zu -0,27 m/s. Die Änderungen der maximalen Ebbestromgeschwindigkeit betragen unterstrom der UWA bis zu -0,28 m/s, auf der UWA bis zu +0,33 m/s und oberstrom der UWA bis zu -0,24 m/s (H.1a, S. 84 f.) Die ausbaubedingte Änderung der mittleren maximalen Flutstromgeschwindigkeit wird für den Abschnitt km 750 bis km 740 auf -0,01 bis 0,02 m/s (H.1a, S. 51), die Abschnitte km 740 bis km 730 und km 730 bis km 720 auf jeweils -0,03 bis 0,09 m/s (S. 53 und 55) und den Abschnitt km 720 bis km 710 auf 0,01 bis 0,18 m/s (S. 58) prognostiziert. Bei der mittleren maximalen Ebbestromgeschwindigkeit betragen die Änderungen im Abschnitt km 750 bis km 740 -0,02 bis 0,04 m/s (S. 51), in den Abschnitten km 740 bis km 730 und km 730 bis km 720 jeweils -0,02 bis 0,21 m/s (S. 53 und 56) und im Abschnitt km 720 bis km 710 -0,04 bis 0,24 m/s (H.1a, S. 58).

343 Im Bereich der Außenelbe im Übergang zur Deutschen Bucht verändern sich die Strömungen durch das Ausbauvorhaben nur tendenziell. Außerhalb der Fahrrinne wird es lediglich im Bereich des Kurvenscheitels bei km 735 zu geringen Strömungsabnahmen kommen. Geringfügige Zunahmen des Ebbestroms entstehen nördlich der Fahrrinne bei km 740, weil das in der Fahrrinne ausbaubedingt zunehmende Ebbestromvolumen dem dortigen Kurvenverlauf der Fahrrinne nicht vollständig folgt (H.1c, S. 78). Dass diese Änderungen geeignet sind, die Morphologie der Nahrungshabitate des Knutts im nördlich der Elbmündung gelegenen Dithmarscher Watt durch Erosion von Wattflächen oder Änderungen der Sedimentstruktur signifikant zu verschlechtern, ist nicht erkennbar.

344 cc) Das gilt ebenso für den Wirkpfad "Sedimentation/Eintrag von Schwebstoffen". Auf die Umlagerungsstellen Medembogen und Neuer Luechtergrund (Entfernung zum VS-Gebiet ca. 900 m) wird sandiges Material verbracht. Durch die äußerst geringen Beimengungen von Ton und Schluff werden zwar im Nahbereich (ca. 1 000 m) und kurzzeitig im Rahmen der einzelnen Verklappungsereignisse Konzentrationsspitzen in der Schwebstofffracht auftreten, die im Medembogen maximal 100 mg/l und am Neuen Luechtergrund bis zu 500 mg/l betragen. Die Trübungswolken verdünnen sich aber schnell, so dass mittlere Erhöhungen von lediglich 1 bis 2 mg/l wirksam werden. Aufgrund der natürlichen Schwebstoffkonzentrationen von 25 bis 50 mg/l mit Spitzenwerten von über 150 mg/l in diesem Bereich des Ästuars sind weiterreichende Auswirkungen nicht zu erwarten. Es wirken mithin lediglich geringe Schwebstofferhöhungen in den Rand des Vogelschutzgebietes hinein. Aufsedimentationen werden lediglich bis zu 0,01 mm betragen und vor dem Hintergrund des natürlichen Transportgeschehens nicht wahrnehmbar sein (PFB, S. 1419); für die UWA Medemrinne Ost sowie die Ausbau- und Unterhaltungsbaggerungen wird hinsichtlich der Erhöhung der Schwebstoffkonzentration ebenfalls von einem Wirkbereich von 1 000 m ausgegangen (PFB, S. 1418, 1421). Die an die Umlagerungsstelle Neuer Luechtergrund verbrachten Sande verdriften hauptsächlich nördlich der bestehenden Fahrrinne, nicht weiter als ca. 5 km von der Umlagerungsstelle entfernt. Geringe Anteile des Grobschluffs können bis in den Bereich des Klotzenlochs und des Medemsandes verdriften. Der Eintrag an verdriftendem Material ist im Verhältnis zu dem in natürlicher Weise verdriftenden Material im Wattenmeer gering (PFB, S. 1426).

345 Diese Feststellungen finden ihre Grundlage ebenfalls in den BAW-Gutachten. Im Untersuchungsgebiet ergeben sich an der Westküste von Schleswig-Holstein zwischen dem Bullenloch im Süden und dem Trischendamm im Norden nur tendenzielle (geringe, nicht messbare) Veränderungen durch Zunahme der flutstromorientierten Transporte in den Wattströmen. Im Gebiet nördlich des Medemsandes und östlich der gedachten Linie von Trischen im Norden bis zur Kugelbake im Süden ist es in der mittelfristigen Rückschau vor allem im Rinnenverlauf des Klotzenlochs zu erheblichen Verlagerungen gekommen. Der westliche Teil des Medemsandes wird durch Erosionen im Süden (Migration der Medemrinne nach Norden) und Erosionen im Norden (Migration des Klotzenlochs nach Süden) stetig verkleinert. In den nördlich vom Klotzenloch gelegenen Gebieten hat - bis an die Schleswig-Holsteinische Westküste reichend - eine flächenhafte Sedimentation stattgefunden, deren Sedimentquellen in den flächenhaften Erosionsgebieten westlich vom Gelbsand und in den suspendierten Sedimentfrachten (vor allem die Mündung der Tideelbe verlassend) zu suchen sind. Durch die Ausbaumaßnahme wird es an der Schleswig-Holsteinischen Westküste zu einer tendenziellen Zunahme der Sedimentationen kommen. Die ausbauinduzierten Veränderungen werden so gering sein, dass man sie nicht mit Methoden der Beweissicherung erfassen kann (H.1c, S. 79).

346 Nach dem BAW-Gutachten H.1f erreichen die feinen Fraktionen aus den Umlagerungsstellen am Medembogen und Neuen Luechtergrund zwar entfernte Bereiche, dies jedoch in so geringen Mengen, dass sie als Deposition nicht zu erkennen sind (S. 30). In die Interpretation ist auch die natürliche Sedimentdynamik eingeflossen. Zurzeit werden an der westlichen Südkante des Medemsandes bis zu 20 Mio. m³/Jahr erodiert. Der natürliche Schwebstoffgehalt in der Deutschen Bucht ist aufgrund vieler Einflüsse sehr variabel. Beim Durchzug von Orkantiefs sind Anstiege bis zum Zehnfachen des Normalwerts möglich. Eine mittlere Schwebstoffverteilung für den deutschen Festlandsockel, ermittelt vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie aus Daten der Meeresumweltdatenbank, ergibt für den Bereich des Neuen Luechtergrunds Konzentrationen von 25 bis 50 mg/l und für den Bereich des Medembogens über 50 mg/l (Extremwerte > 150 mg/l). Mit einer Erhöhung der Schwebstoffkonzentration um 1 bis 2 mg/l werden die natürlichen Verhältnisse nicht wesentlich verändert (H.1f, S. 31). Nach dem ergänzenden Gutachten der BAW zur Planänderung III wird das Schleswig-Holsteinische Wattenmeer infolge der Umlagerungen am Medemgrund und am Neuen Luechtergrund tendenziell durch sehr geringe Massen (vornehmlich Feinschluff) beaufschlagt (PÄ III, Teil 10, S. 43). Inwieweit die Beaufschlagung mit Feinsediment (namentlich Schluff) zu einer Entwicklung von Watten mit grobkörnigem Sediment führen soll, erschließt sich nicht. Auch das Bioconsult-Gutachten vom 5. Mai 2010, das unter der vereinfachenden worst-case-Annahme einer Addition der für den Neuen Luechtergrund vorgesehenen Baggermengen zu einer Deposition von 0,04 mm gelangt, geht davon aus, dass diese Deposition nicht geeignet ist, Strukturen und Funktionen bzw. charakteristische Arten erheblich zu beeinträchtigen (S. 72).

347 Die von den Klägern gegen die BAW-Gutachten erhobenen Einwendungen greifen nicht durch (siehe oben unter A.III.1). Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass die Randwerte für den Suspensionstransport im Modell am Übergang zur Deutschen Bucht auf Null gesetzt sind (H.1c, S. 48 unter Nr. 10.2.4, Bild 159 S. 195). Nach den Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014 lagen für den etwa 60 km langen seeseitigen Rand zur Deutschen Bucht keine Daten vor, so dass ein Wert gesetzt werden musste. Die Modellergebnisse sind dennoch aussagekräftig, weil es nicht auf die Hintergrundbelastung, sondern auf das an der Sohle gelöste Material ankommt. Daher ist unerheblich, ob die Randsteuerungswerte im Modell niedriger sind als in der Natur. Ziel der Begutachtung war es, die ausbaubedingten Änderungen zu prognostizieren. Dafür sind in erster Linie nicht die Mengen, sondern die Transportwege relevant. Hinzu kommt, dass die Korngrößenverteilung im Watt im Wesentlichen durch Wellen und nicht durch das Vorhaben bestimmt wird. Wasserseitig wird das Korn immer größer, d.h. jede Sturmflut müsste die Baltische Plattmuschel vertreiben. Demgegenüber ist das Vorhaben ungeeignet, Sediment- und Wattstrukturen so zu verändern, dass dies Einfluss auf die Korngröße der Sedimente hat.

348 dd) Selbst wenn unterstellt würde, dass das Vorhaben sich auf die mediale Korngröße im Watt im Bereich Elbmündung bis Meldorfer Bucht auswirkt, ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass die Sedimentzusammensetzung sich derart ändern würde, dass die Wattflächen ihre Habitateignung für die Baltische Plattmuschel verlören. Bevorzugtes Habitat für die adulte Plattmuschel sind feinsandige Wattflächen mit einer medianen Korngröße < 0,2 mm (Scheiffarth, Vortrag vom 6. März 2013 <zitiert in Cimiotti et al. März 2014, S. 36>, Folie "Habitatansprüche Macoma balthica"). Die Sedimentzusammensetzung im Dithmarscher Watt bewegt sich deutlich unterhalb dieser Grenze (Scheiffarth, a.a.O., Folie "Sedimentzusammensetzung").

349 m) Erhebliche Beeinträchtigungen der Brandgänse im VS-Gebiet "Ramsar-Gebiet Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und angrenzende Küstengebiete" sind ebenfalls zu Recht verneint worden.

350 Die Brandgans gehört zu den maßgeblichen Bestandteilen des VS-Gebiets, der Erhaltungszustand ist mit "A" angegeben (PFB, S. 1388). Zu den Erhaltungszielen gehört u.a. die Erhaltung störungsfreier Mauserplätze und der natürlichen Nahrungsverfügbarkeit (PFB, S. 1406 f.). Die Planfeststellungsbeschlüsse schließen erhebliche Beeinträchtigungen der (mausernden) Brandgänse durch visuelle und akustische Störungen bei der Errichtung der Umlagerungsstelle Medembogen sowie der UWA Medemrinne Ost und Neufelder Sand im Hinblick auf die unter A.II.4.1.1 (PFB, S. 61) angeordnete Bauzeitenbeschränkung vom 1. Juli bis 31. August aus (PFB, S. 1428). Negative Auswirkungen auf die Nahrungsverfügbarkeit (PFB, S. 1429) und die sonstigen Habitatbedingungen (PFB, S. 1430) werden ebenfalls verneint. Der Eintrag an verdriftendem Material sei nach dem Ergebnis der BAW-Modellierung im Verhältnis zum natürlicherweise verdriftenden Material im Wattenmeer zu gering (PFB, S. 1430). Die indirekten Vorhabenwirkungen wie Veränderungen der Tidekennwerte und Strömungen im Außenelbebereich hätten keinen Einfluss auf die Habitatbedingungen, weil sie aufgrund der Größe der Wasserfläche nur äußerst gering wirkten und störungsfreie Hochwasserrastplätze sowie Mauserplätze erhalten blieben (PFB, S. 1431).

351 Die von den Klägern dagegen erhobenen Einwände (Cimiotti et al. 2014, S. 34, 40 ff.; Michael-Otto-Institut im NABU, Mai 2016, S. 26 f.) sind nicht begründet. Wie vorstehend unter B.II.1.l) zum afro-sibirischen Knutt ausgeführt, können sich die Feststellungen zu den vorhabenbedingten Auswirkungen auf die Hydro- und Morphodynamik auf die BAW-Gutachten stützen, die entgegen der zahlreichen Rügen der Kläger (siehe oben unter A.III.1) methodisch vertretbar sowie hinreichend valide und belastbar sind. Auf deren Grundlage können auch für die Brandgänse erhebliche Auswirkungen des Vorhabens ausgeschlossen werden.

352 n) Die Verträglichkeitsprüfung für die Flussseeschwalben im VS-Gebiet "Unterelbe bis Wedel" (Teilgebiet Neufelder Vorland) ist nicht zu beanstanden. Erhebliche Beeinträchtigungen der Flussseeschwalben (Erhaltungszustand "B"; PFB, S. 1437), namentlich unter dem Blickwinkel der für das Teilgebiet Neufelder Vorland festgelegten Schutzziele "Erhaltung der natürlichen Gewässerdynamik einschließlich der geomorphologischen Dynamik im Ästuar" (PFB, S. 1446) und "Erhaltung von Gewässern mit reichem Kleinfischvorkommen im Umfeld der Brutkolonien der Flussseeschwalben" (PFB, S. 1447), werden in den Planfeststellungsbeschlüssen (PFB, S. 1465, 1467; 2. PEB, S. 90 f.) zu Recht ausgeschlossen.

353 Die Kläger machen unter Berufung auf eine NDR-Fernsehsendung vom 23. November 2015 sowie das Gutachten des Michael-Otto-Instituts im NABU von Mai 2016 geltend, die Auswirkungen der UWA Medemrinne Ost und Neufelder Sand sowie der UL Medembogen auf das nördlich der Medemrinne gelegene Prielsystem sowie die Fischart Stint, die das Hauptbeutetier der auf dem Neufelder Vorland ansässigen Flussseeschwalbenkolonie darstelle, seien unzureichend ermittelt und bewertet worden. Es kann dahinstehen, ob und unter welchen Voraussetzungen vermeintliche Mängel einer Verträglichkeitsprüfung auf Untersuchungen und Erkenntnisse gestützt werden können, die Untersuchungszeiträume nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses betreffen. Die Kläger dringen mit ihren - erstmalig im Verfahren zur zweiten Planergänzung erhobenen - Rügen auch in der Sache nicht durch.

354 aa) Es ist schon zweifelhaft, ob sich ihr Vorbringen, die Flussseeschwalbenpopulation auf dem Neufelder Vorland ernähre sich nahezu ausschließlich von Stinten, für die das benachbarte Prielsystem im Neufelder Watt als hochbedeutende Kinderstube und Wachstumsgebiet diene, auf eine ausreichende und wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Datengrundlage stützen kann.

355 Zum Beleg für die Beutespezialisierung der Flussseeschwalbenkolonie auf die Fischart Stint verweist das Gutachten des Michael-Otto-Instituts im NABU von Mai 2016 (S. 21) auf Untersuchungen von Hennig et al. 2016 zur Bestandsentwicklung und Nahrungsökologie der Flussseeschwalbenkolonie auf dem Neufelder Vorland. Im Rahmen dieser Untersuchung ist bei systematischen Nahrungsbeobachtungen in 2015 in 15-Minuten-Beobachtungseinheiten versucht worden, alle Beutetiere anfliegender Seeschwalben nach Artzugehörigkeit zu bestimmen. Die Größe der Beute wurde bei Fischen im Verhältnis zur Schnabellänge abgeschätzt. Bei der Auswertung wurden die Beuteobjekte mit einer mittleren Schnabellänge von Flussseeschwalben (36 mm) ins Verhältnis gesetzt (Hennig et al. 2016, Znr. 152 ff.). In der Kolonie Neufeld wurden 331 Beuteobjekte der Flussseeschwalbe bestimmt. Der Beobachtungsaufwand belief sich auf insgesamt 20 Stunden. Es wurden überwiegend die Flussseeschwalben beobachtet, die sich innerhalb der Elektrozäune und in naher Umgebung befanden (Hennig et al. Znr. 286 ff.); der Stint bildete bei diesen Beobachtungen mit 98,2 % den größten Anteil (Znr. 291). Ob systematische Nahrungsbeobachtungen über insgesamt 20 Stunden für ein Jahr und die Erkenntnisse aus unsystematischen und zufälligen Nahrungsbeobachtungen im Zeitraum von 2009 bis 2014 ausreichen, um daraus auf eine regelmäßig monotypische Nahrungswahl der Flussseeschwalben zu schließen, ist zumindest fraglich.

356 Gleiches gilt für die geltend gemachte hohe Bedeutung des Neufelder Watts als Kinderstube und Wachstumsgebiet für den Stint. Nach Hennig (Info vom 28. August 2015, S. 1; Hennig et al. 2016, Znr. 45 ff. und 55 ff.) ist erst 2014 mit einem Jungfisch-Monitoring in den Prielen vor Neufeld begonnen worden. Zur Fischerfassung wurde eine Flügelreuse bei Niedrigwasser in einem Priel ca. 400 m westlich der Kolonie (Znr. 165 ff., 177 und Abbildung 2) an 6 Tagen im Zeitraum von April bis Juni 2014 (Hennig 2015, Abbildung 6 und 7, S. 8 f.) und 4 Tagen im Zeitraum von Juni bis August 2015 (Hennig et al. 2016, Tabelle 1 Znr. 202) aufgestellt. Für die Zeit vom 9. Juni 2015 bis 11. August 2015 wurden insgesamt 2 717 Fische bestimmt, dabei konnten sieben Arten unterschieden werden, der Stint war die eudominante Art (Hennig 2016, Znr. 328 ff. und 341).

357 Angesichts der Kürze des Untersuchungszeitraums wird mit den gewonnenen Erkenntnissen eher eine Momentaufnahme denn ein dauerhaftes Phänomen beschrieben. Selbst nach Darstellung von Hennig (Info 2015, S. 1) war "die hohe Bedeutung des Neufelder Watts als Aufzuchtgebiet des Stints in dieser Dimension bisher nicht bekannt". Dies gilt umso mehr, als das Jahr 2014 laut Hennig (2015, S. 7) eines der besten Stintertragsjahre seit den 70er Jahren war. Hinzu kommt, dass zu den genauen Jagdorten der in Neufeld brütenden Seeschwalben bisher nur zufällige Beobachtungen vorliegen; Telemetriedaten gibt es nicht. Eine flächenhafte systematische Erfassung zu den Flussseeschwalben in Neufeld wurde nicht durchgeführt (Hennig et al. 2016, Znr. 584 ff.).

358 bb) Ungeachtet dessen sind die Rügen der Kläger auch im Übrigen nicht begründet. Es spricht nichts dafür, dass die durch die UWA Neufelder Sand und Medemrinne Ost bewirkten Änderungen der Strömungsgeschwindigkeiten relevante Auswirkungen auf das Stint-Vorkommen im Prielsystem des Neufelder Watts haben werden.

359 (1) Die UWA Neufelder Sand wird laut BAW-Gutachten H.1c (S. 59 f.) am Rande des Gewässerquerschnitts eingebaut, so dass es dort zu einer Abnahme der Strömungen über dem Bauwerk und einer Zunahme in der tiefen Fahrrinne kommt. Die mittlere und maximale Ebbestromgeschwindigkeit nimmt unmittelbar westlich der UWA um bis zu 0,27 m/s bzw. 0,32 m/s ab (H.1a, S. 89). Die mittlere Flutstromgeschwindigkeit nimmt (nord)westlich der UWA um bis zu 0,17 m/s zu, auf der UWA und nordöstlich davon um bis zu 0,12 m/s ab; die maximale Flutstromgeschwindigkeit nimmt im westlichen Teil der UWA um bis zu 0,22 m/s zu, im östlichen Teil um bis zu 0,17 m/s ab (H.1a, S. 88 f.). In der Fahrrinne nimmt die maximale Flutstromgeschwindigkeit parallel zur UWA Neufelder Sand zwischen km 698 und km 708 um maximal 0,10 m/s zu; die Zunahme reicht über die Fahrrinnenbreite nach Norden hinaus (H.1c, S. 58). Für die UWA Medemrinne Ost wird eine Zunahme der mittleren und maximalen Flutstromgeschwindigkeit auf dem Medemgrund und dem Neufelder Watt in der Nähe der Medemrinne Ost um bis zu 0,12 m/s bzw. 0,27 m/s prognostiziert (H.1a, S. 88). In der Medemrinne nimmt die mittlere Flutstromgeschwindigkeit (Bereich ca. 0,60 m/s bis 0,90 m/s) unterstrom der UWA um bis zu 0,12 m/s und oberstrom der UWA um bis zu 0,17 m/s ab, auf der UWA um bis zu 0,13 m/s zu (H.1a, S. 84). Die maximale Flutstromgeschwindigkeit (zwischen ca. 0,80 m/s und 1,40 m/s) nimmt unterstrom der UWA um bis zu 0,20 m/s und oberstrom um bis zu 0,27 m/s ab, auf der UWA nimmt sie um bis zu 0,15 m/s zu (H.1a, S. 84); die mittlere Ebbestromgeschwindigkeit (ca. 0,60 bis 1,00 m/s) nimmt unterstrom der UWA um bis zu 0,15 m/s sowie oberstrom der UWA um bis zu 0,18 m/s ab, auf der UWA nimmt sie um bis zu 0,24 m/s zu. Die maximale Ebbestromgeschwindigkeit (0,70 bis 1,40 m/s) nimmt unterstrom der UWA um bis zu 0,28 m/s und oberstrom um bis zu 0,24 m/s ab, auf der UWA nimmt sie um bis zu 0,33 m/s zu, weil das Strombauwerk den Rinnenquerschnitt verkleinert (H.1a, S. 85). Bis zum Scheitel der Medemrinnenkurve nimmt der maximale Ebbestrom um bis zu 25 cm/s ab, der maximale Flutstrom um ca. 10 cm/s (H.1c, S. 59).

360 (2) Diese Prognoseergebnisse durften der Beurteilung zugrunde gelegt werden. Entgegen der im Gutachten des Michael-Otto-Instituts im NABU von Mai 2016 (S. 30 f.) vertretenen Auffassung war der dem BAW-Gutachten H.1c zugrunde liegende Modellierungszeitraum (zweiwöchiger Spring-Nipp-Zyklus vom 11. bis 25. Mai 2002) weder zu kurz (siehe dazu oben unter III.1.b)bb)(3)) noch sonst wegen fehlerhafter Grundparameter (Wasserstands- und Winddaten) zu beanstanden. Die im BAW-Gutachten verwendeten Werte des Monats Mai 2002 liegen durchgängig unterhalb der Werte für das fünfjährige Mittel, wobei das Tidehochwasser im Mittel um 6 cm und das Tideniedrigwasser im Mittel um 22 cm niedriger liegt; gegenüber mittleren Verhältnissen im Mai 2002 sind höhere Tidehübe auf einem niedrigeren Mittelwasser aufgetreten. Dieser Sachverhalt bietet die Gewähr, dass die Untersuchung hydrologische Grundlagen einbezieht, die die Ausbauwirkungen klar hervortreten lassen (H.1a, S. 40). Auf die Einschätzungen des Weltklimarates aus 2014 kommt es insoweit nicht an; zur Berücksichtigung des Meeresspiegelanstiegs kann auf die Ausführungen im BAW-Gutachten H.1a, S. 100, verwiesen werden.

361 (3) Angesichts der genannten Prognosen zu den Änderungen der Fließgeschwindigkeiten im Umfeld der UWA Neufelder Sand und Medemrinne Ost ist nicht erkennbar, geschweige denn von den Klägern dargetan, dass im Bereich der "Mündung" des bezeichneten Prielsystems von einer signifikanten Erhöhung der Fließgeschwindigkeiten auszugehen ist. Dies gilt erst recht für den ersichtlich größeren Teil des Prielsystems, das nach Westen orientiert ist (vgl. Hennig et al. 2016, Znr. 97 ff.) und in großer Entfernung sowohl der UWA Medemrinne Ost als auch der UL Medembogen beginnt. Dass - wie die Kläger ohne naturschutzfachliche Unterfütterung geltend machen (Anlage K 7 zum Schriftsatz vom 31. Mai 2016, S. 33) - die jüngeren Stinte unter Überwindung einer Strömung, die sie geradeaus weiter treibt, in das Prielsystem "abbiegen" müssen und der Strömungswiderstand zukünftig zu groß sein wird, erschließt sich nicht. Das Ende des Priels ist nur bei Ebbe einer Flussmündung vergleichbar. Bei höheren Wasserständen gelangen die Fische in das Prielsystem, indem sie von der Strömung verdriftet werden, die auch über dem Watt verläuft. Bei auflaufender Flut können sie mit dem Flutstrom in die Priele geschwemmt werden. Aus dem Hinweis der Kläger auf die maximalen, nur für einen kurzen Zeitraum realisierbaren Schwimmgeschwindigkeiten von 0,3 m/s bei Fischen von ca. 5 cm Körperlänge folgt nichts anderes. Vielmehr ist vor diesem Hintergrund schon nicht erkennbar, wie es den Stinten angesichts der schon jetzt vorherrschenden Strömungsgeschwindigkeiten (siehe oben) gelingen kann, entgegen dem Flutstrom in das Prielsystem zu gelangen. Substanzielles dazu kann auch dem Gutachten des Michael-Otto-Instituts im NABU von Mai 2016 nicht entnommen werden. Sein Inhalt erschöpft sich insoweit darin, Besorgnisse zu formulieren, ohne dafür zumindest plausible und tragfähige Anhaltspunkte aufzuzeigen.

362 cc) Gleichermaßen vage ist das weitgehend in Frageform gekleidete Vorbringen zu den Auswirkungen der UL Medembogen auf die Schwebstoffkonzentrationen und die mit einem Anstieg möglicherweise verbundenen Auswirkungen auf das Phytoplankton als Nahrungsgrundlage der Stinte und die Gefahr mechanischer Verletzungen der Kiemen (Michael-Otto-Institut im NABU, Mai 2016, S. 34 f).

363 Für die UL Medembogen westlich der UWA Medemrinne Ost ist eine Größe von 60 ha und eine Kapazität von ca. 2,5 Mio. m³ bei einer Bauzeit von ca. zwei Monaten vorgesehen. Die Umlagerung soll im Einspülverfahren (Spülleitung zwischen seeseitigem Anschluss der Medemrinne Ost an das Fahrwasser und einem Spülponton im Bereich der UL) mit Fein- und Mittelsanden nach Errichtung der UWA Medemrinne Ost erfolgen, um einen Wiederaustrag des Materials weitgehend zu vermeiden und den morphologischen Effekt der UWA zu unterstützen (siehe Erläuterungsbericht, B.2, S. 58). Geplant sind Verspülungen im 2-Stunden-Takt, wobei pro Verspülung 5 500 m³ innerhalb einer Stunde umgelagert werden (BAW, H.1f, S. i und 8). Im Simulationszeitraum (3. bis 10. Mai 2002) haben 89 Umlagerungen mit einer Gesamtmenge von 489 500 m³ stattgefunden. Das Baggergut verteilt sich aufgrund der langen Verspüldauer sehr schnell, so dass nur geringe Schwebstoffkonzentrationen mit maximal 1 bis 2 mg/l auftreten. Durch den Gezeiteneinfluss wird der Schwebstoff in die in Bild 7 (H.1f, S. 12 oben) dargestellten Gebiete transportiert. Die weiteste Ausdehnung stromauf liegt mit 0,01 mg/l ca. bei Brokdorf, seewärts erreicht der Schwebstoff etwa den Großen Vogelsand. Die auf den Bildern 7 und 8 im Zentrum der Umlagerungsstelle dargestellten Maximalwerte von über 100 mg/l treten kurzzeitig während des Verspülvorgangs auf und sinken innerhalb der nächsten zwei Stunden wieder auf unter 1 mg/l ab (H.1f, S. 11). Der Grobschluff breitet sich bis auf den Medemsand und das Neuwerker Watt aus und wird über die Medemrinne bis Brunsbüttel transportiert, Mittelschluff und Feinschluff erreichen Brokdorf und den Großen Vogelsand nördlich von Neuwerk (H.1f, S. 17). Die feinen Fraktionen erreichen zwar entfernte Bereiche, jedoch in so geringem Maße, dass sie als Deposition über 0,01 mm nicht zu erkennen sind (H.1f, S. 29 f.). Die aus der Umlagerung des Ausbaubaggerguts kommenden Transportmengen werden nicht größer sein als die bereits heute transportierten Mengen, das Erosionspotenzial an der westlichen Südkante des Medemsandes wird vermindert (näher zu den Mengen auch H.1f, S. iii und S. 31). Das zur Planänderung III erstellte Gutachten prognostiziert eine tendenzielle Beaufschlagung des Schleswig-Holsteinischen Wattenmeers durch sehr geringe Massen (vornehmlich Feinschluff) aus der Umlagerung, die im Vergleich zum heute vorhandenen Transportgeschehen in der Natur nicht verifizierbar und keinesfalls signifikant sei (PÄ III, Teil 10, S. 43).

364 Vor diesem Hintergrund ist für relevante Änderungen des Phytoplanktons oder eine höhere mechanische Verletzungsgefahr für Kiemen der Stinte durch einen Anstieg der Schwebstoffkonzentrationen, die schon kurze Zeit nach dem Einbringen des Baggerguts in der natürlichen Hintergrundbelastung untergeht, nichts ersichtlich. Zugleich kann eine relevante Beeinträchtigung der Nahrungsverfügbarkeit für die Flussseeschwalben, bei denen es sich um Sichtjäger handelt, durch zusätzliche Trübung im Prielsystem ausgeschlossen werden.

365 Im Übrigen wird es laut BAW-Gutachten H.1c durch den Ausbau in den Prielsystemen der Außenelbe nicht zu beschleunigten Verschlickungen oder Versandungen kommen; die Versandung/Verschlickung könne durch die UWA Medemrinne Ost möglicherweise sogar reduziert werden, weil nach dem Ausbau jährlich weniger Sedimente im Medemgebiet freigesetzt werden (H.1c, S. V; vgl. näher dazu vorstehend B.II.1.l)cc)). Aus dem Hinweis der Kläger auf die im Bereich um die UWA Medemrinne Ost bereits vorhandenen und weiter betriebenen Klappstellen 717 und 711 folgt nichts anderes. Die BAW hat die Klappstellen in ihre Betrachtung einbezogen (H.1c, S. 94 f.). Die Klappstelle 717 dient dazu, ortsnah Sandkapazitäten zur Versorgung der tiefen Bereiche im Scheitel der Medemrinne vorzuhalten. Sie soll nach Realisierung der Maßnahme nach Möglichkeit wieder aktiviert werden, zumal die Klappstelle 711 teilweise (ca. 40 %) durch die UWA Medemrinne Ost überdeckt wird (H.1c, S. 95). Im Übrigen ist der Umstand, dass die Klappstellen offenbar ohne Folgen für die Stinte und die Flussseeschwalben genutzt werden, gerade nicht geeignet, das Vorbringen der Kläger zu den Auswirkungen der UWA und der UL auf den Sedimenttransport zu stützen.

366 Soweit Hennig (Info 2015, S. 2 oben unter Nr. 3, S. 10 und 15) von einem mittelfristigen Zusedimentieren und Verschlicken der gesamten Nebenpriele nördlich der UWA Medemrinne Ost ausgeht, beruht diese Annahme schon auf unzutreffenden Tatsachengrundlagen. Entgegen der Darstellung von Hennig wird die Medemrinne Ost durch die UWA nicht nahezu vollständig verschlossen. Die UWA (Größe 628 ha) wird in der Form einer Mulde (tiefste Lage NN -5,10) errichtet und seitlich unterhalb der Wattkante auf einer Höhe von NN -3,60 (Flachwassertiefe) in die Böschungen eingebunden. Das Wasservolumen über der UWA wird durch das abgelagerte Sandvolumen um 28 % reduziert, es beträgt ohne UWA 43,82 Mio. m³ (BAW vom 4. April 2014, S. 16, zu 2.5).

367 dd) Vor diesem Hintergrund lässt sich auch nicht feststellen, dass die Medemrinne Ost während der Bauzeit der UWA für die Stinte nicht durchgängig sein wird und es deshalb für die Brutzeit der Flussseeschwalben einer Bauzeitenregelung bedurft hätte. Während der Herstellung von Um- und Ablagerungsflächen kommt es zwar durch Trübungswolken und akustische Emissionen der Baggerschiffe zu temporären und kleinräumigen Meidungsreaktionen der Fische; für die Finte wird insoweit etwa ein Störradius von 100 m angesetzt (PFB, S. 1042). Die Bauarbeiten zur Herstellung der UWA finden aber jeweils nur auf Teilflächen der Medemrinne Ost statt. Es verbleiben daher Ausweichmöglichkeiten in störungsarme Bereiche.

368 ee) Ein Anstieg der Überflutungsgefahr infolge einer vorhabenbedingten Erhöhung des MThw kann für die Flussseeschwalbenkolonie auf dem Neufelder Vorland ausgeschlossen werden. Für die Bereiche stromab von km 680 wird ein vorhabenbedingter Absunk des MThw erwartet (PEU II, 4, S. 3 f., 6 f., Abbildung 3-1 auf S. 10; Tabelle 4-1 auf S. 15).

369 o) Anhaltspunkte für erhebliche vorhabenbedingte Beeinträchtigungen der Lachseeschwalben (Erhaltungsziele PFB, S. 1446 f.) im Vorland des Neufelder Koogs im VS-Gebiet "Unterelbe bis Wedel" haben die Kläger nicht dargetan. Sie beschränken sich insoweit auf den Hinweis, dass der Erhalt der auf gastgebende Arten angewiesenen Lachseeschwalbenkolonie maßgeblich vom Fortbestand der Flussseeschwalbenkolonie abhänge. Wie vorstehend unter B.III.1.n) ausgeführt, können vorhabenbedingte erhebliche Beeinträchtigungen der Flussseeschwalbenkolonie auf dem Neufelder Vorland, die sich mittelbar auf die Lachseeschwalbenkolonie auswirken könnten, nicht festgestellt werden.

370 Eine gesteigerte Überflutungsgefahr durch einen vorhabenbedingten Anstieg des MThw kann ausgeschlossen werden (siehe oben). Die im Gutachten des Michael-Otto-Instituts im NABU von Mai 2016 (S. 25) angeführte Bedrohung der Lachseeschwalbenkolonie durch extreme Hochwasserereignisse (Sturmfluten) ist nicht vorhabenbedingt.

371 p) Die Verträglichkeitsprüfung für die Gastvögel im Bereich des Fährmannssander Watts ist nicht zu beanstanden. Das Fährmannssander Watt liegt im Teilgebiet 2 des VS-Gebiets "Unterelbe bis Wedel" (PFB, S. 1447) stromab von Wedel, der Wedeler Marsch vorgelagert in Höhe von km 644/645. Zu den Schutz- und Erhaltungszielen für das Teilgebiet 2 gehört u.a. die Erhaltung störungsarmer Rast- und Nahrungsgebiete und einer günstigen Nahrungsverfügbarkeit (PFB, S. 1448). Erhebliche Beeinträchtigungen der Nahrungsverfügbarkeit und der sonstigen Habitatbedingungen werden in den Planfeststellungsbeschlüssen (PFB, S. 1470 ff.) ausgeschlossen. Das Schutzgebiet unterliege schon im Ist-Zustand einer natürlichen Dynamik aus Gezeiten, Oberwasserabfluss, Sedimentation und Erosion. Die vorhabenbedingten geringen hydrodynamischen Veränderungen wirkten nicht in das Schutzgebiet hinein bzw. seien nicht intensiv genug, um die natürlich ablaufenden Prozesse zu prägen oder zu überlagern. Die Wattflächen blieben erhalten, durch die Ufererosion würden in geringem Ausmaß weitere Wattflächen geschaffen.

372 Die dagegen gerichtete, auf Cimiotti et al. von März 2014 (S. 38 f. nebst Anhang) gestützte Rüge der Kläger, den Gastvögeln im Fährmannssander Watt (z.B. Krickente, Brandgans, Löffelente, Alpenstrandläufer, Goldregenpfeifer) drohe ein Verlust von Nahrungshabitaten, greift nicht durch. Ihr Vorbringen, das Vorhaben werde zu einer längeren Überflutungsdauer sowie aufgrund erhöhter Strömungsgeschwindigkeiten zu einer weiteren Versandung und Abtragung der ökologisch wertvollen Schlickwattflächen und Priele führen und sich so negativ auf das Nahrungsangebot für die Wasservögel auswirken, findet in den Gutachten der BAW keine Stütze. Das BAW-Gutachten H.1a (S. 71 ff.) prognostiziert für den Bereich Strom-km 650 bis km 640 ausbaubedingte Änderungen der mittleren maximalen Flutstromgeschwindigkeit um -0,13 bis 0,05 m/s und der mittleren maximalen Ebbestromgeschwindigkeit von -0,10 bis 0,00 m/s. Die ausbaubedingte Änderung des mittleren Tidehubs liegt bei 0,05 m (S. 72). Die mittlere Flutstromdauer ändert sich um -1 bis 2 min, die mittlere Ebbestromdauer um -2 bis 1 min (S. 73). Diese Änderungen sind zu gering, um die Eignung als Nahrungshabitat, etwa durch erhöhte Sandeintreibungen, zu beeinträchtigen. Aus dem Bild 193 (S. 235 Anlagenband 1 zu H.1c) zur Differenz des maximalen Schwebstoffgehalts der Summe aller Fraktionen folgt nichts anderes. Die Erhöhung der Schwebstoffkonzentrationen führt nicht zur Umwandlung von Schlickwatt zu Sandwatt.

373 Soweit laut IBP Elbästuar (S. 132) zu den Schwächen des Funktionsraums 3 u.a. die Degradation der Watten, z.B. die Entstehung von "Fließschlick" im Mühlenberger Loch und die Übersandung der Schlickwatten des Fährmannssander Watts gehört, folgt daraus nicht, dass diese jedenfalls auch von der natürlichen Dynamik des Elbästuars sowie ausbauunabhängigen anthropogenen Aktivitäten geprägte Entwicklung durch das Vorhaben in relevanter Weise verstärkt wird.

374 q) Mit ihrer auf eine Stellungnahme des Dipl.-Biol. Lutz vom 18. Juni 2012 gestützten Rüge, die Datenbasis zu den Gastvögeln, etwa den beiden typischen Gastvogelarten Dunkler Wasserläufer und Sichelstrandläufer, im Bereich Medemsand, Nordergründe und Neufelder Sand sei lückenhaft und für fachliche Auswirkungsprognosen ungeeignet, dringen die Kläger ebenfalls nicht durch.

375 Der Dunkle Wasserläufer und der Sichelstrandläufer werden in der FFH-VU und in der FFH-VP behandelt (vgl. PÄ I, Teil 5, Teil 3a, S. 3 ff. sowie 28 ff. für das VS-Gebiet "Ramsar-Gebiet Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und angrenzende Küstengebiete"; PÄ I, Teil 5, Teil 3a, S. 47 ff. und 68, 72 zum VS-Gebiet "Unterelbe bis Wedel"). Die Planfeststellungsbeschlüsse halten für das VS-Gebiet "Ramsar-Gebiet Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und angrenzende Küstengebiete" fest, dass der Dunkle Wasserläufer als Wintergast Süß- und Brackwassergewässer mit Schlamm- und Schlickflächen bevorzuge und in den Watten auf landnahen Zonen und in Meeresbuchten sowie Salzmarschen anzutreffen sei. Der Erhaltungszustand ist mit "A" angegeben (PFB, S. 1389). Zum Sichelstrandläufer wird ausgeführt, dass er auf seinem Durchzug im Herbst reines Schlickwatt oder Schwemmsandanlagerungen an Flussmündungen bevorzuge; der Erhaltungszustand ist mit "A" angegeben (PFB, S. 1399 f.). Erhebliche Beeinträchtigungen der Gastvögel im Bereich des VS-Gebiets durch akustische und visuelle Störungen, Beeinträchtigungen der Nahrungsverfügbarkeit sowie der sonstigen Habitatbedingungen werden unter Zugrundelegung eines Störradius von 500 m mit der Begründung verneint, dass angesichts der Flächenausstattung des Gebiets ausreichende Ausweichmöglichkeiten auf ungestörte Ersatzflächen vorhanden seien, die hydrographischen Veränderungen aufgrund der Größe der Wasserfläche nur gering wirkten und die Vögel wegen des Schiffsverkehrs an die temporären akustischen und visuellen Reize durch die Bauarbeiten angepasst seien (PFB, S. 1427 ff.). Für das VS-Gebiet "Unterelbe bis Wedel" kann zum Dunklen Wasserläufer auf S. 1436 der Planfeststellungsbeschlüsse verwiesen werden; der Sichelstrandläufer gehört in diesem Gebiet nicht zu den geschützten Arten. Erhebliche Beeinträchtigungen der Gastvögel im Vogelschutzgebiet werden auf S. 1468 ff. der Planfeststellungsbeschlüsse ausgeschlossen.

