Verfahrensinformation

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Frage, ob ein Bundesbeamter, der an eine Behörde eines Landes (hier Baden-Württemberg) abgeordnet ist, dem persönlichen Anwendungsbereich des Landesdisziplinargesetzes mit der Folge unterliegt, dass er wegen einer im Rahmen der Abordnung begangenen Dienstpflichtverletzung auf der Grundlage des Disziplinargesetzes des Landes vom Land disziplinarrechtlich belangt werden kann.


Der Kläger steht als Regierungsdirektor im Dienst der Bundesrepublik Deutschland. Im August 2019 wurde er für die Dauer von fünf Jahren an die Hochschule für Polizei des Landes Baden-Württemberg abgeordnet. Dem Kläger wird vom Land vorgeworfen, er habe im Unterricht gegenüber einzelnen Studiengruppen konkrete Angaben zu den Fragen der anstehenden Prüfungen gemacht. Es bestehe der hinreichende Verdacht, dass der Kläger sein Amt nicht unparteiisch und gerecht ausgeführt habe, weil er andere nicht beteiligte Studiengruppen aus unsachlichen Gründen benachteiligt habe. Darüber hinaus bestehe der Verdacht, dass der Kläger durch sein Verhalten gegen die Pflicht zur Befolgung von dienstlichen Anordnungen und allgemeinen Richtlinien verstoßen und seine Verschwiegenheitspflicht verletzt habe. Mit Disziplinarverfügung des Präsidenten der Hochschule für Polizei wurde dem Kläger auf der Grundlage von § 28 Abs. 1 LDG BW eine Geldbuße in Höhe von 3 000 € auferlegt. Zuvor hatte eine Stelle der Bundeswehr sich mit dieser Disziplinarverfügung einverstanden erklärt.


Das Verwaltungsgericht hat die Disziplinarverfügung aufgehoben und das beklagte Land verpflichtet, das Disziplinarverfahren gegen den Kläger einzustellen. Der Anwendungsbereich des Landesdisziplinargesetzes sei nicht eröffnet, weil der Kläger trotz der Abordnung unverändert Bundesbeamter sei. Aus der Regelung des § 27 Abs. 5 BBG ergebe sich nicht, dass das Disziplinarverfahrensrecht der Abordnung zu einer Landesbehörde folge. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat die Berufung des Landes zurückgewiesen. Zur Begründung hat der VGH ausgeführt, dass der Anwendungsbereich des Landesdisziplinargesetzes nicht eröffnet sei und damit für das nach dem Landesrecht geführte Disziplinarverfahren ein nicht behebbares Verfahrenshindernis vorliege.


Urteil vom 07.03.2024 -
BVerwG 2 C 12.23ECLI:DE:BVerwG:2024:070324U2C12.23.0

Unanwendbarkeit des Disziplinargesetzes eines Landes auf abgeordnete Bundesbeamte

Leitsätze:

1. Während einer Abordnung hat der Vorgesetzte der Beschäftigungsbehörde des aufnehmenden Dienstherrn diejenigen beamtenrechtlichen Entscheidungen zu treffen, die unmittelbar mit der Tätigkeit des abgeordneten Beamten bei der Dienststelle des aufnehmenden Dienstherrn im Zusammenhang stehen.

2. Das Disziplinargesetz eines Landes ist auf Bundesbeamte wegen eines während einer Abordnung begangenen Dienstvergehens nicht anwendbar.

  • Rechtsquellen
    BDG §§ 1, 2
    BBG §§ 1, 2, 27, 77
    LDG BW §§ 1, 4, 38

  • VG Freiburg - 17.09.2021 - AZ: DL 11 K 3895/20
    VGH Mannheim - 18.04.2023 - AZ: DL 16 S 21/22

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 07.03.2024 - 2 C 12.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:070324U2C12.23.0]

Urteil

BVerwG 2 C 12.23

  • VG Freiburg - 17.09.2021 - AZ: DL 11 K 3895/20
  • VGH Mannheim - 18.04.2023 - AZ: DL 16 S 21/22

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 7. März 2024
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden und Dr. Hartung, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hampel und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hissnauer
für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 18. April 2023 wird zurückgewiesen.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Das Revisionsverfahren betrifft die Frage, ob ein zu einem Land abgeordneter Bundesbeamter dem Anwendungsbereich des Disziplinargesetzes dieses Landes unterliegt.

