Beschluss vom 01.09.2005 -
BVerwG 1 B 79.05ECLI:DE:BVerwG:2005:010905B1B79.05.0
Beschluss
BVerwG 1 B 79.05
- VGH Baden-Württemberg - 20.01.2005 - AZ: VGH 11 S 1182/04
In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 1. September 2005
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M a l l m a n n und
Prof. Dr. D ö r i g
beschlossen:
- Der Antrag der Klägerin, ihr Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
- Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 20. Januar 2005 wird verworfen.
- Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
- Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5 000 € festgesetzt.
Gründe
1 Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, da die Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO, § 114 ZPO).
2 Die ausschließlich auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht den Anforderungen an die Darlegung des geltend gemachten Zulassungsgrundes aus § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
3 Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass für die Entscheidung des vorinstanzlichen Gerichts eine konkrete fallübergreifende Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, die auch für die Entscheidung im Revisionsverfahren erheblich wäre und deren höchstrichterliche Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint (stRspr, vgl. schon BVerwGE 13, 90 <91 f.> sowie Beschluss vom 30. März 2005 - BVerwG 1 B 11.05 - NVwZ 2005, 709). Die Darlegung einer solchen Rechtsfrage lässt sich der Beschwerde nicht entnehmen.
4 Grundsätzlichen Klärungsbedarf sieht die Beschwerde zunächst für die Frage, "ob ein Verwaltungsakt ordnungsgemäß zugestellt wurde, wenn eine in einem Landesgesetz vorgegebene Unterrichtungspflicht Dritter bei Niederlegung des Verwaltungsakts unterblieben oder jedenfalls streitig ist" (Beschwerdebegründung S. 2). Die Beschwerde legt jedoch nicht dar, dass diese Frage Gegenstand der angefochtenen Entscheidung des Berufungsgerichts war, sondern bezieht sich insoweit nur auf das Urteil des Verwaltungsgerichts. Tatsächlich hat das Berufungsgericht das von der Klägerin eingelegte Rechtsmittel als unzulässig verworfen und damit gar nicht über die von der Beschwerde bezeichnete Frage entschieden. Im Übrigen ergibt sich aus der Beschwerdebegründung nicht, dass es sich bei der aufgeworfenen Frage um eine Rechtsfrage revisiblen Rechts gemäß § 137 Abs. 1 VwGO handelt; vielmehr bezieht sich die Beschwerde ausdrücklich auf Pflichten, die durch ein "Landesgesetz" begründet sein sollen. Eine Zulassung der Revision kann sie hiermit nicht erreichen.
5 Hinsichtlich der zweiten aufgeworfenen Frage fehlt es an der Darlegung eines rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarfs. Ein solcher soll sich daraus ergeben, dass "das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin nicht durch Beschluss gemäß § 125 Abs. 2 VwGO als unzulässig verwerfen durfte" (Beschwerdebegründung S. 2). Die Klägerin sei dem Erfordernis zur Angabe ihrer Wohnungsanschrift deshalb nicht nachgekommen, weil sie sich in dem vom Berufungsgericht genannten Zeitraum ab November 2004 in Haft befunden habe, was die Beklagte hätte wissen und dem Gericht mitteilen müssen. Weder sei die Klägerin untergetaucht gewesen, noch habe sie während des Berufungsverfahrens nicht über eine ladungsfähige Anschrift verfügt. Aufgrund der Umstände sei davon auszugehen, dass sie von der Pflicht zur Angabe einer ladungsfähigen Anschrift befreit gewesen sei, zumal sie anwaltlich vertreten gewesen sei, so dass insoweit Zustellungen hätten wirksam erfolgen können (Beschwerdebegründung S. 11 f.). Die Beschwerde zeigt nicht auf, woraus sich ein die Grundsatzrevision rechtfertigender Klärungsbedarf ergeben soll. Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung die Rechtsauffassung zugrunde gelegt, dass die Pflicht zur Angabe der Wohnanschrift nicht schon deshalb entfällt, weil ein Kläger anwaltlich vertreten ist. Es ist hierbei der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gefolgt, die auch von anderen Bundesgerichten geteilt wird (vgl. Urteil vom 13. April 1999 - BVerwG 1 C 24.97 - Buchholz 310 § 82 VwGO Nr. 19, S. 8 m.w.N.). Die Beschwerde geht weder - wie erforderlich - auf diese Rechtsprechung ein noch zeigt sie insoweit einen erneuten oder weitergehenden Klärungsbedarf auf. Der Sache nach geht es der Beschwerde um eine vom Berufungsgericht abweichende Bewertung des Erfordernisses der Anschriftsangabe im konkreten Einzelfall. Hierauf lässt sich jedoch eine Grundsatzrevision nicht stützen.
6 Die von der Beschwerde beantragte Verlängerung der Begründungsfirst des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO sieht das Gesetz nicht vor.
7 Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
8 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 2, § 72 Nr. 1 GKG.