376 Hiergegen haben die Kläger nichts Substanzielles vorgebracht. Es ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass trotz der nur geringen Inanspruchnahme von Flächen in den Schutzgebieten und dem Vorhandensein von Ausweichflächen die Nahrungskonkurrenz auf den verbleibenden Flächen so verschärft wird, dass erhebliche Beeinträchtigungen von Gastvogelpopulationen zu besorgen sind. Auch im Übrigen sind Anhaltspunkte für eine vorhabenbedingte relevante Verschlechterung der Habitatbedingungen der Gastvögel im Elbmündungsbereich nicht erkennbar. Vor diesem Hintergrund war eine über die konkrete Betrachtung der mausernden Brandgänse und Eiderenten hinausgehende arten- und ortsspezifische Bestandserhebung aller Brut- und Gastvögel entbehrlich.

377 Abgesehen davon enthält die UVU (Teilgutachten terrestrische Fauna, H.4b) sowohl für die Brut- als auch für die Gastvögel ortsspezifische Bestandsbeschreibungen. Dies gilt namentlich für den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und das Neufelder Vorland (H.4b, S. 56 bis 62; S. 47 ff., PÄ I, Teil 3, S. 109 ff.). Da erhebliche Auswirkungen des Vorhabens auf die Gastvögel im Bereich Medemsand, Nordergründe und Neufelder Sand ausgeschlossen werden konnten, bedurfte es keiner fortlaufenden Aktualisierung. Der Einwand der Kläger, die räumliche Verteilung der Rastplätze für die Gastvögel sei methodisch fehlerhaft ermittelt worden, führt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar trifft zu, dass sich laut UVU (H.4b, S. 50 f.) methodische Kenntnislücken daraus ergeben, dass die Erfassungen während der Hochwasserphase erfolgt sind. Dadurch werden Arten, die das Watt bei Niedrigwasser nutzen, bei Hochwasser jedoch weit im Binnenland rasten, unterrepräsentiert erfasst. Laut UVU kann jedoch abgeschätzt werden, wo wichtige Aufenthaltsflächen bei Niedrigwasser oder wo Nahrungsflächen im Watt liegen, weil die Vögel in der Regel den nächstgelegenen Hochwasserrastplatz anflögen (H.4b, S. 50). Dagegen haben die Kläger keine substanziierten Einwendungen erhoben.

378 r) Für den durch Verordnung vom 19. März 2013 (HmbGVBl. S. 90) zum Natur- und Europäischen Vogelschutzgebiet erklärten Holzhafen musste keine Verträglichkeitsprüfung nach Art. 4 Abs. 4 VRL bzw. § 34 Abs. 1 BNatSchG/Art. 6 Abs. 3 FFH-RL durchgeführt werden; vorhabenbedingte Verschlechterungen im Sinne von § 33 Abs. 1 BNatSchG/Art. 6 Abs. 2 FFH-RL können ausgeschlossen werden.

379 aa) Der Holzhafen stellte entgegen der insbesondere auf eine Stellungnahme des NABU Hamburg von Juni 2012 gestützten Auffassung der Kläger bei Erlass der Planfeststellungsbeschlüsse im April 2012 kein faktisches Vogelschutzgebiet dar. Nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL erklären die Mitgliedstaaten die für die Erhaltung der in Anhang I aufgeführten Vogelarten "zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete" zu Schutzgebieten. Unter Schutz zu stellen sind nicht sämtliche Landschaftsräume, in denen bedrohte Vogelarten vorkommen, sondern nur die Gebiete, die sich am ehesten zur Arterhaltung eignen. Maßgeblich sind ausschließlich ornithologische Kriterien wie Seltenheit, Empfindlichkeit und Gefährdung einer Vogelart, Populationsdichte und Artendiversität eines Gebiets, sein Entwicklungspotenzial und seine Netzverknüpfung sowie die Erhaltungsperspektiven der bedrohten Arten. Je bedrohter, seltener oder empfindlicher die Arten sind, desto größere Bedeutung ist dem Gebiet beizumessen, das die für ihr Leben und ihre Fortpflanzung ausschlaggebenden physikalischen und biologischen Elemente aufweist. Nur Habitate, die unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe für sich betrachtet in signifikanter Weise zur Arterhaltung beitragen, gehören zum Kreis der im Sinne des Art. 4 VRL geeignetsten Gebiete. Bei der Frage, welche Gebiete zu den geeignetsten zählen, besteht ein fachlicher Beurteilungsspielraum der Mitgliedstaaten und Bundesländer, den auch die gerichtliche Kontrolle zu beachten hat. In dem Maße, in dem sich die Gebietsvorschläge eines Landes zu einem kohärenten Netz verdichten, verringert sich die richterliche Kontrollintensität. Mit dem Fortschreiten des mitgliedstaatlichen Auswahl- und Meldeverfahrens steigen die prozessualen Darlegungsanforderungen für die Behauptung, es gebe ein (nicht erklärtes) faktisches Vogelschutzgebiet, das eine Lücke im Netz schließen solle (vgl. BVerwG, Urteile vom 21. Juni 2006 - 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166 Rn. 20 und 23 und vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 51 f. m.w.N.).

380 Als bedeutsames Erkenntnismittel für die Gebietsauswahl und als gewichtiges Indiz bei der nach Art. 4 Abs. 1 Satz 3 VRL gebotenen Eignungsbeurteilung stellt sich das Verzeichnis der "Important Bird Areas" (IBA) dar (BVerwG, Urteil vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 53 m.w.N.). Es dient als Orientierungshilfe, ersetzt jedoch nicht bereits für sich genommen die Subsumtion unter das Tatbestandsmerkmal der "zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete" (BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2002 - 4 A 15.01 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 168 S. 96 ff.). Bedeutung kann auch dem Umstand zukommen, ob die Europäische Kommission unter dem Blickwinkel des Vogelschutzes noch Meldebedarf im Planungsraum sieht (BVerwG, Urteil vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 53).

381 Nach diesen Vorgaben bestand bei Erlass der Planfeststellungsbeschlüsse keine Verpflichtung, den Holzhafen zum Vogelschutzgebiet zu erklären. Das folgt allerdings nicht schon daraus, dass der Holzhafen seinerzeit nicht in der Liste der "Important Bird Areas" (IBA) verzeichnet war. Nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014 ist die IBA-Liste zuletzt im Jahr 2002, also lange vor Einleitung des Planfeststellungsverfahrens aktualisiert worden (siehe Sudfeldt et al., Ber. Vogelschutz 39 <2002>, 119 <127 ff.>).

382 Die Einstufung des Holzhafens als faktisches Vogelschutzgebiet scheitert aber daran, dass das so genannte 1 %-Kriterium der Ramsar-Konvention, das auch bei der Identifikation von IBA Anwendung findet (siehe Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Handbuch der Ramsar-Konvention, 4. Aufl. 2010, S. 58 <Gruppe B, Kriterium 6>; Doer et al., Ber. Vogelschutz 38 <2002>, 111 <120, 125 f.: Kriterium A4i, 126, Kriterium B1i>), zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht erfüllt war. Das 1 %-Kriterium spielt im internationalen Vogelschutz bei der Ermittlung bedeutender Rastgebiete für Wasservogelarten eine zentrale Rolle. Danach ist ein Gebiet für Wasservogelarten dann von europäischer Bedeutung, wenn es regelmäßig mindestens 1 % des Bestandes einer unterscheidbaren Population einer Wasservogelart beherbergt, wobei "regelmäßig" in der Praxis als "in der Mehrzahl der untersuchten Jahre" definiert wird. Ein einmaliges Erreichen des Schwellenwerts genügt daher nicht. Vielmehr müssen in den letzten zehn Jahren von fünf Maxima mindestens drei Werte den 1 %-Wert erreichen. Daran fehlt es hier. Die europäischen Schwellenwerte für die Krickente (4 000) und die Brandgans (3 000) sind im Holzhafen unstreitig noch nie erreicht worden. Der europäische Schwellenwert für die Löffelente (400) ist nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014 nur 2007 überschritten (425) und in 2012 erreicht worden; in den Jahren 2005, 2006, 2010, 2011 und 2013 wurde nach der unwidersprochen gebliebenen Darstellung der Beklagten nicht einmal der nationale Schwellenwert von 250 erreicht.

383 Die Qualifizierung als faktisches Vogelschutzgebiet lässt sich auch nicht auf das so genannte IBA-Kriterium C6 (siehe Doerr et al., a.a.O. S. 139 f.) stützen. Danach muss das betreffende Gebiet eines der wichtigsten fünf Gebiete in der betreffenden europäischen Region für Arten oder Unterarten, die in der EU gefährdet sind, darstellen. Vorliegend kommt dem C6-Kriterium schon deshalb kein entscheidendes bzw. die Bedeutung des 1 %-Kriteriums überwindendes Gewicht zu, weil das Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg, das als Bezugspunkt dieses Kriteriums dient, nur kleinflächig und sein Entwicklungspotenzial eher gering ist.

384 bb) Die Beklagten mussten nach Ausweisung des Holzhafens als Europäisches Vogelschutzgebiet im März 2013 keine nachträgliche Verträglichkeitsprüfung anstellen. Nach der Rechtsprechung des EuGH fällt ein Gebiet, für das die Schutzregelung der Habitatrichtlinie erst nach der Genehmigung eines Projekts anwendbar geworden ist, gleichwohl unter Art. 6 Abs. 2 FFH-RL (Urteile vom 14. Januar 2016 - C-399/14 - Rn. 33 und vom 24. November 2016 - C-461/14 - Rn. 93 ff.). Aus dieser Vorschrift folgt eine allgemeine Pflicht, geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um eine Verschlechterung sowie Störungen, die sich im Hinblick auf die Ziele der Richtlinie erheblich auswirken können, zu vermeiden. Das Vorhaben darf daher nur begonnen oder fortgesetzt werden, wenn die Wahrscheinlichkeit oder Gefahr einer Verschlechterung der Lebensräume oder einer Störung der Arten ausgeschlossen ist. Wenn eine solche Wahrscheinlichkeit oder Gefahr auftreten kann, konkretisiert sich die allgemeine Schutzpflicht in eine Pflicht zur Durchführung einer nachträglichen Verträglichkeitsprüfung (EuGH, Urteil vom 14. Januar 2016 - C-399/14 - Rn. 43); das gilt jedenfalls dann, wenn das Projekt über eine Ausnahme nach Art. 6 Abs. 4 FFH-RL genehmigt werden soll (EuGH, Urteil vom 14. Januar 2016 - C-399/14 - Rn. 56).

385 Daran gemessen bedurfte es hier keiner nachträglichen Verträglichkeitsprüfung. Anhaltspunkte dafür, dass vorhabenbedingt Verschlechterungen von Lebensräumen oder Störungen von Arten drohen, die sich erheblich auf die Erhaltungsziele auswirken können, sind nicht erkennbar. Gemäß § 2 Abs. 2 der Verordnung über das Naturschutzgebiet Holzhafen besteht der Schutzzweck entsprechend den Erhaltungszielen des EU-Vogelschutzgebiets darin, den günstigen Erhaltungszustand der Population der Löffelente, Krickente und Brandgans in ihren als Rastgebiet genutzten Lebensstätten aus großflächigen Süßwasserwatten und Flachwasserbereichen zu erhalten.

386 Die Kläger sehen diese Ziele durch eine Zunahme der schon jetzt beachtlichen Verschlickung/Sedimentation, Auflandung und Verkleinerung der Übergangsbereiche zwischen Watt und Flachwasser, häufigere Unterhaltungsbaggerungen bzw. deren Folgen (Versteilung der Ränder der Wattflächen) und Beeinträchtigungen der Nahrungsgrundlage (Makrozoobenthos als Nährtiere für die Fische) beeinträchtigt (NABU Hamburg von Juni 2012, S. 8 ff.). Soweit sie sich als Beleg hierfür auf einzelne Passagen der Umweltrisikoeinschätzung und FFH-Verträglichkeitseinschätzung für Projekte an Bundeswasserstraßen - BfG 1380 vom 4. März 2004 (S. 39 f., 103 ff.) berufen, handelt es sich dabei nur um eine Beschreibung und Bewertung des Ist-Zustandes (S. 39 f.) und eine nicht weiter ausdifferenzierte Folgenabschätzung für den Bereich des Hamburger Hafens (S. 104), die noch vor Einleitung des Planfeststellungsverfahrens erstellt worden ist. Zudem werden die Folgen eines temporären Bestandsrückgangs bei den Nährtieren durch Baggerungen/Verklappungen als gering und die prognostizierten geringfügigen Verschiebungen in der flächenmäßigen Ausdehnung von wertvollen Biotoptypen als nicht kritisch für die Fauna im Elbästuar eingeschätzt (BfG, S. 103, 105). Aus dem von den Klägern weiter herangezogenen Gutachten von Bioconsult vom 5. Mai 2010 (S. 45) ergibt sich nichts Abweichendes. Dort ist zwar von einer sehr schwachen, über die Jahre allerdings akkumulierenden Auflandung die Rede. Diese Einschätzung bezieht sich aber auf die möglichen Auswirkungen des Vorhabens auf den LRT 1130 in den FFH-Gebieten "Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und angrenzende Küstengebiete", "Schleswig-Holsteinisches Elbästuar und angrenzende Flächen" sowie "Unterelbe" und nicht auf das von Ausbaumaßnahmen nicht direkt betroffene Gebiet Holzhafen. Unergiebig für eine vorhabenbezogene Prognose der Auswirkungen auf den Holzhafen sind überdies die allgemein gehaltenen Feststellungen im Strombau- und Sedimentmanagementkonzept für die Tideelbe vom 1. Juni 2008 (S. 10), wonach strömungsberuhigte Gewässerabschnitte, Hafenbecken, Nebenelben etc. bevorzugte Sedimentationsgebiete sind und die Zunahme der Baggermengen auf die Ausbauten und sonstigen wasserbaulichen Eingriffe zurückzuführen ist.

387 Schließlich belegt auch das von den Klägern angeführte Bild 195 (S. 237) im Anlagenband 1 zum BAW-Gutachten H.1c nicht, dass es vorhabenbedingt zu einer erheblichen Zunahme der Schwebstoffgehalte im Holzhafen kommen wird. Das Bild zeigt zwar eine lokale Zunahme des maximalen Schwebstoffgehalts im Holzhafen. Nach den Erläuterungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung im Dezember 2016 darf es aber nicht isoliert betrachtet werden. Vielmehr muss eine Gesamtschau mit den Bildern 135, 205, 225, 235 und 245 (Anlagenband 1 zu H.1c, S. 165, 249, 273, 285 und 297) sowie den Bildern 160, 164 und 176 (Anlagenband 4 zu H.1a, S. 168, 172 und 184) erfolgen. Die benannten Bilder zeigen, dass es im Bereich des Holzhafens nicht zu relevanten Zunahmen der maximalen effektiven Bodenschubspannung, des mittleren Schwebstoffgehalts, des advektiven Flutstrom-Schwebstofftransports und des advektiven Rest-Schwebstofftransports sowie zu keiner Abnahme des advektiven Ebbestrom-Schwebstofftransports kommt. Zudem sind danach nur geringe Zunahmen des Tidehochwassers und Abnahmen des Tideniedrigwassers und keine Veränderung der maximalen Ebbestromgeschwindigkeit bei niedrigem Oberwasser zu erwarten. Dies stützt das Vorbringen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung im Dezember 2016, das Bild 195 bilde nur eine lokale - jeweils zeitlich begrenzte - und nicht vorhabenbedingte Zunahme des maximalen Schwebstoffgehalts aufgrund von Turbulenzen im südlichen Teil des Holzhafens ab.

388 2. Die Abweichungsprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG, die die Beklagten mit Rücksicht auf die als nicht ausgeschlossen erachteten erheblichen Beeinträchtigungen des prioritären Schierlings-Wasserfenchels in den FFH-Gebieten "Schleswig-Holsteinisches Elbästuar und angrenzende Flächen", "Unterelbe" und "Neßsand und Mühlenberger Loch" sowie des LRT 1130 in den FFH-Gebieten "Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und angrenzende Küstengebiete", "Schleswig-Holsteinisches Elbästuar und angrenzende Flächen" und "Unterelbe" mit dem Ergebnis der habitatrechtlichen Zulassungsfähigkeit des Vorhabens durchgeführt haben, ist nicht frei von Fehlern. Teilweise mängelbehaftet sind sowohl die gemäß § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG vorgenommene Abwägung als auch die gemäß § 34 Abs. 5 BNatSchG getroffene Regelung zur Kohärenzsicherung. Dagegen gibt die Alternativenprüfung nach § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG keinen Anlass zu Beanstandungen.

389 a) Als Abweichungsgründe kommen nach § 34 Abs. 4 BNatSchG für ein Vorhaben, das wie hier eine prioritäre Art erheblich beeinträchtigen kann, grundsätzlich nur zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt in Betracht. Sonstige Gründe im Sinne des § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG (Gründe sozialer oder wirtschaftlicher Art) können allerdings dann berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde - wie hier die Beklagten - zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit eine Stellungnahme der Kommission der Europäischen Union eingeholt hat (BVerwG, Urteile vom 6. November 2013 - 9 A 14.12 - BVerwGE 148, 373 Rn. 68 und vom 23. April 2014 - 9 A 25.12 - BVerwGE 149, 289 Rn. 73 m.w.N.). Damit sich die Gründe gegenüber den Belangen des Gebietsschutzes durchsetzen können, müssen keine Sachzwänge vorliegen, denen niemand ausweichen kann; § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG und Art. 6 Abs. 4 FFH-RL setzen lediglich ein durch Vernunft und Verantwortungsbewusstsein geleitetes staatliches Handeln voraus (BVerwG, Urteil vom 11. August 2016 - 7 A 1.15 - Rn. 104 m.w.N.).

390 Die im Rahmen des § 34 Abs. 3 BNatSchG vorzunehmende Abwägung erfordert, dass das Gewicht der für das Vorhaben streitenden Gemeinwohlbelange auf der Grundlage der Gegebenheiten des Einzelfalls nachvollziehbar bewertet und mit den gegenläufigen Belangen des Habitatschutzes abgewogen wird.

391 Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Abwägung ist zunächst, dass die Vorhabensziele, die als Abweichungsgründe bezeichnet werden, ihrer Art nach berücksichtigungs- und tragfähig sind. Entspricht ein Vorhaben den Vorgaben der fachplanerischen Planrechtfertigung, liegen berücksichtigungsfähige Abweichungsgründe vor (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2009 - 4 C 12.07 - BVerwGE 134, 166 Rn. 14). Die berücksichtigungsfähigen Abweichungsgründe sind sodann zu gewichten. Das Unionsrecht belässt den Mitgliedstaaten hierbei einen Spielraum, der jedoch nicht unbegrenzt ist. Sie dürfen ihre öffentlichen Interessen nicht in einer Weise definieren und bewerten, die praktisch jedem Vorhaben, das das Erfordernis der Planrechtfertigung erfüllt und nach dem Muster der Abwägungsregeln des deutschen Planungsrechts vertretbar ist, von vornherein ein hohes Gewicht beimisst mit der Folge, dass es allenfalls bei schweren Beeinträchtigungen der Schutzziele hinter dem Interesse an der Integrität des FFH-Gebiets zurücktreten müsste. Die Gewichtung des öffentlichen Interesses muss vielmehr den Ausnahmecharakter einer Abweichungsentscheidung nach Art. 6 Abs. 4 FFH-RL berücksichtigen. Deshalb muss im Einzelnen begründet werden, woraus sich ein erhebliches Gewicht der mit dem Vorhaben verfolgten Ziele ergibt (BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2009 - 4 C 12.07 - BVerwGE 134, 166 Rn. 15).

392 Die Dringlichkeit eines Verkehrsinfrastrukturprojekts bemisst sich in erster Linie nach der verkehrlichen Bedeutung des Vorhabens. Zur verkehrlichen Bedeutung eines Ausbauvorhabens gehört der tatsächlich zu erwartende Bedarf, wie er sich auf der Grundlage der Prognosegutachten darstellt. Der Bedarf kann sich nicht nur aus einer tatsächlichen, aktuell feststellbaren Nachfrage ergeben, sondern auch aus der Vorausschau künftiger Entwicklungen. Solange weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene eine verbindliche verkehrspolitische Gesamtkonzeption besteht und deshalb die Anbieter in einem globalen Wettbewerb stehen, kann es einem Vorhabenträger nicht verwehrt werden, sich für einen prognostizierten allgemeinen Anstieg der Nachfrage "zu rüsten". Dass ein solches Vorhaben die Hürde der Planrechtfertigung nimmt und damit ein Abweichungsgrund vorliegt, sagt indes noch nichts über das Gewicht aus, mit dem der Abweichungsgrund in die Abwägung einzustellen ist. Bei der Gewichtung der Abweichungsgründe sind daher auch die mit der Planung verbundenen Prognoseunsicherheiten zu bewerten. Reichen die Prognoseunsicherheiten weiter als in anderen Fällen, bedarf es der Darlegung, warum dem Vorhaben gleichwohl ein besonderer Stellenwert zukommt. Das kann etwa der Fall sein, wenn mit normativer Verbindlichkeit die besondere Dringlichkeit des Vorhabens angeordnet ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2009 - 4 C 12.07 - BVerwGE 134, 166 Rn. 17).

393 Das Gewicht, mit dem das Integritätsinteresse in die Abwägung einzustellen ist, hängt demgegenüber entscheidend vom Ausmaß der Beeinträchtigungen ab. Erforderlich ist eine Beurteilung der Beeinträchtigungen in qualitativer und quantitativer Hinsicht. Entscheidend sind neben dem Ausmaß der Beeinträchtigung u.a. die Bedeutung des betroffenen Vorkommens und sein Erhaltungszustand, der Grad der Gefährdung des betroffenen Lebensraumtyps oder der Art und ihre Entwicklungsdynamik. Grundlage der Bewertung ist die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung (BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2009 - 4 C 12.07 - BVerwGE 134, 166 Rn. 26).

394 aa) Daran gemessen stellen die von den Beklagten geltend gemachten Abweichungsgründe zwingende Gemeinwohlbelange dar.

395 (1) Die Planfeststellungsbeschlüsse (S. 1796 f.) und die 1. Ergänzungsbeschlüsse vom 1. Oktober 2013 (S. 64 f.) heben maßgeblich auf die im öffentlichen Interesse liegende Funktions- und Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens ab, für deren Erhalt die Ausbaumaßnahmen unverzichtbar seien. Die Hamburger Hafenwirtschaft und die mit ihr verbundenen Unternehmen verkörperten eine der wichtigsten Branchen im norddeutschen Raum und leisteten maßgebliche Beiträge zum regionalen Arbeitsplatzangebot, zur Stützung und Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit global agierender Unternehmen und zur Wertschöpfung der Bundesrepublik Deutschland. Die Bedeutung des Hamburger Hafens manifestiere sich in zahlreichen Beschlüssen der Bundesländer, der Bundesrepublik und der Europäischen Union zur Weiterentwicklung der deutschen Seeverkehrs- und Seehafeninfrastruktur.

396 Gegen die Annahme, dass diese Belange im öffentlichen Interesse liegen und von erheblichem Gewicht sind, ist nichts zu erinnern. Der Einwand der Kläger, mit der Anbindung des öffentlichen Interesses an die Funktions- und Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens hätten sich die Beklagten zu weit von den zulässigen Ausbauzielen des Bundeswasserstraßengesetzes entfernt, weil der Ausbau von Flüssen kein Instrument zur Förderung konkurrierender Häfen sei, geht fehl. Die Funktion einer Bundeswasserstraße richtet sich nicht allein nach einem bundesweiten, objektiven Bedarf nach Gütertransporten zu Wasser, sondern dient auch der bedarfsgerechten Anbindung der an der jeweiligen Wasserstraße gelegenen Häfen. Bedarf an Verkehrswegen besteht - wie die Beklagten zu Recht vortragen - nicht losgelöst von den Ausgangs- und Endpunkten für Verkehre, die den jeweiligen Bedarf definieren. Nicht umsonst haben nach der Gesetzesbegründung zu § 14e WaStrG auch solche Projekte hohe verkehrliche Priorität, die - wie hier - der Verbesserung der seewärtigen Zufahrten zu den deutschen Seehäfen und ihrer Hinterlandanbindung dienen (BT-Drs. 16/54 S. 14 und 36). Die Aufnahme in Anlage 2 zum Bundeswasserstraßengesetz ist Ausdruck der Verkehrsbedeutung, die der Gesetzgeber der Unter- und Außenelbe als Bundeswasserstraße beimisst; inzwischen ist die Vordringlichkeit der Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe in § 1 Abs. 1 i.V.m. der Anlage, Abschnitt 1, lfd. Nr. 11 zum Gesetz über den Ausbau der Bundeswasserstraßen und zur Änderung des Bundeswasserstraßengesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3224) gesetzlich normiert. Der von den Klägern vermisste europäische Bezugspunkt ergibt sich daraus, dass der Seehafen Hamburg zum Kernnetz des Transeuropäischen Verkehrsnetzes gehört. Auch dies ist eine Gewichtungsvorgabe, die in der Interessenabwägung stark zu Buche schlägt (BVerwG, Urteil vom 11. August 2016 - 7 A 1.15 - Rn. 121).

397 (a) Die Beklagten sind zu Recht davon ausgegangen, dass die Funktions- und Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens und die damit verbundenen positiven Effekte für den Arbeitsmarkt und die Wirtschaftsstruktur in der Metropolregion nur dann gesichert und entwickelt werden können, wenn die tideunabhängige und tideabhängige Zugänglichkeit des Hafens für große Containerschiffe verbessert wird. In den Planfeststellungs- und Ergänzungsbeschlüssen (PFB, S. 141 ff., 1795 ff.; 1. PEB, S. 63 ff.) ist nachvollziehbar dargelegt, dass aufgrund der Schiffsgrößenentwicklung ein Ausbaubedarf für eine tideunabhängige Revierfahrt von Schiffen mit einem Abladetiefgang von bis zu 13,50 m sowie eine tideabhängige Fahrt mit einem Abladetiefgang von bis zu 14,50 m besteht (PFB, S. 141 ff., 1795 ff.; 1. PEB, S. 63 ff.; siehe dazu vorstehend unter B.I. zur Planrechtfertigung). Nach der auf ein Gutachten des ISL von November 2009 (Anhang A zu PÄ III, Teil 11a) gestützten Überprüfung der Prognose zur Entwicklung des Seeverkehrs anlässlich der Planänderung III ist der Anteil der Schiffe aus der Größenklasse des am oben genannten Verkehrsbedarf ausgerichteten Bemessungsschiffs an den Schiffsbewegungen und am Containerumschlag in den Jahren 2006 bis 2009 weiter angestiegen; der Hauptanteil des Hamburger Containerumschlags wird durch die großen Schiffe (Konstruktionstiefgang > 12,50 m) abgewickelt (PÄ III, Teil 11a, S. 18). Containerschiffe in der Größe des Bemessungsschiffs mit einem Tiefgang von 14,50 m werden künftig in der für Hamburg wichtigen Ostasien-Fahrt die Regel sein (B.1, S. 22; PFB, S. 143). Die Prognose der Schiffsgrößenentwicklung ist - wie die von ISL zur Planänderung III erhobenen empirischen Daten zeigen - nicht mit beachtlichen Unsicherheiten behaftet. Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise in den Jahren ab 2008 setzen die Reeder verstärkt auf größere Schiffe, um die Kostenvorteile zu nutzen. Das geht nur, wenn die Schiffe ihre Ladekapazitäten weitgehend ausnutzen können (1. PEB, S. 65).

398 Die u.a. auf gutachterliche Stellungnahmen von Dr. Feldt vom 2. Juli 2012 und vom 26. Juni 2014 sowie Dr. Specht vom 10. Juni 2013 gestützten Einwände der Kläger gegen den angenommenen Verkehrsbedarf und das zu seiner planerischen Umsetzung gewählte Bemessungsschiff greifen nicht durch. Sie lassen sich insbesondere nicht auf die in den Jahren 2002 bis 2011 real gefahrenen Tiefgänge stützen; insoweit kann auf die Ausführungen unter B.I. verwiesen werden. Derzeit sind für alle Containerschiffe mit größeren Abmessungen als denjenigen des Bemessungsschiffs 1999 (Länge 294 m, Breite 32,3 m) nur geringere Tiefgänge als die für das Bemessungsschiff planfestgestellten Tiefen (12,5 m tideunabhängig bzw.13,5 m tideabhängig, auslaufend) erlaubt, weil sie aufgrund ihres Fahrverhaltens und ihrer Abmessungen bestimmten Tiefgangrestriktionen nach der Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung unterliegen (vgl. Stellungnahme der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt, Dezernat Schifffahrt <Dipl.-Nautiker Eckardt>, vom 2. April 2014, S. 2). Auch vor diesem Hintergrund greift der Schluss von den Ist-Verkehren auf die künftige Ausnutzung der Fahrrinne zu kurz. Soweit Dr. Feldt die Darstellung der Tiefgangsrestriktionen in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 26. Juni 2014 (S. 1 f.) als "nachweislich falsch" bezeichnet, sind seine Ausführungen angesichts der Zusammenstellung der Tiefgangsrestriktionen in Abbildung 2 auf S. 5 der Stellungnahme der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt vom 2. April 2014 und des Auszugs aus der Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung (Anhang 2) nicht schlüssig. Dass - wie die Kläger vortragen - die Stärken des Hamburger Hafens die Tiefgangsrestriktionen bisher "deutlich überkompensiert haben" (Gutachten Dr. Specht vom 10. Juni 2013, S. 5 zu 4.1 Nr. 5), rechtfertigt ebenfalls nicht den Schluss, dass dies auch zukünftig der Fall sein wird.

399 (b) Die Annahme der Planfeststellungsbehörden, dass das Ausbauvorhaben sich positiv auf die Umschlagsmengen im Hamburger Hafen auswirken wird und der mögliche Zuwachs an Transportkapazitäten um ca. 1 000 TEU pro Großcontainerschiff und Richtung zu einer signifikanten Steigerung des Containerumschlags (PFB, S. 1796 f.) führen kann, ist plausibel. Der Wegfall tideabhängiger Wartezeiten erlaubt eine bessere Kapazitätsausnutzung und ist daher mit Kostenvorteilen verbunden. Hinsichtlich des voraussichtlichen Anstiegs des Containerumschlags haben die Planfeststellungsbehörden sich nicht auf konkrete Zahlen festgelegt, sondern ausdrücklich dahinstehen lassen, ob das von ISL prognostizierte Wachstumspotenzial (25,3 Mio. TEU Umschlag in 2025) zur Gänze erschlossen werden kann. Damit sind die Prognoseunsicherheiten, die bei der Umschlagsentwicklung aufgrund der Abhängigkeit von der volatilen Weltwirtschaft und der Entwicklung des weltweiten Warentransports ungleich größer sind als bei der Entwicklung der Schiffsgrößen und der Flottenstruktur, hinreichend einbezogen worden (siehe auch PFB, S. 142). Der Umschlag ist bei der Bedarfsbegründung ohnehin nicht als Kennzahl verstanden worden, mit der die wirtschaftliche Notwendigkeit des Vorhabens direkt zu begründen ist. Die Umschlagserwartung - als abgeleitete Größe aus der Entwicklung der Weltproduktion, des Handelsvolumens und der Marktanteilsverteilung innerhalb der Nordrange-Häfen - zeigt aber an, welche wirtschaftliche Leistung der Hamburger Hafen realisieren kann, wenn er dem internationalen Handel ohne Kapazitätsengpässe zur Verfügung steht (PÄ III, Teil 11a, S. 10).

400 Der Einwand der Kläger (vgl. Dr. Feldt vom 2. Juli 2012, S. 5 und 7), die bisherige Entwicklung im Containerumschlag mit nahezu durchweg zweistelligen prozentualen Zuwächsen belege, dass die große wirtschaftliche Bedeutung des Hamburger Hafens nicht von der Realisierung des Vorhabens abhänge, überzeugt nicht (siehe oben unter B.I.). Gleiches gilt für ihre Rüge, die prognostizierten Zuwächse bei den Transportkapazitäten und beim Containerumschlag seien nicht realistisch, weil die zugrunde liegenden Prognosen erhebliche methodische Fehler aufwiesen. Die Planfeststellungsbehörden sind davon ausgegangen, dass - bei aller Unsicherheit von Prognosen - jedenfalls erwartet werden könne, dass der Gesamtumschlag und darin der Containerumschlag nochmals ansteigen und der Hamburger Hafen auch in Zukunft als Umschlagplatz eines herausragenden Anteils von Seecontainern dienen werde (PFB. S. 142). Warum diese Erwartung nicht gerechtfertigt sein soll, haben die Kläger nicht dargetan.

401 Aus ihrem Hinweis auf die Ergebnisse von Reederbefragungen in 2007/2010, nach denen der Hamburger Hafen wegen der guten Hinterlandanbindung, der Qualität der Abfertigung und der logistischen Dienstleistungen so attraktiv sei, dass auch ohne neuerlichen Fahrrinnenausbau keine Umschlagsverluste zu befürchten seien, folgt nichts anderes. Die Reeder haben die nautische Erreichbarkeit von Hamburg im Vergleich zu den mitbetrachteten Nordseehäfen am schlechtesten und nur noch knapp als befriedigend bewertet. Angesichts der Schiffsgrößenentwicklung leuchtet ein, dass - wie die Beklagten geltend machen - die nautische Erreichbarkeit zukünftig noch erheblich an Bedeutung gewinnen wird, wenn die Konkurrenzhäfen wie etwa Rotterdam bei den Kriterien, bei denen der Hamburger Hafen nach wie vor den Spitzenplatz einnimmt, den Abstand verringert haben.

402 (c) Dass ein florierender Hamburger Hafen zugleich zur Bewahrung und Stärkung der Wirtschaftsstruktur und des maritimen Clusters in der Metropolregion und zum Erhalt von Arbeitsplätzen beiträgt, liegt auf der Hand und verstärkt das Gewicht des öffentlichen Interesses an dem Ausbauvorhaben. Dabei kann dahinstehen, ob - wovon die Planfeststellungsbehörden unter Berufung auf Berechnungen der Planco Consulting GmbH (August 2011, S. 6) ursprünglich ausgegangen sind - durch das Vorhaben hafenabhängige Arbeitsplätze im Umfang von rund 156 000 (2010) in der Metropolregion bzw. 262 000 (2010) in ganz Deutschland dauerhaft gesichert werden und bei einem Verzicht auf die Fahrrinnenanpassung bei konservativer Betrachtungsweise pro verlorener Million TEU ein Verlust von ca. 10 500 Arbeitsplätzen droht (PFB, S. 1797, 1820; PÄ III, Teil 11a und Anhang B zu Teil 11a). Die Kläger halten diese Zahlen gestützt auf die Gutachten des WWF (Petschow) von März 2009 und von Dr. Specht von Juni 2013 für weit überschätzt. Das Planco-Gutachten beruhe auf der Methode der so genannten Impact Studies mit stark legitimatorischer Ausrichtung, die meist ausgehend von Unternehmerbefragungen die wirtschaftlichen Effekte eines Ausbauvorhabens bewerteten. Solche Studien gelangten regelmäßig zu weit übertriebenen wirtschaftlichen Effekten, weil die zunehmende Entkoppelung von Containerumschlag und Beschäftigung sowie Substitutionseffekte vernachlässigt und die Hafenabhängigkeit der Arbeitsplätze dadurch erheblich überzeichnet werde (vgl. WWF 2009, S. 6, 26 f.). Sachgerechter seien die Studien, die die Entwicklung von Seehäfen-Regionen analysierten und sich dabei nicht mit einzelnen Infrastrukturvorhaben befassten, sondern die Entwicklungen miteinander verglichen.

403 Ob damit Mängel dargetan sind, die die von Planco Consulting zugrunde gelegte - und offenbar auch im Übrigen vielfach verwendete - Prognosemethode als unvertretbar erscheinen lassen, oder die Ausführungen der klägerischen Gutachter sich im Wesentlichen darin erschöpfen, eine alternative Prognosemethode als vorzugswürdig zu beschreiben, muss nicht geklärt werden. Ebenso kann offenbleiben, ob die alternative Methode tatsächlich zu Ergebnissen führt, die belastbarer sind, oder die Berücksichtigung von Substitutionseffekten sich nicht im Ergebnis als gleichermaßen unwägbar erweist. Die zahlengenaue Angabe der hafenabhängigen Arbeitsplätze und der für den Fall eines Verzichts auf das Vorhaben drohende Verlust von 10 500 Arbeitsplätzen pro verlorene Million TEU in den Planfeststellungsbeschlüssen ist erkennbar dem Bestreben geschuldet, das mit dem Ausbauvorhaben verbundene Umschlags- und Arbeitsplatzpotenzial rational greifbar zu machen. Es versteht sich aber von selbst und stand auch den Planfeststellungsbehörden und der im Rahmen der Abweichungsprüfung beteiligten Europäischen Kommission vor Augen, dass die Prognose der Umschlags- und Arbeitsplatzentwicklung aufgrund der Abhängigkeit von der dynamischen Weltwirtschaft mit erheblichen Unsicherheiten behaftet ist und das Zahlenwerk insoweit nicht ebenso belastbar ist wie etwa die Erkenntnisse zur Größenentwicklung und Auslastung der Schiffe. Die hier gleichermaßen relevanten und übertragbaren Ausführungen zu den überwiegenden öffentlichen Interessen im Rahmen der in den 1. Ergänzungsbeschlüssen angestellten wasserrechtlichen Ausnahmeprüfung nach § 31 WHG (1. PEB, S. 64 ff.) lassen eindeutig erkennen, dass die Planfeststellungsbehörden das Gewicht des öffentlichen Interesses weder ausschließlich noch tragend in Zahlen bemessen haben. Dort wird unabhängig von detailliertem Zahlenwerk betont, dass das Vorhaben jedenfalls die Voraussetzungen für langfristige Wachstumspotenziale und eine dauerhafte Sicherung der hafenabhängigen Arbeitsplätze schaffe. Dass der Marktanteil des Hamburger Hafens an einem - ungeachtet konjunktureller Schwankungen - mit den Schiffsgrößen stetig wachsenden Transportvolumen sich verkleinert, wenn der Hafen gegenüber Konkurrenten bzw. Mitbewerbern ins Hintertreffen gerät, und dies Folgen für die Wirtschaftsstruktur und die Arbeitsplätze haben wird, liegt auf der Hand.

404 (d) Die von Dr. Specht in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 10. Juni 2013 geäußerte Kritik an der Nutzen-Kosten-Untersuchung (NKU) von Planco Consulting aus dem Jahr 2004 ist nicht geeignet, das Gewicht der verkehrlichen und wirtschaftlichen Belange in Frage zu stellen. Die NKU ist eine standardisierte Methode zur Priorisierung von Verkehrsinvestitionsmaßnahmen im Rahmen der Bundesverkehrswegeplanung. Sie untersucht, ob der zu erwartende gesamtwirtschaftliche Nutzen eines Ausbauvorhabens die mit dem Vorhaben verbundenen zusätzlichen Investitions- und Unterhaltungskosten deckt. Nach Auffassung von Dr. Specht ist die NKU für die Fahrrinnenanpassung der Elbe u.a. deshalb defizitär, weil es an einem Stärken-Schwächen-Vergleich der Seehäfen der Nordrange, einer Analyse der Strategien der wichtigsten Reedereien sowie der ökonomischen Risiken in der noch nicht überwundenen Finanz- und Wirtschaftskrise mit alternativen Szenarien und an einer Prognose möglicher Bandbreiten fehlt; gestützt ist diese Kritik im Wesentlichen auf den Schlussbericht "Nachhaltigkeitsaspekte der nationalen Seehafenkooperation" von prognos/progtrans vom 15. Juni 2006, der im Rahmen eines Forschungs- und Entwicklungsvorhabens des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit erstellt worden ist.

