Urteil vom 08.06.2005 -
BVerwG 1 D 3.04ECLI:DE:BVerwG:2005:080605U1D3.04.0

Urteil

BVerwG 1 D 3.04

  • VG Düsseldorf - 24.03.2004 - AZ: VG 37 K 11/04.BDG

In dem Disziplinarverfahren hat das Bundesverwaltungsgericht, Disziplinarsenat,
in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 8. Juni 2005,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht
A l b e r s ,
Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. M ü l l e r ,
Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. H e i t z ,
Polizeihauptkommissar N o v o t n y
und Regierungsamtmann S c h m i d t
als ehrenamtliche Richter
sowie
Leitende Regierungsdirektorin ...
und Regierungsrätin ...
als Vertreterinnen der Einleitungsbehörde,
Assessorin ... , ...,
als Verteidigerin
und
Justizangestellte ...
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

Die Berufung des Regierungsamtmanns ... gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts ... - 1. Bundesdisziplinarkammer - vom 24. März 2004 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

I


1. Der ... Beamte war von 1992 bis März 1997 beim Bundesamt für Wehrverwaltung als Sachgebietsleiter mit der Abrechnung von Umzügen der Soldaten und Zivilbeschäftigten der Bundeswehr von und nach USA und Kanada befasst. In dem ordnungsgemäß eingeleiteten Disziplinarverfahren hat ihn der Bundesdisziplinaranwalt angeschuldigt, dadurch ein Dienstvergehen begangen zu haben, dass er
im Zeitraum von 1995 bis 1996 wiederholt gegen die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit gemäß § 61 Abs. 1 BBG verstoßen hat, indem er mindestens acht Adressen umzugswilliger Soldaten an eine Speditionsfirma bekannt gab, sowie im Zeitraum von 1995 bis 1996 wiederholt gegen das Verbot der Geschenkannahme gemäß § 70 BBG und der dazu erlassenen dienstlichen Ausführungsbestimmung (BMVg-VR/2(alt) vom 10.06.1991 - Az.: 17-02-19) verstoßen hat, indem er insgesamt Bargeld in Höhe von mindestens DM 6 100 sowie geldwerte Vorteile in nicht bezifferbarer Höhe angenommen hat.
In dem sachgleichen Strafverfahren wurde der Beamte durch rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts B. vom 9. Februar 1999 wegen Bestechlichkeit und Verletzung von Privatgeheimnissen in mehreren Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 50 DM verurteilt.
2. Das Verwaltungsgericht ... hat den Beamten durch Urteil vom 24. März 2004 aus dem Dienst entfernt und ihm einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 75 v.H. seines erdienten Ruhegehaltes auf die Dauer von sechs Monaten bewilligt. Es hat die angeschuldigten Vorwürfe als erwiesen angesehen und das Verhalten des Beamten als vorsätzlich begangenes einheitliches Dienstvergehen von erheblichem Gewicht gewertet. Der Beamte habe in den Jahren 1995 und 1996 immer wieder gegen das Verbot der Geschenkannahme gemäß § 70 Satz 1 BBG sowie gegen die Pflichten zur Amtsverschwiegenheit gemäß § 61 Abs. 1 BBG und zur Befolgung dienstlicher Anweisungen gemäß § 55 Satz 2 BBG verstoßen. Im Sommer 1995 habe er auf Kosten des Geschäftsführers der Spedition "M...", H., die "Sail" in Bremerhaven besucht und auf der Hinfahrt 200 DM in bar angenommen. In den Jahren 1995 und 1996 habe er Anschriften umzugswilliger Bundeswehrangehöriger an H. weitergegeben und dafür gesorgt, dass die Rechnungen der Fa. "M..." im Wege telegraphischer Postanweisung beglichen wurden. Hierfür habe er von dem Geschäftsführer Bargeld in Höhe von insgesamt rund 6 000 DM angenommen, zum Teil auch gefordert. Der Beamte habe sich als korrupt erwiesen und sei daher im Beamtenverhältnis untragbar geworden.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist dem Beamten am 10. April 2004, seiner Verteidigerin am 13. April 2004 zugestellt worden.
3. Mit der am 12. Mai 2004 per Telefax beim Verwaltungsgericht eingegangenen Berufungsschrift macht der Beamte geltend, das Dienstvergehen rechtfertige die Entfernung aus dem Dienst nicht; angemessen sei eine maßvolle Gehaltskürzung. Er trägt vor:
Er habe lediglich dienstliche Anschriften umzugswilliger Soldaten an H. weitergegeben. Hierzu habe er sich bereit erklärt, weil H. ihn massiv bedrängt habe. Die telegraphischen Postanweisungen zugunsten der Fa. "M..." habe er erst angeordnet, nachdem er in Erfahrung gebracht habe, dass dadurch nicht, wie angenommen, Mehrkosten entstünden. Sein unmittelbarer Vorgesetzter, der Referatsleiter W., sei über die Anweisungen im Bilde gewesen. Es müsse mildernd berücksichtigt werden, dass er sich in dem maßgeblichen Zeitraum wegen der enormen Arbeitsbelastung, dem unbeherrschten Auftreten des Referatsleiters und dem dadurch verursachten schlechten Betriebsklima in einer extremen psychischen Belastungssituation befunden habe. Darauf sei auch sein damaliger hoher Alkoholkonsum zurückzuführen gewesen. Diese Situation habe H. erkannt und für seine Zwecke ausgenutzt. Auch sei es üblich gewesen, dass Vertreter der Speditionsunternehmen Sachzuwendungen wie etwa Wein, Spirituosen und Büromaterial in der Dienststelle abgegeben hätten. Seit April 1997 habe er in verschiedenen dienstlichen Tätigkeitsbereichen herausragende Leistungen erbracht.

