Beschluss vom 05.02.2003 -
BVerwG 1 B 31.03ECLI:DE:BVerwG:2003:050203B1B31.03.0

Beschluss

BVerwG 1 B 31.03

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 07.11.2002 - AZ: OVG 4 A 1429/02.A

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 5. Februar 2003
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts
E c k e r t z - H ö f e r und die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht H u n d und R i c h t e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 7. November 2002 wird verworfen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die Beschwerde ist bereits deshalb unzulässig, weil sowohl die Beschwerdeschrift vom 12. Dezember 2002 (Bl. 91 f. d.A.) als auch die Beschwerdebegründungsschrift vom 13. Januar 2003 (Bl. 95 ff. d.A.) jeweils zwar per Telefax am letzten Tag der Frist bei Gericht eingegangen sind. Sie waren jedoch vom Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht - wie nach § 81 Abs. 1 VwGO grundsätzlich erforderlich - eigenhändig unterschrieben, sondern lediglich mit dessen Namens-Stempel "gez. P..." versehen. Beide per Telefax übermittelten Schriftsätze konnten deshalb die gesetzlichen Fristen zur Erhebung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 133 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 VwGO) nicht wahren. Ausnahmsweise kann zwar auch ein nicht eigenhändig unterschriebener bestimmender Schriftsatz beachtlich sein, wenn sich aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Willen, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu geben, ergibt (vgl. zuletzt etwa Beschluss vom 19. Dezember 2001 - BVerwG 3 B 33.01 - <juris> und Beschluss vom 27. Januar 2003 - BVerwG 1 B 92.02 - <zur Veröffentlichung vorgesehen> m.w.N.). Solche Umstände sind hier aber nicht erkennbar; insbesondere ergeben sie sich nicht schon daraus, dass jeweils ein form- und inhaltsgleicher, vom Prozessbevollmächtigten eigenhändig unterzeichneter Schriftsatz nach Ablauf der Frist beim Oberverwaltungsgericht eingegangen ist. Aus der Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (vom 5. April 2000 - GmS-OGB 1/98 - BGHZ 144, 160; vgl. auch BVerfG Kammer-Beschluss vom 4. Juli 2002 - 2 BvR 2168/00 - NJW 2002, 3534) zur Zulässigkeit des elektronisch übermittelten Computerfax lässt sich nichts zugunsten der vom Prozessbevollmächtigten des Klägers gewählten Verfahrensweise herleiten. Wird ein bestimmender Schriftsatz nicht auf elektronischem Wege, sondern herkömmlicherweise - wie hier - mittels Telefax und/oder mit Briefpost übermittelt, müssen die übermittelte Telekopie und/oder der per Post aufgegebene Originalschriftsatz die Unterschrift des Rechtsanwalts tragen (ebenso BFH, Beschluss vom 10. Juli 2002 - VII B 6/02 - BFH/NV 2002, 1597). Anhaltspunkte dafür, dass ein dem Prozessbevollmächtigten des Klägers - und damit dem Kläger selbst - zuzurechnendes Verschulden insoweit nicht vorliegt und deshalb eine Wiedereinsetzung in die versäumten Fristen in Betracht kommt, bestehen nicht. Einer Anhörung des Klägers und einer abschließenden Entscheidung hierzu bedarf es nicht, da die Beschwerde aus weiteren Gründen unzulässig ist.
Weder die mit der Beschwerde geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch die behauptete Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) der Berufungsentscheidung von einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (vom 24. März 1997 - 2 BvR 1024/95 - <InfAuslR 1997, 273>) ist in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 genügenden Weise dargelegt.
Die Beschwerde meint, das Oberverwaltungsgericht hätte die Frage stellen und prüfen müssen, "ob dem Kläger Abschiebungsschutz in unmittelbarer oder analoger Anwendung des § 53
Abs. 6 Satz 1 AuslG zu gewähren ist, da er sich bereits seit dem Kleinkindalter in der Bundesrepublik Deutschland aufhält und somit jegliche Bindung zu seinem Geburtsland verloren hat" (Beschwerdebegründung unter I.). Damit und mit den weiteren Ausführungen wird eine klärungsfähige Rechtsfrage im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht aufgezeigt. Die Beschwerde wendet sich vielmehr, wie auch die weiteren Ausführungen zeigen, im Gewande der Grundsatzrüge gegen die dem Tatsachengericht vorbehaltene Feststellung und Würdigung des Sachverhalts und dessen negative Gefahrenprognose, die auch in dem von der Beschwerde beanstandeten Satz in den Entscheidungsgründen zum Ausdruck kommt, "der Umstand, dass der heute volljährige Kläger sich seit über 12 Jahren in Deutschland" aufhalte, führe "auf kein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis" im Sinne des § 53 Abs. 6 AuslG (BA S. 7).
Die Divergenzrüge ist schon deshalb nicht ordnungsgemäß erhoben, weil die Behauptung nicht zutrifft, das Bundesverfassungsgericht habe in dem zitierten Beschluss vom 24. März 1997 a.a.O. "festgestellt, dass bei einer Prüfung des § 53 Abs. 6 AuslG auch der Frage nachzugehen ist, ob der Asylsuchende bei einer Abschiebung seinen Lebensunterhalt ohne fremde Hilfe bestreiten könne". Die angezogene Kammer-Entscheidung ist zum einen nicht zu § 53 Abs. 6 AuslG ergangen. Zum anderen hat sich das Bundesverfassungsgericht darin nicht in der unterstellten Weise geäußert. Vielmehr hat es - zum Bestehen einer inländischen Fluchtalternative bei regionaler Gruppenverfolgung - ausgeführt, der Betroffene dürfe am Ort der Fluchtalternative nicht in eine ausweglose Lage geraten; dabei könne sich eine existenzielle Gefährdung "auch daraus ergeben, dass der Asylbewerber am Ort der Fluchtalternative für sich das wirtschaftliche Existenzminimum weder aus eigener Kraft noch mit Hilfe Dritter gewährleisten kann".
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben; der
Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.