405 Abgesehen davon, dass der Schwerpunkt dieses F+E-Vorhabens nicht darauf lag, methodische Mängel der Bundesverkehrswegeplanung zu markieren, sondern Möglichkeiten für eine Optimierung der bestehenden Güterverkehrsströme unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten sowie Möglichkeiten zum Ausbau einer (freiwilligen) Kooperation und Arbeitsteilung zwischen den Seehäfen an der deutschen Nordseeküste aufzuzeigen (vgl. Planco Consulting 2004, S. 1 f.), folgt daraus nicht, dass die für die NKU 2004 geltenden Standards und Vorgaben der Bundesverkehrswegeplanung seinerzeit methodisch unvertretbar waren. Dass die NKU 2004 als solche diesen Standards und Vorgaben nicht gerecht wird, haben die Kläger nicht dargetan. Die NKU 2004 behandelt die Umschlagsentwicklung, die Entwicklung der Flottenstruktur, die Transportkosten der Seeschifffahrt, die Ausbaumaßnahmen, das Reederverhalten und den Nutzen der Fahrrinnenanpassung. Nicht berücksichtigt wurden mögliche Verlagerungen von Nordsee- auf Mittelmeerhäfen (insbesondere im Containerverkehr), von Containerverkehren für Ostseeländer, die bisher über Nordseehäfen abgewickelt wurden, auf Ostseehäfen (insbesondere Lübeck) und von Containerverkehren durch den Bau des Tiefwasserterminals in Wilhelmshaven (Planco Consulting 2004, S. 3). Die gesamtwirtschaftliche Bewertung der NKU gelangt für das Basisszenario zu einem Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) von 12,0 und für sechs veränderte Szenarien in einer Sensitivitätsuntersuchung zu einem NKV zwischen 13,9 und 4,3; der letztgenannte Wert betrifft das Szenario 6 "Interdependenz mit dem Containerterminal Wilhelmshaven" (Planco Consulting 2004, S. 114). Bestandteil der NKU war auch eine so genannte regionalwirtschaftliche Untersuchung, mit der ein NKV für die Region von 49,1 ermittelt wurde (Planco Consulting 2004, S. 116). Der Bundesrechnungshof hat die NKU für die Fahrrinnenanpassung nach den eigenen Angaben von Dr. Specht nicht beanstandet (S. 19 zu 10); die Bundesregierung hat im April 2010 keinen Anlass zu einer Neubewertung des Ausbauvorhabens gesehen (BT-Drs. 17/1312 S. 3).

406 (2) Der in den Planfeststellungsbeschlüssen (S. 1798) und den 1. Ergänzungsbeschlüssen (S. 66) nachrangig angeführte Gesichtspunkt, bei einem Verzicht auf den Fahrrinnenausbau drohe eine verkehrs- und umweltpolitisch unerwünschte Verlagerung von Güterverkehr vom Wasser auf die Straße, stellt zwar grundsätzlich ebenfalls einen berücksichtigungsfähigen öffentlichen Belang dar (vgl. näher dazu BVerwG, Urteil vom 11. August 2016 - 7 A 1.15 - Rn. 124 m.w.N.). Nach dem Auslegungsleitfaden der Europäischen Kommission zu Art. 6 Abs. 4 FFH-RL (Januar 2007, S. 10) müssen die Vorteile, die die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf das Wasser mit sich bringt, bei der Prüfung der öffentlichen Interessen berücksichtigt werden. Ob und unter welchen Voraussetzungen die geltend gemachte Minderung schädlicher Umweltauswirkungen das Gewicht des öffentlichen Interesses auch dann verstärken kann, wenn von dem Vorhaben - wie hier - prioritäre Arten betroffen sind, kann aber dahinstehen. Gleiches gilt für die Frage, ob sich die Annahme schädlicher bzw. schädlicherer Umwelteinwirkungen für den Fall eines Verzichts auf das Vorhaben auf eine hinreichende Tatsachengrundlage stützen kann. Die Planfeststellungsbehörden haben diesem Gesichtspunkt erkennbar kein tragendes Gewicht beigemessen.

407 bb) Das Interesse an der Integrität der beeinträchtigten FFH-Gebiete ist unzureichend bewertet worden. Die vorstehend unter B.II.1.c)ee) beanstandete Fehlbeurteilung im Rahmen der habitatrechtlichen Verträglichkeitsprüfung für den Schierlings-Wasserfenchel infiziert die Abwägung nach § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG; sie führt dazu, dass das Integritätsinteresse nicht mit dem ihm zukommenden Gewicht erfasst und in die Abwägung eingestellt worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 154 m.w.N.). Die Behebung dieses Mangels gibt den Beklagten zugleich Gelegenheit, in der neu vorzunehmenden Abwägung nach § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG auch den im Fachbeitrag PEU II 5.1 erfolgten Maßstabwechsel von graduellen Beeinträchtigungen zu Totalverlusten aktueller und potenzieller Standorte explizit nachzuvollziehen. Soweit die Planfeststellungsbeschlüsse (PFB, S. 1798) so zu verstehen sein sollten, dass in der Abwägung die Kohärenzmaßnahmen als das Integritätsinteresse mindernd berücksichtigt worden sind, infizieren auch die Mängel der Kohärenzsicherung (siehe dazu nachfolgend unter B.II.2.c)) die Abwägung. Insoweit wird bei der neuen Abwägung zu prüfen sein, ob und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen Kohärenzmaßnahmen im Rahmen von § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG berücksichtigt werden können (vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juli 2009 - 4 C 12.07 - BVerwGE 134, 166 Rn. 26 ff. und vom 23. April 2014 - 9 A 25.12 - BVerwGE 149, 289 Rn. 77 m.w.N. sowie Beschluss vom 6. März 2014 - 9 C 6.12 - Buchholz 406.403 § 34 BNatSchG 2010 Nr. 8 Rn. 52 ff.).

408 Mit ihrer Rüge, bei der Gewichtung des Integritätsinteresses sei nicht berücksichtigt worden, dass beim prioritären und an der Elbe endemischen Schierlings-Wasserfenchel der angenommene Totalausfall von aktuellen und potenziellen Standorten im neuen Fachbeitrag (PEU II 5.1) zugleich den Verlust eines Teils des Weltareals bedeute, dringen die Kläger nicht durch. Wie vorstehend unter B.II.1.c)gg) ausgeführt, wird dieser Umstand durch die Annahme eines Totalverlustes von Standorten gerade mit abgebildet; eine doppelte Anrechnung scheidet aus.

409 b) Die Alternativenprüfung weist keine Rechtsfehler auf. Die Planfeststellungsbehörden haben zu Recht angenommen, dass Alternativen im Sinne von § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG nicht bestehen (PFB, S. 1831 ff.; 1. PEB, S. 68 ff.).

410 Der Begriff der Alternative in § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG, Art. 6 Abs. 4 FFH-RL ist aus der Funktion des durch Art. 4 FFH-RL begründeten Schutzregimes zu verstehen. Er steht in engem Zusammenhang mit den Planungszielen, die mit einem Vorhaben verfolgt werden. Lassen sich die Planungsziele an einem nach dem Schutzkonzept der Habitatrichtlinie günstigeren Standort oder mit geringerer Eingriffsintensität verwirklichen, so muss der Projektträger von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. Ein irgendwie gearteter Gestaltungsspielraum wird ihm nicht eingeräumt (BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2009 - 4 C 12.07 - BVerwGE 134, 166 Rn. 33). Alternativen, die sich nur mit unverhältnismäßigem Aufwand verwirklichen ließen, bleiben außer Betracht (BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 142). Als Alternative sind zudem nur solche Änderungen anzusehen, die nicht die Identität des Vorhabens berühren. Von einer Alternative kann deshalb dann nicht mehr die Rede sein, wenn eine planerische Variante auf ein anderes Projekt hinausläuft, weil die vom Vorhabenträger in zulässiger Weise verfolgten Ziele nicht verwirklicht werden könnten. Inwieweit Abstriche von einem Planungsziel hinzunehmen sind, hängt maßgebend von seinem Gewicht und dem Grad seiner Erreichbarkeit im jeweiligen Einzelfall ab (BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2009 - 4 C 12.07 - BVerwGE 134, 166 Rn. 33).

411 Entgegen der Auffassung der Kläger liegt Art. 6 Abs. 4 FFH-RL kein weiterer Alternativenbegriff zugrunde. Die Bestimmung verknüpft den Alternativenbegriff zwar nicht so deutlich mit den Planungszielen bzw. dem Projektzweck wie die deutsche Umsetzungsregelung. Ausweislich ihres Wortlauts soll das Erfordernis der Alternativenprüfung aber für den Fall gelten, dass "ein Plan oder Projekt" trotz habitatrechtlicher Hindernisse durchzuführen ist. Damit werden Alternativen, die auf ein anderes Projekt hinauslaufen, von Art. 6 Abs. 4 FFH-RL ebenfalls ausgeschieden. Wie der in diesem Zusammenhang verwendete Begriff der "Alternativlösung" verdeutlicht, geht es allein um alternative Mittel zur Erreichung der mit dem Vorhaben verfolgten Ziele. Soweit im Auslegungsleitfaden der EU-Kommission von Januar 2007 zu Art. 6 Abs. 4 FFH-RL (S. 7 unter Nr. 1.3.1) und im Leitfaden der EU-Kommission zum Natura 2000-Gebietsmanagement von 2000 (S. 47) zu den Alternativen neben alternativen Standorten oder gegebenenfalls Trassen, anderen Größenordnungen oder Entwicklungsplänen auch alternative Prozesse gezählt werden, ändert dies nichts daran, dass die Alternativenprüfung bei der Vorhabenzulassung am Plan- bzw. Projektziel anknüpfen darf und muss. Durch die Zieldefinition kann der Vorhabenträger zwar die in Betracht kommenden Alternativen eingrenzen; gegen das Interesse an der Integrität des FFH-Gebiets kann er das Vorhaben aber nur durchsetzen, wenn es aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig ist. Dabei entfalten gesetzliche Bedarfsfeststellungen anders als nur politisch vorgegebene Ziele ein höheres Gewicht, das sich auf der Zulassungsebene "alternativenbegrenzend" auswirken kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2009 - 4 C 12.07 - BVerwGE 134, 166 Rn. 16; vgl. Hösch, UPR 2014, S. 401 <402>).

412 aa) Gemessen an diesen Maßstäben scheidet die von den Klägern u.a. unter Berufung auf gutachterliche Stellungnahmen von Dr. Feldt vom 2. Juli 2012 und vom 5. April 2013 sowie von Prof. Ordemann von Mai 2013 favorisierte Hafenkooperation als Alternative von vornherein aus. Das Planungsziel, den Verkehrsbedarf für eine bessere tideunabhängige und tideabhängige Erreichbarkeit des Hamburger Hafens vor allem mit Containerschiffen zu decken, könnte durch eine Kooperation mit anderen Häfen nicht - auch nicht mit Abstrichen - erreicht werden. Eine solche "Konzeptalternative" ist keine Alternative im Sinne des § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG, Art. 6 Abs. 4 FFH-RL, sondern ein aliud; sie richtet sich darauf, andere Planungsziele und nicht identische Planungsziele auf andere Weise zu erreichen (BVerwG, Urteil vom 11. August 2016 - 7 A 1.15 - Rn. 139).

413 Abgesehen davon fehlt es an den rechtlichen Grundlagen für eine verbindliche Kooperation. Ein rechtsverbindliches länderübergreifendes Seehafenkonzept gibt es nicht. Ohnehin ist fraglich, welche Qualität eine Hafenkooperation überhaupt haben könnte. Wenn sie eine Nachfragesteuerung bezwecken soll, kann dies in einer Marktwirtschaft nur indirekt, d.h. angebotsorientiert durch Schaffung und Bereitstellung von Infrastruktur geschehen, die von den Marktteilnehmern angenommen wird oder - wie das Beispiel des Jade-Weser-Ports zeigt - auch nicht bzw. in nur bescheidenem Umfang. Insoweit steht es den Reedereien und Terminalbetreibern schon jetzt frei, mehrere Häfen mit ihren spezifischen Stärken und Schwächen zu nutzen. Davon geht auch das "Nationale Hafenkonzept für die See- und Binnenhäfen" des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vom 17. Juni 2009 aus. Das Konzept spricht sich zwar für eine stärkere Kooperation im Rahmen der wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen aus und verweist auf die hohe strategische Bedeutung des Jade-Weser-Ports für die Entwicklung der deutschen Nordrange (S. 34, 71 f.). Zugleich betont es aber wegen des ungebrochenen Trends "zu immer größeren Schiffen mit zunehmendem Tiefgang" die Bedeutung der Maßnahmen zur Fahrrinnenanpassung in der Unter- und Außenelbe sowie der Unter- und Außenweser zur Stärkung der Marktpositionen der deutschen Seehäfen im Wettbewerb mit anderen Häfen, insbesondere den Mittelmeer-, Adria- und Schwarzmeerhäfen (S. 35). Das Nationale Hafenkonzept versteht die Hafenkooperation danach nicht als Alternative zum Ausbau der Fahrrinnen, sondern als Teil eines Maßnahmenbündels zur Bewahrung und Stärkung der Marktposition der deutschen Seehäfen. Dafür stellt der Jade-Weser-Port angesichts seiner im Vergleich zu Hamburg und Bremerhaven vergleichsweise geringen Umschlagskapazität von 2,7 Mio. TEU/a nur einen Baustein dar.

414 bb) Varianten mit geringerer Ausbautiefe (so genannte Mindestausbau- oder Minimalvarianten, darunter auch einen Teilverzicht auf einen Ausbau für die tideunabhängige oder die tideabhängige Fahrt) haben die Beklagten zu Recht als Alternativen ausgeschieden. Namentlich stellen das Modell "Elbe light" (durchgängige Halbierung der Tiefgangsziele) oder eine Beschränkung des Ausbaus auf eine Verbreiterung der Fahrrinne entgegen der auf gutachterliche Stellungnahmen von Dr. Feldt gestützten Auffassung der Kläger keine zumutbaren Alternativen dar.

415 Ausbautiefe und -umfang sind aus einem bestimmten Verkehrsbedarf begründet. Abstriche von diesem Ziel würden wesentliche Parameter, nämlich die Größenklasse des Bemessungsschiffs oder seine Auslastung, betreffen. Besteht ein Bedarf dafür, den Hamburger Hafen tideunabhängig mit einem Abladetiefgang von 13,50 m und tideabhängig mit einem Abladetiefgang von 14,50 m anzulaufen, so kann das mit dem Ausbau in zulässiger Weise verfolgte Ziel, die Funktions- und Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens zu stärken oder für die Zukunft zu erhalten, mit einer geringeren Ausbautiefe nur mit deutlichen Einschränkungen erreicht werden. Nach den nachvollziehbaren Ausführungen auf S. 1836 ff. der Planfeststellungsbeschlüsse würde ein Ausbau mit Tiefgangszielen von 13 m für den tideunabhängigen und 14 m für den tideabhängigen Verkehr nur zu einer Zielerreichung von ca. 35 % führen, die zudem nur gegenwärtig realisiert werden könnte, in wenigen Jahren aber schon nicht mehr. Soweit die Kläger (vgl. Dr. Feldt, Stellungnahme vom 2. Juli 2012, S. 75 ff., sowie vom 5. April 2013, S. 25 ff.) geringere Ausbautiefen vor allem unter Hinweis auf die in der Vergangenheit gefahrenen Tiefgänge für ausreichend halten, kann dem schon angesichts der Schiffsgrößenentwicklung (siehe oben B.I.) nicht gefolgt werden. Aus den genannten Gründen scheidet auch die spezielle Minimierungsvariante, den Ausbauumfang zu reduzieren und auf zeitnahe 3D-Tiefenaufnahmen zurückzugreifen, aus. Ungeachtet der Frage, ob dieser Vorschlag - wofür vieles spricht - schon aus nautischen Gründen nicht umsetzbar wäre, ermöglicht er keine größeren Tiefgänge für die gesamte Revierfahrt (vgl. 1. PEB, S. 70).

416 cc) Die sonstigen Varianten (vgl. Dr. Feldt, Gutachten vom 2. Juli 2012, S. 72 ff.) wie z.B. Reduzierung der Schiffsgeschwindigkeiten und Einsatz von Schlepperassistenz, Sperrwerks- oder Schleusenlösungen zur Anhebung der Wasserstände, Teilabladung in einem Hamburg zugeordneten Vorhafen oder internationale Vereinbarungen zur Begrenzung der Schiffsgrößen durften aus den in den Planfeststellungsbeschlüssen nachvollziehbar dargelegten Erwägungen (PFB, S. 1838 ff.) ausgeschlossen werden.

417 c) Die Regelung zur Kohärenzsicherung gibt Anlass zu Beanstandungen.

418 Wird ein Projekt nach § 34 Abs. 3 und 4 BNatSchG zugelassen, sind nach § 34 Abs. 5 BNatSchG die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes "Natura 2000" notwendigen Maßnahmen vorzusehen. Die durch die Beeinträchtigung entstehende Funktionseinbuße im FFH-Gebiet ist durch Maßnahmen, die zu dem Projekt hinzutreten, zu kompensieren. Die Ausgestaltung der Kohärenzmaßnahmen hat sich funktionsbezogen an der jeweiligen Beeinträchtigung auszurichten, derentwegen sie ergriffen wird. Die Maßnahmen müssen die beeinträchtigten Lebensräume und Arten in vergleichbaren Dimensionen erfassen, sich auf dieselbe biogeographische Region im selben Mitgliedstaat beziehen und Funktionen erfüllen, die mit den Funktionen, aufgrund deren die Auswahl des ursprünglichen Gebiets begründet war, vergleichbar sind (EU-Kommission, Natura 2000-Gebietsmanagement, 2000, S. 49 ff.). Zu den Maßnahmen gehören die Wiederherstellung oder die Verbesserung des verbleibenden Lebensraums oder die Neuanlage eines Lebensraums desselben Typs, der in das Netz "Natura 2000" einzugliedern ist (EU-Kommission, Auslegungsleitfaden zu Art. 6 Abs. 4 FFH-RL, 2007, S. 11, 16 und 21).

419 Der Ausgleich zur Kohärenzsicherung muss nicht notwendig unmittelbar am Ort der Beeinträchtigung erfolgen; es reicht vielmehr aus, dass die Einbuße ersetzt wird, die das Gebiet hinsichtlich seiner Funktion für die biogeographische Verteilung der beeinträchtigten Lebensräume und Arten erleidet (EU-Kommission, Auslegungsleitfaden S. 20 f.). In zeitlicher Hinsicht muss zumindest sichergestellt sein, dass das Gebiet unter dem Aspekt des beeinträchtigten Erhaltungsziels nicht irreversibel geschädigt wird. Ist das gewährleistet, lässt sich die Beeinträchtigung aber - wie im Regelfall - nicht zeitnah ausgleichen, so ist es hinnehmbar, wenn die Kohärenzmaßnahmen rechtzeitig bis zur Vollendung des Vorhabens ergriffen, die Funktionseinbußen hingegen erst auf längere Sicht wettgemacht werden.

420 Die Eignung einer Kohärenzmaßnahme ist ausschließlich nach naturschutzfachlichen Maßstäben zu beurteilen. An die Beurteilung sind weniger strenge Anforderungen zu stellen als bei Schadensvermeidungs- und –minderungsmaßnahmen. Während für Letztere der volle Nachweis ihrer Wirksamkeit zu fordern ist, weil sich nur so die notwendige Gewissheit über die Verträglichkeit eines Plans oder Projekts gewinnen lässt, genügt es für die Eignung einer Kohärenzmaßnahme, dass nach aktuellem wissenschaftlichen Erkenntnisstand eine hohe Wahrscheinlichkeit ihrer Wirksamkeit besteht. Anders als bei der Schadensvermeidung und -minderung geht es bei der Kohärenzsicherung typischerweise darum, Lebensräume oder Habitate wiederherzustellen oder neu zu entwickeln. Dieser Prozess ist in aller Regel mit Unwägbarkeiten verbunden. Deshalb lässt sich der Erfolg der Maßnahme nicht von vornherein sicher feststellen, sondern nur prognostisch abschätzen. Würde man gleichwohl die Gewissheit des Erfolgseintritts fordern, müsste eine positive Abwägungsentscheidung regelmäßig am Kohärenzerfordernis scheitern. Das widerspräche dem Regelungszweck des Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 1 FFH-RL.

421 Schon mit Rücksicht auf den prognostischen Charakter der Eignungsbeurteilung verfügt die Planfeststellungsbehörde bei der Entscheidung über Kohärenzmaßnahmen über eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative; dies gilt auch für die vorrangig naturschutzfachlich geprägte Abgrenzung von Kohärenz- und Standardmaßnahmen. Das Gericht hat seine Prüfung insoweit auf eine Vertretbarkeitskontrolle zu beschränken. Um sie vornehmen zu können, muss die Eingriffs- und Kompensationsbilanz im Planfeststellungsbeschluss nachvollziehbar offengelegt werden. Dafür genügt eine verbal-argumentative Darstellung, sofern sie rational nachvollziehbar ist und erkennen lässt, ob der Bilanzierung naturschutzfachlich begründbare Erwägungen zugrunde liegen (BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 - 9 A 14.12 - BVerwGE 148, 373 Rn. 92 ff.).

422 aa) Kohärenzmaßnahmen können auch im betroffenen oder einem anderen FFH-Gebiet vorgesehen werden (vgl. EuGH, Urteil vom 15. Mai 2014 - C-521/12 [ECLI:​EU:​C:​2014:​330] - Rn. 38). Da sie gezielt plan- oder projektbedingte Beeinträchtigungen ausgleichen sollen, sind sie aber prinzipiell zusätzlich zu den Standardmaßnahmen des der Erhaltung (Art. 6 Abs. 1 FFH-RL) und der Vermeidung von Verschlechterungen und Störungen (Art. 6 Abs. 2 FFH-RL) dienenden Gebietsmanagements zu ergreifen (BVerwG, Urteil vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 203). Wenn ein Gebiet unter Schutz gestellt wurde, um den Erhaltungszustand eines Lebensraums, der bei Meldung des Gebiets nicht günstig war, wiederherzustellen, können auch der Verbesserung des ungünstigen Erhaltungszustands dienende Maßnahmen nach Art. 6 Abs. 1 FFH-RL geboten sein und damit als Kohärenzmaßnahmen ausscheiden. Die Ausweisung besonderer Schutzgebiete nach der Habitatrichtlinie dient, wie schon die Definition des Begriffs "Erhaltung" in Art. 1 Buchst. a FFH-RL zeigt, nicht nur zur Wahrung, sondern auch zur Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der natürlichen Lebensräume und der Arten von gemeinschaftlichem Interesse (vgl. 6. Erwägungsgrund der Habitatrichtlinie; EU-Kommission, Natura 2000-Gebietsmanagement, S. 16 f.); dieses Begriffsverständnis liegt auch dem im Fachbeitrag (PEU II 6, S. 4 f.) und den 2. Ergänzungsbeschlüssen (S. 141 f.) wiedergegebenen gemeinsamen Standpunkt von Bund und Ländern zugrunde. Für Vogelschutzgebiete hat der Europäische Gerichtshof bereits entschieden, dass sich der Schutz des Gebiets nicht auf die Abwehr schädlicher Einflüsse des Menschen beschränken darf, sondern je nach Sachlage auch positive Maßnahmen zur Erhaltung oder Verbesserung des Gebietszustands einschließen muss (EuGH, Urteil vom 13. Dezember 2007 - C-418/04 [ECLI:​EU:​C:​2007:​780], Kommission gegen Irland - Rn. 154). Für FFH-Gebiete kann nichts anderes gelten. Auf der anderen Seite sind entgegen der Auffassung der Kläger nicht alle Maßnahmen, die der Verbesserung eines Lebensraums oder einer Art dienen, die sich in einem ungünstigen Erhaltungszustand befinden, durch Art. 6 Abs. 1 oder 2 FFH-RL geboten.

423 Welche Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen unabhängig von dem Vorhaben durchzuführen sind, ergibt sich aus den gemäß § 32 Abs. 5 BNatSchG für das jeweilige Gebiet aufzustellenden Managementplänen, die die Vorgaben des Art. 6 Abs. 1 und 2 FFH-RL konkretisieren können. Fehlen im Zeitpunkt der Planfeststellung derartige Managementpläne, kann dies nicht bedeuten, dass Entwicklungsmaßnahmen nicht getroffen werden müssen. Das "Ob" der nach Art. 6 Abs. 1 FFH-RL nötigen Maßnahmen steht nicht im Ermessen der Mitgliedstaaten (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Mai 2007 - C-508/04 [ECLI:​EU:​C:​2007:​274], Kommission gegen Österreich - Rn. 76, 89). Regelungs- und Entscheidungsspielräume haben die nationalen Behörden dagegen hinsichtlich der im Rahmen der Maßnahmen nach Art. 6 Abs. 1 FFH-RL einzusetzenden Mittel und technischen Entscheidungen (EuGH, Urteil vom 10. Mai 2007 - C-508/04 - Rn. 76). Für die Maßnahmen nach Art. 6 Abs. 2 FFH-RL impliziert der Begriff "geeignet", dass die Mitgliedstaaten bei der Anwendung dieser Bestimmung über ein Ermessen verfügen (EuGH, Urteil vom 14. Januar 2016 - C-399/14 [ECLI:​EU:​C:​2016:​10] - Rn. 40). Der Mitgliedstaat muss daher nicht für jeden Lebensraumtyp und jede Art den festgelegten Erhaltungszielen entsprechend sofort und umfassend einen günstigen Erhaltungszustand wiederherstellen; hiervon gehen auch der Fachbeitrag (PEU II 6, S. 5) und die 2. Ergänzungsbeschlüsse (S. 148) im Ansatz zutreffend aus. Ziel der Habitatrichtlinie ist ein günstiger Erhaltungszustand auf nationaler, biogeographischer oder europäischer Ebene (vgl. EuGH, Urteil vom 7. November 2000 - C-271/98 [ECLI:​EU:​C:​2000:​600] - Rn. 23; Vermerk der EU-Kommission über die Festlegung von Erhaltungszielen für Natura-2000-Gebiete, endgültige Fassung vom 23. November 2012, S. 3 f. und 7; Schreiben der EU-Kommission vom 27. Februar 2015 Nr. 2014/2262, S. 13; Gesetzesbegründung zu § 7 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG 2010, BT-Drs. 16/12274 S. 53). Der Mitgliedstaat darf daher - im Rahmen der für das jeweilige Schutzgebiet bestimmten Erhaltungsziele - Prioritäten festlegen nach Maßgabe der Wichtigkeit des Gebiets für die Wahrung oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands eines Lebensraumtyps oder einer Art und für die Kohärenz des Netzes "Natura 2000" sowie danach, inwieweit das Gebiet von Schädigung oder Zerstörung bedroht ist (Art. 4 Abs. 4 FFH-RL).

424 Bezeichnet ein Bewirtschaftungsplan - wie hier der IBP Elbästuar von Februar 2012 - bestimmte Maßnahmen als kohärenzgeeignet, darf diese Einstufung in der Regel zugrunde gelegt werden, sofern der Plan nicht von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab ausgeht oder "Etikettenschwindel" betreibt. Für beides ist hier nichts dargetan oder ersichtlich. Der IBP Elbästuar steckt den Rahmen ab, der bei der Planung von Maßnahmen zur Kohärenzsicherung zu beachten ist (S. 78). Maßnahmen zur Sicherung und Aufrechterhaltung eines günstigen Erhaltungszustands sowie zur Wiederherstellung bzw. Entwicklung eines günstigen Erhaltungszustands aufgrund unterlassener Pflege- oder Schutzmaßnahmen tiefgreifend geschädigter oder degenerierter Flächen von FFH-Lebensraumtypen oder Habitaten von Arten spricht er die Eignung als Kohärenzmaßnahme ab (S. 79). Im Übrigen verweist er auf die in den Maßnahmenblättern der IBP-Beiträge von Schleswig-Holstein und Hamburg aufgeführten, für eine Kohärenzsicherung in Frage kommenden Maßnahmen sowie die in Tabelle A22 des IBP aufgelisteten Maßnahmentypen des niedersächsischen IBP-Beitrags, die sich potenziell zur Kohärenzsicherung eignen (IBP, S. 79). Ungeachtet der unterschiedlichen Konkretisierungsgrade der für Schleswig-Holstein und Hamburg einerseits und Niedersachsen andererseits benannten Maßnahmen(-gruppen) ist die Einstufung im IBP als "kohärenzgeeignet" aber stets im Kontext mit den Geboten des Art. 6 Abs. 1 und 2 FFH-RL zu sehen und entbindet daher nicht von der Pflicht, anlassbezogen konkret und unter Berücksichtigung des aktuellen Erhaltungszustands zu prüfen, wie diesen Geboten im Rahmen des Gebietsmanagements entsprochen werden soll und worin danach das "Überschießende" der Kohärenzmaßnahme im Einzelfall liegt (BVerwG, Hinweisbeschluss vom 2. Oktober 2014 - 7 A 14.12 - Rn. 42). Hierfür trifft die Planfeststellungsbehörde eine Darlegungspflicht.

425 (1) Daran gemessen kann für die in Niedersachsen im FFH-Gebiet "Unterelbe" vorgesehenen Kohärenzmaßnahmen "NI1 Schwarztonnensander Nebenelbe mit Ufer Asseler Sand", "NI3 Allwördener Außendeich Mitte", "NI4 Allwördener Außendeich Süd" und "NI5 Insel Schwarztonnensand Nord und Süd" auf der Grundlage der Ausführungen im Fachbeitrag von IBL vom 6. November 2015 (PEU II 6) und in den 2. Ergänzungsbeschlüssen (S. 137 ff.) nicht festgestellt werden, dass sie keine Standardmaßnahmen darstellen.

426 Zur Einstufung dieser Maßnahmen als Kohärenzmaßnahmen stützen sich der Fachbeitrag (PEU II 6, S. 7) und die 2. Ergänzungsbeschlüsse (S. 138) u.a. auf deren Kennzeichnung als kohärenzgeeignet im IBP Elbästuar. Das ist zwar grundsätzlich zulässig, reicht aber wie vorstehend ausgeführt zur Begründung und Darlegung des "überschießenden" Charakters der Maßnahme im Einzelfall nicht aus. Dies gilt umso mehr, als der IBP für Niedersachsen nicht konkrete Maßnahmen, sondern nur Maßnahmentypen als potenziell kohärenzgeeignet bewertet (IBP, S. 79 f. Tabelle A22).

427 Die darüber hinausgehende Einzelfallbetrachtung erweist sich als fehlerhaft. Der Landkreis Stade - Naturschutzamt - hat im 2. Ergänzungsverfahren mit Schreiben vom 27. Oktober 2015 mitgeteilt, dass die teilraumspezifische Konkretisierung der im IBP beschriebenen Maßnahmenvorschläge für bestimmte Gebietsteile im Rahmen der Aufstellung der noch auszuarbeitenden Managementpläne erfolge und dort die Standardmaßnahmen fachlich abgeleitet und festgelegt würden. Für das FFH-Gebiet "Unterelbe" lägen bislang keine derartigen Pläne vor, so dass aktuell auch keine Standardmaßnahmen festgelegt seien; derzeit könne daher keine auf ausreichender naturschutzfachlicher Basis fußende Zuordnung der festgelegten Kohärenzmaßnahmen zu Standard- oder darüber hinausgehenden Entwicklungsmaßnahmen erfolgen. Das Land Niedersachsen hat im Anhörungsverfahren mitgeteilt, im FFH-Gebiet "Unterelbe" solle die Festlegung der notwendigen Erhaltungsmaßnahmen nach Art. 6 Abs. 1 FFH-RL bis 2018 erfolgen. Eine Festlegung im Vorgriff sei der zuständigen Naturschutzbehörde (Landkreis Stade) nicht zumutbar. Weil es an einer verbindlichen Festlegung fehle, könnten die Kohärenzmaßnahmen keine Standardmaßnahmen darstellen (2. PEB, S. 145 zu 3.). Diese Begründung ist nicht tragfähig. Maßnahmen stehen nicht schon deshalb für die Kohärenzsicherung zur Verfügung, weil die zuständige Naturschutzbehörde - aus welchen Gründen auch immer - die gebotene Konkretisierung ihrer Verpflichtung aus dem Gebietsmanagement schuldig bleibt.

428 Soweit die 2. Ergänzungsbeschlüsse (S. 138 f.) und der Fachbeitrag (PEU II 6, S. 17 f., 19, 20 und 21) im Übrigen darauf abstellen, die geplanten Maßnahmen gingen über Standardmaßnahmen hinaus, weil sie der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands auf Flächen dienten, die schon im Zeitpunkt der Gebietsmeldung tiefgreifend geschädigt gewesen seien, verfehlen sie den oben genannten rechtlichen Maßstab. Dies folgt allerdings entgegen der gutachterlichen Stellungnahme der Dipl.-Ing. Konermann vom 15. Dezember 2012 nicht schon daraus, dass generell nur solche Maßnahmen kohärenzgeeignet sind, die entweder den Erhaltungszustand von "C" oder "B" auf "A" verbessern oder Teilflächen eines Natura 2000-Gebiets ohne bzw. ohne signifikantes Vorkommen von LRT/Arten im gemeinschaftlichen Interesse erstmalig in einen für den Gebietsschutz signifikanten Zustand versetzen. Wenn - wie im FFH-Gebiet "Unterelbe" für den LRT 1130 - neben der Erhaltung auch die Entwicklung eines günstigen Erhaltungszustands Erhaltungsziel für das Gebiet ist, fallen Verbesserungsmaßnahmen zur Aufwertung schon bei Gebietsmeldung geschädigter Lebensräume aber umgekehrt auch nicht von vornherein aus der Erhaltungspflicht heraus. Das gilt auch für solche Maßnahmen, die dem Rückbau anthropogener Strukturen aus der Zeit vor Inkrafttreten der Habitatrichtlinie dienen (PEU II 6, S. 11 f., Tabelle 5-1; 2. PEB, S. 138). Es hätte daher näher dargelegt werden müssen, warum die in Niedersachsen vorgesehenen Maßnahmen keine Standardmaßnahmen des FFH- oder VS-Gebietsmanagements sind. Daran fehlt es. Die Ausführungen im Fachbeitrag zum "überschießenden" Charakter der Kohärenzmaßnahmen erschöpfen sich im Wesentlichen in einer Beschreibung des jeweiligen Maßnahmeninhalts.

429 (2) Die Entwicklung eines tidebeeinflussten Flachwassergebiets "HH2 Spadenlander Busch/Kreetsand" im FFH-Gebiet "Hamburger Unterelbe" kann nach der Managementplanung nicht als Kohärenzmaßnahme anerkannt werden.

430 Die Maßnahme ist durch gesonderten Planfeststellungsbeschluss vom 24. April 2012 zugelassen worden. Darin hat die auch für den hier streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschluss für die Delegationsstrecke zuständige Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation der Beklagten zu 1 in Übereinstimmung mit der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt unter Verzicht auf eine Verträglichkeitsprüfung die Entwicklung der Fläche "Spadenlander Busch/Kreetsand" als eine Maßnahme qualifiziert, die unmittelbar der Gebietsverwaltung diene (PFB SpB/K, S. 101, 103). An dieser Einstufung, die angesichts des Einvernehmens mit der Umweltbehörde Ausdruck der Managementplanung ist, müssen sich die Planfeststellungsbehörden festhalten lassen. Das gilt umso mehr, als diese Zuordnung auch sachlich vertretbar erscheint, denn die Entwicklung des Schierlings-Wasserfenchels und des LRT 3270, zu der die Maßnahme unter anderem dienen soll, zählt zu den Erhaltungszielen des Gebiets "Hamburger Unterelbe" einschließlich der Maßnahmenfläche (vgl. PFB, S. 1157 f.).

431 Dass der Planfeststellungsbeschluss über die Maßnahme "Spadenlander Busch/Kreetsand" einen Tag später erlassen worden ist als die Planfeststellungsbeschlüsse über die Fahrrinnenanpassung, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die zeitliche Abfolge kann die schon vorher von der Planfeststellungsbehörde der Beklagten zu 1 mit der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt abgestimmte Vereinnahmung der Maßnahme für das Gebietsmanagement nicht in Frage stellen. Eine Doppelverwertung als - ohne Verträglichkeitsprüfung zulässige - Standardmaßnahme und als Kohärenzmaßnahme ist habitatrechtlich unzulässig, weil mit dem überschießenden Charakter von Kohärenzmaßnahmen unvereinbar. Überdies würde die für eine Kohärenzmaßnahme im FFH-Gebiet nötige Verträglichkeitsprüfung fehlen. Die Unzulässigkeit der Doppelverwertung gilt auch für den LRT 1130. Dieser gehört zwar nicht zu den gemeldeten Bestandteilen des FFH-Gebiets "Hamburger Unterelbe" (PFB, S. 1152), weil in den LRT 1130 an der Elbe nur die tidebeeinflussten Süßwasserabschnitte unterhalb von Hamburg einbezogen sind. Die Süßwasserbereiche stromauf von Hamburg sind vielmehr dem LRT 3270 zugeordnet (vgl. PFB, S. 981, 1055 f., 1152 und 1175; Hinweise des NLWKN zur Definition und Kartierung der Lebensraumtypen von Anhang I der FFH-Richtlinie in Niedersachsen auf der Grundlage des Interpretation Manuals der Europäischen Kommission, Stand Februar 2014), für den die Maßnahme als Standardmaßnahme dienen soll (PFB SpB/K, S. 100).

432 (3) Dagegen ist für die im FFH-Gebiet "Komplex NSG Zollenspieker und NSG Kiebitzbrack" vor allem zugunsten des Schierlings-Wasserfenchels vorgesehene Kohärenzmaßnahme "HH1 Zollenspieker", die u.a. die Entwicklung eines naturnahen Priels, die Renaturierung der Pionierinsel, die Entwicklung von Tide-Weiden-Auwald, den Rückbau der Uferverbauungen und die Anlage von flachen Schlenzen sowie die Erhöhung des Tideeinflusses zum Gegenstand hat, hinreichend dargelegt, dass sie über Standardmaßnahmen des Gebietsmanagements hinausgeht.

433 Die 2. Ergänzungsbeschlüsse (S. 139) und der Fachbeitrag (PEU II 6, S. 24) stellen im Ausgangspunkt darauf ab, dass der Zustand der Population sich seit der Gebietsmeldung aufgrund starker natürlicher Bestandsschwankungen von "B" auf "C" verschlechtert habe, die Habitatbedingungen aber unverändert gut ("B") seien. Im Übrigen beziehen sich der Fachbeitrag (PEU II 6, S. 25) und die 2. Ergänzungsbeschlüsse (S. 139 f.) zur Abgrenzung in erster Linie auf die Stellungnahme der hamburgischen Behörde für Umwelt und Energie (BUE) vom 13. Oktober 2015. Danach folge die naturschutzfachliche Einstufung der im IBP (Anhang I, Maßnahmen, FR 1.23 HH/SH) als kohärenzgeeignet bezeichneten Maßnahme "Zollenspieker" aus dem Umstand, dass aufgrund der Ökologie des Schierlings-Wasserfenchels für diese Art im Hauptverbreitungsgebiet in Hamburg proaktive Maßnahmen zur Herstellung von erstmalig geeigneten Habitatflächen nicht zwingend erforderlich seien. Im dynamischen System der limnischen Tideelbe würden durch Gezeiten- und Extremeinflüsse (z.B. Sturmfluten, Eisgang) sowie Sedimentumlagerungen ständig neue Standorte für diesen Pionierbesiedler geschaffen, an denen die Populationsdynamik extrem hoch sei. Der Erhalt der Randbedingungen in der limnischen Tide-Aue der Elbe stelle eine Standardmaßnahme dar; kontinuierliche Pflegemaßnahmen wie z.B. Mahd des Schilfröhrichts oder Freistellen von Gehölzen seien unter diesen Voraussetzungen nicht erforderlich. Verschlechterungen würden dadurch vermieden, dass die Flächen als Naturschutzgebiete ausgewiesen seien und verschlechternde oder störende Handlungen gemäß der jeweiligen NSG-Verordnung verboten seien. Sofern es dennoch zu derartigen Handlungen komme, würden schädliche Störquellen (z.B. Vermüllungen, Vertritt durch Naherholung) durch Maßnahmen beseitigt, die dann ebenfalls Standardmaßnahmen darstellten. Die Maßnahme "Zollenspieker" führe hingegen zu einer flächenhaften Aufwertung, weil nicht nur vorhandene Standorte ertüchtigt, sondern auf einer Fläche von 24,2 ha u.a. durch die Entwicklung eines naturnahen Priels und von Tide-Auwald sowie die Anlage schlickiger Tidebuchten neue Habitate für den Schierlings-Wasserfenchel geschaffen würden.