II


Die Berufung des Beamten hat keinen Erfolg.
Das gerichtliche Disziplinarverfahren ist auch nach In-Kraft-Treten des Bundesdisziplinargesetzes am 1. Januar 2002 nach den Verfahrensregeln und -grundsätzen der Bundesdisziplinarordnung fortzuführen (vgl. § 85 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 und 7 BDG; zum Übergangsrecht BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2002 - BVerwG 1 D 19.01 - NVwZ 2002, 1515).
1. Die Berufung ist form- und fristgerecht gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1, § 81 Satz 1, § 82 BDO i.V.m. § 85 Abs. 7 BDG eingelegt worden und damit zulässig. Durch den Eingang der Berufungsschrift beim Verwaltungsgericht am 12. Mai 2004 ist die Berufungsfrist von einem Monat gewahrt worden, weil diese Frist gemäß § 23 a Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 BDO erst mit der Zustellung des angefochtenen Urteils an die Verteidigerin am 13. April 2004 zu laufen begonnen hat. Dass der Verteidigerin eine Abschrift des Urteils anstelle der von § 78 Abs. 3 BDO vorgesehenen Ausfertigung zugestellt worden ist, lässt die Wirksamkeit der Zustellung unberührt.
2. Die Berufung ist unbeschränkt eingelegt, so dass der Senat den Sachverhalt selbst festzustellen und disziplinarrechtlich zu würdigen hat.
a) Aufgrund der zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Beweismittel und der Einlassungen des Beamten in der Hauptverhandlung, soweit diesen gefolgt werden kann, hält der Senat folgenden Sachverhalt für erwiesen:
Der Beamte ließ sich vom Geschäftsführer der Spedition "M...", H., im Sommer 1995 auf dessen Kosten zu einem Besuch der "Sail" nach Bremerhaven einladen. Während der Fahrt dorthin übergab H. dem Beamten 200 DM in bar. Dem Beamten war klar, dass sich H. dafür erkenntlich zeigte, dass die Fa. "M..." zuvor wegen der Fürsprache des Beamten mit der Durchführung eines Umzugs beauftragt worden war.
Der Beamte erklärte sich gegenüber H. bereit, die Anschriften von Bundeswehrangehörigen mitzuteilen, deren Umzug bevorstand. Dadurch wollte er H. die Kontaktaufnahme mit dem Ziel des Abschlusses von Umzugsverträgen ermöglichen. Absprachegemäß gab der Beamte bis Ende des Jahres 1996 in ungefähr 30 Fällen teils dienstliche, teils private Anschriften von Bundeswehrangehörigen an H. weiter, wobei er wusste, dass ihm solche Hilfeleistungen untersagt waren. Auf Drängen von H. ordnete der Beamte in den Jahren 1995 und 1996 in Abweichung von den üblichen Zahlungsmodalitäten in mindestens 35 Fällen an, Rechnungen der Fa. "M..." im Wege telegraphischer Postanweisung zu begleichen.
Zwischen Sommer 1995 und Weihnachten 1996 erhielt der Beamte von H. Geldzuwendungen in Höhe von rund 6 000 DM. H. übergab dem Beamten in dessen Dienstzimmer Bargeld und wies Geldbeträge für ihn telegraphisch an. Der Beamte rief H. mehrfach nach Dienstschluss von einer Gaststätte aus an und bat ihn um Geld. H. hatte ihm angeraten, in derlei Fällen nicht von der Dienststelle aus bei ihm anzurufen. Der Beamte wusste, dass H. das Geld wegen der Weitergabe der Anschriften und der Anordnung der telegraphischen Postanweisungen bezahlte. Folgende Geldzuwendungen stehen fest:
