Beschluss vom 01.02.2023 -
BVerwG 4 BN 1.23ECLI:DE:BVerwG:2023:010223B4BN1.23.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 01.02.2023 - 4 BN 1.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:010223B4BN1.23.0]

Beschluss

BVerwG 4 BN 1.23

  • OVG Münster - 25.10.2022 - AZ: 2 D 392/21.NE

In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 1. Februar 2023
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Külpmann und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Emmenegger
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 25. Oktober 2022 wird verworfen.
  2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO gestützte Beschwerde ist unzulässig und bleibt daher erfolglos. Sie verfehlt die Anforderungen, die § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Bezeichnung der geltend gemachten Zulassungsgründe stellt.

2 1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die Beschwerde bezeichnet keinen Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

3 Ein Verfahrensmangel im Sinne dieser Vorschrift ist nur dann bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird. Rügt die Beschwerde, das Gericht habe seiner Pflicht zur Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen aus § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht genügt, obliegt ihr darzulegen, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer dem Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätte führen können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO <n. F.> Nr. 26 S. 14).

4 Nach Auffassung der Beschwerde hätte das Oberverwaltungsgericht durch eine Ortsbegehung oder Sachverständigengutachten Feststellungen zu Veränderungswünschen anderer Eigentümer treffen müssen. Es ist nicht ersichtlich, auf welche Weise diese Maßnahmen über solche Wünsche Aufschluss geben könnten. Die Beschwerde legt auch die Entscheidungserheblichkeit der Frage nicht dar. Nach der - insoweit maßgeblichen - materiellen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts kann die Mitwirkungsbereitschaft der aktuellen Grundeigentümer nicht zum Maßstab der Erforderlichkeit einer Planung im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB gemacht werden (UA S. 13 f.).

5 Es ist auch nicht nachvollziehbar dargelegt, warum das Bestehen oder Fehlen von Veränderungswünschen für die Ermittlung des planerischen Willens der Gemeinde Bedeutung haben können. Die Vorinstanz hat diesen Willen unter Rückgriff auf Verwaltungsvorlagen ermittelt (UA S. 11 f.) und angenommen, dass eine Gemeinde mit einer Planung auch das Ziel verfolgen darf, einen städtebaulichen Zustand rechtlich "festzuschreiben" (UA S. 13). An dieser materiellen Rechtsauffassung geht die Rüge der Beschwerde vorbei. Sie lässt auch im Dunklen, warum die - darüber hinaus geforderte - Einsichtnahme in die Planzeichnungen weitere Erkenntnisse zum Planungswillen vermitteln sollte.

6 Die Beschwerde vermisst schließlich eine Inaugenscheinnahme des baulichen Bestandes. Auch dies genügt nicht den Darlegungsanforderungen. Denn die Beschwerde legt nicht dar, warum die vorliegenden Planskizzen und Unterlagen nur unzureichende Erkenntnisse zur vorhandenen Bebauung vermitteln konnten (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 3. Dezember 2008 - 4 BN 26.08 - BRS 73 Nr. 91 Rn. 3 und vom 19. März 2015 - 4 B 65.14 - BRS 83 Nr. 112 S. 703) und welche rechtliche Bedeutung etwaige weitere Erkenntnisse haben könnten.

7 2. Die Beschwerde bezeichnet keine Abweichung nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.

8 Nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn das Urteil von einer Entscheidung (u. a.) des Bundesverwaltungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Der Beschwerde obliegt es, aus einer zu benennenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts einen tragenden, abstrakten Rechtssatz zu einer revisiblen Rechtsvorschrift zu benennen und darzulegen, dass die Entscheidung der Vorinstanz auf einem abweichenden abstrakten Rechtssatz zu derselben Rechtsvorschrift beruht (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. August 2021 - 4 BN 10.21 - NVwZ 2021, 1702 Rn. 11).

9 Die Beschwerde entnimmt dem Senatsurteil vom 23. November 2016 - 4 CN 2.16 - (BVerwGE 156, 336 Rn. 10) den Rechtssatz, dass ein Bebauungsplan städtebaulich nicht erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB und daher unwirksam ist, dessen Verwirklichung im Zeitpunkt seines In-Kraft-Tretens dauerhafte Hindernisse tatsächlicher und rechtlicher Art entgegenstehen würden. Sie zeigt aber nicht im Ansatz auf, welchen hiervon abweichenden abstrakten Rechtssatz die Vorinstanz aufgestellt haben soll.

10 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.