434 Die von den Klägern hiergegen - gestützt auf eine gutachterliche Stellungnahme des WWF Deutschland (Dipl.-Biol. Dr. Marchand) von Mai 2016 - erhobenen Bedenken greifen nicht durch. Die Stellungnahme stuft die Maßnahme als Standardmaßnahme ein, weil aus der Planung nicht ableitbar sei, dass ein Standort mit Habitatqualitäten entwickelt werde, die dem Erhaltungszustand "A" entsprächen. Zudem sei die Maßnahme im IBP und dem Pflege- und Entwicklungsplan für das Naturschutzgebiet vorgesehen (S. 22 f.). Dieser Kritik liegt - ebenso wie der Stellungnahme von Dipl.-Ing. Konermann vom 15. Dezember 2012 - die unzutreffende Annahme zugrunde (S. 8), dass stets nur der Maßnahmenanteil als "überschießend" angesehen werden könne, der eine Verbesserung des Erhaltungszustands der melderelevanten Bestandteile eines Gebiets über den Erhaltungszustand "B" hinaus bewirkt.

435 Auch die sonstigen Rügen lassen die Bewertung der zuständigen Naturschutzbehörde (BUE), die sich die Planfeststellungsbehörden zu eigen gemacht haben, nicht als naturschutzfachlich unvertretbar erscheinen. Dies gilt namentlich für die Einschätzung, der mit "C" eingestufte Zustand der Population sei auf Bestandsschwankungen im Rahmen der natürlichen Dynamik des Lebensraums zurückzuführen und könne sich ohne Standardmaßnahmen wieder erholen. Nach den eigenen Angaben der Gutachterin Dr. Marchand (S. 15 f.) zum Vorkommen des Schierlings-Wasserfenchels im FFH-Gebiet "Komplex NSG Zollenspieker und NSG Kiebitzbrack" ist dem FFH-Monitoring 2013 ein Jahrhunderthochwasser vorangegangen, das oberhalb von Hamburg zu tage- bis wochenlangen, ununterbrochenen Überstauungen der unteren Uferbereiche geführt hat. Die lange Überstauung, erhöhte Strömungsgeschwindigkeiten und Wasserstände hätten vielerorts zu einer Schädigung der Ufervegetation geführt. Im NSG Zollenspieker seien die untersten Dezimeter des Schilfgürtels häufig vergilbt und teils abgestorben, die dem Röhrichtgürtel vorgelagerte Krautschicht mit Pionierarten sei stark dezimiert und an vielen Stellen komplett verschwunden. Aus diesem Grund sei nicht verwunderlich, dass im Jahr 2013 fast keine Individuen des Schierlings-Wasserfenchels im NSG Zollenspieker gefunden worden seien. Die Bestände im Zollenspieker schwankten stark (2002 und 2003 zusammen über 100 Exemplare, 2009 6 Rosetten, 2011 58 Individuen; S. 16). Diese Ausführungen stützen die Einschätzung des BUE, dass der aktuelle Zustand der Population nur eine der natürlichen Dynamik des Elbästuars geschuldete Momentaufnahme darstellt. Aus dem Hinweis der Gutachterin auf die Feststellungen von Planula 2014 (Monitoring des Schierlings-Wasserfenchels in den FFH-Gebieten sowie weiterer Standorte in Hamburg - Erfassung 2013), der Lebensraum sei durch Erosion und Sedimentation deutlich geschädigt, ehemalige Standorte des Schierlings-Wasserfenchels seien komplett versandet und der angrenzende Röhrichtgürtel zurückgedrängt, folgt nichts anderes. Ungeachtet dessen, dass diese Feststellungen offenbar die Folgen des Jahrhunderthochwassers im Jahr 2013 beschreiben, bewertet auch die Gutachterin Dr. Marchand die Kriterien "Habitatqualität" und "Beeinträchtigungen" ebenso wie die Planfeststellungsbehörden jeweils mit "B" (günstig) (S. 16). Dass vor diesem Hintergrund Maßnahmen mit dem hier vorgesehenen Inhalt und Umfang nicht schon im Rahmen des Gebietsmanagements veranlasst sind, ist plausibel.

436 Der Verweis auf den Pflege- und Entwicklungsplan und die Beschreibung der Maßnahme FR 1.23 HH/SH im IBP Elbästuar (Maßnahmen Funktionsraum 1, S. 36) führt zu keinem anderen Ergebnis. Selbst die noch weitgehend abstrakte Beschreibung der Ziele dieser Maßnahme lässt erkennen, dass sie über eine reine Stärkung und Ertüchtigung vorhandener Standorte hinausgeht und der Entwicklung neuer Habitate dient. Der seinerzeit angesichts eines Vorkommens von sechs Pflanzen in 2010 pauschal festgestellte "dringende Handlungsbedarf" wird durch die aktuelle Bewertung des Erhaltungszustands, namentlich der Habitatqualität und der Beeinträchtigungen, wie sie in Tabelle 4 (S. 16 f.) der WWF-Stellungnahme (Dr. Marchand) von Mai 2016 wiedergegeben ist, widerlegt. Die darin für insgesamt 14 Teilgebiete des FFH-Gebiets "Komplex NSG Zollenspieker und NSG Kiebitzbrack" vorgenommene Bewertung differenziert beim Kriterium "Habitatqualität" nach "Standort und Vegetation", "Abstand der Wuchsorte zu MThw", "Bodenart" und "Deckung der Begleitvegetation". Bei 13 von 14 Teilgebieten sind diese Parameter jedenfalls mit "B", teilweise sogar mit "A" bewertet. Beim Kriterium "Beeinträchtigung" ist eine differenzierte Bewertung u.a. für die Parameter "Uferbefestigungen", "Wellenschlag durch Schiffsverkehr" und "Strömungsgeschwindigkeiten" erfolgt. Dabei konnte für 12 von 14 Teilgebieten die Wertstufe "A" oder "B" vergeben werden. Ein Handlungsbedarf zur Verbesserung der Habitateigenschaften im Wege von Standardmaßnahmen lässt sich daraus nicht herleiten. Dieser Befund belegt aber die Notwendigkeit, die Abgrenzung von Sowieso- und Kohärenzmaßnahmen, die im IBP Elbästuar auch für Hamburg und Schleswig-Holstein nicht abschließend erfolgt ist, im Einzelfall vorzunehmen bzw. zu überprüfen.

437 Gegen die Kohärenzeignung der Maßnahme "Zollenspieker" für den im FFH-Gebiet "Komplex NSG Zollenspieker und NSG Kiebitzbrack" nicht gemeldeten LRT 1130 haben die Kläger im Hinblick auf die Abgrenzung von Standardmaßnahmen des Gebietsmanagements keine substanziellen Einwände erhoben. Dr. Marchand weist in ihrem Gutachten von Mai 2016 für den WWF (S. 29) zwar zutreffend darauf hin, dass die Süßwasser-Tidebereiche der Elbe oberhalb von Hamburg bei der Gebietsmeldung dem LRT 3270 zugeordnet wurden. Dass die im Zollenspieker vorgesehenen Maßnahmen Standardmaßnahmen für den LRT 3270 darstellen, haben die Kläger aber nicht dargetan; Konkretes dazu lässt sich auch dem Gutachten von Mai 2016 (S. 29) nicht entnehmen. Die Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung im Dezember 2016 unwidersprochen vorgetragen, dass Verbesserungsmaßnahmen für den LRT 3270 in diesem Gebiet wegen des Tideeinflusses keine Erfolgsaussicht bieten und daher nicht in Betracht kommen.

438 (4) Die für den LRT 1130 an der Stör vorgesehenen Maßnahmen "SH1b Stör/Neuenkirchen", "SH1c Stör/Barenfleth", "SH1d Stör/Hodorf", "SH1e Stör/Oelixdorf", "SH1f Stör/Siethfeld" und "SH1g Stör/Kellinghusen" liegen außerhalb von FFH-Gebieten (PEU II 6, S. 12) bzw. nur mit Randflächen in FFH-Gebieten (PÄ III, Teil 11c, S. 79, 84, 89, 95, 98 und 105). Dass bzw. aus welchen Gründen es sich gleichwohl um Sowieso-Maßnahmen handeln sollte, haben die Kläger nicht dargetan. Das gilt auch für die im FFH-Gebiet "Schleswig-Holsteinisches Elbästuar und angrenzende Flächen" vorgesehene Maßnahme "SH1a Stör/Wewelsfleth". Die von den Klägern zu den Kohärenzmaßnahmen an der Stör vorgelegte gutachterliche Stellungnahme des NABU Schleswig-Holstein (Dipl.-Biol. Behrends) vom 10. August 2012 behandelt nur den Funktions- und Ortsbezug dieser Maßnahmen. Im Übrigen hat das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein mit Schreiben vom 9. September 2015 (PEU II 6, S. 4) mitgeteilt, dass die Maßnahme in den Detailplanungen als "weitergehende" Maßnahme eingestuft sei und daher als "überschießend" anerkannt werden könne (vgl. auch PEU II 6, S. 23 mit Fußnote 2).

439 bb) Den vorstehend beschriebenen Anforderungen an den Funktions- und Ortsbezug werden die Kohärenzmaßnahmen gerecht.

440 (1) Die Kläger halten die Kohärenzsicherung hinsichtlich des LRT 1130 für unzulänglich, weil keine Kohärenzmaßnahmen in der zentralen mesohalinen und polyhalinen Zone des Ästuars von der Ostemündung bis Freiburg an der Elbe vorgesehen und die Maßnahmen weitgehend auf terrestrische sowie semiaquatische Biotoptypen ausgerichtet seien, obwohl die Beeinträchtigungen des genannten Lebensraumtyps überwiegend im aquatischen Bereich des Ästuars stattfänden. Diese Rüge greift nicht durch.

441 Dem LRT 1130 sind im Elbästuar auch die tidebeeinflussten Süßwasserbereiche unterhalb von Hamburg zugeordnet (vgl. PÄ III, Teil 11c, S. 10). Die mit Kohärenzmaßnahmen auszugleichende Beeinträchtigung des LRT 1130 sehen die Planfeststellungsbeschlüsse in der "graduellen Abnahme der Naturnähe", die in einen Flächenverlust von insgesamt 321 ha umgerechnet worden ist (PFB, S. 915, 1871; siehe oben unter B.II.1.d)). An dieser "graduellen Abnahme der Naturnähe" im gesamten Ästuar und nicht den jeweiligen Eingriffsorten sind die Kohärenzmaßnahmen ausgerichtet. Dagegen ist nichts zu erinnern.

442 Das von IBL (PÄ III, Teil 11c) entwickelte, in den Planfeststellungsbeschlüssen übernommene Kohärenzsicherungskonzept folgt allgemein (PFB, S. 1864 f.) und im Besonderen für den LRT 1130 (PFB, S. 1870 ff.) dem Leitgedanken, die bestehende anthropogene Prägung von Teilbereichen (Aufspülung, Deichbau, Uferbefestigung, intensive landwirtschaftliche Nutzung) zurückzunehmen und diese Bereiche dem Tidegeschehen und der Besiedelung durch die ästuartypischen Lebensgemeinschaften wieder zur Verfügung zu stellen. Auf diese Weise soll der LRT 1130 in Richtung Naturnähe und Habitatdiversität entwickelt werden. In der Planunterlage PÄ III, Teil 11c (S. 10 bis 17), werden u.a. die charakteristischen Strukturen und Funktionen sowie die Defizite des LRT 1130 und die Grundlagen für die Entwicklung der Kohärenzmaßnahmen näher beschrieben. Als vom Naturnäheleitbild getragene und an historischen Zuständen des Ästuars orientierte Maßnahmenziele werden die Vergrößerung der Flachwasserzonen und die Schaffung einer naturnahen Uferzonierung sowie von Überflutungs- und Sedimentationsraum in derzeit wenig oder nicht tidebeeinflussten Bereichen des Supralitorals formuliert (PÄ III, Teil 11c, S. 16 f.; PFB, S. 1871); wegen der Zuordnung der einzelnen Kohärenzmaßnahmen zu diesen Maßnahmenzielen kann auf die Planfeststellungsbeschlüsse (S. 1871 ff.) verwiesen werden.

443 Dieser methodische Ansatz begegnet keinen Bedenken. Schon die Rahmenkonzeption der FFH-Lenkungsgruppe norddeutscher Länder "FFH-Gebiete im Elbästuar - Ziele für die Erhaltung und Entwicklung" von April 2005 betont, dass im Elbästuar nicht so sehr die Erhaltung des aktuellen räumlichen Musters einzelner Ästuarstrukturen, sondern die Wahrung und Förderung der wesentlichen Funktionen des Elbästuars für Natura 2000 in einer sich verändernden Landschaft in Zukunft die zentrale Aufgabe des Schutzgebietsmanagements ist (S. 4 f. und 45); an diesem Rahmenkonzept haben sich auch etwaige Maßnahmen zur Kohärenzsicherung an der Unteren Tideelbe auszurichten (S. 55).

444 Zu den wesentlichen hydromorphologischen Funktions- und Strukturdefiziten des Ästuars gehören nach dem IBL-Fachbeitrag (PÄ III, Teil 11c, S. 13) u.a. der Rückgang der Flachwasserzonen und Vorländer sowie naturferne Ufer. Die Erhaltungsziele - namentlich der FFH-Gebiete "Schleswig-Holsteinisches Elbästuar und angrenzende Flächen" und "Unterelbe" - zielen auch auf den Abbau dieser Defizite bzw. die Wiederherstellung der charakteristischen Strukturen (PÄ III, Teil 11c, S. 14 ff.; vgl. PFB, S. 996 ff., 1064). Daran anknüpfend sollen die Kohärenzmaßnahmen vor allem diejenigen Lebensräume des Komplexlebensraumtyps 1130 vergrößern, die in Anbetracht des ökologischen Ästuarleitbildes derzeit schlecht ausgebildet und gegenüber anderen Strukturen flächenmäßig unterrepräsentiert sind (PÄ III, Teil 11c, S. 16). Als dazu in Betracht kommende Maßnahmen benennt der Fachbeitrag z.B. die Wiederanbindung von abgeschnittenen Binnen- oder Nebenelben, die Schaffung von Flachwasser in nicht strömungsexponierter Lage, die (Teil-)Abtragung von künstlichen Spülsandinseln, die Verbesserung oder Wiederherstellung des Tideeinflusses durch Rückbau oder Öffnung von Sommerdeichen, die Herstellung oder Optimierung von Prielen, die Umgestaltung verbauter Ufer und den Rückbau von Deckwerken (PÄ III, Teil 11c, S. 17). Mithilfe solcher Maßnahmen kann die Naturferne des Ästuars in seiner gesamten Ausdehnung zurückgenommen werden. Vor diesem Hintergrund bestand keine Notwendigkeit, die Kohärenzmaßnahmen im Abschnitt km 680 bis km 730 vorzusehen. Zudem ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass dieser Abschnitt erheblich stärker von den oben genannten Struktur- und Funktionsdefiziten betroffen ist als die Bereiche im Abschnitt km 660 bis km 680 in Niedersachsen, an der Stör in Schleswig-Holstein und stromauf von Hamburg, in denen die Kohärenzmaßnahmen geplant sind.

445 Die Planfeststellungsbehörden werden allerdings bei der ergänzenden Planung von Kohärenzmaßnahmen zu berücksichtigen haben, dass die Kohärenzmaßnahmen nach Inhalt und Lage in den vorhabenbetroffenen Bundesländern bisher ein aufeinander abgestimmtes Bündel von Maßnahmen im terrestrischen und aquatischen Bereich darstellten, in das sich neue Maßnahmen dem Kohärenzkonzept entsprechend einfügen müssen.

446 (2) Im Übrigen gilt für die einzelnen Kohärenzmaßnahmen Folgendes:

447 (a) Entgegen der auf eine gutachterliche Stellungnahme des NABU Schleswig-Holstein (Dipl.-Biol. Behrends) vom 10. August 2012 gestützten Auffassung der Kläger kann für die an der Stör vorgesehenen Kohärenzmaßnahmen der erforderliche Funktions- und Ortsbezug in ihrer Eigenschaft als Teil des vorstehend beschriebenen Maßnahmenbündels bejaht werden. Soweit der Gutachter Behrends den Maßnahmen in Barenfleth und Hodorf die Kohärenzeignung für den Schierlings-Wasserfenchel abspricht, übersieht er schon, dass die Maßnahmen an der Stör nur zum Kohärenzausgleich für den LRT 1130 dienen. Im Übrigen setzt die Stellungnahme des NABU sich inhaltlich im Wesentlichen mit den Ausführungen im Landschaftspflegerischen Begleitplan (PÄ III, Teil 4) auseinander. Die Beschreibung der Kohärenzeignung der Maßnahmen im Hinblick auf die strukturellen und funktionalen Defizite des LRT 1130 findet sich aber in der Planunterlage PÄ III, Teil 11c. Darin wird u.a. näher ausgeführt, unter welchen Voraussetzungen die Wirkungen einer Kohärenzmaßnahme mit "sehr hoch bis hoch" (1,0 bis 0,7), "mittel" (0,6 bis 0,4) oder "gering" (0,3 bis 0,1) bewertet werden (S. 27 ff., 32 ff.) und wie die Aufwertungsfaktoren zur Bestimmung des anrechenbaren Maßnahmenumfangs zur Kohärenzsicherung für den LRT 1130 definiert sind (S. 32 ff.). Mit alledem setzen sich die Kläger nicht näher auseinander, insbesondere legen sie nicht dar, dass die Bewertungskriterien und Aufwertungsfaktoren naturschutzfachlich nicht vertretbar sind.

448 Für die Maßnahmen an der Stör bei Wewelsfleth (Rückbau der Grüppenentwässerung, Anlage von Blänken, Bau und Betrieb von Überstauungspoldern, Extensivierung der Grünlandnutzung) geht die Unterlage PÄ III, Teil 11c, von einem sehr guten räumlichen und einem funktional eher geringen Bezug zum FFH-Gebiet "Schleswig-Holsteinisches Elbästuar und angrenzende Flächen" sowie einem räumlich und funktional geringen Bezug zum FFH-Gebiet "Unterelbe" aus; der Aufwertungsfaktor ist deshalb nur mit 0,2 bemessen (PÄ III, Teil 11c, Tabelle 5-2, S. 120) und trägt damit auch den Einwänden des Gutachters Behrends (NABU SH vom 10. August 2012, S. 3 f.) hinreichend Rechnung. Für die an der Stör in Neuenkirchen, Bahrenfleth und Hodorf vorgesehenen Maßnahmen (Erhöhung der Tidedynamik durch Öffnen von Sommerdeichen und/oder Neubau von Prielen und Sommerdeichen, freie Sukzession) wird der räumliche und funktionale Bezug zum FFH-Gebiet "Schleswig-Holsteinisches Elbästuar und angrenzende Flächen" als sehr gut und zum FFH-Gebiet "Unterelbe" als gering bewertet; der Aufwertungsfaktor ist wegen der Vergrößerung des LRT 1130 mit 1,0 (sehr hoch) angesetzt (PÄ III, Teil 11c, Tabelle 5-2, S. 120). Der Einwand, die Maßnahme Neuenkirchen führe wegen der Ableitung des Oberflächenwassers in den Sportboothafen, die durch die jeweils auf Höhenlage des MTnw - 1,01 NN vorgesehenen Unterkanten der Rohrdurchlässe sowohl beim Zufluss als auch beim Abfluss und die deutlich unter der mittleren Geländehöhe vorgesehene Grabensohle bewerkstelligt werde, nicht zu einer vermehrten oder verlängerten Durchnässung (NABU vom 10. August 2012, S. 5), überzeugt nicht. Es leuchtet ein, dass der Durchstich durch den Sommerdeich zu einem vermehrten Tideeinfluss und trotz des Abflusses auf gleicher Höhe auch zu einem verlängerten Tideeinfluss auf den Flächen unter MThw führt.

449 Für die Maßnahmen in Oelixdorf/Stör (Extensivierung der Grünlandnutzung) gehen die Gutachter von einem sehr guten räumlichen und einem geringen funktionalen Bezug zum FFH-Gebiet "Schleswig-Holsteinisches Elbästuar und angrenzende Flächen" sowie einem räumlich und funktional geringen Bezug zum FFH-Gebiet "Unterelbe" aus; der Aufwertungsfaktor ist dementsprechend nur mit 0,1 angesetzt (PÄ III, Teil 11c, Tabelle 5-2, S. 120). Für die Maßnahmen im Vorland der Stör am Polder Siethfeld und am Polder Kellinghusen (Erhöhung der Tidedynamik durch Öffnen des Sommerdeichs, Neubau von Prielen und Sommerdeich, freie Sukzession, Extensivierung der Grünlandnutzung) wird der räumliche Zusammenhang mit dem FFH-Gebiet "Schleswig-Holsteinisches Elbästuar und angrenzende Flächen" als gut und der funktionale Zusammenhang als sehr gut bewertet; der Aufwertungsfaktor ist jeweils mit 0,4 (mittel <untere Grenze>) angesetzt (PÄ III, Teil 11c, Tabelle 5-2, S. 121). Hinsichtlich der Maßnahmen in Siethfeld und Kellinghusen ist den Klägern zwar zuzugeben, dass die Maßnahmenflächen sich angesichts ihrer Lage nicht als kohärenzgeeignet aufdrängen; sie machen aber mit einem anrechenbaren Flächenumfang von ca. 21 ha nur einen kleinen Teil der Gesamtfläche von 346,80 ha (ohne die Maßnahmen Spadenlander Busch/Kreetsand und Barnkruger Loch) aus (PÄ III, Teil 11c, S. 121). Dass die Maßnahmen nach Darstellung der Kläger auch im Hochwasserrisikomanagement vorgesehen sind, schließt ihre Eignung als Kohärenzmaßnahmen nicht aus. § 15 Abs. 2 Satz 4 BNatSchG bestimmt ausdrücklich, dass Festlegungen von Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen für Gebiete im Sinne des § 20 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 und in Bewirtschaftungsplänen nach § 32 Abs. 5, von Maßnahmen nach § 34 Abs. 5 und § 44 Abs. 5 Satz 3 dieses Gesetzes sowie von Maßnahmen in Maßnahmenprogrammen im Sinne des § 82 WHG der Anerkennung solcher Maßnahmen als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht entgegenstehen. Warum im Verhältnis von Maßnahmen nach § 34 Abs. 5 BNatSchG und solchen des Hochwasserrisikomanagements anderes gelten sollte, ist nicht ersichtlich.

450 Im Übrigen setzt sich die Stellungnahme des NABU vom 10. August 2012 mit den auf die einzelnen Kohärenzmaßnahmen bezogenen Ausführungen in PÄ III, Teil 11c (S. 71 bis 106) nicht weiter auseinander.

451 (b) Die in Niedersachsen vorgesehenen Maßnahmen kranken nicht zusätzlich ein einem fehlenden Funktions- und Ortsbezug. Zu den jeweils angesetzten Aufwertungsfaktoren (Allwördener Außendeich-Mitte 0,7; Allwördener Außendeich-Süd 0,8; Schwarztonnensander Nebenelbe und Ufer Asseler Sand 0,2 bis 0,7; Insel Schwarztonnensand Nord und Süd 0,3 bis 0,9) kann auf die Tabelle 5-2 in PÄ III, Teil 11c, S. 117 bis 119, sowie die auf die Einzelmaßnahmen bezogenen Erläuterungen auf S. 35 bis 57 und S. 62 bis 70 dieser Unterlage verwiesen werden. Substanzielle Einwendungen hiergegen haben die Kläger nicht erhoben. Die gutachterliche Stellungnahme von Dipl.-Ing. Konermann vom 15. Dezember 2012 zu den Kohärenzmaßnahmen in Niedersachsen bezieht sich im Wesentlichen auf deren Eigenschaft als Sowieso-Maßnahmen. Damit werden sich die Planfeststellungsbehörden im ergänzenden Verfahren befassen müssen.

452 Der auf die Maßnahme "Schwarztonnensander Nebenelbe und Ufer Asseler Sand" zielende Einwand der Gutachterin Konermann (S. 3 f.), angesichts der schlechten Erfahrungen mit einer Kompensationsmaßnahme in der Hahnöfer Nebenelbe und dem Mühlenberger Loch müsse auch hier mit einer Wiederverlandung gerechnet werden, zumal die BAW für diesen Bereich eine Zunahme der Schwebstofftransporte um 6 % prognostiziert habe, greift nicht durch. Laut PÄ III, Teil 11c (S. 51) hat die BAW die hydrologischen Effekte der Ausgleichsmaßnahmen in einem hydronumerischen Modell betrachtet und dabei keine vollständige morphologische Stabilität prognostiziert. Für den Erhalt der Unterwassertopographie hat die BAW bei vorsorglicher Betrachtung eines worst-case-Szenarios ein Unterhaltungsintervall von drei Jahren für den stromauf und fünf Jahren für den stromab gelegenen Teil der Nebenelbe angegeben. Die Gutachter (PÄ III, Teil 11c, S. 51) gehen davon aus, dass eine exakte Erhaltung der hergestellten Topographie nicht nötig ist, sondern das Kohärenzziel erst gefährdet wäre, wenn die Flachwasserzonen zu Watt aufsedimentierten oder wieder ein geschlossener Wattbereich am oberstromigen Ende der Nebenelbe entstünde; erst für diesen Fall seien Pflegebaggerungen vorgesehen. Die zur Minimierung der Störung der Benthoszönose vorgesehenen Baggerrestriktionen (mindestens drei Jahre Abstand zwischen den Einsätzen, Einsatz nur in Teilbereichen, die nicht mehr als 50 % der Flachwasser- und Rinnenbereiche betreffen), mit denen nicht die voraussichtlich geringere Pflegeintensität beschrieben werde, stellten sicher, dass keine erhebliche Minderung der kohärenzsichernden Wirkung entstehe (PÄ III, Teil 11c, S. 51). Diesen plausiblen Erläuterungen sind die Kläger nicht entgegengetreten. Im Übrigen sind die Pflegebaggerungen jeweils mit 0,1 vom Aufwertungsfaktor der Teilmaßnahmen "Neuschaffung Flachwasser (Ausgangsfaktor 0,8)" und "Optimierung Flachwasser Ausgangsfaktor 0,5)" abgesetzt worden (Tabelle 5-2, PÄ III, Teil 11c, S. 118). Die Uferrenaturierung am Asseler Sand ist Teil der Maßnahme (PÄ III, Teil 11c, S. 118). Der Einwand von Konermann (S. 6), die Renaturierungsfläche (ca. 8 ha) sei zu klein und bleibe bezogen auf die Gesamtfläche des Asseler Sandes irrelevant, greift daher nicht durch.

453 (c) Der Funktions- und Ortsbezug der Maßnahme "Zollenspieker" in Hamburg begegnet sowohl im Hinblick auf den LRT 1130 als auch den Schierlings-Wasserfenchel keinen Bedenken.

454 Die Fläche im Zollenspieker kann als Kohärenzfläche für den LRT 1130 dienen, obwohl die Süßwasser-Tidebereiche oberhalb von Hamburg dem LRT 3270 zugeordnet wurden und die Fläche daher formal außerhalb der Meldekulisse des LRT 1130 liegt. Zwischen den Beteiligten war in der mündlichen Verhandlung im Dezember 2016 unstreitig, dass es sich insoweit lediglich um einen formal-definitorischen Unterschied handelt. In der Planunterlage PÄ III, Teil 11c (S. 113) ist ausgeführt, dass es sich beim Maßnahmengebiet ungeachtet dieser formal-definitorischen Gründe gleichwohl um typische tidebeeinflusste Ästuarflächen im gleichen Naturraum handele, die über den Fluss und das Tidegeschehen in Austauschbeziehungen zu den FFH-Gebieten mit LRT 1130 unterhalb des Hamburger Hafens stünden. Diese Erwägungen sind plausibel. Ausweislich eines Schreibens der Beklagten zu 1 vom 6. Mai 2014 (Anlage 7 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 21. Dezember 2016) hat auch die EU-Kommission als Kohärenzmaßnahme für eine Beeinträchtigung des LRT 1130 durch die Teilverfüllung des Mühlenberger Lochs stromab von Hamburg eine Maßnahme in den stromauf von Hamburg gelegenen Borghorster Elbwiesen anerkannt. Anhaltspunkte dafür, dass die Maßnahme dennoch ungeeignet ist, weil sie - wie von den Klägern in der mündlichen Verhandlung im Dezember 2016 ohne nähere Ausführungen geltend gemacht - dem LRT 3270 möglicherweise schadet, sind nicht ersichtlich. Die FFH-Verträglichkeitsprüfung (PFB, S. 1190) schließt eine dauerhafte erhebliche Beeinträchtigung des LRT 3270 durch die Kohärenzmaßnahme "Zollenspieker" aus.

455 Den räumlichen Bezug der Maßnahmen im Zollenspieker zum LRT 1130 bewerten die Gutachter als "mittel", den funktionalen als "sehr gut". Für die Teilmaßnahme "Neuanlage und Vertiefung eines Priels, Ansiedlung von Oenanthe, Verfüllung Slipanlage und Renaturierung benachbarter 'Pionierinsel' zu Tide-Weidenauwald im Komplex mit Röhrichten und Hochstauden" wird ein Aufwertungsfaktor von 0,6 und für die Teilmaßnahme "Anlage von Schlenzen am Elbufer (Ansiedlung von Oenanthe), Umwandlung Wiese in Tide-Weidenauwald, Beruhigung des Gebiets" von 0,7 angesetzt (PÄ III, Teil 11c, Tabelle 5-2 S. 121). Warum diese Bewertung und die ergänzenden Erläuterungen in PÄ III, Teil 11c, S. 107 ff., naturschutzfachlich unvertretbar sind, haben die Kläger nicht dargetan. Das WWF-Gutachten (Dr. Marchand) von Mai 2016 verhält sich nicht zum Funktions- und Ortsbezug und zur Eignung der Maßnahme für den LRT 1130 (S. 28 zu 5.5 ).

456 Soweit die Eignung der Maßnahmenflächen im "Zollenspieker" für den Schierlings-Wasserfenchel im WWF-Gutachten von Mai 2016 anhand der Voraussetzungen für die Bewertung des Erhaltungszustands mit "A" geprüft wird (S. 17 ff.), ist dies schon im Ansatz unzutreffend. Wie dargelegt können auch solche Maßnahmen Kohärenzmaßnahmen darstellen, die nicht auf die Herstellung eines hervorragenden Erhaltungszustands gerichtet sind.

457 cc) Die Eingriffs-/Ausgleichs-Bilanzierung kann der Senat wegen der Mängel bei der FFH-Verträglichkeitsprüfung für den Schierlings-Wasserfenchel und der Kohärenzsicherung nicht abschließend beurteilen. Namentlich sind die Tabelle 9 auf S. 1866 der Planfeststellungsbeschlüsse und Teile der nachfolgenden Begründung überholt und durch neue Unterlagen zur Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung für den LRT 1130 und den Schierlings-Wasserfenchel zu ersetzen.

458 Insoweit erscheint es allerdings entgegen der Auffassung der Kläger naturschutzfachlich vertretbar, bei der Ermittlung des flächenbezogenen Eingriffs-/Ausgleichsverhältnisses für den Schierlings-Wasserfenchel eine eignungsbezogene Gewichtung der Flächen vorzunehmen, wenn die Eingriffs- und Ausgleichsflächen hinsichtlich der Habitatbedingungen nicht gleichwertig sind. Der zugrunde gelegte Aufwuchsschlüssel von 0,01 Individuen/m² begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Er ist auf der Basis der naturschutzfachlichen und wissenschaftlichen Monitoringdaten ermittelt worden und wird laut Fachbeitrag PEU II 5.2 (S. 9, 24) durch die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung des Ansiedlungsprojekts für den Schierlings-Wasserfenchel am Priel Overhaken (Hamburg/Bergedorf) bestätigt. Ob und inwieweit er auch auf neue Kohärenzflächen angelegt werden kann, haben die Fachgutachter zu prüfen und darzulegen.

459 dd) Die zeitnahe Durchführung der Kohärenzmaßnahmen ist hinreichend gesichert. Die Planfeststellungsbeschlüsse sehen unter A.II.3.4 (S. 58) vor, dass mit der Umsetzung der Kompensations- und Kohärenzmaßnahmen spätestens mit Beginn der Vertiefungsarbeiten zu beginnen ist; sie sind ohne vermeidbaren Zeitverzug fertigzustellen und innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren abzuschließen. Zeitliche Verzögerungen bei der Umsetzung der Maßnahmen sind den Planfeststellungsbehörden und den Naturschutzbehörden unverzüglich mitzuteilen. Für den Fall einer zeitlichen Verzögerung haben sich die Planfeststellungsbehörden weitergehende Anordnungen vorbehalten, um die vollständige Kompensation und gegebenenfalls die Kohärenz trotz der eingetretenen Verzögerung zu sichern (A.II.3.5; PFB, S. 59). Ausweislich der Begründung in den Planfeststellungsbeschlüssen sollen die Auflagen sicherstellen, dass die Kompensations- und Kohärenzmaßnahmen bereits während der Bauphase zum Ausbau der Fahrrinne umgesetzt werden (PFB, S. 2580). Die Anordnung, dass mit der Umsetzung spätestens mit Aufnahme der Vertiefungsarbeiten zu beginnen ist, stellt sicher, dass rechtliche und/oder tatsächliche Hindernisse für einen Umsetzungsbeginn zu diesem Zeitpunkt für alle Kompensations- und Kohärenzmaßnahmen ausgeräumt sein müssen.

460 Die in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014 modifizierte Anordnung zur Erfolgskontrolle für den Schierlings-Wasserfenchel unter A.II.3.14.4 (2. PEB, S. 6) gibt - vorbehaltlich ihrer Übertragbarkeit auf noch festzulegende Kohärenzmaßnahmen - keinen Anlass zu Beanstandungen. Dass - wie die Kläger geltend machen - im Zollenspieker zu Unrecht bereits vorhandene Exemplare in die Bilanz eingehen werden, ist nicht zu erwarten. Die Anordnung in A.II.3.14.4 bezieht sich schon nach ihrem Wortlaut nur auf die Maßnahmengebiete, so dass nur dort wachsende Individuen berücksichtigt werden dürfen. Zudem werden im Gebiet Zollenspieker solche Bereiche aufgewertet, die derzeit noch von nachrangiger Bedeutung für den Schierlings-Wasserfenchel sind. Im Rahmen des seit 2002 laufenden Monitorings sind dort nach den Angaben der Beklagten nur geringe Individuenzahlen bis maximal acht Individuen erfasst worden. Überwiegend handelt es sich um Flächen, die derzeit für den Schierlings-Wasserfenchel nicht geeignet sind und auf denen bisher keine Individuen kartiert worden sind. Es ist gerade Ziel der Kohärenzmaßnahmen, zusätzliche als Wuchsorte geeignete Flächen zu schaffen. Sollte sich die Art auf den neu geschaffenen Flächen aus einer vorhandenen Samenbank etablieren, stünde dies einer Anrechnung nicht entgegen, weil dies ein Beleg für die erfolgreiche Sicherung der Kohärenz des Natura 2000-Netzes wäre.

461 d) Eine erneute Beteiligung der EU-Kommission nach § 34 Abs. 4 Satz 2 BNatSchG war im 2. Ergänzungsverfahren nicht erforderlich. Dies folgt allerdings entgegen der Auffassung der Beklagten nicht schon daraus, dass die Stellungnahme der EU-Kommission nicht bindend ist (Auslegungsleitfaden der EU-Kommission von Januar 2007 zu Art. 6 Abs. 4 FFH-RL, S. 27; BVerwG, Urteil vom 23. April 2014 - 9 A 25.12 - BVerwGE 149, 289 Rn. 87). Die Beteiligung muss so erfolgen, dass die EU-Kommission die Ausgewogenheit zwischen den jeweils betroffenen ökologischen Werten und den vorgebrachten zwingenden Gründen prüfen und die Ausgleichsmaßnahmen beurteilen kann (Auslegungsleitfaden der EU-Kommission zu Art. 6 Abs. 4 FFH-RL S. 27). Dieses Ziel ist hier mit der ursprünglichen Beteiligung der EU-Kommission erreicht worden. Im Nachgang dazu haben sich im 2. Ergänzungsverfahren keine relevanten Änderungen am Vorhaben, seinen prognostizierten Auswirkungen, den vorgebrachten zwingenden Gründen und den Ausgleichsmaßnahmen ergeben. Der Methodenwechsel bei der Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung für den Schierlings-Wasserfenchel führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Methode als solche ist - mit Ausnahme des zugrunde gelegten Oberwassers - hinreichend vorsorglich. Das gilt insbesondere für die Definition der aktuellen und potenziellen Standorte, den festgelegten PSU-Schwellenwert von 2 PSU und den Flächenmittelwert (siehe oben unter B.II.1.c)). Die Rüge der Kläger, der Methodenwechsel von den graduellen Beeinträchtigungen zum Totalverlust aktueller und potenzieller Standorte habe eine Verkleinerung des Weltareals zur Folge, die für die Kommission generell nicht ausnahmefähig sei, greift nicht durch. Im Beteiligungsschreiben der Bundesrepublik Deutschland vom 7. Dezember 2010 an die Kommission wird die vorhabenbedingte Beeinträchtigung des Schierlings-Wasserfenchels als dauerhafte Verkleinerung des potenziellen Lebensraumes der endemischen Art beschrieben (S. 19 f.). Die Kommission hat das Vorhaben gleichwohl als aus zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses gerechtfertigt und die Ausgleichsmaßnahmen als ausreichend erachtet.

462 Ob die auf der Grundlage dieses Urteils erforderlichen Ergänzungen und Änderungen der Planfeststellungsbeschlüsse eine erneute Beteiligung der EU-Kommission erfordern, unterliegt zunächst der Beurteilung durch die Beklagten.

463 III. Die Planfeststellungsbeschlüsse verstoßen nicht gegen artenschutzrechtliche Verbotsbestände nach § 44 Abs. 1 BNatSchG.

464 Bei der Beurteilung, ob artenschutzrechtliche Verbotstatbestände erfüllt sind, steht der Planfeststellungsbehörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu; dies gilt namentlich für die Bestandserfassung, die Quantifizierung möglicher Betroffenheiten und die Beurteilung ihrer populationsbezogenen Wirkungen. Die gerichtliche Kontrolle ist darauf beschränkt, ob die Einschätzungen der Planfeststellungsbehörde im konkreten Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem unzulänglichen oder gar ungeeigneten Bewertungsverfahren beruhen (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 - 9 A 14.12 - BVerwGE 148, 373 Rn. 107 m.w.N.).

465 1. Die Planfeststellungsbeschlüsse (PFB, S. 1957 f.; vgl. auch PÄ III, Teil 6, S. 14 f.) gehen zu Recht davon aus, dass es für Schweinswal, Schnäpel und Stör vorhabenbedingt nicht zu einer signifikanten Erhöhung des Tötungs- oder Verletzungsrisikos im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG kommt.

