Beschluss vom 04.04.2003 -
BVerwG 1 B 244.02ECLI:DE:BVerwG:2003:040403B1B244.02.0

Beschluss

BVerwG 1 B 244.02

  • Bayerischer VGH München - 29.04.2002 - AZ: VGH 9 B 02.30137

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 4. April 2003
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts
E c k e r t z - H ö f e r und die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht H u n d und Prof. Dr. D ö r i g
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. April 2002 wird verworfen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die Beschwerde ist unzulässig, denn sie legt die geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dar.
Die Beschwerde rügt, das Berufungsgericht habe durch das Nichtabwarten der angekündigten Vorlage und die "Nichtbeachtung" einer Bestätigung der AAPO über das exilpolitische Engagement des Klägers zu 1 vom 25. April 2002 das Gebot rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt (Beschwerdebegründung S. 1 und 3). Eine Gehörsverletzung ergibt sich aus dem Vorbringen der Kläger jedoch nicht.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts ist im Rechtsmittelverfahren davon auszugehen, dass die Gerichte das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Die Gerichte brauchen sich dabei nicht mit jedem Vorbringen in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich auseinander zu setzen. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs kann daher nur dann festgestellt werden, wenn sich aus den besonderen Umständen des Falles deutlich ergibt, dass das Gericht tatsächliches Vorbringen der Parteien nicht in Erwägung gezogen hat (vgl. BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205 <216 f.> m.w.N.). Solche besonderen Umstände zeigt die Beschwerde nicht auf. Sie setzt sich schon nicht - wie erforderlich - mit der Tatsache auseinander, dass die Bescheinigung der AAPO vom 25. April 2002 im Schriftsatz des Klägervertreters vom gleichen Tage lediglich als "Bestätigung" für den dem Gericht bereits unterbreiteten Sachvortrag zur Vorstandstätigkeit der Kläger in dieser Organisation angekündigt war. Die vorgetragene Verbands- und Vorstandstätigkeit der Kläger hat das Berufungsgericht außerdem seiner Entscheidung zugrunde gelegt und ausdrücklich als wahr unterstellt (BA S. 13). Insofern sind keine Gesichtspunkte vorgetragen oder ersichtlich, warum das Gericht die Bescheinigung hätte abwarten oder auf sie eingehen müssen, obwohl es deren Inhalt als wahr unterstellt hat.
Keinen Gehörsverstoß zeigt die Beschwerde auch dadurch auf, dass sie das Unterlassen einer erneuten Anhörungsmitteilung rügt, nachdem mit Schriftsatz vom 25. April 2002 die bereits näher bezeichnete Bestätigung der AAPO angekündigt worden war (Beschwerdebegründung S. 1 und 3). Die Beschwerde legt schon nicht dar, unter welchen Voraussetzungen das Berufungsgericht allgemein und deshalb auch im Ausgangsverfahren zu einer erneuten Anhörungsmitteilung verpflichtet gewesen ist und inwiefern in deren Unterlassen der behauptete Verstoß gegen das rechtliche Gehör zu erblicken sein soll. Hätte sich die Beschwerde hiermit auseinander gesetzt, so hätte sie erkannt, dass entgegen ihrer Ansicht allein der Umstand, dass nach der Anhörungsmitteilung zum vereinfachten Berufungsverfahren nach § 130 a VwGO ein neuer Schriftsatz eingeht und ein neues Beweismittel angekündigt wird, das Gericht nicht verpflichtet, nunmehr eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Das Gericht ist in derartigen Fällen auch nicht verpflichtet, den Klägern vorab die Gründe für die beabsichtigte Nichtberücksichtigung des angekündigten Beweismittels mitzuteilen (stRspr; Beschluss vom 10. April 1992 - BVerwG 9 B 142.91 - Buchholz 310 § 130 a VwGO Nr. 5; Beschluss vom 19. April 1999 - BVerwG 8 B 150.98 - Buchholz 310 § 130 a VwGO Nr. 37). Allerdings muss das Gericht das Beweisangebot auf seine Rechtserheblichkeit prüfen und die Kläger grundsätzlich durch eine erneute Anhörungsmitteilung auf das beabsichtigte Festhalten am Verfahren nach § 130 a VwGO hinweisen. Von einem entsprechenden Hinweis darf das Gericht jedoch dann absehen, wenn die zu beweisende Tatsache - wie hier - als wahr unterstellt wird und es daher auf das angebotene Beweismittel mangels Entscheidungserheblichkeit gar nicht ankommt (Beschluss vom 1. Dezember 1999 - BVerwG 9 B 434.99 - Buchholz 310 § 130 a VwGO Nr. 45). Aus dem gleichen Grund scheidet auch ein Aufklärungsmangel gemäß § 86 Abs. 1 VwGO aus. Sollte die Beschwerde ferner mit dem Vortrag, im Schriftsatz vom 22. März 2002 seien Beweisanträge aus früheren Schriftsätzen "wiederholt" worden (Beschwerdebegründung S. 1), ebenfalls eine gehörsverletzende Unterlassung einer weiteren Anhörung rügen wollen, so fehlt es auch insoweit an hinreichenden Darlegungen (zur Behandlung wiederholender Beweisanträge im sog. vereinfachten Berufungsverfahren vgl. im Übrigen etwa Beschluss vom 23. Oktober 2001 - BVerwG 1 B 169.01 - <juris> m.w.N.).
Soweit sich die Kläger im Übrigen gegen die Bewertung der Rückkehrgefahr durch das Berufungsgericht wenden, zielen sie auf die Tatsachen- und Beweiswürdigung, die den Instanzgerichten vorbehalten ist. Eine Revisionszulassung wegen Verfahrensmangels können sie damit nicht erreichen. Einen solchen zeigt die Beschwerde auch nicht dadurch auf, dass sie die Verwertung "völlig überholte(r) Lageberichte" durch das Berufungsgericht rügt (Beschwerdebegründung S. 3). Die damit wohl sinngemäß erhobene weitere Gehörs- und Aufklärungsrüge ist wiederum nicht ordnungsgemäß dargelegt. Soweit die Beschwerde zum Ausdruck bringt, das Berufungsgericht hätte die Kläger zu seiner Beweiswürdigung anhören müssen, wird nicht deutlich, woraus sich eine solche Verpflichtung in Bezug auf die in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel hätte ergeben sollen. Die Bezeichnungsanforderungen für eine Aufklärungsrüge sind offensichtlich nicht erfüllt (vgl. allgemein Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 (n.F.) VwGO Nr. 26 = NJW 1997, 3328).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.