Beschluss vom 02.10.2025 -
BVerwG 1 W-VR 15.25ECLI:DE:BVerwG:2025:021025B1WVR15.25.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 02.10.2025 - 1 W-VR 15.25 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:021025B1WVR15.25.0]
Beschluss
BVerwG 1 W-VR 15.25
In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Scheffczyk am 2. Oktober 2025 beschlossen:
- Das Verfahren wird eingestellt.
- Der Antrag, die dem Antragsteller im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vor dem Bundesverwaltungsgericht einschließlich der im vorgerichtlichen Verfahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen dem Bund aufzuerlegen, wird abgelehnt.
Gründe
I
1 Das Eilverfahren betraf eine Versetzung mit vorangehender Kommandierungen ab dem 1. September 2024.
2 Der Antragsteller sollte mit Verfügung vom 17. Juli 2025 (1. Korrektur vom 12. August 2025) versetzt und zuvor kommandiert werden. Dagegen ersuchte der Antragsteller am 21. August 2025 beim Truppendienstgericht Nord um einstweiligen Rechtsschutz. Mit Schreiben vom 26. August 2025 legte der Antragsteller Beschwerde ein.
3 Das Truppendienstgericht verwies das Verfahren mit Beschluss vom 27. August 2025 an das Bundesverwaltungsgericht.
4 Mit Verfügung vom 29. August 2025 ordnete das Bundesministerium der Verteidigung die aufschiebende Wirkung der Beschwerde des Antragstellers an. Mit Schriftsatz vom selben Tage erklärte es, damit sei das Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz erledigt.
5 Mit Schreiben vom 3. September 2025 erklärte der Antragsteller das Verfahren für erledigt und beantragte, dem Bund die Kosten aufzuerlegen.
6 Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II
7 Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 20 Abs. 3 WBO nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Für die Kostenentscheidung sind die im Prozessrecht allgemein geltenden Grundsätze maßgebend. Danach ist bei übereinstimmender Erledigungserklärung über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 20 Abs. 3 WBO, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO; stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 22. April 2008 - 1 WB 4.08 - BeckRS 2015, 54390 Rn. 8 m. w. N.).
8 Billigem Ermessen entspricht es, die dem Antragsteller erwachsenen notwendigen Aufwendungen nicht dem Bund aufzuerlegen, weil der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bei seinem Eingang unzulässig war (hier zu 1.) und die anschließende Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde durch das Bundesministerium der Verteidigung eine Kostenbelastung des Bundes nicht rechtfertigt (hierzu 2.).
9 1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes richtete sich gegen die Versetzungs- und Kommandierungsverfügung. Rechtsschutzziel des Antrags in der Hauptsache war damit deren Anfechtung und Aufhebung. In der prozessualen Situation eines Anfechtungsantrags richtet sich die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 17 Abs. 6 Satz 2 WBO (ggf. i. V. m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO).
10 a) Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Antrags nach § 17 Abs. 6 Satz 2 WBO ist, dass der Betroffene Soldat entweder einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt oder - in Anwendung des § 17 Abs. 6 Satz 3 WBO - mindestens Beschwerde gegen die strittige Maßnahme eingelegt hat. Andernfalls fehlt es an einem Rechtsbehelf, der einer Anordnung seiner aufschiebenden Wirkung zugänglich wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Februar 2011 - 1 WDS-VR 4.10 - Rn. 11; Bachmann, in: Fürst u. a., GKÖD Bd. I, Teil 5b, Stand März 2025, Yo § 17 Rn. 178). Eine § 80 Abs. 5 Satz 2 VwGO entsprechende Regelung enthält § 17 WBO nicht.
11 b) Diese Voraussetzung erfüllte der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vom 20. August 2025 im Zeitpunkt des Eingangs beim Truppendienstgericht nicht. Es ist darüber hinaus auch nicht erkennbar, dass der Antragsteller zuvor den nach § 17 Abs. 6 Satz 3 WBO für eine Zulässigkeit des Eilantrags erforderlichen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. April 1993 - 1 WB 19.93 - BA S. 6 f. m. w. N. und vom 11. Februar 2011 - 1 WDS-VR 4.10 - Rn. 11) Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Versetzungs- und Kommandierungsverfügung nach § 3 Abs. 2 WBO gestellt hat.
12 2. Der Umstand, dass das Bundesministerium der Verteidigung nach der nachträglichen Einlegung der Beschwerde deren aufschiebende Wirkung angeordnet hat, führt nicht zur Billigkeit einer Belastung des Bundes mit den dem Antragsteller im gerichtlichen Verfahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen.
13 Der Antragsteller hat das vorliegende Verfahren betrieben, ohne zuvor mit den gebotenen vorgerichtlichen Rechtsbehelfen dem Bundesamt für das Personalwesen der Bundeswehr oder dem Bundesministerium der Verteidigung Gelegenheit zu einer Korrektur der Verfügung oder zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde zu geben. Diese hatten auch keinen Anlass zur (im Übrigen verfrühten) Inanspruchnahme vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes gegeben. Insofern kann hier der in § 156 VwGO verankerte prozessuale Grundsatz der Freistellung des Beklagten von Kosten bei sofortigem Anerkenntnis herangezogen werden, der auch in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes und in Verfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung Berücksichtigung findet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Februar 2011 - 1 WDS-VR 4.10 - Rn. 13).