466 Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der individuenbezogene Tatbestand des Tötungsverbots (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) mit Blick auf die bei einem Bauvorhaben nie völlig auszuschließende Gefahr von Kollisionen geschützter Tiere mit Kraftfahrzeugen erst dann erfüllt, wenn das Vorhaben dieses Risiko in einer für die betroffene Tierart signifikanten Weise erhöht. Davon kann nur ausgegangen werden, wenn es um Tiere solcher Arten geht, die aufgrund ihrer Verhaltensweisen gerade im Bereich des Vorhabens ungewöhnlich stark von den Risiken des dadurch verursachten Verkehrs betroffen sind, und diese besonderen Risiken sich durch die konkrete Ausgestaltung des Vorhabens einschließlich der geplanten Vermeidungs- oder Minderungsmaßnahmen nicht beherrschen lassen (BVerwG, Urteile vom 18. März 2009 - 9 A 39.07 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 201 Rn. 58 und vom 6. November 2013 - 9 A 14.12 - BVerwGE 148, 373 Rn. 114). Das Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren muss einen Risikobereich übersteigen, der mit einem Verkehrsweg im Naturraum immer verbunden ist. Dies folgt aus der Überlegung, dass es sich bei den Lebensräumen der gefährdeten Tierarten nicht um "unberührte Natur" handelt, sondern um von Menschenhand gestaltete Naturräume, die aufgrund ihrer Nutzung durch den Menschen ein spezifisches Grundrisiko bergen. Bei der Frage, ob sich für das einzelne Individuum das Risiko, Opfer einer Kollision durch einen neuen Verkehrsweg zu werden, signifikant erhöht, darf daher nicht außer Acht gelassen werden, dass Verkehrswege zur Ausstattung des natürlichen Lebensraums der Tiere gehören und deshalb besondere Umstände hinzutreten müssen, damit von einer signifikanten Gefahr durch einen neu hinzukommenden Verkehrsweg gesprochen werden kann; ein Nullrisiko ist nicht zu fordern (BVerwG, Urteile vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 141 und vom 10. November 2016 - 9 A 18.15 - Rn. 83). Dies gilt auch und gerade für den Ausbau einer Bundeswasserstraße, bei der sich der Lebensraum von Tieren in großen Teilen mit dem Verkehrsweg deckt.

467 Daran gemessen ist für einen relevanten Anstieg des Kollisionsrisikos nichts ersichtlich. Für den Schweinswal kann insoweit auf die Ausführungen unter B.II.1.i)bb) verwiesen werden (siehe auch PFB, S. 1957; PÄ II, Teil 6, S. 19; PÄ III, Teil 6, S. 14). Dass und warum für Schnäpel und Stör überhaupt von einer relevanten Kollisionsgefahr mit Schiffen oder Baugeräten auszugehen ist und diese vorhabenbedingt in signifikanter und nicht mehr sozialadäquater Weise erhöht würde, haben die Kläger nicht dargetan.

468 Überdies ist nicht erkennbar, dass adulte Schweinswale, Schnäpel oder Störe einem signifikanten, über das spezifische Grundrisiko hinausgehenden Tötungs-/Verletzungsrisiko durch die Bauarbeiten (z.B. Aufspül-, Buhnenbau- und Baggerarbeiten) ausgesetzt sind. Die Planfeststellungsbeschlüsse schließen solche Gefahren für Schweinswale aufgrund ihres Echoortungssystems aus (PFB, S. 1957). Für Schnäpel und Störe gehen sie davon aus, dass ein solches Risiko zwar sehr unwahrscheinlich, aber nicht hundertprozentig auszuschließen sei. Allerdings würden die Wanderzeiten des Schnäpels (Aufstieg im Herbst, Abstieg im zeitigen Frühjahr) ohnehin nur am Rande berührt, weil dann aufgrund der Witterungsverhältnisse nur sehr eingeschränkt oder überhaupt nicht gebaut werden könne. Darüber hinaus seien aufgrund der Gewässerbreite Ausweichmöglichkeiten für wandernde Individuen vorhanden. Dies gelte auch für den Stör, bei dem angesichts der Aufstiegsphase im April bis Mai und der weitgehend unbekannten Abstiegsphase für einen längeren Zeitraum als beim Schnäpel die theoretische Möglichkeit von Beeinträchtigungen bestehe (PFB, S. 1958; vgl. auch PÄ II, Teil 6, S. 23; PÄ III, Teil 6, S. 15). Diese Bewertung ist plausibel; substanziierte Einwendungen hiergegen haben die Kläger nicht erhoben.

469 Schließlich lässt sich nicht feststellen, dass für Schnäpel und Stör vorhabenbedingt ein über das spezifische Grundrisiko bzw. die allgemeine Betriebsgefahr hinausgehendes Risiko für Laichverluste infolge von Bauarbeiten besteht. Soweit sich in der Unterelbe überhaupt Laichgebiete der aus Besatzmaßnahmen stammenden bzw. durch Besatzmaßnahmen gestützten Schnäpel- und Störvorkommen finden sollten, ist jedenfalls nicht ersichtlich oder von den Klägern dargetan, dass diese von den Ausbau- und Unterhaltungsbaggerungen so betroffen werden, dass das spezifische Grundrisiko, das mit Laichhabitaten in einer Bundeswasserstraße verbunden ist, signifikant erhöht wird.

470 2. Die Planfeststellungsbeschlüsse verneinen zu Recht einen Verstoß gegen das Störungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG.

471 Der populationsbezogene Störungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG kann vor allem durch bau- und betriebsbedingte Beeinträchtigungen der geschützten Tierarten in Gestalt von akustischen und optischen Störwirkungen erfüllt werden. Eine erhebliche Störung liegt nach der Definition des § 44 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 BNatSchG vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert (BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 - 9 A 14.12 - BVerwGE 148, 373 Rn. 114).

472 Anhaltspunkte dafür sind nicht ersichtlich oder dargetan. Selbst wenn Schweinswale - wie die Kläger geltend machen - entgegen den Feststellungen in den Planfeststellungsbeschlüssen (PFB, S. 1957) im Vorhabenbereich nicht nur "allenfalls als sporadische Gäste in geringen Individuendichten" vorkommen, sondern die Unterelbe regelmäßig durchwandern sollten, ist angesichts der Gewöhnung der Tiere an Schiffsverkehr und Baggerarbeiten sowie der vorhandenen Ausweichmöglichkeiten nicht erkennbar, dass sie dabei vorhabenbedingt in einer für den Zustand der Population relevanten Weise gestört würden. Als Fortpflanzungs-, Aufzucht- und Überwinterungsgebiet ist die Unterelbe für den Schweinswal nach den von den Klägern nicht substanziiert angegriffenen Ausführungen in den Planfeststellungsbeschlüssen ohne Bedeutung; seine Hauptlebensräume liegen im äußeren Wattenmeer und der vorgelagerten Nordsee (PFB, S. 1957; PÄ II, Teil 6, S. 19; PÄ III, Teil 6, S. 14).

473 Eine erhebliche Störung von Schnäpeln und Stören während der Fortpflanzungs-, Aufzucht- und Wanderungszeit haben die Planfeststellungsbeschlüsse (PFB, S. 1958) ebenfalls zu Recht verneint. Die Baumaßnahmen finden außerhalb potenzieller Laichgebiete statt, für eine vorhabenbedingte Einschränkung der Wanderungsmöglichkeiten ist nichts ersichtlich. Die Unterelbe bietet ausreichende Ausweichmöglichkeiten, die eine Beeinträchtigung des Erhaltungszustands ausschließen.

474 3. Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen das Zugriffsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG vor. Das Vorhaben berührt keine Ruhe- oder Fortpflanzungsstätten der oben genannten Arten (PFB, S. 1957 f.).

475 Der Begriff der Ruhe- oder Fortpflanzungsstätte in § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG ist eng auszulegen (BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 - 9 A 14.12 - BVerwGE 148, 373 Rn. 114). Er umfasst nicht den allgemeinen Lebensraum der geschützten Arten und sämtliche Lebensstätten, sondern einen abgrenzbaren und für die betroffene Art besonders wichtigen Fortpflanzungs- und Ruhebereich. Dieser muss einen nicht nur vorübergehenden, den artspezifischen Ansprüchen genügenden störungsfreien Aufenthalt ermöglichen (BVerwG, Urteile vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 222 und vom 18. März 2009 - 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 Rn. 66). Nahrungs-, Jagd- und potenzielle Lebensstätten sowie Wanderkorridore sind nicht geschützt (BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 208 Rn. 68; Beschluss vom 8. März 2007 - 9 B 19.06 - NVwZ 2007, 708 Rn. 8).

476 Davon ausgehend droht vorhabenbedingt keine Beschädigung oder Zerstörung von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der Schweinswale. Wie oben unter B.II.i)gg) dargelegt, befindet sich die "Kinderstube" der Schweinswale im Küstengewässer der Nordsee vor Sylt und Amrum. Dass die Schweinswale sich in der Elbe fortpflanzen oder dort überwintern, haben die Kläger nicht vorgetragen. Dass Fortpflanzungsstätten von Schnäpel oder Stör durch das Vorhaben entnommen, beschädigt oder zerstört würden, ist ebenfalls nicht dargetan oder sonst erkennbar. Selbst wenn sich Laichhabitate des Schnäpels auch in der Unterelbe (etwa den Nebenelben) finden sollten, wären diese vom Vorhaben nicht betroffen. Der Schnäpel laicht ufernah im Süßwasser über Sand- und Kiesbänken (vgl. Bioconsult vom 5. Mai 2010, S. 85), dort sind keine Ausbau- und Unterhaltungsbaggerungen vorgesehen. Anhaltspunkte dafür, dass sich in der Unterelbe Laichgebiete (in der Strömung auf Kiesgrund) des Europäischen Störs (Acipenser sturio) finden, deren Verlust oder Zerstörung durch das Vorhaben droht, haben die Kläger nicht aufgezeigt. Der Stör gilt als ausgestorben, er ist Gegenstand europaweiter Wiederansiedlungsaktivitäten. Die Besatzmaßnahmen an der Elbe mit Tieren aus einer Zucht in Frankreich finden offenbar in der Mittelelbe (PÄ III, Teil 6, S. 11) sowie den Elbenebenflüssen Oste, Stör, Mulde und Havel statt. Erkenntnisse zu Laichaktivitäten in der Unterelbe konnten bisher nicht gewonnen werden; auch die sachverständigen Kläger haben dazu nichts vorgetragen.

477 IV. Die Planfeststellungsbeschlüsse verstoßen nicht gegen wasserrechtliche Vorschriften.

478 Nach § 12 Abs. 7 Satz 3 WaStrG müssen Ausbaumaßnahmen die nach §§ 27 bis 31 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz - WHG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585) maßgebenden Bewirtschaftungsziele - namentlich das Verschlechterungsverbot und das Verbesserungsgebot (§ 27 Abs. 1 und 2 WHG) - berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 1. Juli 2015 - C-461/13 - Rn. 29 ff.) zu Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (ABl. L 327 S. 1 - Wasserrahmenrichtlinie - WRRL, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2014/101/EU der Kommission vom 30. Oktober 2014, ABl. L 311 S. 32) sind das Verschlechterungsverbot und das Verbesserungsgebot nicht lediglich Zielvorgaben für die Bewirtschaftungsplanung, sondern müssen bei der Zulassung eines Projekts - auch im Rahmen der wasserstraßenrechtlichen Planfeststellung nach § 14 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 7 Satz 3 WaStrG - strikt beachtet werden.

479 1. Das planfestgestellte Vorhaben steht in Einklang mit dem Verschlechterungsverbot. Nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WHG sind oberirdische Gewässer, soweit sie nicht nach § 28 WHG als künstlich oder erheblich verändert eingestuft werden, so zu bewirtschaften, dass eine Verschlechterung ihres ökologischen und ihres chemischen Zustands vermieden wird. Oberirdische Gewässer, die nach § 28 WHG als künstlich oder erheblich verändert eingestuft werden, sind nach § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG so zu bewirtschaften, dass eine Verschlechterung ihres ökologischen Potenzials und ihres chemischen Zustands vermieden wird. Die Vorschrift dient zur Umsetzung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a Ziffer i WRRL. Eine Verschlechterung im Sinne dieser Bestimmung liegt nach der Rechtsprechung des EuGH vor, sobald sich der Zustand mindestens einer Qualitätskomponente (QK) des Anhangs V der Wasserrahmenrichtlinie um eine Klasse verschlechtert, auch wenn diese Verschlechterung nicht zu einer Verschlechterung der Einstufung des Oberflächenwasserkörpers (OWK) insgesamt führt. Ist die betreffende QK bereits in der niedrigsten Klasse eingeordnet, stellt jede Verschlechterung dieser Komponente eine Verschlechterung des Zustands eines OWK im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a Ziffer i WRRL dar (EuGH, Urteil vom 1. Juli 2015 - C-461/13 - LS 2, Rn. 70).

480 Ob ein Vorhaben eine Verschlechterung des Zustands eines OWK bewirken kann, beurteilt sich nicht nach dem für das Habitatrecht geltenden besonders strengen Maßstab, wonach jede erhebliche Beeinträchtigung ausgeschlossen sein muss, sondern nach dem allgemeinen ordnungsrechtlichen Maßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts. Eine Verschlechterung muss daher nicht ausgeschlossen, aber auch nicht sicher zu erwarten sein. Nach dem für beide Auslegungsvarianten offenen Wortlaut des Art. 4 Abs. 1 Buchst. a Ziffer i WRRL sind Verschlechterungen des Zustands zu verhindern. Der EuGH stellt darauf ab, ob das Vorhaben eine Verschlechterung verursachen kann und weicht mit dieser Formulierung von dem in seiner Rechtsprechung für das Habitatrecht entwickelten Maßstab (siehe oben unter B.II.1.) ab.

481 a) Daran gemessen bewirkt das Ausbauvorhaben keine Verschlechterung des ökologischen Zustands/Potenzials der als erheblich verändert eingestuften OWK Elbe-Ost, Elbe-Hafen, Elbe-West und Elbe-Übergangsgewässer sowie des als natürliches Gewässer eingestuften OWK Außenelbe-Nord.

482 aa) Die Beklagten haben bei den als erheblich verändert eingestuften OWK zu Recht das ökologische Potenzial und nicht den ökologischen Zustand als Bezugsgröße für das Verschlechterungsverbot zugrunde gelegt. Dies schreibt § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG ausdrücklich vor. Ergänzend bestimmt § 3 Nr. 8 WHG, dass bei den als erheblich verändert eingestuften Gewässern an die Stelle des ökologischen Zustands das ökologische Potenzial tritt. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen mit diesen Regelungen - insbesondere den §§ 27 ff. WHG - die verbindlichen Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie umgesetzt werden (BT-Drs. 14/7755 S. 1, 12 f.; BT-Drs. 16/12275 S. 1, 41 f., 53). Anhaltspunkte dafür, dass das Unionsrecht fehlerhaft umgesetzt wurde, lassen sich der Wasserrahmenrichtlinie auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH nicht entnehmen.

483 Zwar verlangt Art. 4 Abs. 1 Buchst. a Ziffer i WRRL allgemein, eine Verschlechterung des Zustands aller OWK zu verhindern. "Zustand" ist hier aber im Sinne eines Oberbegriffs zu verstehen, der den ökologischen Zustand und das ökologische Potenzial umfasst; dies folgt aus dem systematischen Zusammenhang mit den Begriffsdefinitionen des Art. 2 WRRL. Der Begriff "Zustand" wird in Art. 2 Nr. 17 WRRL als die allgemeine Bezeichnung für den Zustand eines Oberflächenwasserkörpers auf der Grundlage des jeweils schlechteren Wertes für den ökologischen und den chemischen Zustand definiert. Den ökologischen Zustand wiederum definiert Art. 2 Nr. 21 WRRL als die "Qualität von Struktur und Funktionsfähigkeit aquatischer, in Verbindung mit Oberflächengewässern stehender Ökosysteme gemäß der Einstufung nach Anhang V". Der Anhang V verwendet seinerseits den Begriff "Zustand" als Oberbegriff für den ökologischen Zustand und das ökologische Potenzial und sieht ebenso wie für den Zustand auch für das Potenzial mehrere Bewertungsstufen vor (vgl. etwa Nr. 1.2 und 1.2 .5 sowie Nr. 1.4 und 1.4 .2). Zudem bestimmt die Regelung in Nr. 1.4.1 Ziffer i des Anhangs V zur WRRL in Satz 2 - vergleichbar mit Anhang II Nr. 1.3 Ziffer ii WRRL -, dass für die Einstufung und Darstellung des ökologischen Zustands bei erheblich veränderten OWK Bezugnahmen auf den ökologischen Zustand als Bezugnahmen auf das ökologische Potenzial erfolgen sollten. Diese weite Begriffsbildung findet sich schließlich auch in den Erwägungsgründen (Nr. 25 f.) wieder.

484 Dieses Begriffsverständnis wird durch die nachfolgenden Bestimmungen der Art. 4 Abs. 1 Buchst. a Ziffer ii und iii WRRL sowie Art. 2 Nr. 23 WRRL nicht in Frage gestellt. Den Klägern ist zwar zuzugeben, dass die Regelungen in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a Ziffer ii und iii WRRL bei isolierter Betrachtung den Schluss nahelegen könnten, das ökologische Potenzial sei nur für das Verbesserungsgebot relevant. Diese Auslegung wäre aber mit den oben genannten Regelungen in Art. 2 und im Anhang V zur Wasserrahmenrichtlinie schon systematisch nicht in Einklang zu bringen. Aus der Begriffsdefinition des "guten ökologischen Potenzials" in Art. 2 Nr. 23 WRRL folgt nichts anderes. Vielmehr bestätigt diese Vorschrift den Befund, dass der Begriff "Potenzial" allgemein den ökologischen Zustand eines erheblich veränderten OWK beschreibt. Die gegenteilige Auffassung der Kläger findet auch im Urteil des EuGH vom 1. Juli 2015 (C-461/13) keine Stütze. Der EuGH versteht und verwendet den Begriff "Zustand" bei der Prüfung des Verschlechterungsverbots ebenfalls als Oberbegriff für den ökologischen Zustand und das ökologische Potenzial (vgl. etwa Rn. 37, 39, 41, 50).

485 Die Regelung in § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG und das oben dargelegte Verständnis des Art. 4 Abs. 1 Buchst. a WRRL sind mit Sinn und Zweck der Wasserrahmenrichtlinie vereinbar. Die Richtlinie (vgl. Art. 1) zielt zwar auf einen verbesserten Gewässerschutz, der nicht mehr allein oder vorrangig an der chemischen und physikalischen Beschaffenheit, sondern an der Gewässerökologie und insbesondere der Gewässerbiologie anknüpft (vgl. BT-Drs. 14/7755, S. 12). Sie erkennt aber zugleich an, dass es neben den natürlichen OWK eine Vielzahl erheblich veränderter Wasserkörper gibt, die unter hohen ökonomischen, infrastrukturellen, siedlungstechnischen und sonstigen Nutzungsansprüchen stehen (vgl. Art. 4 Abs. 1 Buchst. a Ziffer iii und Abs. 3 WRRL; § 28 WHG). Die Ausrichtung der Bewirtschaftungsziele für die erheblich veränderten OWK am Potenzial trägt dem Umstand Rechnung, dass diese durch ihre - von der Rechtsordnung anerkannte - Nutzung mit einer "Hypothek" im Sinne einer nutzungsbedingten Degradation belastet sind, die die Orientierung an einem natürlichen, anthropogen weitgehend unbeeinflussten Ideal- oder Referenzzustand verbietet. Für die erheblich veränderten OWK gelten deshalb gesonderte, qualitativ abgesenkte Bewirtschaftungsziele (vgl. Durner, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2016, WHG § 27 Rn. 37). Damit wird die Zielsetzung der Wasserrahmenrichtlinie nicht konterkariert, sondern lediglich den tatsächlichen Verhältnissen in ihrem Geltungsbereich angepasst (Czychowski/Reinhardt, WHG, 11. Aufl. 2014, § 27 Rn. 16 f.).

486 Ginge man dagegen mit den Klägern davon aus, dass beim Verschlechterungsverbot der Zustand im Sinne der für den ökologischen Zustand festgelegten Klassenstufen (Referenzzustände) auch für erheblich veränderte OWK maßgeblich ist, wären bei diesen aufgrund ihrer anthropogenen Überformung die biologischen QK in der Regel in eine niedrigere oder gar die schlechteste Zustandsklasse einzustufen und die Schwelle zu einer Verschlechterung daher oftmals schneller überschritten als bei einer Einstufung in Potenzialklassen. Die Annahme, dass die Wasserrahmenrichtlinie für erheblich veränderte OWK einen strengeren Schutz vor weiteren Verschlechterungen gewährleisten will als für natürliche Gewässer, ist aber fernliegend. Wäre das ökologische Potenzial nur für das Verbesserungsgebot relevant, bedürfte es im Übrigen auch der in Anhang V unter Nr. 1.4.2 Ziffer ii WRRL vorgesehenen fünf Klassenstufen zur Einstufung des ökologischen Potenzials nicht. Vielmehr hätte es dann ausgereicht, nur das mithilfe des Verbesserungsgebots anzustrebende "gute ökologische Potenzial" näher zu definieren. Eine identische Bezugsgröße für die Ermittlung der aktuellen und der prognostischen Beschaffenheit des OWK ist schließlich auch deshalb geboten, weil anderenfalls ein Vergleich und damit die Feststellung einer Verschlechterung nicht möglich wäre.

487 Aus dem Hinweis der Kläger auf Rn. 12 des Senatsbeschlusses vom 2. Oktober 2014 (BVerwG 7 A 14.12 ) folgt nichts anderes. Abgesehen davon, dass der Beschluss sich mit dem zur ersten Planergänzung vorgelegten Fachbeitrag vom 9. August 2013 befasst, ergibt sich daraus nur, dass bei der Prüfung einer Verschlechterung am tatsächlichen Zustand im Sinne der Beschaffenheit anzusetzen ist. Bei erheblich veränderten OWK ist dieser in eine Potenzialbewertung zu transformieren.

488 bb) Die 2. Ergänzungsbeschlüsse (S. 154) durften der Verschlechterungsprüfung die Potenzial- und Zustandsbewertungen zugrunde legen, die im Bewirtschaftungsplan (BWP) nach § 83 WHG bzw. Art. 13 WRRL (i.V.m. Anhang VII) vom 12. November 2015 für den Zeitraum von 2016 bis 2021 (BWP 2016) für die vorhabenbetroffenen OWK dokumentiert sind. Soweit es darin an Einstufungen fehlt, sind diese im Fachbeitrag vorgenommen worden (2. PEB, S. 154).

489 (1) Dem BWP kommt zwar keine rechtsverbindliche Außenwirkung zu, er entfaltet aber verwaltungsintern unabhängig davon, ob seine Behördenverbindlichkeit ausdrücklich bestimmt ist (vgl. etwa § 27b Abs. 2 Satz 2 des Hamburgischen Wassergesetzes vom 29. März 2005, HmbGVBl. S. 97 - HWaG - und § 131 Abs. 2 Satz 3 des Wassergesetzes des Landes Schleswig-Holstein vom 11. Februar 2008, SH GVBl. S. 91 - LWG), grundsätzlich Bindungswirkung nicht nur für die Wasserbehörden, sondern auch für alle anderen Behörden, soweit sie über wasserwirtschaftliche Belange entscheiden (Ginzky, in: Giesberts/Reinhardt, BeckOK UmweltR, § 83 WHG, Stand 1. Oktober 2015, Rn. 5 f.; Durner, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2016, WHG, § 83 Rn. 19). Die im BWP dokumentierten Zustands- und Potenzialbewertungen beruhen auf den Daten aus der Gewässerüberwachung und spezifischen, teilweise europaweit harmonisierten (interkalibrierten) Bewertungsverfahren (vgl. BWP 2016, S. 71 ff.). Es ist daher grundsätzlich sachgerecht und praktikabel, diese Einstufungen auch bei der Vorhabenzulassung zugrunde zu legen, sofern sie den Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie, des Wasserhaushaltsgesetzes und der - hier noch maßgeblichen - Oberflächengewässerverordnung 2011 entsprechend zustande gekommen und die fachlichen Bewertungen vertretbar sind. Eine darüber hinausgehende Inzidentkontrolle des BWP ist angesichts der Beurteilungsspielräume der für die Bewirtschaftungsplanung zuständigen Stellen auch im gerichtlichen Verfahren regelmäßig nicht veranlasst. Soweit belastbare neuere Erkenntnisse, insbesondere Monitoring-Daten vorliegen, sind diese heranzuziehen. Bei lückenhafter, unzureichender oder veralteter Datenlage des BWP sowie bei konkreten Anhaltspunkten für Veränderungen des Zustands seit der Dokumentation im aktuellen BWP, die nicht durch neuere Erkenntnisse wie aktuelle Monitoring-Daten gedeckt sind, sind weitere Untersuchungen erforderlich (vgl. Dallhammer/Fritzsch, ZUR 2016, 340 <346>; de Witt/Krause, NuR 2015, 749 <754>; Nutzhorn, W+B 2016, 56 <59>).

490 (2) Die methodischen Grundlagen für die Zustands- und Potenzialbewertungen im BWP 2016 sind nicht zu beanstanden. Normativ festgelegte Bewertungsverfahren zur Bestimmung des ökologischen Zustands/Potenzials von OWK und zur Einstufung von QK waren im BWP - mit Ausnahme der QK Fischfauna im Übergangsgewässer - nicht zu berücksichtigen. Im BWP 2016 (S. 203 f.) wird ausgeführt, dass die Bewertungsverfahren für Makrophyten, Makrozoobenthos und Fische für die sehr großen Flüsse - zu denen gemäß der Definition in Nr. 2.1 d) der Anlage 1 zur Verordnung zum Schutz der Oberflächengewässer (Oberflächengewässerverordnung - OGewV 2011) i.d.F. der Bekanntmachung vom 20. Juli 2011 (BGBl. I S. 1429) (Einzugsgebiet größer als 10 000 km2) auch die Unterelbe mit einem Einzugsgebiet von 13 255 km2 (BWP 2016, S. 9) gehört - und für bestimmte Biokomponenten der Küsten- und Übergangsgewässer noch nicht vollständig interkalibriert sind. Die noch ausstehenden Schritte sollten bis zum 22. Dezember 2016 abgeschlossen werden (Art. 1 Abs. 2 des Beschlusses der EU-Kommission 2013/480/EU vom 20. September 2013 zur Festlegung der Werte für die Einstufungen des Überwachungssystems des jeweiligen Mitgliedstaats als Ergebnis der Interkalibrierung gemäß der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Entscheidung 2008/915/EG <ABl. L 266, 1, 3, 39> und zu den offenen Interkalibrierungen etwa S. 22). Gegen die vor diesem Hintergrund im BWP angewandte Methode wenden sich die Kläger ohne Erfolg.

491 Die Methodik zur Bewertung des ökologischen Zustands/Potenzials ist im BWP 2016 (S. 71 ff.) dargelegt. Danach ist die Bewertung des ökologischen Zustands der natürlichen Wasserkörper auf der Grundlage des CIS-Leitfadens Nr. 13 (Europäische Kommission 2003) in Kombination mit gewässerökologischen Untersuchungen wie der Bestimmung der biologischen Qualitätskomponenten (Phytoplankton, Makrophyten und Phytobenthos, Makrozoobenthos, Fische) und der Betrachtung der unterstützenden Komponenten wie der Hydromorphologie (Gewässermorphologie, Durchgängigkeit, Wasserhaushalt), mit immissionsseitigen chemisch-physikalischen Messungen, einer Belastungsanalyse sowie mithilfe von Analogieschlüssen (Expertenwissen) erfolgt (S. 71).

492 Das ökologische Potenzial der erheblich veränderten OWK ist ebenfalls auf der Grundlage der in den CIS-Leitlinien der Europäischen Kommission erarbeiteten Vorgaben bewertet worden; die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) hat die Vorgehensweise in Deutschland zudem in dem RAKON-Papier VI "Ermittlung des guten ökologischen Potenzials - Fließgewässer" (LAWA 2012) untersetzt. Die OWK sind individuell maßnahmenbezogen oder anhand von Fallgruppen bewertet worden, die aus Gewässertypgruppen und spezifizierten Nutzungen abgeleitet sind (näher BWP 2016, S. 72 f.). Die eigentliche Bewertung des ökologischen Potenzials ist anhand der biologischen QK erfolgt. Dafür wurden die Bewertungsverfahren für natürliche Gewässer für die erheblich veränderten OWK angepasst und die für die Zustandsbewertung entwickelten Methoden für eine Potenzialbewertung ausgelegt (BWP 2016, S. 73).

493 (3) Entgegen der Auffassung der Kläger ist nicht zu beanstanden, dass bei der Potenzialbewertung für den BWP 2016 - wie schon für den BWP 2009 - teilweise noch das "Prager Verfahren" zur Anwendung gekommen ist. Laut BWP 2016 (S. 203 f.) sollte - nachdem die Bundesländer für den BWP 2009 in Ermangelung eines bundesweit einheitlichen Bewertungsverfahren für das ökologische Potenzial noch zwischen verschiedenen Verfahren ("Prager Verfahren", biologische Bewertung durch Typwechsel oder Kombination aus "Prager Verfahren" und "CIS-Verfahren") gewählt haben - ab 2012 eigentlich ein einheitliches Verfahren angewandt werden. Nach den Erläuterungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung im Dezember 2016 hat die Verständigung auf ein bundesweit einheitliches Verfahren aber deutlich mehr Zeit in Anspruch genommen als erwartet. Das "Prager Verfahren" ist daher entgegen der oben genannten Verlautbarung im BWP 2016 auch für die 2. Bewirtschaftungsperiode noch zum Einsatz gekommen. Eine Verständigung auf die von Schleswig-Holstein erarbeitete "Handlungsanleitung zur Ausweisung erheblich veränderter und künstlicher Gewässer sowie zur Ableitung des guten ökologischen Potenzials (GöP) für den 2. Bewirtschaftungszeitraum" vom 6. Dezember 2009, aktualisiert mit Stand Dezember 2014 (Anlage 6 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 20. Dezember 2016), ist erst für den Entwurf des 3. Bewirtschaftungsplans erfolgt.

494 Warum das von der CIS-Arbeitsgruppe ECOSTAT im Jahr 2006 entwickelte, maßnahmenorientierte "Prager Verfahren" für die Potenzialeinstufung fachlich ungeeignet sein soll und wie stattdessen hätte verfahren werden müssen, haben die Kläger nicht dargelegt. Beim "Prager Verfahren" werden alle Maßnahmen ausgeschieden, die signifikante negative Auswirkungen auf die zulässige Nutzung des OWK oder auch in Kombination nur eine geringfügige Verbesserung der ökologischen Verhältnisse zur Folge hätten. Sodann wird die Wirkung der zur Erreichung des guten ökologischen Potenzials verbleibenden Maßnahmen auf die abiotischen Parameter abgeschätzt und auf dieser Grundlage prognostiziert, wie sich die biologischen Verhältnisse beim guten ökologischen Potenzial darstellen könnten. Davon ausgehend erfolgt die Bewertung des aktuellen Potenzials (vgl. etwa Pottgiesser u.a., KW 2009, 472 <473>). Dieser Ansatz mag wegen seines Maßnahmenbezugs Schwächen aufweisen. Überlegene Standardmethoden haben die Kläger aber nicht aufgezeigt. Ihr Vorbringen, es gebe ein "bundesweit anerkanntes einheitliches Verfahren", haben sie nicht weiter untersetzt. Soweit die Kläger ihre Kritik am "Prager Verfahren" auf die im Fachbeitrag (PEU II 1, S. 175 f.) wiedergegebenen Erläuterungen von KORTEL - dem Koordinierungsrat und fachlichen Gremium der Flussgebietsgemeinschaft (FGG) Elbe - stützen, dringen sie damit nicht durch. Entgegen der Auffassung der Kläger ist ohne Weiteres nachvollziehbar, dass ein aktuell schlechtes ökologisches Potenzial grundsätzlich auszuschließen ist, weil bei erheblich veränderten OWK ein Klassensprung um drei Stufen angesichts der nutzungsbedingten anthropogenen Überformung solcher Wasserkörper und der schon daraus resultierenden Einschränkung des Maßnahmenkatalogs nicht realistisch ist. Ebenfalls plausibel ist, dass das aktuelle ökologische Potenzial mit "mäßig" zu bewerten ist, wenn nur wenige Einzelmaßnahmen in Betracht kommen, die lediglich geringfügige Verbesserungen der biologischen QK bewirken können. Können dagegen mehrere wirksame Maßnahmen dazu führen, dass sich der Zustand einzelner biologischer QK voraussichtlich um eine Stufe oder mehr verbessert, wird das aktuelle ökologische Potenzial laut KORTEL als unbefriedigend beurteilt, es sei denn, der aktuelle Zustand des OWK ist bereits als mäßig ermittelt worden. In diesem Fall ist das Potenzial mit dem Zustand gleichzusetzen, denn das Potenzial kann nicht niedriger liegen als der Zustand. Das gute Potenzial wird nur dann erreicht, wenn alle zielführenden und wirkungsvollen Maßnahmen umgesetzt worden sind; anderenfalls wird nur das mäßige ökologische Potenzial erreicht (PEU II 1, S. 176). Gegen diese angesichts der Maßnahmenbezogenheit des "Prager Verfahrens" nachvollziehbaren Erläuterungen haben die Kläger keine substanziierten Einwendungen erhoben.

495 Dass die Bewertungen im BWP nicht für alle OWK und QK im Detail nachgezeichnet werden können, liegt angesichts der Vielzahl der einzustufenden OWK auf der Hand. Der BWP gilt für den deutschen Teil der Flussgebietseinheit Elbe mit insgesamt 3 146 OWK, davon 876 erheblich veränderten (S. 16 und Tabelle 1.9, S. 20). Vor diesem Hintergrund reicht es aus, wenn Einzelheiten auf Nachfrage benannt und erläutert werden können. Entsprechend ist hier verfahren worden. Im Fachbeitrag (PEU II 1) sind die Grundlagen der Potenzial- und Zustandsbewertungen der (biologischen) QK für die OWK der Tideelbe im BWP 2016 (und BWP 2009) geprüft und dargelegt worden. Soweit dabei Fragen aufgetreten sind, haben die Gutachter sich an KORTEL und die FGG Elbe gewandt und die unter dem 7. September 2015 (FGG Elbe) und 7. Oktober 2015 (KORTEL) erteilten Auskünfte eingearbeitet (näher dazu nachfolgend unter IV.1.a)dd)(2)).

496 cc) Bedenkenfrei ist es auch, dass die Beklagten bei der Verschlechterungsprüfung den hydromorphologischen, chemischen und allgemein chemisch-physikalischen QK nur unterstützende Bedeutung beigemessen und Veränderungen dieser Komponenten daraufhin geprüft haben, ob sie sich auf die biologischen QK auswirken (vgl. PEU II 1, S. 2).

497 (1) § 5 Abs. 4 OGewV 2011 enthält Vorgaben für die Bewertung des ökologischen Zustands bzw. Potenzials. Nach Satz 1 ist maßgeblich auf die biologischen QK abzustellen; Satz 3 ergänzt dies dahin, dass bei der Bewertung der biologischen QK die hydromorphologischen und die allgemeinen physikalisch-chemischen QK unterstützend heranzuziehen sind. Dem entsprechen Anhang V Nr. 1.1 WRRL sowie die Definitionen des guten und des mäßigen ökologischen Zustands bzw. Potenzials in diesem Anhang, die die hydromorphologischen und die physikalisch-chemischen QK jeweils als Funktionswerte der biologischen QK ausweisen. Wenn die unterstützenden QK danach schon bei der Einstufung des Gewässerzustands - abgesehen vom sehr guten Zustand/Potenzial - nur die Funktion von Indikatoren erfüllen, streiten Sinn und Zweck und die Systematik der Wasserrahmenrichtlinie dafür, dass ihre Rolle auch im Rahmen des Verschlechterungsverbots auf eine solche flankierende Funktion beschränkt bleibt (vgl. Durner, W+B 2015, 195 <198>; Dallhammer/Fritzsch, ZUR 2016, 340 <343>). An diesen Vorgaben für die Zustandsbewertung hat sich daher auch die Verschlechterungsprüfung auszurichten.

498 Abweichendes ergibt sich weder aus dem Urteil des EuGH vom 1. Juli 2015 - C-461/13 - (Rn. 66 ff.) noch dem Hinweisbeschluss des Senats vom 2. Oktober 2014 - 7 A 14.12 - (Rn. 12). Der EuGH hat auf den Zustand der QK im Sinne des Anhangs V zur WRRL (Rn. 69 f.) und damit auch auf das in diesem Anhang geregelte Nachrangverhältnis zwischen den biologischen und den "unterstützenden" QK verwiesen. Der Hinweisbeschluss vom 2. Oktober 2014 behandelt nur die methodischen Mängel des Fachbeitrags zur Wasserrahmenrichtlinie vom 9. August 2013 und der 1. Ergänzungsbeschlüsse vom 1. Oktober 2013 und formuliert im Hinblick auf das seinerzeit beim EuGH anhängige Vorabentscheidungsverfahren (C-461/13) keine allgemeingültigen Rechtsmaßstäbe zum Verschlechterungsverbot. Abgesehen davon kann den Ausführungen unter Rn. 12 nicht entnommen werden, dass den hydromorphologischen und allgemeinen physikalisch-chemischen QK ein ebensolches Gewicht beizumessen ist wie den biologischen QK.

499 Daraus folgt, dass eine negative Veränderung von unterstützenden QK (auch solchen in der niedrigsten Klassenstufe) für die Annahme einer Verschlechterung nicht ausreicht. Vielmehr muss die Veränderung zu einer Verschlechterung einer biologischen QK führen. Dem trägt der im ergänzenden Verfahren gefertigte Fachbeitrag Rechnung, der zunächst die Auswirkungen des Vorhabens auf die unterstützenden QK und im Anschluss daran u.a. deren Wirkungen auf die biologischen QK prüft (PEU II 1, S. 50 ff., 71 ff.).

500 (2) Die Rüge der Kläger, diese Prüfung sei methodisch unzulänglich erfolgt, weil die normativ vorgegebenen Querverbindungen zwischen den biologischen und den unterstützenden QK nicht näher definiert und nach Klassenstufen gerastert, sondern die Wirkzusammenhänge nur verbal-argumentativ beschrieben worden sind, greift nicht durch. Sie sieht daran vorbei, dass schon die Wasserrahmenrichtlinie und die Oberflächengewässerverordnung die erforderlichen Konkretisierungen und Verknüpfungen nicht aufweisen. Sie enthalten zwar eine fünf- bzw. vierstufige Bewertungsskala für die Klassifikation des ökologischen Zustands/Potenzials (Anhang V Nr. 1.4.2 Ziffer i und ii WRRL; Anlage 4, Tabelle 1 OGewV 2011), liefern aber textliche Beschreibungen nur für die oberen drei Zustands-/Potenzialklassen und dies im Wesentlichen für die biologischen QK (Anhang V Nr. 1.2.1 bis 1.2 .5 WRRL; Anlage 4 zur OGewV, Tabelle 1-6). Wie die Kläger selbst vortragen, ist die normativ nicht näher konkretisierte Verknüpfung zwischen den biologischen und hydromorphologischen QK auch auf EU-Ebene als Problem erkannt worden und Gegenstand eines REFORM-Projekts sowie laufender Aktivitäten der EU-Kommission im Rahmen von CIS (siehe EU-Kommission, REFORM Background Document of ECOSTAT workshop "Hydromorphology and WFD classification" vom 12./13. Oktober 2015 und "Meeting oft the strategic coordination group for the WFD common implementation strategy" vom 8./9. März 2016). Es sollen innovative Methoden entwickelt werden, mit denen Verschlechterungen und Verbesserungen der hydromorphologischen Bedingungen abgebildet werden können. Gerade für Ästuare gibt es nach den eigenen Angaben der Kläger noch kein etabliertes Bewertungsverfahren für die hydromorphologischen QK; aktuell wird - so die Kläger - für die QK Wasserhaushalt ein Bewertungsverfahren entwickelt, das für den 3. Bewirtschaftungsplan vorliegen soll. Die dadurch bedingten Umsetzungs- und Vollzugsprobleme können aber nicht dazu führen, dass nachteilige Veränderungen von QK bis zur Behebung dieser Defizite vorsorglich unbesehen als Verschlechterungen betrachtet werden; anderenfalls würden die Ausnahmevorschriften in Art. 4 Abs. 7 WRRL, § 31 WHG zum Regelfall. Das widerspräche dem Sinn und Zweck und der Systematik der Wasserrahmenrichtlinie.

501 dd) Die Methodenkritik der Kläger ist auch im Übrigen unberechtigt; sie betrifft der Sache nach ebenfalls eher die Wasserrahmenrichtlinie als den zur 2. Planergänzung vorgelegten Fachbeitrag.

