Beschluss vom 02.06.2025 -
BVerwG 4 B 30.24ECLI:DE:BVerwG:2025:020625B4B30.24.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 02.06.2025 - 4 B 30.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:020625B4B30.24.0]
Beschluss
BVerwG 4 B 30.24
- VG Minden - 18.05.2022 - AZ: 9 K 3548/18 Minden
- OVG Münster - 19.09.2024 - AZ: 10 A 1397/22
In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 2. Juni 2025 durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Koch und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Stamm beschlossen:
- Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 19. September 2024 wird verworfen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Gründe
1 Die Beschwerde ist unzulässig. Sie übersieht den Unterschied zwischen einer Nichtzulassungsbeschwerde und einem zugelassenen Rechtsmittel und verfehlt die Anforderungen, die § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Darlegung der in Anspruch genommenen Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 VwGO stellt.
2 1. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Mai 2024 - 4 BN 30.23 - juris Rn. 2 m. w. N.). Das leistet die Beschwerde nicht. Sie formuliert weder ausdrücklich noch sinngemäß eine grundsätzlich klärungsbedürftige Frage des revisiblen Rechts.
3 a) Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, die Denkmaleigenschaft des streitgegenständlichen Gebäudes ergebe sich aus der bestandskräftigen Eintragung in die Denkmalliste der Beklagten vom 15. November 1988 nebst erweiterter Begründung vom 10. Oktober 2011. Insoweit komme es auf das Vorbringen des Klägers dazu, dass es sich nie um ein jüdisches Gebetshaus gehandelt habe und die denkmalfachlichen Einschätzungen falsch seien, nicht an. Die Beschwerdebegründung erschöpft sich darin, diese Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zur Denkmaleigenschaft als fehlerhaft, denkgesetzwidrig und willkürlich anzugreifen. Grundsätzlichen Klärungsbedarf zum revisiblen Recht - zu dem das Nordrhein-westfälische Denkmalschutzgesetz nicht gehört - zeigt sie nicht auf (vgl. zur konstitutiven Wirkung der Eintragung in die Denkmalliste auch BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2024 - 11 A 3.23 - BVerwGE 183, 42 Rn. 110). Entsprechendes gilt, soweit die Beschwerde eine Translozierung des Denkmals unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten als geboten erachtet und einwendet, es sei dem Kläger aus sonstigen Gründen unzumutbar, das Baudenkmal zu erhalten.
4 b) Auf einen grundsätzlichen Klärungsbedarf führt auch nicht die Kritik der Beschwerde an der Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die Denkmalerhaltung sei dem Kläger jedenfalls wegen eines fehlenden Nachweises der Unverkäuflichkeit zumutbar. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass die aus Art. 14 Abs. 1 GG folgenden Anforderungen gewahrt werden, wenn die praktische Möglichkeit eines Verkaufs die Zumutbarkeit der Erhaltungspflicht begründet. Ebenso ist mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar, dem Eigentümer die Darlegungs- und Beweislast dafür aufzubürden, dass er von seinem Baudenkmal keinen vernünftigen Gebrauch machen und es praktisch auch nicht veräußern kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2016 - 4 B 12.16 - NVwZ 2017, 641 Rn. 7 ff. m. w. N.).
5 2. Auch für einen Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist nichts dargetan.
6 a) Dies gilt zunächst für einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 VwGO). (Angebliche) Fehler der Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Tatsachengerichts, die dem Überzeugungsgrundsatz genügen muss, sind regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen. Die Grenzen der Freiheit der richterlichen Überzeugungsbildung sind mit der Folge des Vorliegens eines Verfahrensfehlers erst dann überschritten, wenn das Gericht seiner Sachverhalts- und Beweiswürdigung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde legt, sondern nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder aktenwidrige Tatsachen annimmt, oder wenn die von ihm gezogenen Schlussfolgerungen gegen die Denkgesetze verstoßen oder sonst von objektiver Willkür geprägt sind (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. September 2024 - 4 BN 6.24 - juris Rn. 3 m. w. N.).
7 Soweit die Beschwerde die Annahme der konstitutiven und bindenden Wirkung der Eintragung in die Denkmalliste als gegen die Denkgesetze verstoßend und willkürlich bemängelt, wendet sie sich gegen die der Entscheidung zugrundeliegenden rechtlichen Erwägungen. Angriffe gegen die materiell-rechtliche Rechtsauffassung könnten aber selbst im Falle objektiver Willkür nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO führen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 10. August 2017 - 9 B 68.16 - BRS 91 Nr. 5 S. 57, vom 30. Mai 2023 - 5 B 13.22 - NVwZ 2023, 1508 Rn. 5 und vom 18. Oktober 2023 - 4 BN 8.23 - juris Rn. 23 m. w. N.). Ein solcher Vortrag könnte allein im Rahmen einer zugelassenen Revision von Bedeutung sein, wo auch in Bezug auf die Auslegung des nichtrevisiblen Landesrechts ein Bundesrechtsverstoß durch die Verletzung rechtsstaatlicher Grundsätze nicht ausgeschlossen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Oktober 2023 a. a. O. Rn. 23).
8 Die Beschwerde legt ferner nicht dar, dass die tatrichterliche Würdigung des Oberverwaltungsgerichts zum Zustand des Baudenkmals und seiner Erhaltungsfähigkeit gegen Denkgesetze verstößt oder willkürlich ist. Dafür reicht die Rüge, es fehle an einer genauen Schadenskartierung, nicht aus. Das Oberverwaltungsgericht hat verschiedene Gutachten und ergänzende Stellungnahmen des Beigeladenen aus den Jahren 2011 bis 2023 sowie vorhandene Lichtbilder aus dem erstinstanzlichen Verfahren ausgewertet und die Annahme der Erhaltungsfähigkeit des Bauwerks unter Berücksichtigung der Denkmalaussage ausführlich begründet (UA S. 15 ff.).
9 b) Die Beschwerde verfehlt die Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO auch, soweit sie im Hinblick auf die Erhaltungsfähigkeit des Bauwerks Aufklärungsmängel (§ 86 Abs. 1 VwGO) rügt. Eine Aufklärungsrüge kann nur Erfolg haben, wenn substantiiert dargetan wird, welche Tatsachen auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des Tatsachengerichts aufklärungsbedürftig waren, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer für den Beteiligten günstigeren Entscheidung hätte führen können. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, durch einen unbedingten Beweisantrag oder jedenfalls eine sonstige Beweisanregung hingewirkt worden ist und die Ablehnung der Beweiserhebung im Prozessrecht keine Stütze findet, oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 8. Februar 2022 - 4 B 25.21 - BRS 90 Nr. 71 S. 548 und vom 18. September 2024 - 4 BN 6.24 - juris Rn. 10, jeweils m. w. N.).
10 Daran fehlt es hier. Die Beschwerde legt schon nicht dar, welche konkreten Tatsachen überhaupt Gegenstand einer weiteren Ermittlung hätten sein sollen. Insofern genügt es nicht, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht eine weitere Aufklärung zur Erhaltungsfähigkeit des Denkmals angeregt hat. Ausführungen dazu, welche konkreten Schäden am Bauwerk bestehen, die die Erhaltungsfähigkeit des Denkmals und die diesbezügliche, auf sachkundige Stellungnahmen und - u. a. im erstinstanzlichen Ortstermin aufgenommene - Lichtbilder gestützte, Würdigung des Oberverwaltungsgerichts infrage stellen und eine weitere Sachaufklärung geboten hätten, enthält die Beschwerde nicht.
11 3. Ausführungen zum geltend gemachten Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) finden sich in der Beschwerdebegründung nicht.
12 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.