Beschluss vom 06.11.2019 -
BVerwG 4 B 52.18ECLI:DE:BVerwG:2019:061119B4B52.18.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 06.11.2019 - 4 B 52.18 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:061119B4B52.18.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 52.18

  • VG Regensburg - 21.06.2016 - AZ: VG RN 6 K 14.1422
  • VGH München - 27.07.2018 - AZ: VGH 15 B 17.1169

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. November 2019
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz, Petz und
Prof. Dr. Külpmann
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Juli 2018 wird verworfen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 2. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen zu 1 sind nicht erstattungsfähig.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf sämtliche Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde ist unzulässig. Sie verfehlt die Darlegungsanforderungen nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.

2 1. Nicht dargelegt ist die von der Beschwerde behauptete grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

3 Als rechtsgrundsätzlich bedeutsam wirft die Beschwerde die Frage auf,
ob die Verfestigung einer Splittersiedlung bereits dann im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB zu befürchten ist, wenn das Bauvorhaben Vorbildwirkung hat, oder der Tatbestand des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB erst dann erfüllt ist, wenn zur Vorbildwirkung noch hinzutritt, dass mit der Genehmigung ein Präzedenzfall geschaffen würde, der dazu führt, dass die Gründe, die weiteren Vorhaben entgegengehalten werden könnten, an Überzeugungskraft einbüßen,
weist aber selbst darauf hin, dass diese Frage in der Rechtsprechung des Senats bereits beantwortet ist.

4 Die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung ist nach dieser Rechtsprechung (BVerwG, Urteil vom 19. April 2012 - 4 C 10.11 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 386 Rn. 21 f. m.w.N.) nur dann im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB zu "befürchten", wenn das Vorhaben zur Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer "unerwünschten" Splittersiedlung führt. Die Verfestigung einer Splittersiedlung ist unter anderem dann unerwünscht, wenn das Vorhaben eine weit reichende oder doch nicht genau übersehbare Vorbildwirkung besitzt und daher seine unabweisbare Konsequenz sein könnte, dass in nicht verlässlich eingrenzbarer Weise noch weitere Bauten hinzutreten werden. Das Merkmal des Befürchtens der Verfestigung einer Splittersiedlung setzt dabei nicht voraus, dass als Folge der Zulassung des insoweit öffentliche Belange beeinträchtigenden Vorhabens ein uneingeschränkter Rechtsanspruch auf Zulassung weiterer Vorhaben entsteht. Es genügt, dass die Gründe, die weiteren Vorhaben entgegengehalten werden könnten, an Überzeugungskraft einbüßen würden, wenn das jetzt beantragte Vorhaben nicht aus eben den Gründen - der Verfestigung einer Splittersiedlung - versagt würde, mit der Genehmigung also ein sogenannter Berufungsfall geschaffen würde. Welchen darüber hinausgehenden grundsätzlichen Klärungsbedarf die Beschwerde sieht, legt sie nicht dar.

5 2. Auch eine Abweichung des Berufungsurteils von dieser Senatsrechtsprechung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist nicht dargelegt.

6 Die Beschwerde trägt vor, das Berufungsurteil beschränke sich abweichend von den Rechtssätzen des Senats darauf, festzustellen, dass es in der Umgebung des Bauvorhabens noch Platz für weitere Bebauung gebe und das Bauvorhaben folglich geeignet sei, den Wunsch nach weiterer Wohnbebauung entstehen zu lassen oder zu verstärken. Im Anschluss hieran werde aber nicht erörtert, ob und in welcher Weise Gründe, die weiteren Vorhaben entgegengehalten werden könnten, an Überzeugungskraft einbüßen, wenn die Genehmigung für das streitgegenständliche Vorhaben erteilt würde. Der Hinweis, das Tatbestandsmerkmal des Befürchtens verlange nicht, dass infolge der Zulassung des zur Beurteilung stehenden Vorhabens ein uneingeschränkter Rechtsanspruch auf Zulassung weiterer Vorhaben entstehe und dass die Schaffung eines Bezugsfalls, auf den sich andere berufen könnten, ausreiche, könne die fehlende Auseinandersetzung mit dem Einzelfall nicht ersetzen.

7 Mit diesem Vortrag räumt die Beschwerde ein, dass der Verwaltungsgerichtshof die Rechtssätze der Senatsrechtsprechung (sinngemäß) wiedergegeben und sich zu eigen gemacht hat. Ihre Behauptung, der Verwaltungsgerichtshof habe den Rechtssatz aufgestellt, dass für die unerwünschte Verfestigung einer Splittersiedlung die Vorbildfunktion des streitgegenständlichen Bauvorhabens ausreiche, ist unschlüssig. Soweit die Beschwerde eine unvollständige Subsumtion unter die Rechtssätze des Senats geltend macht, rügt sie der Sache nach eine unzutreffende Rechtsanwendung der Vorinstanz. Eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Divergenz lässt sich damit nicht begründen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. April 1997 - 1 B 258.96 - juris Rn. 6 ff. <insoweit nicht abgedruckt in Buchholz 402.5 WaffG Nr. 77>).

8 3. Der behauptete Verstoß gegen die Begründungspflicht bezeichnet keinen Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

9 Ein dem Berufungsurteil anhaftender inhaltlicher Begründungsmangel, wie ihn die Beschwerde geltend macht, ist - sein Vorliegen unterstellt - grundsätzlich ungeeignet, die angegriffene Berufungsentscheidung als "nicht mit Gründen versehen" im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO erscheinen zu lassen (BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2000 - 9 B 77.00 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 31). Das gilt nur dann nicht, wenn die Entscheidungsgründe rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder sonst derart unbrauchbar sind, dass sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet sind, den Urteilstenor zu tragen (BVerwG, Beschluss vom 13. Juli 1999 - 9 B 419.99 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 6 VwGO Nr. 35). Davon kann hier keine Rede sein.

10 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.