502 Der Senat hat schon in seinem Beschluss vom 2. Oktober 2014 - 7 A 14.12 - (Rn. 5 f.) darauf hingewiesen, dass die Schwierigkeiten bei der Umsetzung und dem Vollzug der Wasserrahmenrichtlinie durch die Entscheidung des EuGH nicht zeitnah ausgeräumt sein werden, zumal auch die vom EuGH geklärten Rechtsmaßstäbe in der Praxis noch konkretisiert werden müssen. An diesem Befund hat sich bisher nichts Grundlegendes geändert. Es mangelt nicht nur an abgestimmten Bewertungsverfahren etwa für die hydromorphologischen QK, sondern auch und gerade an anerkannten Standardmethoden und Fachkonventionen für die Auswirkungsprognose bei der Vorhabenzulassung. Derzeit erfordert daher jede Prüfung des Verschlechterungsverbots eine nicht normativ angeleitete fachgutachterliche Bewertung im Einzelfall. Besonders schwierig gestaltet es sich dabei, die prognostizierten Auswirkungen in Zustandsklassen einzuordnen und im Einzelnen festzustellen, wann etwa ein "Klassensprung" in eine schlechtere Klasse vorliegt (vgl. Nutzhorn, W+B 2016, 56 <61 f., 66>). Erschwerend kommt hinzu, dass Vorhaben in aller Regel direkte Auswirkungen auf die hydromorphologischen oder die physikalisch-chemischen QK haben, die indirekten Auswirkungen auf die für die Einstufung und Verschlechterung maßgeblichen biologischen QK aber schwer vorherzusagen sind. Einerseits unterliegt die Ökologie natürlichen Schwankungen und ändert sich saisonal, so dass sich die Frage stellt, auf welchen Zeitpunkt die Prognose zu beziehen ist bzw. eine gewisse Zufälligkeit des Ergebnisses in Kauf genommen werden muss; andererseits setzt die Auswirkungsprognose etwa hinsichtlich der Parameter Artenzusammensetzung und -häufigkeit der Fischfauna Erkenntnisse aus der Ökosystemforschung voraus, die oftmals nicht vorhanden sind; der Vorhabenträger und die Planfeststellungsbehörde werden sich daher bei der Prognose damit behelfen müssen darzulegen, ob und inwiefern sich die für die Einstufung der biologischen QK maßgeblichen Umstände, d.h. die Hilfskomponenten ändern (de Witt/Krause, NuR 2015, 749 <754>) und im Anschluss daran eine Auswirkungsprognose vorzunehmen. Diese muss aber nachvollziehbar, schlüssig und fachlich untersetzt sein (BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 2014 - 7 A 14.12 - Rn. 6). Diesen Vorgaben genügt der neue Fachbeitrag. Er beschreibt die Grundlagen und Methoden der Zustands-/Potenzialbewertungen, die vorhabenbedingten Änderungen und deren Wirkungen auf die QK und die Schadstoffbelastung (PEU II 1, S. 24 ff., 50 ff., 71 ff., 171 ff.). Die dagegen erhobenen Rügen der Kläger greifen nicht durch.

503 (1) Dies gilt zunächst für die Einstufung und die Bewertung der vorhabenbedingten Änderungen der unterstützenden QK im Fachbeitrag (PEU II 1, S. 50 bis 71, 183 ff.) und den 2. Ergänzungsbeschlüssen (vgl. S. 155 f., 158 bis 160 zum OWK Elbe-Ost; S. 167 zum OWK Elbe-Hafen; S. 173 zum OWK Elbe-West und S. 181 OWK Elbe-Übergangsgewässer).

504 (a) Die auf eine Stellungnahme des Förderkreises "Rettet die Elbe" e.V. vom 23. Dezember 2015 gestützte Kritik der Kläger, die vorhabenbedingten Auswirkungen auf die QK Sauerstoffhaushalt in den OWK Elbe-Hafen und Elbe-West seien methodisch unterschätzt worden, ist nicht begründet.

505 Ausweislich des Fachbeitrags (PEU II 1, S. 40 ff., 195 ff.) ist die QK Sauerstoffhaushalt für die OWK Elbe-Hafen und Elbe-West jeweils in der untersten Klasse "schlecht" eingestuft; beide OWK weisen schon im Ist-Zustand eine geringe spezifische Wasseroberfläche auf (PEU II 1, S. 40, 42). Entgegen der Auffassung der Kläger folgt daraus wegen der nur unterstützenden Funktion dieser QK nicht, dass jegliche nachteiligen Veränderungen der für den Sauerstoffhaushalt relevanten Faktoren durch das Vorhaben schon für sich genommen einen Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot bewirken.

506 Die Rüge, bei der Bewertung der vorhabenbedingten Veränderungen der spezifischen Wasseroberfläche sei zu Unrecht auf den gesamten OWK abgestellt worden, obwohl diese in den am stärksten vorbelasteten Abschnitten der beiden OWK vorgenommen würden, greift nicht durch. Räumliche Bezugsgröße für die Prüfung der Verschlechterung bzw. einer nachteiligen Veränderung ist ebenso wie für die Zustands-/Potenzialbewertung grundsätzlich der OWK in seiner Gesamtheit; Ort der Beurteilung sind die für den Wasserkörper repräsentativen Messstellen. Lokal begrenzte Veränderungen sind daher nicht relevant, solange sie sich nicht auf den gesamten Wasserkörper oder andere Wasserkörper auswirken (vgl. Dallhammer/Fritzsch, ZUR 2016, 340 <345>). Sofern lokal begrenzte Veränderungen der unterstützenden QK sich in spezifischer Weise auf die biologischen QK mit Relevanz für den OWK insgesamt auswirken können, müssen die betroffenen Teilbereiche aber zusätzlich gesondert betrachtet werden. Diesen Anforderungen werden der Fachbeitrag und die 2. Ergänzungsbeschlüsse gerecht. Danach ergibt sich bezogen auf die OWK Elbe-Hafen und Elbe-West nach dem Ergebnis der Umweltverträglichkeitsuntersuchung (Teilgutachten H.2a, S. 132 ff.) eine relative Zunahme des Wasservolumens bei gleichbleibender Wasseroberfläche von < 1 %, woraus sich bei einem Sauerstoffgehalt von 3 mg/l ein Absunk um < 0,03 mg/l errechnet. Ein derartiger Absunk stellt laut Fachbeitrag eine rein theoretische, messtechnisch nicht nachweisbare Veränderung dar, die auch durch Zeitreihenanalysen aus einem langjährig erhobenen Datenkollektiv nicht abgeleitet werden könnte (PEU II 1, S. 64).

507 Von einer messtechnisch nicht nachweisbaren Veränderung des Sauerstoffgehalts gehen die 2. Ergänzungsbeschlüsse (S. 167, 172) zu Recht auch für die Begegnungsstrecke (km 644 bis km 636) aus, in der - bezogen auf den für einen Abschnitt von 1 km Länge untersuchten Bereich von 100 m (km 638 bis km 638 +100) - die Zunahme des Wasservolumens maximal 7 % erreicht (vgl. H.2a, S. 135 f.). In absoluten Zahlen ändert sich das Verhältnis Wasseroberfläche/Wasservolumen am maximal beeinflussten Profil bei km 638 bei Thw vorhabenbedingt von 0,073 m²/m³ zu 0,069 m²/m³ und bei Tnw von 0,095 m²/m³ zu 0,088 m²/m³; die tidebedingten Schwankungen der spezifischen Wasseroberfläche im Bereich der geplanten Begegnungsstrecke betragen 19 bis 23 % (PEU II 1, S. 64; H.2a, S. 135). Die Verringerung der spezifischen Wasseroberfläche ist für einen Abschnitt (km 635 bis km 639) mit besonders ungünstiger spezifischer Wasseroberfläche betrachtet worden, in dem Vertiefung und Verbreiterung der Fahrrinne zusammenwirken (H.2a, S. 134 f.). Vor diesem Hintergrund ist die Annahme plausibel, dass eine kleinräumige Abnahme der spezifischen Wasseroberfläche um maximal 7 % - die bezogen auf einen Sauerstoffgehalt von 3 mg O2/l einen rechnerischen Absunk von 0,21 mg O2/l zur Folge hätte - auch für den betroffenen Teilbereich im Gesamtkontext der in der Tideelbe für die QK Sauerstoffhaushalt relevanten Faktoren wie Wassertemperatur, Oberwasserzufluss (und damit Eintrag organischen Materials von oberstrom) sowie Verweilzeit (Abflussdynamik; vgl. PEU II 1, S. 63, 196) nicht ins Gewicht fällt und keinen maßgeblichen Einfluss auf die biologischen QK hat (näher zur QK Fischfauna nachfolgend unter B.IV.1.a)dd)(2)(c)).

508 Dies gilt unabhängig davon, ob - wie die Beklagten geltend machen - der in den OWK Elbe-Hafen und Elbe-West durch Turbulenzen verursachte beständige und unregelmäßige Transport von Algen eine starre Trennung zwischen euphotischer und disphotischer Zone ohnehin ausschließt und die vorhabenbedingten Auswirkungen auf den Sauerstoffgehalt sich über den reinen Vorhabenbereich hinaus auch durch den turbulenzbedingten Wasseraustausch mitteln. Auf die von den Klägern hiergegen mit Schriftsatz vom 25. November 2016 erhobenen Einwände kommt es daher nicht an. Das gilt auch für die Ausführungen zu den nach Auffassung der Kläger unzulänglichen Untersuchungen zum Sauerstoffhaushalt im Rahmen der Beweissicherung zum Fahrrinnenausbau 1999/2000. Ob die Beweissicherung keinen Zusammenhang zwischen den Auswirkungen des Ausbaus und den Sauerstoffmangelsituationen herstellen konnte, weil es an geeigneten Methoden zur Beweissicherung fehlt oder ein solcher Zusammenhang tatsächlich nicht besteht, ist für die Prognose der vorhabenbedingten Auswirkungen des streitgegenständlichen Ausbauvorhabens nicht von Bedeutung.

509 Der Einwand der Kläger, bei der Berechnung der vorhabenbedingten Abnahme der spezifischen Wasseroberfläche sei nicht berücksichtigt worden, dass es sich im Bereich der geplanten Begegnungsstrecke um eine Dünen-/Riffelstrecke handele, bei der auch die 2 m unter der Solltiefe gelegenen Dünentäler abgebaggert werden müssten, damit sie nicht zu Dünen oberhalb der Solltiefe anwüchsen, greift nicht durch. Die Kläger haben schon nicht dargetan, dass die Planfeststellungsbeschlüsse solche Baggerungen überhaupt vorsehen; Anhaltspunkte dafür können auch dem Erläuterungsbericht (B.2, S. 23 ff.) nicht entnommen werden.

510 Das Vorbringen, ein weiterer methodischer Fehler bei der Bestimmung des Wasservolumens in der Begegnungsstrecke liege darin, dass das aktuell gepeilte Tiefenprofil mit dem Profil der künftigen Solltiefe verglichen worden sei, obgleich dort schon die 1999 planfestgestellte Solltiefe unterschritten werde, führt nicht auf einen relevanten Fehler der Auswirkungsprognose. Richtig ist, dass die Berechnungen zur Abnahme der spezifischen Wasseroberfläche auf Peildaten zur Sohllage 2004 beruhen (vgl. H.2a, S. 134). Sollte die 2004 gepeilte Sohle gegenüber der 1999 planfestgestellten Solltiefe relevante Übertiefen aufgewiesen haben, findet das damit im Vergleich zur Solltiefe 1999 tatsächlich schon ungünstigere Verhältnis zwischen euphotischer und disphotischer Zone Ausdruck in der Zustandsbewertung der QK Sauerstoffhaushalt. Warum es vor diesem Hintergrund methodisch fehlerhaft sein soll, bei der Berechnung der Veränderungen von der gepeilten Sohle auszugehen, erschließt sich nicht. Vielmehr würde das erforderliche Vertiefungsmaß bei einem Vergleich der 1999 und 2012 planfestgestellten Solltiefen - wie er den Berechnungen auf S. 7 f. der Stellungnahme des Förderkreises "Rettet die Elbe" e.V. vom 23. Dezember 2015 zugrunde liegt - überschätzt, weil auch Bereiche einbezogen würden, in denen entweder gar nicht oder nur in einem Umfang gebaggert werden muss, der hinter dem bei einem Vergleich der Solltiefen ermittelten Baggermaß zurückbleibt. Eine solche Überschätzung ist methodisch nicht geboten, zumal der strenge habitatrechtliche Vorsorgegrundsatz im Wasserrecht keine Anwendung findet.

511 Der Verweis der Kläger auf eine Vielzahl von Maßnahmen, die schon seit 2000 zu einer Reduzierung der spezifischen Wasseroberfläche im OWK Elbe-Hafen geführt hätten, geht fehl. Soweit die Kläger sich auf die in der Drucksache der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg vom 1. März 2016 (Drs. 21/3370 S. 2 f.) aufgeführten Maßnahmen aus der Zeit vom 9. September 2004 bis 15. Januar 2016 beziehen, haben deren Auswirkungen teilweise bereits Eingang in die Ist-Bewertung der QK Sauerstoffhaushalt gefunden; des Weiteren ist nicht erkennbar oder dargetan, inwieweit ihre Berücksichtigung die Bewertung mit "schlecht" geändert hätte oder für die Beurteilung der vorhabenbedingten Auswirkungen relevant ist.

512 Der Fachbeitrag (PEU II 1, S. 63, 196) und die 2. Ergänzungsbeschlüsse (S. 167) haben auch den für den Sauerstoffhaushalt relevanten Aspekt der Verweildauer einbezogen. Dabei sind sie - gestützt auf die Ausführungen im UVU-Teilgutachten H.2a, S. 139 - zu der Einschätzung gelangt, dass die vorhabenbedingten Änderungen der Flut- und Ebbedauer sowie der Flut- und Ebbestromgeschwindigkeiten nicht geeignet sind, mess- und beobachtbare Auswirkungen auf den Sauerstoffhaushalt hervorzurufen. Diese Einschätzung wird durch die Ausführungen auf S. 9 der Stellungnahme des Förderkreises "Rettet die Elbe" vom 23. Dezember 2015 zur negativen Entwicklung der Verweildauer nach dem letzten Ausbau, die durch das Vorhaben manifestiert werde, nicht erschüttert.

513 Soweit die Kläger im Übrigen pauschal auf ihr bisheriges Vorbringen zum Sauerstoffhaushalt in der Klagebegründung vom 16. August 2012 (S. 79 ff., 97 ff., 122 ff.), im Schreiben vom 9. September 2013 (S. 18 ff.), im Schriftsatz vom 14. November 2013 (S. 34 f., 43 f.) und die jeweils in Bezug genommenen Stellungnahmen des Förderkreises "Rettet die Elbe" e.V. verwiesen haben, muss der Senat dem nicht weiter nachgehen. Maßgeblich ist die Bewertung der QK Sauerstoff im neuen Fachbeitrag und den 2. Ergänzungsbeschlüssen. Es ist nicht Aufgabe des Senats, Schriftsätze und Stellungnahmen aus der Zeit vor dem 2. Ergänzungsverfahren daraufhin zu prüfen, welchen dort behandelten Gesichtspunkten insoweit noch Relevanz zukommen kann.

514 Dass mögliche Verbesserungen des Sauerstoffgehalts durch Bewirtschaftungsmaßnahmen schon bei der Prüfung des Verschlechterungsverbots berücksichtigt worden sind, lässt sich entgegen der Auffassung der Kläger nicht feststellen. Der Fachbeitrag (PEU II 1, S. 63, 193) und die Stellungnahme der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) vom 18. März 2016 (S. 5) weisen lediglich auf den Zusammenhang zwischen der Belastung des Sauerstoffhaushalts in den OWK Elbe-Hafen und Elbe-West und der Menge der von oberstrom zugeführten Algen hin.

515 (b) Die 2. Ergänzungsbeschlüsse (S. 158; vgl. auch PEU II 1, S. 68) gehen für den OWK Elbe-Ost, in dem keine Ausbaumaßnahmen geplant sind, davon aus, dass die Veränderungen der Morphologie und des Tideregimes durch die Ausbaumaßnahmen stromab so gering sind, dass sie nicht mess- und beobachtbar sein werden und daher ungeeignet sind, die Habitatbedingungen der biologischen QK zu verändern. Die Rüge der Kläger, diese Bewertung sei unzutreffend, weil die negativen Auswirkungen auf die QK Sauerstoffhaushalt in den OWK Elbe-West und Elbe-Hafen sich tidebedingt auch auf den oberhalb gelegenen OWK Elbe-Ost auswirkten, greift nicht durch.

516 Warum sich die geringen (vgl. PEU II 1, S. 68, Tabelle 6.4-3) Auswirkungen auf die QK Sauerstoffhaushalt in den OWK Elbe-West und Elbe-Hafen nach oberstrom in den OWK Elbe-Ost fortsetzen sollten, erschließt sich nicht und wird von den Klägern auch nicht näher dargelegt. Die für die QK Sauerstoffhaushalt relevanten Faktoren sind Wassertemperatur, Oberwasserzufluss (d.h. der Eintrag organischen Materials von oberstrom), die ungünstige spezifische Wasseroberfläche (Breiten-/Tiefenvariation) und die Verweilzeit (Abflussdynamik). Inwieweit das Vorhaben in dem von Ausbaumaßnahmen nicht betroffenen OWK Elbe-Ost auf diese Faktoren wirken soll, ist nicht erkennbar.

517 Grundlage für die Einstufung der Qualitätskomponente als "unbefriedigend" (PEU II 1, S. 198) sind die minimalen O2-Konzentrationen im OWK Elbe-Ost in den Jahren 2011 bis 2013, weil die von der FGG Elbe dargestellten Messwerte nach Einschätzung der Fachgutachter zu günstige Bewertungen ergeben hätten (PEU II 1, S. 197). Der im Fachbeitrag auf S. 198 angegebene Wert von 6,0 mg/l beschreibt dabei offenbar die Klassengrenze zu "mäßig", denn seine mehrfache Unterschreitung war Anlass für die Abwertung auf "unbefriedigend".

518 (c) Die Bewertung der Auswirkungen auf die QK Morphologie im OWK Elbe-Hafen (vgl. PEU II 1, S. 52 ff., 56) ist nicht zu beanstanden. Die Auffassung der Kläger, die vorhabenbedingten Änderungen der Parameter "Tiefen- und Breitenvariation", "Struktur und Substrat des Bodens" und "Struktur der Uferzone" bewirkten angesichts der aktuellen Einstufung als "schlecht" (PEU II 1, S. 41 <Struktur und Substrat des Bodens "unbefriedigend">) schon für sich genommen einen Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot, ist unzutreffend (vgl. vorstehend unter IV.1.a)cc)(1)). Maßgeblich ist, ob die vorhabenbedingten Veränderungen der QK Morphologie zu Veränderungen der biologischen QK führen, die nach den vom EuGH geklärten Rechtsmaßstäben als Verschlechterung zu qualifizieren sind. Dies wird im Fachbeitrag geprüft und verneint (PEU II 1, S. 55 f.; 75 <QK Makrophyten>; S. 79 ff. <QK benthische wirbellose Fauna>; S. 84 ff. <QK Fischfauna>; vgl. auch 2. PEB, S. 167; näher dazu nachfolgend unter IV.1.a)dd)(2)).

519 Der Kritik der Kläger an der Auswirkungsprognose für die QK Morphologie in den OWK Elbe-Ost, Elbe-West und Elbe-Übergangsgewässer fehlt es an der erforderlichen Substanz.

520 Nach der nicht näher begründeten Auffassung der Kläger sind für diese OWK die indirekten Wirkungen des Vorhabens (Änderung des Tidehubs und der Strömungen sowie von Erosion und Sedimentation) unzureichend betrachtet worden. Diese Kritik trifft nicht zu bzw. sieht daran vorbei, dass die vorhabenbedingten Änderungen der Tidewasserstände und Tideströmungsgeschwindigkeiten bei der QK Tidenregime näher untersucht wurden (PEU II 1, S. 57 ff.).

521 Der Fachbeitrag prüft die vorhabenbedingten Auswirkungen auf die QK Morphologie für die Parameter "Tiefen- und Breitenvariation" bzw. "Tiefenvariation", "(Menge), Struktur und Substrat des Bodens bzw. Gewässerbodens" und "Struktur der Uferzone und der Gezeitenzone" (PEU II 1, S. 52 ff., 187 ff.). Soweit er zu dem Ergebnis gelangt, dass die prognostizierten Veränderungen der QK Morphologie teilweise auch zu Veränderungen der biologischen QK führen (PEU II 1, S. 56), werden diese Wirkungen bei der Auswirkungsprognose für die biologischen QK gewürdigt (vgl. PEU II 1, OWK Elbe-West S. 56, 90 ff.; Elbe-Übergangsgewässer S. 57, 104 ff.; Elbe-Ost S. 56 keine Auswirkungen). Beim Parameter "Struktur und Substrat des Bodens" werden schwache Veränderungen der Sedimentzusammensetzung und Sedimentverteilung angenommen, deren Relevanz für die biologischen QK gestützt auf die UVU-Teilgutachten H.5a und H.5b verneint wird (PEU II 1, S. 55; Tabelle 6.4-1, S. 56 f.). Überdies untersucht der Fachbeitrag die QK Tidenregime mit den Parametern "Tidewasserstände", "Tideströmungsgeschwindigkeiten", "Seegangsbelastung", "Süßwasserzustrom" und "Richtung vorherrschender Strömungen" (PEU II 1, S. 57 ff., 190 ff.). Eine Relevanz der vorhabenbedingten Änderungen für die biologischen QK wird unter Bezugnahme auf die UVU-Teilgutachten H.1a, H.1c, PÄ III Teil 10, H.2a, H.3, H.4a, H.5a, H.5b, D und PEU II 2.1 plausibel verneint (PEU II 1, S. 57 ff., Tabelle 6.4-2 S. 62).

522 (d) Die Rüge, die auf Experteneinschätzung gestützte Einstufung der QK Durchgängigkeit mit "schlechter als gut" (PEU II 1, Elbe-Ost S. 40, Elbe-Hafen S. 41, Elbe-West S. 43) ermögliche keine fundierte Prüfung eines Verstoßes gegen das Verschlechterungsverbot, ist nicht begründet.

523 Die Grundlagen für die Zustandsbewertung sind im Anhang zum Fachbeitrag (PEU II 1, S. 186 f.) nachvollziehbar dargelegt. Danach haben die Fachgutachter auf die "Bewertungsregeln für die Durchgängigkeit in Fließgewässer-Wasserkörpern" der LAWA (2012, S. 4) abgestellt. Diese beruhen auf Experteneinschätzung unter Beachtung des "worst-case"-Prinzips und unterscheiden Fischaufstieg, Fischabstieg und Sedimente, wobei letztere vorerst nicht in die Gesamtbewertung einbezogen wurde. Der Fachbeitrag begründet seine Einstufung in die von der LAWA definierte Klasse "schlechter als gut" damit, dass die Durchgängigkeit zwar nicht durch Querbauwerke behindert werde, für Auf- und Abstieg der Wanderfische aber eine Beeinträchtigung der ökologischen Durchgängigkeit durch ein Sauerstofftal festzustellen sei, das durch eine Kombination von anthropogen verursachten hydromorphologischen Veränderungen und einer signifikanten stofflichen Belastung (Nährstoffe) verursacht werde. Dass die LAWA-Bewertungsregeln methodisch und fachlich unvertretbar sind oder von den Fachgutachtern fehlerhaft angewendet wurden, haben die Kläger nicht dargelegt.

524 Soweit die Kläger eine nach Fischarten und Elbabschnitten differenzierende Betrachtung der sauerstoffmangelbedingten Barrierewirkung fordern, betrifft dieses Vorbringen nicht die QK Durchgängigkeit, sondern die QK Fischfauna (näher dazu unten B.IV.1.a)dd)(2)(c); vgl. PEU II 1, S. 52).

525 (e) Die Bewertung der vorhabenbedingten Auswirkungen auf die QK Salzgehalt in den OWK Elbe-West und Elbe-Übergangsgewässer begegnet keinen Bedenken.

526 Die QK ist in beiden OWK mit "mäßig" bewertet (PEU II 1, S. 43 und 45); die Grundlagen dieser Bewertung sind im Anhang zum Fachbeitrag (PEU II 1, S. 198 ff.) nachvollziehbar dargestellt. Dagegen haben die Kläger keine substanziierten Einwendungen erhoben. Sollte ihr Hinweis, die limnische Zone im OWK Elbe-West habe sich bereits im Ist-Zustand verkleinert, darauf zielen, dass die QK aktuell zu gut bewertet worden ist, fehlt es schon an der erforderlichen inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Ausführungen auf S. 199 f. des Fachbeitrags.

527 Nach den auf das BAW-Gutachten H.1a und das UVU-Teilgutachten H.2a gestützten Feststellungen im Fachbeitrag wird der OWK Elbe-West (km 635 bis km 654,9; PEU II 1, S. 28) von den vorhabenbedingten Änderungen der Salzgehalte nur in Randbereichen betroffen. Bis km 650 sind bei einem niedrigen, aber häufigen Oberwasser von 350 m³/s keine Änderungen der Salzgehalte zu erwarten; für den Bereich zwischen km 650 und km 655 werden sehr geringe Änderungen prognostiziert. Bei km 655 liegen die vorhabenbedingten Veränderungen des mittleren und maximalen Salzgehalts deutlich unter 0,1 PSU (PEU II 1, S. 64, 66, Tabelle 6.4-3 S. 68). Im OWK Elbe-Übergangsgewässer (km 654,9 bis km 727,7; PEU II 1, S. 28) sind die modellierten Veränderungen der Salzgehalte vor dem Hintergrund der vorhandenen mittleren Salzgehalte und der großen natürlichen Variation der Salzgehalte ungeeignet, in der Natur mess- und beobachtbare Auswirkungen auf die Salinität hervorzurufen (PEU II 1, S. 66, Tabelle 6.4-3 S. 68).

528 Der von den Klägern in diesem Zusammenhang erhobene Einwand, im OWK Elbe-West seien negative Auswirkungen der Salzgehaltsänderungen auf die QK Makrozoobenthos zu erwarten, da deren Lebensraum bereits im Ist-Zustand durch das an der Sohle vorhandene salzhaltigere Wasser beeinträchtigt werde, greift nicht durch. Der Fachbeitrag (PEU II 1, S. 67) verneint vorhabenbedingte Auswirkungen unter Bezugnahme auf das UVU-Teilgutachten H.5b (S. 142). Danach werden sich die Salzgehaltsänderungen auf das Zoobenthos nicht mess- und beobachtbar auswirken. Zwar werde sich die bereits derzeit stattfindende ausbauunabhängige Ausbreitung von Brackwasser- und marinen Arten tendenziell weiter stromauf fortsetzen, weil es sich hierbei fast ausschließlich um Neozooen handele, die immer größere Bereiche der Elbe besiedelten. Die ausbaubedingten Salzgehaltsveränderungen seien aber zu gering, um signifikante Änderungen der Zönosen zu bewirken, weil der derzeitige Salzgehalt aufgrund unterschiedlicher Oberwasserabflüsse, Tideeinflüsse oder Witterungseinflüsse im Untersuchungsgebiet stark variiere. Dass diese Bewertung unvertretbar ist, haben die Kläger nicht dargetan.

529 (f) Die Rügen der Kläger gegen die Bewertung der Auswirkungen auf die QK Wasserhaushalt bzw. Tidenregime in den OWK Elbe-Ost und Elbe-Hafen greifen nicht durch.

530 Die OWK Elbe-Ost und Elbe-Hafen sind der Kategorie Flüsse nach Nr. 1.1 der Anlage 1 zur OGewV 2011 zugeordnet. Für diese Gewässerkategorie ist gemäß Anlage 3 Nr. 2 zur OGewV 2011 die QK Tidenregime nicht einschlägig (vgl. PEU II 1, Tabelle 4.2-2 S. 14). Daraus folgt aber nicht, dass die Tidewasserstände und die Tideströmungsgeschwindigkeiten bei der Auswirkungsprognose nicht berücksichtigt werden müssen. Für die Bewertung eines tidebeeinflussten OWK sind im Gegenteil auch die Tidekennwerte relevant. Eingang in die Bewertung finden sie über den Parameter "Abfluss und Abflussdynamik" der QK Wasserhaushalt, der in einem Ästuar nicht vom Tidenregime getrennt werden kann (vgl. PEU II 1, S. 51). Die vorhabenbedingten Änderungen der Tidewasserstände und der Tideströmungsgeschwindigkeiten sind daher im Fachbeitrag und den 2. Ergänzungsbeschlüssen - wenn auch unter der QK Tidenregime - in der Sache zu Recht auch für die OWK Elbe-Ost, Elbe-Hafen und Elbe-West geprüft worden (PEU II 1, S. 57 ff., Tabelle 6.4-2 S. 62, 190 ff.; 2. PEB, S. 160).

531 Die QK Wasserhaushalt (Parameter "Abfluss und Abflussdynamik") ist für die OWK Elbe-Ost und Elbe-Hafen jeweils mit "mäßig" bewertet worden (PEU II 1, S. 40 f.). Der Einwand der Kläger, in Anbetracht des aktuellen Ist-Zustands hätte eine Bewertung mit "schlecht" erfolgen müssen, ist unbegründet. Mangels Bewertung der QK Wasserhaushalt im BWP nimmt der Fachbeitrag in Anlehnung an die Verfahrensempfehlung der LAWA zur Klassifizierung des Wasserhaushalts von Einzugsgebieten und Wasserkörpern (LAWA 2014b) eine - mangels anerkannter Standardmethode zulässige - hilfsweise abschätzende Bewertung vor (PEU II 1, S. 183 ff.). Die Einstufung mit "mäßig" wird damit begründet, dass die vorhandenen anthropogenen Belastungen nicht auf den Oberwasserzufluss und dessen Belastungen im Einzugsgebiet wirkten (PEU II 1, S. 186). Damit setzen sich die Kläger nicht auseinander.

532 Im Übrigen verweist der Fachbeitrag darauf, dass vorhabenbedingte Änderungen des Parameters "Abfluss und Abflussdynamik" nur mittelbar durch Änderungen der Tidekennwerte zu erwarten seien, die als Folge der veränderten Unterwassertopographie in allen tidebeeinflussten OWK der Tideelbe und den tidebeeinflussten Unterläufen ihrer Nebenflüsse einträten (PEU II 1, S. 51). Für die QK Tidenregime, unter der die Tidewasserstände und Tideströmungsgeschwindigkeiten behandelt werden (PEU II 1, S. 57 ff., Tabelle 6.4-2 S. 62), gibt es - wie im Fachbeitrag (PEU II 1, S. 191 ff.) näher erläutert wird - noch kein Bewertungsverfahren. Der Fachbeitrag (PEU II 1, S. 60) und daran anknüpfend die 2. Ergänzungsbeschlüsse (S. 160) gelangen zu dem Ergebnis, dass die vorhabenbedingten Veränderungen der Tidewasserstände und der Tideströmungsgeschwindigkeiten zwar dauerhaft, hinsichtlich ihrer Intensität aber als gering einzustufen seien, weil sie zum Teil in einem Bereich unterhalb der Messgenauigkeit der jeweiligen Messverfahren lägen, durch die Dynamik vorhabenunabhängiger Einflüsse (astronomische Tide, Meeresspiegelanstieg, Windverhältnisse und Oberwasserabfluss) überprägt würden und/oder sich innerhalb der derzeit auftretenden bzw. in der Vergangenheit beobachteten Schwankungsbreite bewegten.

533 Nach den Erläuterungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung im Dezember 2016 ist die Beschreibung der Änderungen als "nicht mess- und beobachtbar" oder "innerhalb der bisherigen Schwankungsbreite liegend" nicht schematisch abgeleitet und kategorisiert. Diese Formulierungen sollen zum Ausdruck bringen, dass die in Rede stehenden Änderungen Bagatellen und daher ungeeignet sind, nachhaltig auf die Habitatbedingungen der biologischen QK einzuwirken. Dagegen ist nichts zu erinnern. Dass Änderungen, die mit Messverfahren nicht erfasst werden können, keine relevanten Wirkungen zeitigen, ist plausibel. Darüber hinaus können aber auch messbare Änderungen, namentlich bei dynamischen Parametern, marginal sein, wenn sie in Relation zur natürlichen Band- oder Schwankungsbreite nicht ins Gewicht fallen. So liegen die Dinge hier. Der Fachbeitrag geht für den OWK Elbe-Ost (km 586 bis km 615) gestützt auf das BAW-Gutachten H.1a von einem Anstieg des MThw um 0,02 m und einem Absunk des MTnw um 0,03 m bis 0,02 m aus; für die mittlere Flutstromgeschwindigkeit werden Änderungen von -0,09 bis 0,01 m/s und für die mittlere Ebbestromgeschwindigkeit von 0,00 bis 0,01 m/s prognostiziert (PEU II 1, Tabelle 6.4-2 S. 62). Das BAW-Gutachten H.1a (S. 80 f.) weist etwa für den Abschnitt km 610 bis km 600 ein MThw von 2,16 bis 2,35 m NN, ein MTnw von -1,58 und -1,00 m NN, eine mittlere Flutstromgeschwindigkeit von 0,47 bis 0,72 m/s und eine mittlere Ebbestromgeschwindigkeit von 0,65 bis 0,93 m/s aus (zum Abschnitt km 600 bis km 586 vgl. H.1a, S. 82 f.) Für den OWK Elbe-West (km 635 bis km 615) nimmt der Fachbeitrag einen Anstieg des MThw von 0,02 bis 0,03 m und einen Absunk des MTnw von -0,04 bis -0,03 m, eine Änderung der mittleren Flutstromgeschwindigkeit um -0,08 bis 0,03 m/s und der mittleren Ebbestromgeschwindigkeit um -0,10 bis 0,01 m/s an (PEU II 1, Tabelle 6.4-2 S. 62). Das BAW-Gutachten H.1a (S. 75 f.) verzeichnet für den Abschnitt km 630 bis km 620 ein MThw von 1,97 bis 2,06 m NN, ein MTnw von -1,87 bis -1,74 m NN, eine mittlere Flutstromgeschwindigkeit von 0,42 bis 0,81 m/s und eine mittlere Ebbestromgeschwindigkeit von 0,39 bis 0,65 m/s (zum Abschnitt km 620 bis km 610 vgl. H.1a, S. 78 f.)

534 Warum es angesichts dieser schon für die von der BAW betrachteten 10 km-Abschnitte erheblichen Schwankungsbreiten im Ist-Zustand (zu den Schwankungsbreiten in den OWK insgesamt siehe PEU II 1, Tabelle 9.1-5 S. 191) unvertretbar ist, die vorhabenbedingten Änderungen als geringfügig zu qualifizieren, haben die Kläger nicht dargetan. Ihre Rüge, die Auswirkungen des Vorhabens würden dadurch bagatellisiert, dass in den BAW-Gutachten auf Mittelwerte der Tidehoch- und Tideniedrigwasserstände abgestellt werde, was unwissenschaftlich sei, greift nicht durch. Angesichts der Schwankungsbreite bei den Tidekennwerten ist eine Mittelung nicht nur vertretbar, sondern geboten, denn die Minimal- und Maximalwerte bilden nicht die durchschnittlichen Habitatbedingungen der biologischen QK ab. Abgesehen davon wären die vorhabenbedingten Änderungen in Relation zu den Minimal- und Maximalwerten noch geringfügiger, als dies schon in Relation zu den gemittelten Werten der Fall ist.

535 Die Veränderungen des Tidenhubs durch anthropogene Maßnahmen in der Vergangenheit mussten in die Prognose der vorhabenbedingten Auswirkungen nicht einbezogen werden. Es kann daher dahinstehen, welchen Anteil die Fahrrinnenanpassung 1999 am unstreitigen Anstieg des Tidenhubs - am Pegel St. Pauli um 200 cm in den letzten 100 Jahren (vgl. PEU II 1, S. 191) - hat. Maßgeblich sind die voraussichtlichen Änderungen durch das streitgegenständliche Ausbauvorhaben. Das so genannte Tidal Pumping, d.h. den verstärkten Stromauftransport von Sedimenten, hat die BAW bei ihren Prognosen berücksichtigt (vgl. H.1c, II).

536 (g) Die Annahme des Fachbeitrags (PEU II 1, S. 70; vgl. 2. PEB, S. 155), die Ablagerung von belastetem Baggergut aus den OWK Elbe-Hafen und Elbe-West in der UWA Medemrinne Ost bewirke wegen der vorgesehenen Schutzmaßnahmen keine zusätzliche Belastung des OWK Elbe-Übergangsgewässer mit flussgebietsspezifischen Schadstoffen im Sinne von § 5 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Anlage 5 OGewV 2011, ist nicht zu beanstanden. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die nachstehenden Ausführungen zum chemischen Zustand unter B.IV.1.b)bb) verwiesen. Der Einwand der Kläger, die Lagestabilität der UWA Medemrinne Ost sei nicht gewährleistet, greift nicht durch (siehe oben A.III.1.a)bb)(2)).

537 (h) Die Auswirkungen des Vorhabens auf die unterstützenden QK sind entgegen der Auffassung der Kläger auch für die Nebenflüsse (PEU II 1, S. 35 ff., 49 f.) einer ausreichenden Prüfung unterzogen worden. Der Fachbeitrag (PEU II 1, S. 137 f.) und die 2. Ergänzungsbeschlüsse (S. 190 ff.) prüfen die Auswirkungen auf die unterstützenden QK bzw. einzelne Parameter der QK Tideregime, Salzgehalt und Morphologie und schließen gestützt auf das BAW-Gutachten H.1a (S. 17, 91 ff., 102 und S. ii) und das UVU-Teilgutachten H.2a aus, dass die Habitatbedingungen sich infolge der durchweg schwachen Auswirkungen in einer Weise verändern, die bei den biologischen QK ein Abweichen vom Status quo oder einen Klassenwechsel zur Folge hätte (PEU II 1, S. 138; 2. PEB, S. 190). Dem sind die Kläger nicht mit substanziierten Einwendungen entgegengetreten.

538 (2) Die vom Fachbeitrag und den 2. Ergänzungsbeschlüssen zugrunde gelegten Potenzialbewertungen der biologischen QK und die daran anknüpfenden Prüfungen der vorhabenbedingten Auswirkungen auf diese leiden nicht an den von den Klägern geltend gemachten Mängeln.

539 (a) Die Einstufung der QK Makrophyten in den OWK Elbe-Ost, Elbe-Hafen, Elbe-West und Elbe-Übergangsgewässer und die Auswirkungsprognose für diese QK in den OWK Elbe-Ost, Elbe-Hafen und Elbe-West sind nicht zu beanstanden.

540 (aa) Der Fachbeitrag und die 2. Ergänzungsbeschlüsse durften die im BWP 2016 (Anhang Karte 4.2.2) dokumentierte Einstufung der QK Makrophyten (als Teilkomponente der QK Gewässerflora) mit "mäßig" in den OWK Elbe-Ost, Elbe-Hafen, Elbe-West und Elbe-Übergangsgewässer zugrunde legen (PEU II 1, S. 40 f., 43, 45). Auf die schlechteren Zustandseinstufungen im BWP 2009, die nach dem Vorbringen der Kläger durch die Monitoring-Ergebnisse von Stiller ("Untersuchung und Bewertung der Qualitätskomponente Makrophyten und Angiospermen in der Tideelbe gemäß EG-WRRL im Rahmen des Koordinierten Elbemessprogramms 2012 Endbericht - Ergebnisse 2012" von April 2013; vgl. PEU II 1, S. 170) bestätigt werden, kommt es insoweit nicht an. Bei erheblich veränderten OWK ist - wie bereits ausgeführt - Bezugsgröße für die Verschlechterungsprüfung das ökologische Potenzial (siehe oben unter B.IV.1.a)aa)).

541 Ausweislich der Schreiben der FGG Elbe vom 7. September 2015 und von KORTEL vom 7. Oktober 2015 wurde die QK Makrophyten in den vorgenannten OWK nach Beratung gemäß dem "Prager Verfahren" auf "mäßig" gesetzt (vgl. auch PEU II 1, S. 76, 106, 175 f.; 2. PEB, S. 163, 176). Diese Setzung durch das Fachgremium KORTEL ist mit Blick auf den vorstehend unter IV.1.a)bb)(3) näher dargelegten Maßnahmenbezug dieses Verfahrens plausibel. Sie ist aus den Zustandsbewertungen von Stiller 2013 (Untersuchungsjahr 2012) abgeleitet worden, die für die OWK Elbe-Ost, Elbe-Hafen und Elbe-West eine Einstufung mit "schlecht" und für den OWK Elbe-Übergangsgewässer mit "unbefriedigend" ausweisen (PEU II 1, S. 175).