In bar übergab H. dem Beamten 800 DM ungefähr vier Wochen nach der "Sail" im Jahr 1995, 300 DM anlässlich einer Karnevalsfeier der Dienststelle im Jahr 1996, 1 500 DM im Sommer 1996 sowie 500 DM im November 1996 vor einer Dienstreise des Beamten in die USA. H. wies dem Beamten im Jahr 1995 dreimal 500 DM sowie am 9. Juli 1996 500 DM, am 19. September 1996 und am 24. Oktober 1996 jeweils 400 DM telegraphisch an.
Die drei telegraphischen Postanweisungen im Jahr 1996 sind durch die in den Strafakten befindlichen Kopien der Anweisungsformulare nachgewiesen. Hinsichtlich der weiteren Geldzuwendungen in den Jahren 1995 und 1996, des Besuchs der "Sail" im Jahr 1995 auf Kosten von H. und der Übergabe von 200 DM in bar auf der Fahrt nach Bremerhaven hat der Senat ausschließlich die Angaben zugrunde gelegt, die der Beamte in der zweiten polizeilichen Vernehmung vom 6. Februar 1997 gemacht und in der richterlichen Vernehmung vom 7. Februar 1997 in vollem Umfang bestätigt hat. Der Beamte hat die Richtigkeit dieser zeitnahen Angaben in der Folgezeit nicht in Abrede gestellt. Aus seinen Schilderungen in diesen Vernehmungen und in einer weiteren polizeilichen Vernehmung am 7. Februar 1997 ergibt sich auch, dass er H. mehrfach telefonisch um Geld bat, als er sich in einem finanziellen Engpass befand, und dass er die Geldzuwendungen erhielt, weil er unbefugt Anschriften weitergab und telegraphische Postanweisungen anordnete. Auch von diesen Angaben ist der Beamte in der Folgezeit nicht abgerückt. In der Hauptverhandlung vor dem Senat hat er erneut eingeräumt, dass die Geldzuwendungen ohne die Gegenleistungen nicht geflossen bzw. eingestellt worden wären. Zudem hat er auf Nachfrage zugestanden, mitunter auch private Anschriften weitergegeben zu haben. Hinsichtlich der Anzahl der Postanweisungen zugunsten der Fa. "M..." in den Jahren 1995 und 1996 legt der Senat die Angaben des damaligen Referatsleiters W. in dessen Vernehmung durch die Untersuchungsführerin am 14. November 2001 zugrunde. Der Senat geht davon aus, dass der Beamte die Postanweisungen nicht weisungswidrig veranlasste, weil sein Vorgehen dem Referatsleiter bekannt war und dieser es hinnahm.
b) Der Schwerpunkt des festgestellten einheitlichen Dienstvergehens (§ 77 Abs. 1 Satz 1 BBG) liegt darin, dass der Beamte durch die Annahme der mit dem Besuch der "Sail" im Jahr 1995 verbundenen Sachleistungen, vor allem aber durch die Annahme der Geldleistungen in Höhe von ungefähr 6 000 DM vorsätzlich gegen das Verbot der Geschenkannahme gemäß § 70 Satz 1 BBG in der bis zum 19. August 1997 geltenden Fassung vom 27. Februar 1985 (BGBl I S. 479) verstieß. Nach dieser Vorschrift