Vorsitzende: "Im Namen des Volkes – Die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 10. September 2015 und des Verwaltungsgerichts Köln vom 14. Oktober 2014 werden geändert. Die Beklagte wird verpflichtet, über die beantragte Zulassung des Arzneimittels erneut zu entscheiden."
Das Bundesverwaltungsgericht – Rechtsprechung mit grundsätzlicher Bedeutung
Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet als Revisionsgericht. Seine Urteile und Beschlüsse haben eine Leitfunktion und sichern eine bundeseinheitliche Praxis der Behörden und Gerichte. Das verlangt eine besondere Qualität seiner Entscheidungen. Diesem Ziel dient die Arbeitsweise des Gerichts.
Gelangt ein Verfahren zum Bundesverwaltungsgericht, wird in der Geschäftsstelle ein Aktenzeichen vergeben. Die federführende Bearbeitung übernimmt eine Richterin oder ein Richter als Berichterstatter. Kläger und Beklagter nehmen zunächst schriftlich Stellung.
Der Fall wird anschließend anhand der Gesetze und Rechtsprechung sowie unter Auswertung rechtswissenschaftlicher Literatur rechtlich begutachtet. Maßstab ist, ob das Urteil der Vorinstanz Bundesrecht zutreffend ausgelegt und angewandt hat. Nach Vorarbeit von wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erarbeitet der zuständige Berichterstatter einen ausführlichen Entscheidungsvorschlag – das sogenannte Gutachten. Im Anschluss verfasst ein weiteres Mitglied des Senats – die Mitberichterstatterin – ein Mitgutachten an. Alle Mitglieder des Senats erhalten diese Gutachten und machen sich umfassend mit dem Fall vertraut.
In einer Vorberatung zur mündlichen Verhandlung stellt der Berichterstatter die Sache vor und begründet seinen Entscheidungsvorschlag. Die Richterinnen und Richter beraten die zentralen Aspekte des Falles. So bereiten sie die mündliche Verhandlung vor, ohne bereits eine Entscheidung zu treffen.
Für die mündliche Verhandlung wird der Gerichtssaal durch die Wachtmeisterei vorbereitet und alle notwendigen Akten bereitgestellt.
Aufruf Wachtmeister: "Im Verfahren Müller gegen die Bundesrepublik Deutschland ..."
Die Vorsitzende Richterin des Senats leitet die mündliche Verhandlung.
Begrüßung durch die Vorsitzende: "Ich eröffne die Sitzung des 3. Senats des Bundesverwaltungsgerichts. Ich darf Sie bitten, Platz zu nehmen. Erschienen sind der Kläger persönlich mit Herrn Rechtsanwalt Meier, für die Beklagte… "
Der Berichterstatter führt mit dem sogenannten Sachbericht in den Fall ein.
Beginn der Berichterstattung: "Der Kläger begehrt die Zulassung eines von ihm entwickelten Arzneimittels. Im Jahr 2013 beantragte er …“
Dann stellen die Anwälte ihre Anträge. In einem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht muss sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin vertreten lassen. Für Behörden können auch deren eigene Juristen auftreten. Die Vorbereitung durch Anwälte trägt dazu bei, alle Aspekte des Falles und die möglichen Folgen einer Entscheidung zu erkennen. In dem oft mehrstündigen Rechtsgespräch werden alle Rechtsfragen mit den Beteiligten erörtert. Anschließend zieht sich der Senat zur Beratung zurück.
In einer geheimen Schlussberatung erwägen die Richterinnen und Richter noch einmal alle rechtlichen Gesichtspunkte und Argumente. Am Ende trifft der Senat seine Entscheidung einstimmig oder mit Mehrheit. Oft verfasst der Senat noch eine Pressemitteilung. Im Gerichtssaal verkündet die Vorsitzende die Entscheidung und fasst die wesentlichen Gründe zusammen. Die Pressestelle veröffentlicht die Pressemitteilung. Pressesprecher erläutern die Entscheidung für die Medien.
In den folgenden Tagen entwirft der Berichterstatter das schriftliche Urteil. Die Urteilsgründe geben das Ergebnis der Senatsberatung wieder. Dieser Text wird im Senat abgestimmt. Die Geschäftsstelle kollationiert das fertige Urteil. Eine Mitarbeiterin prüft, ob Änderungen zutreffend eingearbeitet und alle Zitate richtig sind. Das Urteil wird den Parteien zugestellt. Die Informationsdienste des Gerichts stellen eine anonymisierte Fassung außerdem über die Website, juristische Datenbanken und Zeitschriften der allgemeinen Öffentlichkeit und der Fachwelt zur Verfügung.
Besonderheiten gelten, wenn das Bundesverwaltungsgericht als erste und letzte Instanz zum Beispiel über große Straßenbauvorhaben entscheidet. Um solche Verfahren zügig abzuschließen, sieht der Gesetzgeber nur eine Instanz beim Bundesverwaltungsgericht vor. In diesen Fällen muss das Bundesverwaltungsgericht auch Tatsachen feststellen und Landesrecht einbeziehen. Die Verfahren können sehr aufwändig sein. Die mündliche Verhandlung dauert mitunter mehrere Tage. Die Entscheidung wird aufgrund des großen Beratungsbedarfs und des Umfangs der Fälle häufig in einem gesonderten Termin verkündet.
Die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts haben grundsätzliche Bedeutung. Ihre Ausgewogenheit zu sichern, dient die Arbeitsweise des Gerichts.