542 (bb) Die Annahme der Planfeststellungsbehörden, in den OWK Elbe-Ost, Elbe-Hafen und Elbe-West werde es vorhabenbedingt nicht zu einer Verschlechterung der QK Makrophyten kommen, gibt keinen Anlass zu Beanstandungen. Angesichts der Potenzialbewertung mit "mäßig" wäre nur dann von einer Verschlechterung auszugehen, wenn das Vorhaben einen Klassenwechsel zu "unbefriedigend" bewirkte. Dies wird im Fachbeitrag (PEU II 1, S. 72 OWK Elbe-Ost; S. 76 OWK Elbe-Hafen; S. 90 OWK Elbe-West) und den 2. Ergänzungsbeschlüssen (2. PEB, S. 158 ff. OWK Elbe-Ost; S. 163 OWK Elbe-Hafen; S. 170 OWK Elbe-West) nachvollziehbar ausgeschlossen.

543 (aaa) Die Rüge der Kläger, die Auswirkungsprognose für den OWK Elbe-Ost sei fehlerhaft, weil die Änderungen der Strömungsgeschwindigkeiten für die aktuellen und potenziellen Makrophytenstandorte nicht örtlich und zeitlich differenziert betrachtet wurden, greift nicht durch. Maßgebliche Bezugsgröße für die Feststellung einer Verschlechterung ist grundsätzlich der jeweilige OWK; lokal begrenzte Veränderungen sind nur relevant, sofern sie sich auf den gesamten OWK auswirken (siehe oben unter B.IV.1.a)dd)(1)(a)). Dass die von den Klägern unter Hinweis auf die Bilder 77 und 79 in Anlage 1 zum BAW-Gutachten H.1c geltend gemachten lokalen Zunahmen der maximalen Flutstromgeschwindigkeit bei Heuckenlock, im Zollenspieker und in der Borghorster Elblandschaft sich im gesamten OWK dergestalt auf die QK Makrophyten auswirken können, dass ein Klassenwechsel von "mäßig" zu "unbefriedigend“ anzunehmen ist, lässt sich nicht feststellen. Das BAW-Gutachten H.1a weist für den Abschnitt km 620 bis km 610 eine ausbaubedingte Änderung der mittleren maximalen Flutstromgeschwindigkeit von 0,00 bis 0,03 m/s, für den Abschnitt km 610 bis km 600 von 0,01 bis 0,02 m/s und für den Abschnitt km 600 bis km 586 von 0,00 bis 0,03 m/s aus (H.1a, S. 78, 80 und 82). Im Fachbeitrag werden für den gesamten OWK Änderungen der mittleren Flutstromgeschwindigkeit von -0,09 bis 0,01 m/s (beim ersten Wert handelt es sich ersichtlich um einen Übertragungsfehler; genannt ist der Wert für den Abschnitt km 630 bis km 620 <H.1a, S. 76>) und der mittleren Ebbestromgeschwindigkeit von 0,00 bis 0,01 m/s angegeben (PEU II 1, Tabelle 6.4-2 S. 62). Diese Änderungen bewertet der Fachbeitrag (PEU II 1, S. 60 ff.) gestützt auf das UVU-Teilgutachten H.4a (S. 156 ff.) und das Gutachten PEU II 2.1 (S. 49) als schwach. Das ist angesichts der aktuell vorhandenen - im Gutachten H.1a abschnittweise wiedergegebenen - Schwankungsbreiten plausibel. Zudem betrifft die Zunahme der Strömungsgeschwindigkeiten vornehmlich die Fahrrinne und die angrenzenden Tiefwasserbereiche. In den ufernahen Bereichen sind überwiegend Abnahmen zu erwarten (H.4a, S. 159); dort ist daher theoretisch mit verstärkter Sedimentation zu rechnen, die aber keine relevanten Auswirkungen auf die Standortbedingungen hat (PEU II 1, S. 62; PEU II 2.1, S. 49). Dass die Auswirkungsprognose auf über den Tidezyklus gemittelte Strömungsgeschwindigkeiten gestützt ist, ist nicht zu beanstanden, weil damit die Effekte kurzzeitiger - natürlicher - Extremereignisse ausgeblendet werden. Anhaltspunkte dafür, dass die vorhabenbedingten Änderungen die Wirkungen natürlicher Extremereignisse in relevanter Weise verstärken, sind nicht dargetan oder sonst ersichtlich.

544 Ob die von den Klägern vorgetragene zunehmende Ufererosion in Teilbereichen des OWK Elbe-Ost und der Anstieg des Tidehubs maßgeblich auf den Fahrrinnenausbau 1999 oder - wie die Beklagten geltend machen - das Wehr Geesthacht zurückzuführen sind, kann dahinstehen. Maßgeblich sind die Auswirkungen des streitgegenständlichen Ausbauvorhabens. Der vorangegangene Fahrrinnenausbau und das Wehr Geesthacht sowie ihre jeweiligen Folgewirkungen werden von der aktuellen Potenzialbewertung abgebildet.

545 (bbb) Die Einwände gegen die Auswirkungsprognose für die QK Makrophyten im OWK Elbe-Hafen greifen ebenfalls nicht durch. Die Kläger gehen auch hier schon im Ansatz zu Unrecht von der Maßgeblichkeit der Zustandsbewertung mit "schlecht" aus. Ihre Rüge, der Fachbeitrag (PEU II 1, S. 75 f.) und die 2. Ergänzungsbeschlüsse (2. PEB, S. 163) hätten relevante Makrophyten-Bestände im OWK Elbe-Hafen fehlerhaft verneint, geht fehl. Die Feststellung in den 2. Ergänzungsbeschlüssen, im OWK Elbe-Hafen seien keine relevanten Makrophytenbestände vorhanden, knüpft daran an, dass dieser OWK von der überblicksweisen Überwachung ausgenommen war und dort keine Monitoringstellen liegen (PEU II 1, S. 76 unter Hinweis auf Stiller 2008, S. 21, und 2013, S. 17). Darauf, ob an dieser Praxis mit Blick auf die von den Klägern vorgetragenen Ansiedlungsmaßnahmen für Röhricht (im Bereich der Elbbrücken) und den Schierlings-Wasserfenchel (im Bereich des Holzhafens und des Alten Moorburger Hafens) festgehalten werden kann, kommt es für die Auswirkungsprognose nicht an. Diese verneint einen vorhabenbedingten Klassenwechsel bei der QK Makrophyten unter Hinweis auf die nur schwachen Änderungen der hydromorphologischen QK (PEU II 1, S. 75). Die Tabelle 6.4-2 auf S. 62 des Fachbeitrags weist für den OWK Elbe-Hafen vorhabenbedingte Änderungen der Tidewasserstände um maximal 0,02 bis 0,03 m (MThw) und maximal -0,04 bis -0,03 m (MTnw) sowie der mittleren Flutstromgeschwindigkeit um -0,09 bis 0,02 m/s und der mittleren Ebbestromgeschwindigkeit um -0,10 bis 0,01 m/s aus. Die Einschätzung, dass Änderungen in dieser Größenordnung die Habitatbedingungen der Makrophyten nicht so beeinflussen, dass ein Klassenwechsel von "mäßig" zu "unbefriedigend" zu erwarten ist, ist angesichts der im Fachbeitrag (PEU II 1, S. 174 f.) näher dargelegten Bewertungskriterien des Standorttypieindexes nachvollziehbar. Veränderungen der QK Makrophyten durch die Errichtung der Vorsetze Köhlbrand werden im Fachbeitrag (PEU II 1, S. 76) und den 2. Ergänzungsbeschlüssen (2. PEB, S. 163) mit der Begründung verneint, dass für diese Baumaßnahme ausschließlich vegetationsfreie Flächen beansprucht würden. Dem sind die Kläger nicht entgegengetreten.

546 (ccc) Entgegen der Auffassung der Kläger wird ein vorhabenbedingter Wechsel der Potenzialklasse der QK Makrophyten von "mäßig" zu "unbefriedigend" im Fachbeitrag (PEU II 1, S. 90) und in den 2. Ergänzungsbeschlüssen (2. PEB, S. 169 f.) auch für den OWK Elbe-West zu Recht ausgeschlossen. Die dagegen gerichteten Rügen der Kläger, die einmal mehr fehlerhaft an der Einstufung des Zustands als "schlecht" anknüpfen und auf die Bewertung der Wirkpfade Salzgehalt, Sedimentation/Erosion und (Schiffs-)Wellenbelastung zielen, sind nicht begründet.

547 Der Fachbeitrag geht - wie vorstehend unter IV.1.a)dd)(1)(e) näher ausgeführt - für den OWK Elbe-West (km 635 bis km 654,9) von sehr geringen, auf einen Randbereich beschränkten Salzgehaltsveränderungen aus. Bis km 650 sind bei einem Oberwasser von 350 m³/s keine Änderungen der Salzgehalte zu erwarten; für den Bereich zwischen km 650 und km 655 werden sehr geringe Änderungen prognostiziert. Bei km 655 liegen die vorhabenbedingten Veränderungen des mittleren und maximalen Salzgehalts deutlich unter 0,1 PSU (PEU II 1, S. 66; Tabelle 6.4-3 S. 68). Dass die Fachgutachter hier in erster Linie auf das häufigste niedrige Oberwasser von 350 m³/s abgestellt haben, ist nicht zu beanstanden. Der strenge habitatrechtliche Maßstab, der namentlich bei Prognoseunsicherheiten besonders vorsorgliche Annahmen verlangt, findet im Wasserrecht keine Anwendung. Die Annahme, dass derart geringe Änderungen des Salzgehalts im OWK Elbe-West bei den Makrophyten einen Klassenwechsel zu "unbefriedigend" nach sich ziehen können, liegt fern und ist von den Klägern nicht schlüssig begründet worden. Das gilt auch für die immer noch geringen, sich weiter stromauf erstreckenden Salzgehaltsänderungen bei einem seltenen, sehr niedrigen (worst-case) Oberwasser von 180 m³/s (vgl. PEU II 1, S. 64). Aus dem Hinweis der Kläger, der erhöhte Salzgehalt wirke sich negativ auf die Vitalität und damit mittelbar auf die Ausdehnung und Vegetationszonierung der Süßwasserröhrichte und Glykophyten aus, folgt nichts anderes. Ausweislich des Fachbeitrags zu den gefährdeten Pflanzenarten (PEU II 2.1, S. 4) kommen echte Glykophyten im Untersuchungsgebiet - auch im OWK Elbe-West - nicht vor. Zu den Helophyten ist dort zwar ausgeführt, dass salztolerantere Arten in ihrer Konkurrenzfähigkeit gegenüber weniger salztoleranten Arten geringfügig gefördert werden könnten (PEU II 2.1, S. 50). Insgesamt drohten aber über den Wasserpfad keine Auswirkungen, die den Bestandswert nachteilig veränderten. Der Bestand werde sich vorhabenbedingt langfristig nicht ändern, die lokalen Populationen blieben sicher erhalten (PEU II 2.1, S. 51).

548 Diese Prognose schließt die vorhabenbedingten Änderungen der Tidewasserstände und der Tideströmungsgeschwindigkeiten sowie die dadurch bewirkten Erosionen bzw. Sedimentationen mit ein (PEU II 2.1, S. 48 f.; zum Schierlings-Wasserfenchel vgl. PEU II 2.1, S. 65). Sie ist angesichts der im Fachbeitrag für den OWK Elbe-West ausgewiesenen vorhabenbedingten Änderungen der Tidekennwerte plausibel. Danach ist von einem vorhabenbedingten Anstieg des MThw um maximal 0,02 bis 0,03 m und einem Absunk des MTnw um maximal -0,04 bis -0,01 m sowie einer Veränderung der mittleren Flutstromgeschwindigkeit um -0,08 bis 0,03 m/s und der mittleren Ebbestromgeschwindigkeit um -0,10 bis 0,01 m/s auszugehen (PEU II 1, S. 62). Warum diese Änderungen angesichts der im BAW-Gutachten H.1a ausgewiesenen Schwankungsbreiten (z.B. im Abschnitt km 650 bis km 640 MThw zwischen 1,72 und 1,84 m NN, MTnw zwischen -1,65 bis -1,57 m NN, mittlere Flutstromgeschwindigkeit zwischen 0,75 und 0,91 m/s sowie mittlere Ebbestromgeschwindigkeit zwischen 0,70 und 0,86 m/s; H.1a, S. 71 f.) geeignet sein sollen, bei den Makrophyten einen Klassenwechsel zu bewirken, ist nicht erkennbar und haben die Kläger nicht dargelegt.

549 Mit ihrem Hinweis auf eine zusätzliche Belastung durch Schiffswellen dringen die Kläger nicht durch. Den Parameter Seegangsbelastung (WRRL: Wellenbelastung) ordnet der Fachbeitrag als Teil der QK Tidenregime zutreffend dem Übergangsgewässer zu (PEU II 1, S. 59). Welchem Parameter bzw. welcher QK die schiffserzeugte Wellenbelastung zuzuordnen ist, kann dahinstehen. Der Fachbeitrag schließt vorhabenbedingt verstärkte Ufererosionen durch schiffserzeugte Belastungen mit Blick auf die in den Planfeststellungsbeschlüssen festgelegte Begrenzung der Schiffsgeschwindigkeiten (PFB, S. 65) aus. Die Einwendungen der Kläger gegen das der Bemessung der Schiffsgeschwindigkeiten zugrunde liegende BAW-Gutachten H.1d und die Wirksamkeit der Überwachungsmethode sind nicht begründet (siehe oben unter A.III.1.d und B.II.1.b)cc)).

550 (b) Einstufung und Auswirkungsprognose für die QK benthische wirbellose Fauna (Makrozoobenthos) begegnen ebenfalls nicht den geltend gemachten Bedenken.

551 (aa) Der Fachbeitrag knüpft bei der Bewertung des ökologischen Potenzials dieser QK am BWP 2016 (Karte 4.2.3) an (PEU II 1, S. 40 ff., 77 f., 91 ff., 109 ff., 132 ff.). Die darin dokumentierten Potenzialbewertungen mit "mäßig" für die erheblich veränderten OWK Elbe-Ost, Elbe-Hafen, Elbe-West und Elbe-Übergangsgewässer sowie die Zustandsbewertung mit "sehr gut" für den natürlichen OWK Außenelbe-Nord sind nicht zu beanstanden.

552 Ausweislich der Erläuterungen im Anhang zum Fachbeitrag (PEU II 1, S. 177 ff., 203 f.) ist für die Potenzialbewertung der QK benthische wirbellose Fauna in den OWK Elbe-Ost, Elbe-Hafen, Elbe-West und Elbe-Übergangsgewässer eine Anpassung des für die Zustandsbewertung entwickelten Ästuartypieverfahrens (AeTV) erfolgt. Mithilfe des für die Zustandsbewertung der limnischen OWK modifizierten Bewertungsverfahrens (AeTV+) ist für die OWK Elbe-Ost, Elbe-West und Elbe-Übergangsgewässer eine Neuberechnung der Potenzialbewertung auf der Grundlage der Daten von Krieg (2011a, 2013; siehe PEU II 1, S. 168) erfolgt; die Einstufung der QK für den OWK-Hafen basiert auf expert judgement (PEU II 1, S. 178).

553 Das für die Potenzialbewertung modifizierte Teilmodul AeTI des Verfahrens AeTV+ begegnet nicht deshalb Bedenken, weil die Indikator-Taxaliste um verschiedene Arten aus der Gruppe der Insekten und der Mollusken reduziert worden ist. Nach den Erläuterungen von Bioconsult ("Ermittlung des höchsten ökologischen Potenzials <HÖP> und des guten ökologischen Potenzials <GÖP> für tideoffene Gewässer - Qualitätskomponente Makrozoobenthos. Gewässertypen 22.2/3 <Flüsse und Ströme der Marschen> sowie Typ 20 <sandgeprägte Ströme>" von April 2015, S. 59; fortan Bioconsult 2015, vgl. PEU II 1, S. 166) ist ein regelmäßiges Vorkommen dieser Arten unter den aktuellen hydromorphologischen Rahmenbedingungen und Nutzungen als unwahrscheinlich angesehen worden. Der dadurch entstehende deutliche Unterschied zwischen der Referenztaxaliste und der "reduzierten Taxaliste" sei auf der Bewertungsebene irrelevant. Aufgrund der Konzeption des AeTI-Moduls sei zur Erreichung des höchsten ökologischen Potenzials ein Vorkommen aller Taxa der Liste nicht erforderlich. Vor diesem Hintergrund ist es fachlich unbedenklich, bei der Bestimmung des relevanten Artenspektrums für eine Potenzialbewertung solche Arten auszuklammern, die in den betroffenen OWK aufgrund ihrer anthropogenen Überformung nicht (mehr) vorkommen.

554 Entgegen der Auffassung der Kläger liegen der Potenzialbewertung nicht nur die Ergebnisse für das Jahr 2012 zugrunde. Die Bewertungstabellen auf S. 78 (OWK Elbe-Hafen), S. 92 (OWK Elbe-West) und S. 110 (Elbe-Übergangsgewässer) beziehen sich zwar maßgeblich auf Krieg 2013 ("Die Untersuchung der Qualitätskomponente benthische Wirbellosenfauna gemäß WRRL und Koordinierten Elbemessprogramm 2012 <KEMP 2012> in den Oberflächenwasserkörpern <OWK> der Tideelbe" von Juni 2013; vgl. PEU II 1, S. 168). Diese Untersuchung enthält aber u.a. eine vergleichende Bewertung der Jahre 2007, 2010 und 2012 (Krieg 2013, S. 26 f.). Auf den Zustandsbewertungen für diese drei Jahre beruhen die Potenzialbewertungen von Bioconsult 2015 (S. 65) für die OWK Elbe-Ost und Elbe-West (vgl. 2. PEB, S. 206).

555 Der Einstufung der QK benthische wirbellose Fauna mit "mäßig" im OWK Elbe-Hafen ist ausweislich der Erläuterungen von KORTEL vom 7. Oktober 2015 (S. 3 oben) die Zustandsbewertung von Krieg 2013 mit "unbefriedigend" an der Grenze zu "mäßig“ zugrunde gelegt worden. Daran gemessen und im Hinblick auf die im Fachbeitrag (PEU II 1, S. 79) dargelegten strukturellen und funktionalen Defizite des OWK Elbe-Hafen ist dieses Ergebnis plausibel.

556 Die Bewertung der QK benthische wirbellose Fauna für den OWK Elbe-Übergangsgewässer beruht auf Bioconsult 2014b ("Definition des ökologischen Potenzials in Übergangsgewässern. Theoretischer Hintergrund und Bewertungsmethoden für die Qualitätskomponenten nach WRRL" von 2014; PEU II 1, S. 110, 166, 178). Dabei wurde laut KORTEL vom 7. Oktober 2015 (S. 2) für das Jahr 2010 ein unbefriedigendes Potenzial (allerdings an der Grenze zu "mäßig") und für das Jahr 2012 ein mäßiges Potenzial ermittelt und auf dieser Grundlage insgesamt ein mäßiges Potenzial zugrunde gelegt. Hiergegen haben die Kläger keine substanziierten Einwände erhoben.

557 Die im Fachbeitrag nicht näher untersetzte - gegenüber dem BWP 2009 verbesserte - Bewertung der QK benthische wirbellose Fauna im OWK Außenelbe-Nord (ehemals Küstengewässer) mit "sehr gut" (PEU II 1, S. Tabelle 6.4-44 S. 132) ist nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung im Dezember 2016 gemäß Auskunft eines Mitarbeiters der zuständigen schleswig-holsteinischen Landesbehörde auf einen Anstieg des M-AMBI Indexes auf 0,85 (= Klassengrenze; PEU II 1, Tabelle 6.4-45, S. 132) infolge einer Zunahme des Artenreichtums (von 31 auf 40) zurückzuführen. Soweit die Kläger diese verbesserte Einstufung wegen der natürlichen Schwankungen der Artenhäufigkeit für nicht gerechtfertigt halten, wäre ein vorhabenbedingter Klassenwechsel von dann "gut" zu "mäßig" erst recht nicht zu erwarten.

558 (bb) Die Auswirkungsprognose für die QK benthische wirbellose Fauna im OWK Elbe-Hafen ist nicht zu beanstanden. Der Fachbeitrag schließt nachteilige Veränderungen durch die in diesem OWK vorgesehenen Maßnahmen (Vertiefung, Verbreiterung, erhöhte Unterhaltungsbaggerungen, Herstellung Vorsetze Köhlbrand und Richtfeuerlinie Blankenese) nicht von vornherein aus, geht im Ergebnis aber davon aus, dass die nach Anlage 3 der OGewV 2011 bewertungsrelevanten Parameter "Artenzusammensetzung" und "Artenhäufigkeit" vorhabenbedingt nicht so nachteilig verändert werden können, dass ein Klassenwechsel von "mäßig" (an der Grenze zu "unbefriedigend") zu "unbefriedigend" droht (PEU II 1, S. 78 ff., 82); die 2. Ergänzungsbeschlüsse machen sich diese Bewertung zu eigen (2. PEB, S. 164 f.). Soweit dabei auf S. 165 der 2. Ergänzungsbeschlüsse darauf verwiesen wird, dass die QK laut BWP im mittleren Bereich der Klassenstufe "mäßig" liege, bezieht sich diese - unzutreffende - Angabe offenbar auf die obere Zeile der Tabelle 6.4-11 auf S. 78 des Fachbeitrags. Tatsächlich liegt die Bewertung nach dem ökologischen Qualitätsquotienten (EQR) ausweislich der Erläuterung Nr. 2 zu dieser Tabelle an der Klassengrenze.

559 Für die Belastbarkeit der Auswirkungsprognose ist dieser Fehler ohne Belang. Es fehlt an jeglichen Anhaltspunkten dafür, dass die Planfeststellungsbehörden von anderen Voraussetzungen ausgegangen sind als der Fachbeitrag. Die Bezugnahmen auf den Fachbeitrag auf S. 164 f. der 2. Ergänzungsbeschlüsse belegen im Gegenteil, dass sie dessen Bewertungen uneingeschränkt übernehmen wollten. Die Einschätzung des Fachbeitrags, die Auswirkungen des Vorhabens seien auch unter Berücksichtigung der Einstufung der QK an der unteren Klassengrenze nicht geeignet, einen Klassenwechsel zu "unbefriedigend" zu bewirken, ist fachlich hinreichend untersetzt. Sie beruht tragend auf den Annahmen, dass von der Vertiefung der Fahrrinne nur eine Fläche von ca. 13 % (= 360 ha, siehe PEU II 1, S. 80) des OWK betroffen ist, die von wenigen angepassten, ökologisch anspruchslosen Arten mit hohem Reproduktionspotenzial in einem Extremlebensraum besiedelt wird, die Verbreiterung der Fahrrinne nur eine Fläche von < 1 % des OWK (= rund 20 ha, PEU II 1, S. 81) einnimmt, die relativ arten- und individuenarm ist und eine geringe Diversität aufweist, und die betroffenen Flächen nach Abschluss der Ausbau- und Unterhaltungsbaggerungen zeitnah (Regeneration nach 6 bis 18 Monaten) wiederbesiedelt werden. Die dagegen gerichteten Rügen der Kläger greifen nicht durch.

560 Die Vertiefungsmaßnahmen und die Baggerungen zur Unterhaltung der neuen Sohltiefe in der Hauptrinne werden in einem anthropogen degradierten Bereich stattfinden und sind daher nachvollziehbar ungeeignet, die dort schon jetzt deutlich reduzierte Artenvielfalt und Individuendichte nachteilig zu verändern. Für die Verbreiterung der Fahrrinne gilt im Ergebnis auch in Ansehung der Untersuchungsergebnisse von Krieg 2013 nichts anderes. Zwar lassen sich laut Krieg 2013 (S. 14 und 28) anhand der Positionierung der fünf Probestellen im Längsschnitt des OWK Elbe-Hafen die intensiv unterhaltenen Strecken von Abschnitten mit geringem Unterhaltungsaufwand mit dem AeTV eindeutig trennen. Ungeachtet dieser ohne Weiteres nachvollziehbaren Erkenntnis zeichnet sich der OWK Elbe-Hafen aber insgesamt durch eine artenarme Zoobenthoszönose und monospezifische Ausrichtung auf eine Süßwasserart aus (Krieg 2013, S. 28, 13 f.), die auch die Einstufung der QK mit "mäßig" an der Grenze zu "unbefriedigend" bedingt. In diese Betrachtung sind die Ergebnisse für die in der Norderelbe gelegene Probestelle P 10 nicht eingestellt worden, weil diese für die Gesamtstrecke nicht repräsentativ ist (Krieg 2013, S. 14).

561 Ob die Messergebnisse an den Probestellen P 9 und P 10 danach - wie die Kläger meinen - überhaupt Rückschlüsse auf die Artenvielfalt und Individuendichte in den von der Verbreiterung betroffenen Bereichen zulassen, die weiter stromab unmittelbar an die vielbefahrene und regelmäßig unterhaltene Fahrrinne angrenzen, kann dahinstehen. Grundsätzlich wird sich die Verbreiterung stärker auf das Zoobenthos auswirken als die weitere Vertiefung der Fahrrinne, weil Bereiche ausgebaggert werden, die zwar durch den Schiffsverkehr in der angrenzenden Hauptrinne vorbelastet sind, bisher aber nicht unmittelbar von Ausbau- und Unterhaltungsmaßnahmen betroffen waren (H.5b, S. 102). Die betroffenen Flächen machen aber mit weniger als 1 % nur einen geringen Teil des OWK aus. Zudem kann ebenso wie für die Vertiefung auch für die Verbreiterung von einer zeitnah nach Beendigung der Baggerungen beginnenden Wiederbesiedlung ausgegangen werden, die das Gewicht der nachteiligen Wirkungen der Ausbaumaßnahmen zusätzlich reduziert. Mobile Arten und die Arten, die sich passiv mit der Strömung ausbreiten, treten nach den auf das UVU-Teilgutachten H.5b gestützten Feststellungen des Fachbeitrags bereits nach einigen Stunden wieder in den gebaggerten Bereichen auf (PEU II 1, S. 80). Vor diesem Hintergrund ist die Erwartung einer leicht veränderten Artenzusammensetzung der Benthoszönose in Richtung der Zönose in der vorhandenen Fahrrinne sowie eines leichten Rückgangs der Artenhäufigkeit (PEU II 1, S. 81; 2. PEB, S. 164 f.) plausibel. Der Einwand der Kläger, es werde vorhabenbedingt zu einem weiteren Anstieg der Individuenzahlen der ohnehin dominanten stenöken Art Propappus volki kommen, geht fehl. Die Dominanz dieser Art im OWK Elbe-Hafen - die im Übrigen ausweislich der Tabelle A.1b (Krieg 2013, Anhang S. 33) auch an der Probestelle P 10 festgestellt worden ist - hat Eingang in die Zustands-/Potenzialbewertung gefunden (Krieg 2013, S. 15). Für die Annahme der Kläger, die Zunahme dieser Art habe zu einer rechnerischen Verbesserung des Bewertungsergebnisses geführt bzw. werde als positive Entwicklung betrachtet, geben weder der Fachbeitrag noch die 2. Ergänzungsbeschlüsse etwas her.

562 (c) Mit ihren Rügen gegen die Einstufung und Auswirkungsprognose für die QK Fischfauna dringen die Kläger ebenfalls nicht durch.

563 (aa) Entgegen ihrer Auffassung bedurfte es im BWP 2016 und im Fachbeitrag für die OWK Elbe-Ost, Elbe-Hafen, Elbe-West und Elbe-Übergangsgewässer keiner Einstufung des ökologischen Zustands dieser QK; für diese erheblich veränderten OWK ist das ökologische Potenzial maßgeblich. Die aus dem BWP 2016 übernommenen Potenzialbewertungen mit "mäßig" (PEU II 1, S. 40 OWK Elbe-Ost; S. 84 OWK Elbe-Hafen; S. 98 OWK Elbe-West; S. 116 OWK Elbe-Übergangsgewässer) sind nicht zu beanstanden. Für die limnischen OWK Elbe-Ost, Elbe-Hafen und Elbe-West beruhen sie auf dem von Bioconsult entwickelten Verfahren "Ästuariner Fischindex für die limnischen Gewässertypen der Tideelbe. Fishbased Assessment Tool - Estuarine Fresh Water (FAT-FW), Typ 20 'sandgeprägte tidebeeinflusste Ströme', Typ 22.3 'Ströme der Marschen'" von Oktober 2014; fortan Bioconsult 2014a, vgl. PEU II 1, S. 166). Bewertungsverfahren für den OWK Elbe-Übergangsgewässer ist das "Fishbased Assessment Tool - FAT-TW", das ebenfalls von Bioconsult entwickelt und für das ökologische Potenzial angepasst worden ist ("Definition des ökologischen Potenzials in Übergangsgewässern. Theoretischer Hintergrund und Bewertungsmethoden für die Qualitätskomponenten nach WRRL" von 2014; fortan Bioconsult 2014b; vgl. auch die Erläuterungen im Anhang zum Fachbeitrag PEU II 1, S. 181 f.).

564 Der Hinweis der Kläger auf die erheblich divergierenden Experteneinschätzungen bei der Plausibilitätsprüfung von FAT-FW begründet keine Bedenken an der fachlichen und methodischen Vertretbarkeit dieses Verfahrens. Ausweislich der Erläuterungen in Bioconsult 2014a (S. 73 ff.) sind die formalen Bewertungen nach dem Verfahren FAT-FW auch mit Experteneinschätzungen verglichen worden. Zu diesem Zweck wurden 15 Fachleuten (Fachbehörde, Mitglieder der EU-Interkalibrierungsgruppe Fische, andere Fischbiologen) hypothetische Fangdaten vorgelegt. Die Ergebnisse der Experteneinschätzungen für fünf verschiedene Szenarien unterscheiden sich teilweise um bis zu drei Klassenstufen (Bioconsult 2014a, S. 75). Daraus kann aber nicht auf die Mangelhaftigkeit des Verfahrens geschlossen werden. Die Ergebnisse der Befragung erheben keinen Anspruch auf Repräsentativität und spiegeln das "Bauchgefühl" der Experten wider; sie haben nur orientierenden Charakter (Bioconsult 2014a, S. 74). Zudem sind zwar Unterschiede zwischen formaler Bewertung und Experteneinschätzung zu konstatieren. Die graduell etwas optimistischere FAT-FW-Bewertung liegt aber ganz überwiegend im Bereich der Standardabweichungen der fachlichen Einschätzung (Bioconsult 2014a, S. 75).

565 (bb) Die Einwände gegen die Auswirkungsprognose für die QK Fischfauna in den OWK Elbe-Hafen und Elbe-West sind nicht begründet.

566 (aaa) Die Kläger halten die Auswirkungsprognose für den OWK Elbe-Hafen für fehlerhaft, weil mit Blick auf die Einstufung der QK Fischfauna an der Klassengrenze zu "unbefriedigend" (Klassengrenze bei einem EQR von < 0,4; Einstufung EQR im OWK 0,409; PEU II 1, Tabelle 6.4-15 S. 84) ohne Weiteres davon auszugehen sei, dass die Baumaßnahmen (Vertiefung, Verbreiterung, Unterhaltungsbaggerungen, Herstellung Vorsetze Köhlbrand und Richtfeuerlinie Blankenese) bzw. deren Folgen (Verlandung, Erosion, Beeinträchtigung des Sauerstoffhaushalts) zu einem Klassenwechsel und damit zu einer Verschlechterung im Sinne der Rechtsprechung des EuGH führten. Dieser Ansatz greift zu kurz.

567 Der Fachbeitrag stellt bei der Auswirkungsprognose auf die für die Bewertung des ökologischen Potenzials der QK Fischfauna maßgeblichen Parameter "Artenzusammensetzung", "Artenhäufigkeit" und "Altersstruktur" ab (Anlage 3 Tabelle 1 zur OGewV 2011; Anhang V Ziffer 1.1.1 zur WRRL; Bioconsult 2014a, S. 63 ff.) und prüft, ob diese Parameter durch das Vorhaben so nachteilig verändert werden können, dass ein Klassenwechsel zu erwarten ist (PEU II 1, S. 84 f.). Als Voraussetzung dafür nennt der Fachbeitrag alternativ eine deutlich ungünstigere Artenzusammensetzung durch den vorhabenbedingten Ausfall von Leitarten oder typspezifischen Arten, eine Verschiebung der relativen Artenhäufigkeit durch einen deutlichen Rückgang der Bestände mehrerer Arten auf einem großen Flächenanteil der Gewässersohle oder eine Veränderung der Altersstruktur der Fischbestände durch den weitgehenden Ausfall einzelner - insbesondere juveniler - Altersklassen (PEU II 1, S. 87). Hiervon sind - wie die Beklagten in der mündlichen Verhandlung im Dezember 2016 klargestellt haben - entgegen der missverständlichen Formulierung auf S. 164 der 2. Ergänzungsbeschlüsse auch die Planfeststellungsbehörden ausgegangen. Der Fachbeitrag (PEU II 1, S. 85 ff.) und die 2. Ergänzungsbeschlüsse (2. PEB, S. 166 f.) verneinen einen drohenden Klassenwechsel mit der Begründung, dass von den Ausbaumaßnahmen und Unterhaltungsbaggerungen zwar Beeinträchtigungen der Fische durch Lärm/Geräusche, Schiffsbewegungen und verstärkte Trübung ausgingen, die aber nur temporäre Einschränkungen und Meidungsreaktionen zur Folge hätten. Auch während der Bauarbeiten seien ausreichende Ausweichmöglichkeiten in störungsärmere und -freie Bereiche vorhanden. Die - im Fachbeitrag näher lokalisierten - Laich- und Aufzuchtgebiete der meisten Fischarten im OWK würden von den Baggerungen nicht betroffen, der Fintenlaich werde durch das in den Planfeststellungsbeschlüssen angeordnete Baggerverbot geschützt. Die Nahrungsgrundlagen würden nur in geringem Umfang geändert.

568 Diese Bewertung ist nachvollziehbar und wird durch das Vorbringen der Kläger nicht erschüttert. Allein die Nähe der EQR-Bewertung zur unteren Klassengrenze trägt die Annahme eines "zwangsläufigen" Klassenwechsels schon deshalb nicht, weil es dazu einer Veränderung der Parameter "Artenzusammensetzung", "Artenhäufigkeit" oder "Altersstruktur" bedarf, deren Ausprägung bereits das Ergebnis einer intensiven anthropogenen Überformung und Nutzung des OWK Elbe-Hafen ist. Soweit die Kritik der Kläger an der Auswirkungsprognose an den nach ihrer Auffassung unterschätzten Auswirkungen des Vorhabens auf die unterstützenden QK (Morphologie, Wasserhaushalt/Tidenregime, Sauerstoffhaushalt) anknüpft, ist sie unbegründet (siehe oben unter B.IV.1.a)dd)(1)(a), (c), (e), (f)). Dass die danach geringen Auswirkungen auf die unterstützenden QK, namentlich die QK Morphologie, Wasserhaushalt/Tidenregime, Durchgängigkeit und Sauerstoffhaushalt sich dergestalt auf die Artenhäufigkeit, Artenzusammensetzung oder Altersstruktur auswirken, dass die Klassengrenze voraussichtlich überschritten wird, ist nicht ersichtlich oder dargetan.

569 Aus dem Hinweis der Kläger auf die Stellungnahme des Landessportfischerverbandes Schleswig-Holstein e.V. (LSFV) vom 24. November 2016 (Kapitel 4) folgt nichts anderes. Der LSFV hält die Annahme, dass es nicht zu einem Klassenwechsel kommt, nicht für schlüssig, weil die gegenüber dem Jahr 2009 (EQR 0,38) verbesserte Bewertung für das Jahr 2012 in Bioconsult 2014a (Tabelle 20 S. 69) im Wesentlichen auf einer höheren Individuenzahl des Dreistacheligen Stichlings und der Güster beruhe. Sofern dieser geringe Unterschied für einen Klassenwechsel nach oben reiche, müsse dies auch umgekehrt gelten. Dieses Vorbringen überzeugt nicht. Ausweislich der Tabelle 4 ("Überblick über die Referenzartengemeinschaft der Gewässertypen 20 und 22.3 ") in Bioconsult 2014a (S. 27) sind der Dreistachelige Stichling und die Güster im OWK Leitarten mit hoher Individuenzahl. Der LSFV weist selbst darauf hin, dass der Dreistachelige Stichling ein eigenständiger Abundanzindikator sei und die Güster zum Abundanzindikator der Cyprinidae (Karpfenfische) gehöre. Der Dreistachelige Stichling ist in der Tabelle 1 auf S. 8 der Stellungnahme des LSFV mit zwei adulten Exemplaren im Jahr 2009 und 108 Exemplaren im Jahr 2012 verzeichnet; die Änderung ist als stark positive Entwicklung (++) bewertet. Für die Güster sind in dieser Tabelle jeweils insgesamt 11 Exemplare im Jahr 2009 und 335 Exemplare im Jahr 2012 angegeben; auch diese Änderung wird als stark positive Entwicklung klassifiziert. Dass die danach stark positive Entwicklung zweier Leitarten einen Klassenwechsel nach oben bewirkt haben kann, leuchtet ohne Weiteres ein.

570 (bbb) Ein vorhabenbedingter Klassenwechsel für die im OWK Elbe-West mit einem EQR von 0,435 in der Nähe der unteren Klassengrenze eingestuften QK Fischfauna wird im Fachbeitrag (PEU II 1, S. 98 ff.) und den 2. Ergänzungsbeschlüssen (S. 172 f.) ebenfalls nachvollziehbar verneint. Auch hier gilt, dass die Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens auf die unterstützenden QK nicht zu beanstanden ist (siehe oben unter B.IV.1.a)dd)(1)(a), (c), (d), (e)). Warum die schwachen Änderungen der Salzgehalte im Bereich km 650 bis km 655 - wie die Kläger ohne nähere Ausführungen geltend machen - als zusätzlicher Stressor für die stromauf wandernden Fische wirken, erschließt sich nicht. Hinsichtlich des Sauerstoffhaushalts sind für die Finte, die in der Zeit von Mitte April bis Ende Juni im Bereich km 635 bis km 655 laicht, erhebliche Beeinträchtigungen durch einen vorhabenbedingten Absunk des Sauerstoffs um 0,2 mg O2/l selbst nach dem strengen habitatrechtlichen Maßstab zu Recht ausgeschlossen worden (siehe oben unter B.II.1.g)hh)). Dass die Ausbaumaßnahmen auf insgesamt ca. 14,6 % der Fläche des OWK (Vertiefung auf einer Fläche von 410 ha ≙ ca. 11 %, Begegnungsstrecke auf rund 130 ha ≙ ca. 3,6 %; vgl. PEU II 1, S. 99) mit Ausnahme des Laichgebiets der Finte für die Fischfauna relevante Bereiche betreffen, haben die Kläger nicht substanziiert dargetan. Laut Fachbeitrag (PEU II 1, S. 99) bevorzugen die adulten Stadien vieler Fischarten die zumeist nahrungsreicheren, strömungsärmeren und flacheren Bereiche. Neben der Finte bevorzugten lediglich Hering, Sprotte und die Kleine Seenadel das tiefere Wasser des Hauptstroms. Die Kleine Seenadel komme im OWK aber nicht vor, Hering und Sprotte zählten nicht zu den bewertungsrelevanten Arten. Das Vorbringen der Kläger, die vorhabenbedingten Änderungen der maximalen Ebbe- und Flutstromgeschwindigkeiten sowie der Stauwasserdauer führten zu einer zunehmenden Verlandung wertvoller Flachwasserzonen und Nebenelben im OWK, etwa der Hahnöfer Nebenelbe, findet in den BAW-Gutachten keine Stütze. Das Gutachten H.1c (S. 87) prognostiziert für die Hahnöfer Nebenelbe eine Abnahme des Eintrags suspendierter Sedimente um 10 % und für die Lühesander Nebenelbe eine Zunahme um 2 %. Dass diese Änderungen zu einer Verlandung führen, ist nicht plausibel und wird auch durch die von den Klägern benannten Bilder 75, 85, 95 und 105 der Anlage 1 zum BAW-Gutachten H.1c nicht belegt.