2 Der 1964 geborene Kläger steht als Regierungsdirektor (Besoldungsgruppe A 15 BBesO) im Dienst der Bundesrepublik Deutschland und wird im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung verwendet. Zunächst war er für die Hochschule A im Rahmen einer Nebentätigkeit als Lehrbeauftragter tätig. Im August 2019 wurde er für die Zeit vom 1. September 2019 bis zum 31. August 2024 an die Hochschule abgeordnet.

3 Anfang April 2020 kam bei der Leitung der Hochschule der Verdacht auf, ein Dozent habe im Unterricht gegenüber einzelnen Studiengruppen konkrete Angaben zu den Fragen der anstehenden Prüfungen gemacht. Im Hinblick hierauf leitete der Präsident der Hochschule gegen den Kläger ein Disziplinarverfahren nach dem Landesdisziplinargesetz ein. Auf Anfrage der Hochschule lehnte es die Bundeswehr ab, das Disziplinarverfahren an sich zu ziehen; sie bat lediglich um gelegentliche Information zum Fortgang des Verfahrens.

4 Der Präsident der Hochschule übersandte dem Kläger am 21. September 2020 das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen und hörte ihn zu der beabsichtigten Auferlegung einer Geldbuße in Höhe von 3 500 € an. Die Bundeswehr teilte der Hochschule mit, dass der Kommandeur mit der beabsichtigten Vorgehensweise einverstanden sei. Mit Disziplinarverfügung vom 10. November 2020 legte der Präsident der Hochschule dem Kläger auf Grundlage des Landesdisziplinargesetzes eine Geldbuße in Höhe von 3 000 € auf.

5 Auf die Klage des Klägers hat das Verwaltungsgericht die Disziplinarverfügung aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Anwendungsbereich des Landesdisziplinargesetzes sei nicht eröffnet. Als Bundesbeamter unterliege der Kläger nur dem persönlichen Anwendungsbereich des Bundesdisziplinargesetzes. Seine dienstherrnübergreifende Abordnung lasse das Amt im statusrechtlichen Sinne und damit auch die Eigenschaft eines Beamten des bisherigen Dienstherrn unberührt. Die durch die Abordnung zu einem weiteren Dienstherrn begründete rechtliche Beziehung sei nicht nur zeitlich, sondern auch inhaltlich begrenzt. Statusberührende Befugnisse des Dienstherrn gingen mit der Abordnung nicht auf den aufnehmenden Dienstherrn über.

6 Hiergegen richtet sich die bereits vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision des Beklagten, mit der er beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 18. April 2023 aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zurückzuverweisen.

7 Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

II

8 Die Revision des Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) oder das revisible Landesdisziplinargesetz vom 14. Oktober 2008 (GBl. 2008 S. 343 - LDG BW; § 191 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG) ist der Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen, dass der Kläger als Bundesbeamter trotz seiner Abordnung zum beklagten Land nicht dem Geltungsbereich des Landesdisziplinargesetzes unterfällt. Die auf der Grundlage des § 38 Abs. 1 Satz 1 LDG BW ergangene Disziplinarverfügung der Hochschule A ist bereits deshalb rechtswidrig.

9 Die Regelungen zum Anwendungsbereich sowohl des Bundesdisziplinargesetzes als auch des Disziplinargesetzes des Landes führen dazu, dass der Kläger als Bundesbeamter ungeachtet seiner Abordnung zum Land disziplinarrechtlich nur dem Bundesdisziplinargesetz unterliegt (1.). Auch aus § 27 Abs. 5 BBG folgt nicht, dass das Land auf der Grundlage seines Disziplinargesetzes gegen den Kläger als Bundesbeamten vorgehen kann (2.). Bei schwerwiegenden Dienstvergehen führte die Annahme, ein abgeordneter Bundesbeamter unterliege dem Disziplinargesetz eines Landes, zu mit den Strukturprinzipien des Dienst- und Treueverhältnisses unvereinbaren Konsequenzen (3.). Der Zweck eines Disziplinarverfahrens spricht ebenfalls nicht dafür, dass ein Land als aufnehmender Dienstherr aufgrund seines Disziplinargesetzes gegen einen abgeordneten Bundesbeamten vorgehen kann (4.). Die Disziplinarverfügung des beklagten Landes kann nicht als eine Disziplinarverfügung der Bundeswehr nach Maßgabe des Bundesdisziplinargesetzes aufrechterhalten werden (5.).

