Beschluss vom 07.08.2019 -
BVerwG 4 B 29.19ECLI:DE:BVerwG:2019:070819B4B29.19.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 07.08.2019 - 4 B 29.19 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:070819B4B29.19.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 29.19

  • OVG Berlin-Brandenburg - 09.04.2019 - AZ: OVG 6 A 16.17

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 7. August 2019
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Decker und Prof. Dr. Külpmann
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. April 2019 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Kläger als Gesamtschuldner.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 55 199,99 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Sie ist jedenfalls unbegründet.

2 1. Hinsichtlich der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verfehlt die Beschwerde die Anforderungen an die Darlegung dieses Zulassungsgrundes.

3 Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>).

4 An einer solchen Darlegung fehlt es. Die Beschwerde lässt nicht erkennen, welche Rechtsfrage im Revisionsverfahren auf den Prüfstand gestellt werden soll.

5 2. Die Beschwerde bezeichnet keinen Verfahrensmangel nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

6 a) Sie beanstandet, der Vorinstanz seien beim Umgang mit den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen zu notwendigen Schallschutzmaßnahmen und deren Kosten Verfahrensfehler unterlaufen. Dies bleibt ohne Erfolg.

7 Nach Auffassung der Beschwerde hätte das Oberverwaltungsgericht nach § 98 VwGO i.V.m. § 402 ZPO einen Beweis durch Sachverständigen erheben müssen. Die Beschwerde muss insoweit schon deshalb erfolglos bleiben, weil sie nicht darlegt, dass die Kläger bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme dieser Sachverhaltsaufklärung hingewirkt haben oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14 f. und vom 19. November 2018 - 4 B 58.18 - juris Rn. 10). Einen Beweisantrag haben die Kläger in der mündlichen Verhandlung ausweislich des Protokolls nicht gestellt. Eine schriftsätzliche Beweisanregung genügte nicht, um ihre prozessualen Obliegenheiten zu erfüllen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20. September 2007 - 4 B 38.07 - juris Rn. 3 und vom 10. Oktober 2013 - 10 B 19.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 67 Rn. 3). Die Beschwerde legt auch nicht dar, warum sich dem Gericht eine Beweiserhebung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen. Sie beschränkt sich auf eine pauschal bleibende Kritik, ohne auf konkrete Schallschutzmaßnahmen oder deren Kosten einzugehen.

8 Mit dem Vortrag, das Gericht habe die Kläger vor der mündlichen Verhandlung weder auf seine Einschätzung zu den Kostenschätzungen der Beklagten noch auf die fehlende Absicht hingewiesen, einen gerichtlichen Sachverständigen zu bestellen, wird kein Verstoß gegen das Gebot rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO aufgezeigt. Es ist nicht ersichtlich, warum die Kläger insoweit gehindert gewesen sein könnten, sich in der mündlichen Verhandlung zu äußern oder nach § 86 Abs. 2 VwGO Beweis zu beantragen. Dass das Urteil eine unzulässige Überraschungsentscheidung sein könnte (zu den Maßstäben BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2013 - 6 C 9.12 - NVwZ 2013, 1614 Rn. 38), macht auch die Beschwerde nicht geltend.

9 b) Die Beschwerde hält die Annahmen der Vorinstanz zum Einbau eines Schalldämmlüfters im Schlafzimmer (UA S. 15 ff.) für verfahrensfehlerhaft.

10 Dies bleibt ohne Erfolg. Der geltend gemachte Zahlungsanspruch setzt nach dem Planfeststellungsbeschluss voraus, dass die Kosten für Schallschutzeinrichtungen 30 % des Verkehrswertes von Grundstück und Gebäuden mit zu schützenden Räumen überschreiten (UA S. 7; Teil A II 5.1.7 Nr. 2 des Planfeststellungsbeschlusses für den Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld vom 13. August 2004 in Gestalt des Planergänzungsbeschlusses vom 20. Oktober 2009). Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist selbständig tragend darauf gestützt, dass bei keiner der von der Beklagten aufgezeigten Belüftungsvarianten - Einbau eines Schalldämmlüfters (an der Wand oder der Zimmerdecke) oder Einbau eines reinen Zuluftgeräts und die Schaffung der erforderlichen Luftabführung - zusätzliche Kosten entstünden, durch welche die Grenze von 30 % des Verkehrswertes des Hauses überschritten würde (UA S. 16). Hinsichtlich dieser Begründung macht die Beschwerde keinen Zulassungsgrund geltend. Dies steht der Zulassung der Revision entgegen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2016 - 3 B 38.16 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 66 Rn. 3).

11 Hiervon unabhängig führt die Beschwerde nicht auf einen Verfahrensfehler. Sie rügt, die Kläger hätten sich in der mündlichen Verhandlung nicht zu der Möglichkeit äußern können, einen Schalldämmlüfter an der Zimmerdecke zu befestigen. Auf einen etwaigen Verfahrensmangel könnten sich die Kläger indes schon deshalb nicht berufen, weil es ihnen offen gestanden hätte, in der mündlichen Verhandlung einen Schriftsatznachlass nach § 283 Satz 1 ZPO i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO zu beantragen oder die Möglichkeit einer solchen Befestigung mit einem Beweisantrag in Frage zu stellen. Soweit die Beschwerde als verfahrensfehlerhaft beanstandet, das Urteil befasse sich nicht mit der Frage der Zumutbarkeit, unter einem Schalldämmlüfter zu schlafen, legt sie einen Gehörsverstoß (zu den Voraussetzungen vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2014 - 4 C 35.13 - NVwZ 2015, 656 Rn. 42) nicht substantiiert dar. Im Übrigen wendet sich die Beschwerde gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung durch die Vorinstanz, die nicht dem Prozessrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen ist (BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 15).

12 3. Hinsichtlich des Klageantrags zu 2 macht die Beschwerde Revisionszulassungsgründe nicht geltend.

13 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.