571 Aus den Schwankungen des EQR zwischen den einzelnen Jahren (2009: 0,52; 2011: 0,58; 2012: 0,435), die größer sind als der Abstand des EQR für das Jahr 2012 zur Klassengrenze von 0,40, kann entgegen der Auffassung des LSFV nicht auf einen drohenden Klassenwechsel geschlossen werden. Ausweislich der Tabelle 20 in Bioconsult 2014a (S. 69) haben sich die Schwankungen im OWK Elbe-West in den Jahren 2009, 2011 und 2012 immer innerhalb der Potenzialklasse "mäßig" bewegt. Hinzu kommt, dass die biologischen QK oftmals eine hohe natürliche zeitliche Variabilität, etwa im Vorkommen und in der Abundanz von Arten, aufweisen. Diese Variabilität ist z.B. auf im Jahresverlauf oder jahresübergreifend auftretende meteorologische und hydrologische Schwankungen zurückzuführen. Insbesondere bei OWK, deren Bewertung der biologischen QK im Grenzbereich zwischen zwei Qualitätsstufen liegt, können sich hieraus Veränderungen in der Gesamtbewertung ergeben. Während sich solche durch natürliche Schwankungen verursachten Bewertungsänderungen bei Betrachtungen über längere Zeiträume und große Betrachtungsräume tendenziell gegenseitig aufheben, können sie auf Ebene der einzelnen Wasserkörper und bei kürzeren Betrachtungszeiträumen zu scheinbaren Veränderungen führen (BWP 2016, S. 206 f.). Dies erhellt, warum das Augenmerk bei der Auswirkungsprognose nicht allein oder vorrangig auf die Entfernung zur unteren Klassengrenze, sondern die prognostizierten Vorhabenwirkungen zu richten ist. Aus dem Vorbringen des LSFV, die QK Fischfauna zeige im OWK Elbe-West seit 2009 einen deutlichen Abwärtstrend, der vorhabenbedingt vermutlich zu einer Überschreitung der Klassengrenze führe, ergibt sich nichts Abweichendes. Laut Tabelle 20 auf S. 69 in Bioconsult 2014a war der EQR des Jahres 2011 geringfügig höher als der EQR für das Jahr 2009. Zudem weist immerhin einer der so genannten 4-Holwerte aus dem Jahr 2012 sogar einen EQR von 0,563 auf. Die Zahlen belegen daher keinen generellen Abwärtstrend, sondern nur Schwankungen, die - wie ausgeführt - auch natürliche Ursachen haben können.

572 (ccc) Soweit in der Stellungnahme des LSFV vom 24. November 2016 (S. 8 f. unter 4.2) auf mögliche Betroffenheiten der Arten Meerneunauge, Meerforelle und Lachs durch eine vorhabenbedingte Verschärfung des Sauerstoffmangels verwiesen wird, fehlt es dem Vorbringen schon an der erforderlichen Substanz. Abgesehen davon, dass diese drei Arten nicht zu den Leitarten oder typspezifischen Arten gehören (Bioconsult 2014a, Tabelle 4 S. 27), wird weder dargelegt, welche Sauerstoffwerte für diese Arten relevant sind, noch aufgezeigt, in welchen für diese Arten sensiblen Lebensphasen (etwa Laichaufstieg) diese Werte vorhabenbedingt eine für die Parameter "Artenzusammensetzung", "Artenhäufigkeit" oder "Altersstruktur" relevante nachteilige Veränderung erfahren. Das UVU-Teilgutachten H.5b (S. 70) zur aquatischen Fauna weist für das Meerneunauge und den Lachs jedenfalls keine und für die Meerforelle nur eine bedingte Betroffenheit durch Sauerstoffmangel aus.

573 Der unter Bezugnahme auf Bioconsult 2014a erhobene Einwand, die Dichte des Kaulbarschvorkommens könne durch die Ausbaumaßnahmen und eine Zunahme des Schiffsverkehrs weiter abnehmen, ist ebenfalls nicht substanziiert. Die damit vermutlich in Bezug genommene Passage auf S. 56 von Bioconsult 2014a behandelt vor allem mögliche Ursachen der 1991 dokumentierten Bestandsrückgänge beim Kaulbarsch. Dass Stoffbelastungen und Schiffsverkehr auch die maßgeblichen Ursachen für den Rückgang von 2009 bis 2012 sind, ergibt sich daraus nicht. Ungeachtet dessen kommt es hierauf im Rahmen der Auswirkungsprognose für das streitgegenständliche Vorhaben entscheidungserheblich nicht an.

574 (d) Die Rüge, die Verschlechterungsprüfung für die Nebenflüsse sei unzulänglich, weil sie am Potenzial anknüpfe und im Fachbeitrag (PEU II 1, Tabelle 6.3-11 S. 49) nur eine zusammenfassende Gesamtbewertung wiedergegeben werde, ist unbegründet.

575 Ausweislich der Erläuterungen im Fachbeitrag (PEU II 1, S. 50) sind zwei (Ilmenau und Wischhafener Süderelbe) der insgesamt 16 Nebenflüsse inzwischen von erheblich veränderten in natürliche OWK umgestuft worden. Nur für diese beiden OWK ist die Einstufung des ökologischen Zustands relevant, im Übrigen ist die Potenzialbewertung maßgeblich. Für 15 Nebenflüsse ist der ökologische Zustand bzw. das ökologische Potenzial mit "mäßig" oder "unbefriedigend" bewertet, das Potenzial des Lühe-Aue-Unterlaufs ist als "schlecht" eingestuft.

576 Die Auswirkungen auf die nicht unmittelbar von Ausbaumaßnahmen betroffenen Nebenflüsse werden im Fachbeitrag (PEU II 1, S. 137 f.) und den 2. Ergänzungsbeschlüssen (2. PEB, S. 189 ff.) ausreichend behandelt. Ausbaubedingte Veränderungen der Habitatbedingungen, die bei den biologischen QK zu einem Abweichen vom Status quo oder einem Klassenwechsel führen könnten, sind danach nicht zu erwarten (PEU II 1, S. 138; 2. PEB, S. 192; siehe oben unter IV.1.a)dd)(1)(h)).

577 b) Ein Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot unter dem Gesichtspunkt einer Verschlechterung des chemischen Zustands des OWK Elbe-Übergangsgewässer durch Ablagerung von belastetem Baggergut wird in den 2. Ergänzungsbeschlüssen (S. 183) zu Recht verneint.

578 aa) Der chemische Zustand dieses OWK ist wegen der Überschreitung der Umweltqualitätsnormen für mehrere Stoffe nach § 6 Satz 2 OGewV 2011 als "nicht gut" eingestuft worden (PEU II 1, S. 122 f.). Nach den vom EuGH in seinem Urteil vom 1. Juli 2015 - C-461/13 - zum ökologischen Zustand entwickelten Grundsätzen stellt jede weitere nachteilige Veränderung einer in der niedrigsten Klassenstufe eingeordneten Qualitätskomponente eine unzulässige Verschlechterung dar. Diese Grundsätze können auf den chemischen Zustand übertragen werden. Die Wasserrahmenrichtlinie und die Oberflächengewässerverordnung sehen zwar für die Bewertung des chemischen Zustands anders als beim ökologischen Zustand/Potenzial nicht fünf Klassenstufen, sondern nur zwei Bewertungsmöglichkeiten ("gut" und "nicht gut") vor. Der EuGH hat bei der Konkretisierung des Verschlechterungsbegriffs aber nicht allein auf den ökologischen Zustand bzw. das ökologische Potenzial abgestellt, sondern den chemischen Zustand in seine rechtliche Würdigung einbezogen. Dabei hat er als Gegenstand der Qualitätsziele ausdrücklich auch den guten chemischen Zustand benannt (Rn. 41) und auf die Definition des Begriffs "Zustand des Oberflächengewässers" in Art. 2 Nr. 17 WRRL verwiesen (Rn. 55), die den chemischen Zustand einschließt. Die "volle praktische Wirksamkeit des Verschlechterungsverbots" hat er nur dann als gewährleistet erachtet, wenn der Begriff "Verschlechterung" im Hinblick auf eine Qualitätskomponente oder einen Stoff ausgelegt werde (Rn. 66). Daraus folgt, dass eine Verschlechterung des chemischen Zustands eines OWK vorliegt, sobald durch die Maßnahme mindestens eine Umweltqualitätsnorm im Sinne der Anlage 7 zur OGewV 2011 (Anlage 8 zur OGewV 2016) überschritten wird. Hat ein Schadstoff die Umweltqualitätsnorm bereits überschritten, ist jede weitere vorhabenbedingte Erhöhung der Schadstoffkonzentration eine unzulässige Verschlechterung. Hiervon gehen auch der Fachbeitrag (PEU II 1, S. 19) und die 2. Ergänzungsbeschlüsse (S. 156) aus.

579 bb) Daran gemessen erscheint die Einbringung belasteten Baggerguts aus den OWK Elbe-Hafen und Elbe-West in die UWA Medemrinne Ost im OWK Elbe-Übergangsgewässer nicht von vornherein unbedenklich. Zwar werden ausweislich der 2. Ergänzungsbeschlüsse (S. 181; vgl. auch PEU II 1, S. 123) keine zusätzlichen prioritären oder prioritär gefährlichen Stoffe in das Gewässer eingebracht, die zu einer erstmaligen Überschreitung bisher eingehaltener Umweltqualitätsnormen führen könnten. Die Ablagerung belasteten Materials ist aber prinzipiell mit dem Risiko verbunden, dass im Sediment gebundene Schadstoffe, für die schon bisher die Umweltqualitätsnormen überschritten sind, in die Wasserphase übergehen und dort zu einer Konzentrationssteigerung führen. Die Beklagten haben indes in der durch Protokollerklärung in der mündlichen Verhandlung vom 21. Dezember 2016 ergänzten Anordnung A.II.1.6.3 (2. PEB, S. 6) und in Anordnung A.II.2.2 (PFB, S. 58) Vorkehrungen getroffen, die dies ausschließen sollen. Zum einen darf in die UWA Medemrinne Ost nur Baggergut eingebracht werden, das unter Fall 2 oder besser der Gemeinsamen Übergangsbestimmungen zum Umgang mit Baggergut in Küstengewässern (GÜBAK) in der jeweils geltenden Fassung fällt, also maximal mäßig höher belastet ist als die Sedimente im Bereich der Ablagerungsstelle. Zum anderen erfolgt keine Verklappung des Baggerguts in die freie Welle, sondern ein Einbau als untere Schicht der UWA Medemrinne Ost mit nachfolgender Abdeckung. Für den Einbau ist ein schonendes Verfahren vorgesehen, das den Kontakt mit dem Wasser räumlich und zeitlich eng begrenzt. Das Baggergut wird im Schutz zuvor hergestellter Dämme bodennah auf definierten Teilflächen - nach den Erläuterungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung im Dezember 2016 in der Größe von jeweils 500 m x 500 m und in einer Höhe bis zu 1 m - eingebracht. Die so befüllten Teilflächen sind anschließend mit unbelastetem Material abzudecken; die endgültige Abdeckung der jeweiligen Teilflächen muss vollständig innerhalb von jeweils drei Monaten fertiggestellt sein.

580 Der Senat folgt der Einschätzung der Beklagten, dass die genannten Schutzmaßnahmen in der Gesamtschau ausreichen, um eine messtechnisch erfassbare und damit als Verschlechterung zu Buche schlagende Zunahme der Schadstoffkonzentrationen zu vermeiden. Die jeweils offenliegenden Teilflächen des ohnehin nur mäßig höherbelasteten Materials machen bloß einen verschwindend geringen Anteil an der Gesamtfläche des OWK aus; selbst die UWA Medemrinne Ost als Ganze nimmt nur 1,5 % der Fläche des OWK Elbe-Übergangsgewässer ein (PEU II 1, S. 124; 2. PEB, S. 182). Der Kontakt mit dem Wasser ist außerdem auf wenige Wochen beschränkt, und durch die vorgesehenen Dämme wird einem Verdriften des Baggerguts entgegengewirkt. Die Beurteilung, dass auf diese Weise eine greifbare Mehrbelastung auszuschließen ist, wird zusätzlich durch die GÜBAK gestützt, die ihrerseits auf eine ökologisch vertretbare Ablagerung von Baggergut zielt (S. 5) und als Ausdruck fachkundlicher Expertise der Verwaltungen von Bund und Küstenländern auch unter Geltung der Wasserrahmenrichtlinie den gesicherten Einbau von Materialien der Fallgruppe 2 im Gewässer explizit als mögliche Sicherungsmaßnahme vorsieht (GÜBAK 2009, S. 4, 14, 19).

581 2. Ein Verstoß gegen das Verbesserungsgebot lässt sich ebenfalls nicht feststellen.

582 Gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 2 WHG sind oberirdische Gewässer, soweit sie nicht nach § 28 als künstlich oder erheblich verändert eingestuft sind, so zu bewirtschaften, dass ein guter ökologischer und ein guter chemischer Zustand erhalten oder erreicht werden. Die als künstlich oder erheblich verändert eingestuften oberirdischen Gewässer sind nach § 27 Abs. 2 Nr. 2 WHG so zu bewirtschaften, dass ein gutes ökologisches Potenzial und ein guter chemischer Zustand erhalten oder erreicht werden. Diese Regelungen dienen zur Umsetzung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a Ziffer ii und iii WRRL. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 1. Juli 2015 - C-461/13 - Rn. 51) ist eine Genehmigung vorbehaltlich der Gewährung einer Ausnahme zu versagen, wenn das konkrete Vorhaben die Erreichung eines guten Zustands eines Oberflächengewässers bzw. seines guten ökologischen Potenzials und (oder) eines guten chemischen Zustands eines Oberflächengewässers zu dem nach der Richtlinie maßgeblichen Zeitpunkt gefährdet. Auch insoweit ist mangels anderweitiger Auslegungshinweise des EuGH zur Konkretisierung des in der Wasserrahmenrichtlinie (vgl. Art. 4 Abs. 6 Buchst. a und c, Abs. 8 WRRL) und im Wasserhaushaltsgesetz (vgl. § 28 Nr. 3, § 29 Abs. 2 Satz 2, § 31 Abs. 1 Nr. 2 und 3 WHG) verwendeten Begriffs "gefährden" auf den allgemeinen ordnungsrechtlichen Wahrscheinlichkeitsmaßstab abzustellen. Es reicht daher weder aus, dass das Bewirtschaftungsziel möglicherweise nicht fristgerecht erreicht wird, noch muss die Zielverfehlung gewiss sein. Maßgeblich ist, ob die Folgewirkungen des Vorhabens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit faktisch zu einer Vereitelung der Bewirtschaftungsziele führen können (vgl. Durner, in: Landmann/Rohmer, UmwR, Stand Mai 2016, § 28 WHG Rn. 22; Knopp, in: Sieder/Zeitler, WHG/AbwAG, Stand Mai 2016, § 28 WHG Rn. 60).

583 Ausgehend von diesem Maßstab, der auch dem Fachbeitrag (PEU II 1, S. 20, 139) und den 2. Ergänzungsbeschlüssen (2. PEB, S. 157) zugrunde liegt, sind die Planfeststellungsbehörden zu Recht davon ausgegangen, dass die Erreichung eines guten ökologischen Potenzials für die OWK Elbe-Ost, Elbe-Hafen, Elbe-West und Elbe-Übergangsgewässer sowie eines guten ökologischen Zustands für den OWK Außenelbe-Nord zum Ablauf der bis Ende 2027 verlängerten Frist (siehe BWP 2016, Karte 5.1 und Anhang 5.2, S. 59 OWK Elbe-Ost; S. 60 OWK Elbe-Hafen; S. 105 OWK Elbe-West; S. 112 OWK Elbe-Übergangsgewässer und S. 102 OWK Außenelbe-Nord) und eines guten chemischen Zustands aller OWK bis Ende 2021 bzw. 2027 (vgl. § 7 Abs. 1 OGewV 2016; BWP 2016, Karte 5.2) durch das Ausbauvorhaben nicht gefährdet wird. Die hiergegen erhobenen Einwände der Kläger sind nicht begründet. Die Planfeststellungsbehörden mussten weder die "Aktualisierung des Maßnahmenprogramms nach § 82 WHG bzw. Artikel 11 der Richtlinie 2000/60/EG für den deutschen Teil der Flussgebietseinheit Elbe für den Zeitraum von 2016 bis 2021" vom 12. November 2015 (fortan MP) auf ihre Eignung und Vollständigkeit überprüfen (a) noch die Auswirkungen anderer Vorhaben auf die Zielerreichung in die Prüfung einbeziehen (b).

584 a) Die Fachgutachter (PEU II 1, S. 139 ff.) und die Planfeststellungsbehörden (2. PEB, S. 160 OWK Elbe-Ost; S. 168 OWK Elbe-Hafen; S. 174 OWK Elbe-West) durften bei der Prüfung, ob die Zielerreichung gefährdet wird, am MP anknüpfen und sich darauf beschränken, ob die darin für das Erreichen eines guten ökologischen Potenzials/Zustands in den OWK vorgesehenen Maßnahmentypen und die von der Arbeitsgemeinschaft Tideelbestrom ergänzend vorgeschlagenen Einzelmaßnahmen durch das Vorhaben ganz oder teilweise behindert bzw. erschwert werden. Zu weitergehenden Prüfungen des MP bestand kein Anlass.

585 aa) Das Verbesserungsgebot ist vor allem durch die wasserwirtschaftliche Planung zu verwirklichen. Die Referenzbedingungen und Umweltqualitätsnormen für den guten ökologischen Zustand/das gute ökologische Potenzial und den guten chemischen Zustand sind in der Wasserrahmenrichtlinie und den Tochterrichtlinien sowie der Oberflächengewässerverordnung zwar abstrakt beschrieben bzw. festgelegt. Die Umsetzung dieser Vorgaben muss aber durch Maßnahmenprogramme (Art. 11 WRRL; § 82 WHG) und Bewirtschaftungspläne (Art. 13 WRRL, § 83 WHG) erfolgen (vgl. BVerwG, Vorlagebeschluss vom 11. Juli 2013 - 7 A 20.11 - Rn. 53). Während die Bewirtschaftungspläne nach § 83 WHG vor allem dokumentarischen Charakter haben, sind die Maßnahmenprogramme nach § 82 WHG das zentrale Instrument der wasserwirtschaftlichen Planung und führen die Schritte auf, die unternommen werden sollen, um die Gewässer entweder einem guten ökologischen Zustand/Potenzial und chemischen Zustand zuzuführen oder sie diesem Ziel unter Ausnutzung der Ausnahmeregelungen der §§ 30 und 31 WHG jedenfalls näherzubringen (vgl. § 82 Abs. 1 Satz 1 WHG; Durner, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Dezember 2015, § 27 WHG Rn. 30). Bei der Entwicklung und Auswahl der Bewirtschaftungsmaßnahmen verfügen die Mitgliedstaaten über einen weiten Handlungsspielraum, der es ihnen u.a. ermöglicht, die Besonderheiten und Merkmale der Wasserkörper in ihrem Hoheitsgebiet zu berücksichtigen; die Wasserrahmenrichtlinie zielt nicht auf eine vollständige Harmonisierung der wasserrechtlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten ab (vgl. EuGH, Urteil vom 1. Juli 2015 - C-461/13 - Rn. 34, 42).

586 bb) Angesichts der in der Wasserrahmenrichtlinie angelegten Vorrangstellung der wasserwirtschaftlichen Planung, die sich auch darin widerspiegelt, dass die Bundesländer mehrheitlich die Behördenverbindlichkeit von Bewirtschaftungsplan und Maßnahmenprogramm vorgesehen haben, dürfen (und müssen) sich die Genehmigungsbehörden bei der Vorhabenzulassung nach deren Inhalt richten. Sie haben daher grundsätzlich nicht zu prüfen, ob die im Maßnahmenprogramm vorgesehenen Maßnahmen zur Zielerreichung geeignet und ausreichend sind; auf die Eignung der in Anlage K 5 zum Schriftsatz der Kläger vom 31. Mai 2016 aufgeführten Verbesserungsmaßnahmen kommt es schon deshalb nicht an. Auch die gerichtliche (inzidente) Überprüfung des Maßnahmenprogramms beschränkt sich darauf, ob die zuständigen Stellen (hier die FGG Elbe) von ihrem wasserwirtschaftlichen Gestaltungsspielraum im Einklang mit den normativen Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie und des Wasserhaushaltsgesetzes Gebrauch gemacht haben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Bewirtschaftungsplanung auf Flussgebietseinheiten bezogen ist (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1, § 82 Abs. 1 Satz 1, § 83 Abs. 1 WHG) und so dem Ziel einer großräumig angelegten und integrativen Gewässerbewirtschaftung dient. Diesem Ziel könnte mit von vornherein lediglich für Teileinzugsgebiete von Flussgebietseinheiten konzipierten Maßnahmenprogrammen nicht hinreichend Rechnung getragen werden, weil andernfalls die räumlichen und gewässerspezifischen Wirkungen von Maßnahmen auf andere Einzugsgebiete bzw. die gesamte Flussgebietseinheit nur unzureichend berücksichtigt würden (Appel, in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 1. Aufl. 2011, § 82 Rn. 16). Die Maßnahmenplanung erfordert daher neben umfangreichen Bestandsaufnahmen u.a. komplexe Risikoanalysen und -abschätzungen (vgl. BWP 2016, S. 52 ff.) sowie überregionale Strategien zur Erreichung der Umweltziele (BWP 2016, S. 98 ff.). Zudem setzt die Bewertung, mit welchen Maßnahmen die Umweltziele erreicht werden können, spezifischen wasserwirtschaftlichen und naturschutzfachlichen Sachverstand voraus und ist namentlich in einem dynamischen, von anthropogenen Eingriffen, vielfältigen Nutzungsansprüchen und natürlichen Einflüssen geprägten Flusssystem mit erheblichen Unsicherheiten behaftet, die auch und gerade die nachhaltige Wirksamkeit von Verbesserungsmaßnahmen betreffen. Vor diesem Hintergrund kann von einer fehlerhaften Ausfüllung des Gestaltungsspielraums nur dann ausgegangen werden, wenn der Plangeber seinem Planungsauftrag offensichtlich nicht gerecht geworden ist. Das Maßnahmenprogramm muss jedenfalls auf die Verwirklichung des jeweiligen Bewirtschaftungsziels angelegt sein; dies erfordert ein kohärentes Gesamtkonzept, das sich nicht lediglich in der Summe von punktuellen Einzelmaßnahmen erschöpft (Durner, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Dezember 2015, § 27 WHG Rn. 30 unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 21. Januar 1999 - C-207/97 - Rn. 39 ff.).

587 cc) Dass es an einem solchen kohärenten Gesamtkonzept für den deutschen Teil der Flussgebietseinheit Elbe fehlt, haben die Kläger nicht dargetan und ist auch sonst nicht ersichtlich. Die Grundlagen der Maßnahmenplanung sind im MP (S. 3 f.) und dem BWP 2016 (S. 156 ff.) darlegt. Danach erfolgt die Ableitung der Maßnahmen in verschiedenen Schritten nach dem so genannten DPSIR-Ansatz. Dabei handelt es sich um ein analytisches Konzept, dessen Abkürzung für die Kausalkette von Einflussgrößen steht. Dazu werden der aktuelle Zustand bzw. das aktuelle Potenzial, die signifikanten anthropogenen Belastungen und ihre Auswirkungen sowie die Hauptverursacher ermittelt und auf dieser Grundlage belastungsbezogen die zielführenden, kosteneffizientesten und umsetzbaren Maßnahmen bestimmt (BWP 2016, S. 156; MP, S. 3). Grundlage ist der einheitliche LAWA-BLANO-Maßnahmenkatalog vom 1. September 2015 (Anhang M1 zum MP). Unterschieden wird dabei - wie von der Wasserrahmenrichtlinie und dem Wasserhaushaltsgesetz vorgegeben - zwischen grundlegenden (Art. 11 Abs. 3 WRRL, § 82 Abs. 3 WHG), ergänzenden (Art. 11 Abs. 4 WRRL, § 82 Abs. 4 WHG) und zusätzlichen Maßnahmen. Zu den grundlegenden Maßnahmen gehören vor allem solche, die der Umsetzung verschiedener unionsrechtlicher Vorschriften zum Gewässerschutz, etwa der Badegewässerrichtlinie, der Trinkwasserrichtlinie, der Seveso-II-Richtlinie, der Klärschlammrichtlinie, der Nitratrichtlinie, der Kommunalabwasserrichtlinie etc. dienen (BWP 2016, S. 157; MP, S. 17 ff.). Ergänzende Maßnahmen sind für alle identifizierten überregional bedeutsamen Belastungsschwerpunkte erforderlich, weil die Umweltziele allein mit den grundlegenden Maßnahmen nicht erreicht werden können (BWP 2016, S. 158 ff.; MP, S. 25 ff.). Zusätzliche Maßnahmen, die neben den grundlegenden und ergänzenden Maßnahmen keine eigenständige Kategorie darstellen, sind erforderlich, wenn aus den Ergebnissen der Überwachungsprogramme oder sonstigen Daten hervorgeht, dass die für den Wasserkörper festgelegten Ziele voraussichtlich nicht erreicht werden (Art. 11 Abs. 5 WRRL, § 82 Abs. 5 WHG).

588 Die für die hier betroffenen OWK vorgesehenen Maßnahmentypen finden sich im Anhang M4 des MP (S. 189 ff.). Dort werden in tabellarischer Form für die einzelnen OWK die Belastungen und die Maßnahmentypen bezeichnet, die im Fachbeitrag PEU II 1 in Tabelle 6.5-2, Spalten 1 und 2, S. 142 ff., aufgeführt und erläutert worden sind. Der Fachbeitrag (PEU II 1, S. 139 ff., 147, 149) prüft und verneint, dass diese und die vorgeschlagenen Einzelmaßnahmen zur Reduzierung der hydromorphologischen Veränderungen und der Überschreitung von Umweltqualitätsnormen für den chemischen Zustand in den OWK Elbe-Ost und Elbe-Hafen durch das Vorhaben be- oder verhindert werden. Diese Bewertung haben sich die Planfeststellungsbehörden zu eigen gemacht (2. PEB, S. 160 f., 168 f., 174, 183 f., 188 f.).

589 dd) Mit ihrer auf eine Stellungnahme des Aktionsbündnisses "Lebendige Tideelbe" vom 22. Juni 2015 gestützten Rüge, diese Prüfung sei unzulänglich, weil das MP derart defizitär sei, dass in der Sache von einem Ausfall der Bewirtschaftungsplanung auszugehen sei und dieser Umstand sich nicht zu Gunsten der Vorhabenzulassung auswirken dürfe, dringen die Kläger nicht durch.

590 Zwar trifft zu, dass konkrete Maßnahmen - abgesehen von den im Fachbeitrag PEU II 1 in Tabelle 6.5-3 auf S. 146 aufgeführten, überwiegend kleinräumigen Maßnahmen - für die OWK Elbe-Ost, Elbe-Hafen, Elbe-West, Elbe-Übergangsgewässer und Außenelbe-Nord, namentlich solche zur Verbesserung des Sauerstoffhaushalts unmittelbar in den OWK Elbe-Hafen und Elbe-West im MP 2016 nicht vorgesehen sind. Das rechtfertigt aber entgegen der Auffassung der Kläger nicht den Schluss auf eine offensichtlich defizitäre Maßnahmenplanung. Die Kritik der Kläger sieht schon daran vorbei, dass Art. 11 WRRL und § 82 WHG von einem sehr weiten Maßnahmenbegriff ausgehen; erfasst werden Rechtsetzungsakte, Verwaltungsakte und informelles Verwaltungshandeln, also das gesamte Spektrum staatlicher Handlungsformen (vgl. Appel, in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 1. Aufl. 2011, § 82 Rn. 26). Zudem dient das MP zwar als Bindeglied zwischen den abstrakten Bewirtschaftungszielen der §§ 27 bis 31, 44, 47 WHG und den Einzelfallentscheidungen der Wasserbehörden und lenkt das wasserbehördliche Bewirtschaftungsermessen im Sinne der übergeordneten Anforderungen der Flussgebietsbewirtschaftung (Czychowski/Reinhardt, WHG, 11. Aufl. 2014, § 82 Rn. 9). Die Umsetzung bzw. Präzisierung des MP etwa durch so genannte Komplementärplanungen (vgl. Appel, in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, § 82 Rn. 29) und konkrete Einzelmaßnahmen kann und muss aber auch unterhalb der Planungsebene der Flussgebietsgemeinschaft erfolgen. Die gegenteilige, auf konkrete Maßnahmen in den einzelnen OWK fokussierte Vorstellung der Kläger vom notwendigen Inhalt eines MP verkennt die durch die Ausrichtung der Bewirtschaftungsplanung auf Staats- und Ländergrenzen überschreitende Flussgebietseinheiten bedingte Komplexität der Planung und den daraus resultierenden Koordinierungsbedarf (vgl. § 7 WHG).

591 Dass der Plangeber die Problematik des sommerlichen Sauerstofftals in den OWK Elbe-Hafen und Elbe-West übersehen oder unterschätzt hat, ist nicht erkennbar. Für den BWP 2016 und das MP 2016 sind auf der Grundlage der erfassten wesentlichen Gewässerbelastungen, der Ergebnisse aus der Gewässerüberwachung, der im ersten Bewirtschaftungszeitraum gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen und der Anhörung zum 2. BWP fünf so genannte wichtige Wasserbewirtschaftungsfragen (WWBF) abgeleitet worden, für deren Lösung Maßnahmen und Strategien über die Ländergrenzen hinaus entwickelt und abgestimmt werden müssen. Dazu gehören u.a. die Verbesserung der Gewässerstruktur und der Durchgängigkeit sowie die Reduktion der signifikanten stofflichen Belastungen durch Nähr- und Schadstoffe, die als überregionale Ziele formuliert sind (BWP 2016, S. 98, 106; MP, S. 7 ff.).

592 Die zu diesen beiden WWBF erstellten Hintergrunddokumente behandeln auch die Sauerstoffproblematik. Ausweislich des Dokuments zur WWBF "Verbesserung von Gewässerstruktur und Durchgängigkeit - Teilaspekt ökologische Durchgängigkeit" einer Ad-hoc-AG der FGG Elbe vom 30. November 2015 (lfd. Nr. 2 in Anhang A0-1 zum BWP 2016) sind u.a. Experten aus Bund und Ländern mit der Klärung offener Fragen im Zusammenhang mit dem Sauerstoffgehalt der Tideelbe beauftragt worden; 2011 ist eine nicht erschöpfende Vorschlagsliste zur Verbesserung der Sauerstoffsituation aufgestellt worden. Im Ergebnis haben die Experten festgestellt, dass signifikante positive Effekte im Hinblick auf den Sauerstoffhaushalt der Tideelbe nur dann zu erwarten seien, wenn es gelinge, die Nährstoffe (Stickstoff, Phosphor) und die daraus resultierende Algenbiomasse (organischer Kohlenstoff) in der Flussgebietseinheit Elbe nachhaltig zu reduzieren. Ortsbezogene Maßnahmen wie die lokale Vergrößerung der spezifischen Wasseroberfläche ließen im Wesentlichen auch nur lokale Effekte erwarten. Großräumige Aufweitungen des Stroms in Verbindung mit der flächenhaften Schaffung von Flachwasserbereichen würden derzeit als nicht umsetzbar eingeschätzt (BWP 2016, S. 29). Ergänzend dazu kann dem Hintergrunddokument zur WWBF "Reduktion der signifikanten stofflichen Belastungen aus Nähr- und Schadstoffen - Teilaspekt Nährstoffe" der FGG Elbe vom 13. April 2016 (lfd. Nr. 4 im Anhang A0-1 zum BWP 2016) entnommen werden, dass aus Modellrechnungen zu den Eintragspfaden Handlungsempfehlungen abgeleitet wurden, die Maßnahmenoptionen zur Minderung der Nährstoffeinträge im Bereich Landwirtschaft und Siedlungswasserwirtschaft sowie zur Verbesserung der Nährstoffrückhaltung vorsehen (S. 19 bis 21). Vor diesem Hintergrund ist nachvollziehbar, dass der BWP 2016 als Ursache für das von den Klägern thematisierte sommerliche Sauerstofftal in den OWK Elbe-Hafen und Elbe-West die Kombination aus einem aufgrund anthropogener Veränderungen ungünstigen Verhältnis von Wasseroberfläche und Wassertiefe mit einer übermäßigen Nährstoffanreicherung in der stark belasteten Oberen und Mittleren Elbe ausmacht (BWP 2016, S. 42) und das MP keine kleinräumigen Verbesserungsmaßnahmen in den OWK Elbe-Hafen und Elbe-West vorsieht, die nach Experteneinschätzung eine effektive Abhilfe gerade nicht schaffen könnten.

593 b) In die Prüfung, ob die Zielerreichung im OWK Elbe-Hafen vorhabenbedingt gefährdet wird, mussten die von den Klägern in Anlage K 6 zum Schriftsatz vom 31. Mai 2016 aufgeführten "Negativmaßnahmen" (z.B. Westerweiterung Eurogate, Kraftwerk Moorburg, Verfüllung Steinwerder Hafen, Norderweiterung Containerterminal Altenwerder usw.) nicht einbezogen werden.

594 Weder die Wasserrahmenrichtlinie noch das Wasserhaushaltsgesetz verlangen - anders als etwa Art. 6 Abs. 3 FFH-RL/§ 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG - explizit, dass bei der Vorhabenzulassung auch die kumulierenden Wirkungen anderer Vorhaben zu berücksichtigen sind. Für eine solche "Summationsbetrachtung" besteht im Genehmigungsverfahren auch weder eine Notwendigkeit noch könnte dieses Sachproblem auf der Zulassungsebene angemessen bewältigt werden. Vielmehr folgt aus der vorstehend bereits angesprochenen Vorrangstellung der Bewirtschaftungsplanung, dass die vielfältigen aktuellen und zukünftigen (absehbaren) Gewässernutzungen in die Ziel- und Maßnahmenplanung einzustellen sind. Es unterliegt der fachkundigen Einschätzung des Plangebers und der Wasserbehörden, ob die Maßnahmen zur Zielerreichung selbst dann noch geeignet und ausreichend "dimensioniert" sind oder gegebenenfalls nachgesteuert werden muss, wenn im Verlaufe des Bewirtschaftungszeitraums Gewässernutzungen intensiviert werden oder neue Nutzungen bzw. Ausbaumaßnahmen hinzutreten. Dem Umstand, dass die Bewirtschaftungsplanung nicht statisch und unveränderlich ist und es deshalb möglich sein muss, auf Entwicklungen zu reagieren, die für die Bewirtschaftungsziele relevant sind, tragen auch Art. 11 Abs. 5 WRRL und die nationale Umsetzungsregelung in § 82 Abs. 5 WHG Rechnung. Danach sind, wenn sich aus der Überwachung oder aus sonstigen Erkenntnissen ergibt, dass die Bewirtschaftungsziele nach Maßgabe der §§ 27 bis 31, 44 und 47 nicht erreicht werden können, die Ursachen hierfür zu untersuchen, die Zulassungen für Gewässerbenutzungen und die Überwachungsprogramme zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen sowie nachträglich erforderliche Zusatzmaßnahmen in das Maßnahmenprogramm aufzunehmen. Die Planungen nach den §§ 82, 83 WHG sind daher nicht nur turnusmäßig alle sechs Jahre zu überprüfen und zu aktualisieren (§ 84 Abs. 1 WHG), sondern dynamisch fortzuschreiben. Die dafür erforderliche Kenntnis von einem Vorhaben wird dem Plangeber im wasserstraßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren jedenfalls durch die Einvernehmensbehörden der Länder (§ 14 Abs. 3 WaStrG) vermittelt, sofern das betreffende Vorhaben bei der Bewirtschaftungsplanung nicht schon berücksichtigt worden ist. Vorliegend ist das Einvernehmen nach § 14 Abs. 3 WaStrG vor Erlass der Planfeststellungsbeschlüsse vom 23. April 2012 erteilt worden (PFB, S. 97 f.).

595 V. Die fachplanerische Abwägung (PFB, S. 2585 ff.; 1. PEB, S. 72; 2. PEB, S. 215) nach § 14 Abs. 1 Satz 2 WaStrG leidet - unbeschadet der Fehler, die den Beklagten bei der habitatrechtlichen Verträglichkeits- und Abweichungsprüfung unterlaufen sind - nicht an den im Übrigen geltend gemachten Mängeln. Entgegen der Auffassung der Kläger sind die Umweltbelange in der Gesamtabwägung nicht deshalb fehlgewichtet worden, weil die Umweltauswirkungen des Vorhabens in der Umweltverträglichkeitsuntersuchung und -prüfung unterschätzt worden und die Beklagten zu Unrecht von der Wirksamkeit der Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen ausgegangen wären. Die hiergegen gerichteten Einwände der Kläger sind nicht begründet (siehe oben A.III. und B.II.1.b)). Im Übrigen verweisen die Planfeststellungsbeschlüsse auf das besondere Gewicht des öffentlichen Interesses an der Sicherstellung der Funktions- und Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens; auch hiergegen ist - wie vorstehend unter B.I und B.II.2.a)aa) näher ausgeführt - dem Grunde nach nichts zu erinnern. Die Rüge der Kläger, die Beklagten hätten bei der Abwägung das Gebot der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel (§ 7 Bundeshaushaltsordnung - BHO) nicht beachtet, greift nicht durch. Zwar ist das Gebot der wirtschaftlichen und sparsamen Mittelverwendung ein öffentlicher Belang, dem auch im Rahmen der planerischen Abwägung Bedeutung zukommt. Dies betrifft aber vor allem den Vergleich der nach einer Grobanalyse noch verbliebenen Alternativen, deren Kosten als Vor- oder Nachteil zu berücksichtigen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 99). Vorliegend haben die Beklagten solche Alternativen zu Recht ausgeschlossen (PFB, S. 1831 ff., 1844; siehe oben B.II.2.b)); im Übrigen war das Vorhaben Gegenstand einer Kosten-Nutzen-Untersuchung.

596 Überdies kann eine Kostenschätzung gerichtlich nur dann beanstandet werden, wenn keine geeigneten Erkenntnismittel herangezogen wurden oder die gezogenen Schlüsse nicht nachvollziehbar sind (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 90). Dies haben die Kläger nicht substanziiert dargetan. Ihr Hinweis auf die Summe von ca. 20 Mio. €, die Gegenstand einer Vereinbarung mit den Obstbauern ist, und die zwischenzeitlich insgesamt eingetretenen Kostensteigerungen reicht dafür nicht aus. Abgesehen davon übersehen die Kläger, dass die Belange der Obstbauern einschließlich der zu deren Wahrung abgeschlossenen Vereinbarung, die eine Summe von 19,95 Mio. € als Sofortmaßnahme zur Schaffung von Speichervolumen zur Beregnung vorsieht, in den Planfeststellungsbeschlüssen (PFB, S. 2276 ff., 2296) ausführlich behandelt werden und daher Eingang in die planerische Abwägung gefunden haben. Dass die Beklagten dem öffentlichen Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens trotz der zwischenzeitlichen Kostensteigerungen unverändert größeres Gewicht beigemessen haben als den entgegenstehenden Belangen, ergibt sich unschwer aus der Bestätigung des Abwägungsergebnisses in den 1. und 2. Ergänzungsbeschlüssen. Dass das Nutzen-Kosten-Verhältnis auch aktuell zugunsten des Vorhabens gewertet wird, zeigt seine Aufnahme in die Anlage, Abschnitt 1, lfd. Nummer 11 zum Bundeswasserstraßenausbaugesetz vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3224).

597 VI. Die festgestellten materiellen Rechtsverstöße nötigen nicht zur Aufhebung, sondern nur zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit der Planfeststellungsbeschlüsse. Sie sind nach der Fehlerfolgenregelung des § 14e Abs. 6 Satz 2 WaStrG a.F./§ 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG n.F. durch ein ergänzendes Verfahren behebbar. Keiner der Rechtsverstöße wiegt so schwer, dass er die Planung als Ganzes in Frage stellt. Vielmehr können die Mängel der habitatrechtlichen Verträglichkeits- und Abweichungsprüfung durch zusätzliche Ermittlungen und Bewertungen sowie Umplanung bzw. ergänzende Planung und Abwägung beseitigt werden.

598 Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO.