Beschluss vom 04.04.2012 -
BVerwG 5 B 58.11ECLI:DE:BVerwG:2012:040412B5B58.11.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 04.04.2012 - 5 B 58.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2012:040412B5B58.11.0]

Beschluss

BVerwG 5 B 58.11

  • VG Berlin - 15.09.2011 - AZ: VG 29 K 385.10

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 4. April 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Vormeier,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 15. September 2011 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 18 406,51 € festgesetzt.

Gründe

1 1. Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisherigen revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 15). Die Begründungspflicht verlangt, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Urteils, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht, substanziiert auseinandersetzt (vgl. Beschlüsse vom 11. November 2011 - BVerwG 5 B 45.11 - juris Rn. 3 und vom 8. Juni 2006 - BVerwG 6 B 22.06 - Buchholz 442.066 § 78 TKG Nr. 1). Daran gemessen kommt die Zulassung der Revision nicht in Betracht. Die Fragen, die die Beschwerde beantwortet wissen möchte, verhelfen ihr schon deshalb nicht zum Erfolg, weil sie sich mit den insoweit einschlägigen Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht in dem gebotenen Umfang substanziiert auseinandersetzt.

3 Die Klägerin wirft die Frage auf:
„Gilt der Grundsatz, dass bei sog. gemischten oder mehrstufigen Betrieben Ersatzeinheitswerte für jeden Betriebszweig zu bilden und dann zusammenzurechnen sind (§ 5 Abs. 4 der 6. FeststellungsDV) auch dann, wenn lediglich eine Gesamtbeschäftigtenzahl bekannt ist und Erkenntnisse über sonstige Betriebsmerkmale fehlen?“.

4 Diese Frage bezieht sich auf die vom Verwaltungsgericht seinem Urteil zugrunde gelegten Grundsätze zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Entschädigung für ein aus Einzel- und Großhandel bestehendes sogenanntes gemischtes Unternehmen im Wege der Schätzung nach § 2 Satz 5 des NS-Verfolgtenentschädigungsgesetzes (NS-VEntschG) i.V.m. § 4 Abs. 3 des Gesetzes über die Entschädigung nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (EntschG). Das Verwaltungsgericht hat insoweit ausgeführt, dass - soweit dies möglich sei - auf die Richtzahlen abgestellt werden könne, auf deren Grundlage im Lastenausgleichsverfahren pauschalierte Ersatzeinheitswerte nach der Sechsten Verordnung zur Durchführung des Feststellungsgesetzes (6. FeststellungsDV) ermittelt würden. Deshalb könne die Richtzahltabelle Nr. 104 (Einzelhandel: Schuhe) herangezogen werden, die bei sechs Beschäftigten - wie hier - von einem Ersatzeinheitswert in Höhe von 28 000 RM ausgehe. Da sich das Unternehmen zu gleichen Teilen mit Einzel- und Großhandel beschäftigt habe, lägen auch die Voraussetzungen der Richtzahltabelle 248 (Großhandel: Schuhwaren) vor, die bei sechs Beschäftigten einen Einheitswert in Höhe von 75 000 RM ausweise. Soweit die Beklagte die beiden Ersatzeinheitswerte nicht zusammengerechnet habe, sei dies mit Blick auf Nr. 6 Buchst. b Abs. 2 Satz 4 der Durchführungsbestimmungen zur Sechsten Verordnung zur Durchführung des Feststellungsgesetzes (DB-Betriebsvermögen) nicht zu beanstanden. Diese Bestimmung finde Anwendung bei mehrstufigen oder gemischten Betrieben, bei denen - wie hier - nur die Gesamtbeschäftigtenzahl bekannt sei. Für diesen Fall sehe sie vor, dass die Gesamtbeschäftigtenzahl nach jeder in Betracht kommenden Tabelle vergleichsweise mit in die Berechnung einbezogen werde, dann aber nur der sich beim Vergleich ergebende niedrigste Tabellenwert als Ersatzeinheitswert anzusetzen sei, also hier derjenige der Richtzahltabelle 104. Dem tritt die Klägerin mit der aufgeworfenen Frage entgegen und meint, im Einklang mit § 5 Abs. 4 der 6. FeststellungsDV seien die Einheitswerte für beide Betriebsteile zusammenzurechnen. Sie legt insoweit insbesondere dar, dass entgegen der Auffassung der Beklagten Nr. 6 Buchst. b Abs. 2 Satz 4 DB-Betriebsvermögen die Berücksichtigung eines Ersatzeinheitswertes aus der Richtzahltabelle 248 nicht hindere. Die Beschwerde verhält sich hingegen nicht dazu, dass das Verwaltungsgericht die gegenteilige Auffassung der Beklagten nicht als allein zutreffend angesehen hat. Zwar wird in dem angegriffenen Urteil dargelegt, dass das Verständnis der Beklagten von Nr. 6 Buchst. b Abs. 2 Satz 4 DB-Betriebsvermögen Sinn und Zweck der Bestimmung entspreche und mit der Systematik der Durchführungsbestimmungen im Einklang stehe. Entscheidend für das Verwaltungsgericht war jedoch, dass mit Blick auf den „Entscheidungsvorrang der sachverständigen Behörde“ bei der Schätzung der Bemessungsgrundlage für die Entschädigung eines Unternehmens (auch) die Auslegung der Nr. 6 Buchst. b Abs. 2 Satz 4 DB-Betriebsvermögen durch die Beklagte „nicht offensichtlich willkürlich“ sei (UA S. 8 Abs. 3). Diese Erwägung lässt offen, ob auch eine andere Vorgehensweise bei der Schätzung der Bemessungsgrundlage möglich ist. Die Klägerin wäre mit Blick auf die Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO gehalten gewesen, sich mit dieser Begründung substanziiert auseinanderzusetzen. Dies hat sie versäumt. Insbesondere fehlt es an einer ins Einzelne gehenden Darlegung, dass sich im Zusammenhang mit der Annahme des Verwaltungsgerichts, die Auslegung der Nr. 6 Buchst. b Abs. 2 Satz 4 DB-Betriebsvermögen durch die Beklagte erweise sich nicht als evident willkürlich, eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung stellt.

5 Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hat die Klägerin auch nicht im Zusammenhang mit den zwei weiteren von ihr aufgeworfenen Fragen ausreichend dargelegt. Diese Fragen stehen ebenfalls im Zusammenhang mit der vom Verwaltungsgericht als nicht offensichtlich willkürlich angesehenen Auslegung der Nr. 6 Buchst. b Abs. 2 Satz 4 DB-Betriebsvermögen durch die Beklagte. Deshalb gelten die vorstehenden Erwägungen zu der ersten Frage entsprechend.

6 Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO abgesehen.

7 2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 3 GKG.