10 1. Wird ein Bundesbeamter zu einem Land zur vorübergehenden Beschäftigung abgeordnet, so bleibt das zum Bund bestehende Dienst- und Treueverhältnis unberührt. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BBG ist die Abordnung eine vorübergehende Maßnahme. Durch sie wird lediglich ein weiteres, befristetes Dienstverhältnis zum aufnehmenden Dienstherrn begründet. Für Bundesbeamte (§ 1 BBG) bestimmt § 77 Abs. 3 BBG ausdrücklich, dass sich die Verfolgung von Dienstvergehen nach dem Bundesdisziplinargesetz richtet. Nach seinem § 1 Satz 1 gilt das Bundesdisziplinargesetz in persönlicher Hinsicht für Beamte und Ruhestandsbeamte im Sinne des Bundesbeamtengesetzes und nach seinem § 2 Abs. 1 Nr. 1 in sachlicher Hinsicht für die von diesen Beamten während ihres Beamtenverhältnisses begangenen Dienstvergehen (§ 77 Abs. 1 BBG). § 17 Abs. 4 BDG schränkt die Vorschriften des Bundesdisziplinargesetzes zu seinem Geltungsbereich nicht ein. Zudem macht § 30 Nr. 3 BBG die Vorstellung des Bundesgesetzgebers deutlich, dass Bundesbeamte wegen eines Dienstvergehens nur nach Maßgabe des Bundesdisziplinargesetzes aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden können. Demgegenüber regelt das Landesdisziplinargesetz Baden-Württemberg nach seinem § 1 Abs. 1 Satz 1 die Verfolgung von Dienstvergehen, die Beamte und Ruhestandsbeamte des Landes, der Gemeinden, der Landkreise und der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts während ihres Beamtenverhältnisses begangen haben.

11 2. § 27 Abs. 5 BBG stützt die Rechtsansicht des Beklagten nicht. Für den Fall der Abordnung eines Beamten des Bundes zu einem Land schreibt er vor, dass die für den Bereich des aufnehmenden Dienstherrn geltenden Vorschriften über die Pflichten und Rechte der Beamten entsprechend anzuwenden sind mit Ausnahme der Regelungen über Diensteid, Amtsbezeichnung, Zahlung von Bezügen, Krankenfürsorgeleistungen und Versorgung, soweit zwischen den Dienstherrn nichts anderes vereinbart ist. Aus § 27 Abs. 5 BBG folgt aber nicht, dass bei einer dienstherrnübergreifenden Abordnung zu einem Land die Regelung zur Nichterfüllung von Pflichten des § 77 BBG für den Bundesbeamten nicht mehr maßgeblich ist und an seine Stelle die für Beamte des Landes geltenden Regelungen treten (a. A. Baßlsperger, ZBR 2016, 14 <22>).

12 Ausdrücklich bestimmt § 27 Abs. 1 Satz 1 BBG, dass bei einer Abordnung die Zugehörigkeit des Beamten zur bisherigen Dienststelle beibehalten wird. Danach behält der Beamte bei der Abordnung sein bei der Beschäftigungsbehörde des abgebenden Dienstherrn begründetes abstrakt-funktionelles Amt. Dementsprechend untersteht er auch weiterhin seinem bisherigen Dienstvorgesetzten. Beim aufnehmenden Dienstherrn wird dem Beamten ein konkreter Dienstposten zugewiesen. Hinsichtlich dieser Tätigkeit unterliegt der abgeordnete Beamte den Weisungen des für diesen Dienstposten zuständigen Vorgesetzten. Dieser Vorgesetzte hat während der Dauer der Abordnung diejenigen beamtenrechtlichen Entscheidungen zu treffen, die unmittelbar mit der Tätigkeit des abgeordneten Beamten bei der Dienststelle des aufnehmenden Dienstherrn im Zusammenhang stehen (vgl. Günther, in: Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, Stand Oktober 2023, BBG 2009, § 27 Rn. 42 sowie OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. Juli 2021 - 4 B 9/21 - ZBR 2022, 40 Rn. 19 zu § 14 BeamtStG). Dies betrifft neben der Ausübung der dienstlichen Tätigkeit selbst etwa die Gewährung von Urlaub oder einer Nebentätigkeit. Die den rechtlichen Status des Beamten betreffenden Befugnisse bleiben demgegenüber beim abgebenden Dienstherrn. Dies gilt für die Beförderung, die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis oder die Versetzung in den Ruhestand.

13 Danach sind von der "entsprechenden Anwendung der für den Bereich des aufnehmenden Dienstherrn geltenden Vorschriften über die Pflichten und Rechte" des Beamten i. S. v. § 27 Abs. 5 BBG lediglich diejenigen erfasst, die unmittelbar mit der dienstlichen Tätigkeit des abgeordneten Beamten im Geschäftsbereich des aufnehmenden Dienstherrn im Zusammenhang stehen. Dazu zählen die Vorschriften des aufnehmenden Dienstherrn für die Verfolgung eines im Rahmen der Abordnung begangenen Dienstvergehens nicht. Auch definiert § 77 BBG nicht materielle Rechte und Pflichten des Beamten i. S. v. § 27 Abs. 5 BBG, sondern bestimmt für seinen Geltungsbereich lediglich den Begriff des Dienstvergehens und legt die für seine Ahndung maßgeblichen Verfahrensvorschriften fest.

14 3. Die vom beklagten Land vertretene Rechtsauffassung, dass es aufgrund des Landesdisziplinargesetzes gegen einen zum Land abgeordneten Bundesbeamten wegen einer im Rahmen der Abordnung begangenen Dienstpflichtverletzung vorgehen könne, ist ferner mit den Grundprinzipien des Dienst- und Treueverhältnisses unvereinbar. Denn der aufnehmende Dienstherr, zu dem lediglich ein zeitlich und inhaltlich begrenztes Dienstverhältnis begründet wird, wäre bei einem schwerwiegenden Dienstvergehen des Beamten befugt, den Beamten zurückzustufen oder gar das zum abgebenden Dienstherrn bestehende und auf Lebenszeit begründete Dienst- und Treueverhältnis zu beenden, obwohl die Abordnung als vorübergehende Maßnahme das Amt des Beamten im statusrechtlichen Sinne unberührt lässt.

15 Dem kann das beklagte Land auch nicht entgegenhalten, durch die Regelung in § 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LDG BW seien die rechtlichen Interessen des Bundes als Dienstherr eines an das Land abgeordneten Bundesbeamten im Falle eines schwerwiegenden Dienstvergehens des Beamten, das eine statusberührende Disziplinarmaßnahme erfordere, gewährleistet. Denn das Gesetz schreibe für den Fall einer statusberührenden Disziplinarmaßnahme durch eine Disziplinarverfügung des Landes gegen einen abgeordneten Bundesbeamten die vorherige Zustimmung der höheren Disziplinarbehörde, d. h. bei einem Bundesbeamten die Zustimmung einer Bundesbehörde, vor.

16 Höhere Disziplinarbehörde i. S. v. § 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LDG BW ist nach § 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) LDG BW grundsätzlich die Ernennungsbehörde. § 4 LDG BW bestimmt die höhere Disziplinarbehörde allerdings lediglich für Beamte des Landes und bezieht solche des Bundes nicht mit ein. Zudem wird aus der Gesetzesbegründung deutlich, dass das Erfordernis der Zustimmung der höheren Disziplinarbehörde nicht die Beteiligung des Bundes im Falle der Abordnung eines Beamten zum Land Baden-Württemberg sicherstellen soll, sondern sich auf die Landesverwaltung bezieht. Der Zustimmungsvorbehalt der höheren Disziplinarbehörde soll einerseits der Vereinheitlichung der Ahndung von Dienstvergehen und andererseits der Abstimmung der statusberührenden Disziplinarmaßnahmen mit konkurrierenden personal- oder aufsichtsrechtlichen Maßnahmen im Bereich der Landesverwaltung dienen (Landtag von Baden-Württemberg, LT-Drs. 14/2996, S. 116). Das in der Gesetzesbegründung in Bezug genommene Gesetz über die Ernennung der Richter und Beamten des Landes i. d. F. der Bekanntmachung vom 29. Januar 1992 (GBl. S. 141) beschränkt sich, wie der Titel bereits unmittelbar zum Ausdruck bringt, auf den Bereich des Landes.

17 Schließlich könnte der Landesgesetzgeber die benannten Vorschriften jederzeit ändern, sodass eine Sicherung der rechtlichen Interessen des Bundes damit in keinem Fall gewährleistet ist.

18 4. Vorrangiger Zweck des Disziplinarverfahrens ist es nicht, zurückliegendes Fehlverhalten des Beamten zu sanktionieren. Das Disziplinarverfahren dient in erster Linie der Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung sowie der Aufrechterhaltung des Vertrauens der Allgemeinheit in die Integrität des Berufsbeamtentums. Der Beamte soll grundsätzlich für die Zukunft durch geeignete Maßnahmen zu einem pflichtgemäßen Verhalten veranlasst werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Dezember 2021 - 2 A 7.21 - BVerwGE 174, 219 Rn. 46 m. w. N.).

19 Der Zeitraum der Dienstleistung des Beamten für den aufnehmenden Dienstherrn ist von vornherein beschränkt; die Abordnung ist nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BBG vorübergehend. Wegen dieser Befristung der Abordnung besteht kein Anlass, dem aufnehmenden Dienstherrn die Befugnis zu Disziplinarmaßnahmen gegen den abgeordneten Beamten einzuräumen, die zeitlich weit über die Dauer der Abordnung hinauswirken können.

20 Der aufnehmende Dienstherr ist im Interesse der Funktionsfähigkeit seiner Verwaltung auch nicht zwingend darauf angewiesen, dass er wegen einer im Rahmen der Abordnung begangenen Dienstpflichtverletzung aufgrund seines Disziplinargesetzes gegen den Beamten vorgehen kann. Leitet der abgebende Dienstherr gegen den abgeordneten Bundesbeamten kein Disziplinarverfahren ein oder ist der aufnehmende Dienstherr mit der disziplinarrechtlichen Ahndung des Beamten durch den abgebenden Dienstherrn nicht einverstanden, so kann der aufnehmende Dienstherr die weitere dienstliche Tätigkeit des Bundesbeamten in seinem Geschäftsbereich durch die einseitige Beendigung der Abordnung ausschließen. § 27 Abs. 4 Satz 1 BBG ist zu entnehmen, dass die Abordnung stets den übereinstimmenden Willen des abgebenden und des aufnehmenden Dienstherrn voraussetzt.

21 5. Die Disziplinarverfügung der Hochschule A kann auch nicht infolge der schriftlich bekundeten Zustimmung der Bundeswehr mit der Vorgehensweise der Hochschule A als eine Verfügung der Bundeswehr aufrechterhalten werden. Zwar kennt auch das Bundesdisziplinargesetz die Geldbuße als Disziplinarmaßnahme (§ 7 BDG). Ein Bundesbeamter hat aber aufgrund von § 77 Abs. 3 BBG Anspruch darauf, dass gegen ihn wegen des Verdachts eines Dienstvergehens nur nach Maßgabe des Bundesdisziplinargesetzes ermittelt und seine Dienstpflichtverletzung allein nach diesem Gesetz geahndet wird. Diese Zuordnung betrifft nicht nur die Durchführung und den Abschluss des behördlichen, sondern auch des sich anschließenden gerichtlichen Verfahrens. Hieraus ergeben sich auch inhaltliche Unterschiede. So schreibt das Bundesdisziplinargesetz in § 47 Abs. 1 und § 51 Abs. 1 vor, dass die Beamtenbeisitzer beim Verwaltungsgericht und beim Oberverwaltungsgericht auf Lebenszeit ernannte Beamte im Bundesdienst sein müssen. Demgegenüber gibt das Recht des beklagten Landes in § 9 AGVwGO BW vor, dass die Beamtenbeisitzer Beamte eines der Dienstherrn nach § 1 Abs. 1 Satz 1 LDG BW sein müssen, wozu der Bund nicht gehört.

22 6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 22 Satz 2 AGVwGO BW und § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts für das Revisionsverfahren bedarf es nicht, weil sich die Höhe der Gerichtsgebühren aus den analog anzuwendenden Vorgaben des Bundesdisziplinargesetzes für die Revision ergibt (BVerwG, Urteil vom 21. April 2016 - 2 C 4.15 - BVerwGE 155, 6 Rn. 80 f.).