darf der Beamte keine Belohnungen und Geschenke in Bezug auf sein Amt annehmen. Das Verbot konkretisiert die Treuepflicht und die Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung und bezweckt, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität und Funktionsfähigkeit des Berufsbeamtentums zu gewährleisten. Aus diesem Grund soll bereits der Anschein vermieden werden, dass der Beamte bei der Wahrnehmung seiner Dienstgeschäfte durch Gefälligkeiten beeinflussbar ist oder persönliche Interessen verfolgt. Daher erfasst § 70 Satz 1 BBG jede amtsbezogene Zuwendung eines wirtschaftlichen Vorteils, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Die Amtsbezogenheit ist bereits dann gegeben, wenn die dienstliche Stellung oder Tätigkeit des Beamten nach den erkennbaren Vorstellungen des Gebers zumindest mitursächlich für die Zuwendung ist. Private Kontakte zwischen dem Beamten und dem Geber schließen die Amtsbezogenheit nicht aus, solange für die Hingabe des Vorteils nicht ausschließlich persönliche Beziehungen maßgeblich sind (BVerwG, Urteile vom 22. Oktober 1996 - BVerwG 1 D 76.95 - BVerwGE 113, 4 <5>; vom 24. Juni 1998 - BVerwG 1 D 23.97 - BVerwGE 113, 229 <232>; vom 20. Februar 2002 - BVerwG 1 D 19.01 - Buchholz 232 § 70 BBG Nr. 11; vom 20. Januar 2000 - BVerwG 2 C 19.99 - Buchholz 232 § 70 BBG Nr. 9; vom 31. Januar 2002 - BVerwG 2 C 6.01 - BVerwGE 115, 389 <391>).
Darüber hinaus verstieß der Beamte durch die unbefugte Weitergabe von privaten und dienstlichen Anschriften vorsätzlich gegen die Pflichten zur Amtsverschwiegenheit gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 BBG und zur Befolgung dienstlicher Anweisungen gemäß § 55 Satz 2 BBG.
Bei Verstößen gegen § 70 Satz 1 BBG handelt es sich regelmäßig um sehr schwerwiegende Pflichtverletzungen. Die uneigennützige, auf keinen privaten Vorteil bedachte Führung der Dienstgeschäfte stellt eine wesentliche Grundlage des Berufsbeamtentums dar. Ein Beamter, der Vorteile in Bezug auf sein Amt annimmt, erweckt den Eindruck, sich bei seinen Dienstgeschäften nicht an sachlichen Erwägungen zu orientieren, sondern für Amtshandlungen allgemein käuflich zu sein. Dies kann im Interesse einer gesetzmäßigen Verwaltung und im Interesse des allgemeinen Vertrauens in ein rechtsstaatliches Handeln der Verwaltung nicht hingenommen werden (BVerwG, Urteile vom 22. Oktober 1996, a.a.O., vom 24. Juni 1998, a.a.O., und vom 20. Februar 2002, a.a.O.).
Ein Beamter, der vorsätzlich gegen § 70 Satz 1 BBG verstößt, verliert regelmäßig endgültig das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in seine pflichtgemäße Amtsführung und ist daher aus dem Dienst zu entfernen, wenn er als Gegenleistung für den gewährten Vorteil eine pflichtwidrige Amtshandlung vorgenommen oder wenn er bares Geld angenommen hat und durchgreifende Milderungsgründe fehlen. Die Annahme von Geldzuwendungen offenbart ein besonders hohes Maß an Pflichtvergessenheit, weil jedem Beamten klar sein muss, dass er durch ein solches Verhalten die Grenze der Sozialadäquanz eindeutig überschreitet. Unter diesen Voraussetzungen erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als geeignet und erforderlich, um den Zwecken des Disziplinarrechts Geltung zu verschaffen, sowie als verhältnismäßig im engeren Sinne (BVerwG, Urteile vom 24. Juni 1998, a.a.O., und vom 20. Februar 2002, a.a.O.; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Februar 2003 - 2 BvR 1413/01 - NVwZ 2003, 1504).
Danach ist im vorliegenden Fall die Entfernung aus dem Dienst geboten, weil der Beamte über einen Zeitraum von ungefähr anderthalb Jahren immer wieder Geldzuwendungen annahm, bis sein Verhalten entdeckt wurde. Er ergriff mehrfach die Initiative, um Geld zu erhalten. Darüber hinaus war ihm klar, dass die Geldzuwendungen im Sinne eines Gegenseitigkeitsverhältnisses mit seiner dienstlichen Tätigkeit verknüpft waren. Der Beamte stellte seine Amtsführung in den Dienst der Fa. "M..." und wurde dafür bezahlt.
In Anbetracht dessen liegen keine Milderungsgründe vor, die es rechtfertigen könnten, den Beamten im Dienst zu belassen:
Der Beamte kann sich nicht deshalb auf ein gemindertes Unrechtsbewusstsein berufen, weil zur Tatzeit Sachzuwendungen der Speditionsunternehmen an die Mitarbeiter der Dienststelle üblich waren. Auch wenn es sich bei diesen Zuwendungen eindeutig nicht mehr um sozialadäquate, weil gewohnheitsmäßig anerkannte und relativ geringwertige Aufmerksamkeiten aus gegebenen Anlässen gehandelt haben sollte, so fielen die dem Beamten zur Last gelegten Geldannahmen als Entgelt für dienstliche Tätigkeiten offenkundig aus dem Rahmen. Die damaligen Verhältnisse konnten nichts daran ändern, dass der Beamte um den unbedingten Geltungsanspruch des Verbots der Annahme von Geld zur persönlichen Verwendung in Zusammenhang mit dem Dienst wissen und sein Verhalten danach einrichten musste. Weil er dies wusste, ist der Beamte H.s Ratschlag gefolgt, Adressen und Bitten um finanzielle Zuwendungen nicht von der Dienststelle aus mitzuteilen.
Entsprechendes gilt, soweit der Beamte vorträgt, seine Hemmschwelle sei zur Tatzeit herabgesetzt gewesen, weil ihn die Verhältnisse in der Dienststelle, insbesondere das unbeherrschte Verhalten seines Vorgesetzten stark belastet hätten. Die Anforderung, der Annahme von Bargeld zu widerstehen, beansprucht auch in starken Belastungssituationen unvermindert Geltung. Darüber hinaus hält es der Senat nach den Umständen des Einzelfalles für ausgeschlossen, dass die Verfehlungen durch die dienstliche Situation bedingt waren. Zum einen spricht gegen einen solchen Zusammenhang, dass der Beamte H. mehrfach um Geld anging, wenn er in einem finanziellen Engpass war. Zum anderen erbrachte der Beamte Gegenleistungen in dem Wissen, nur dadurch den Geldzufluss zu erhalten. Anhaltspunkte für eine damalige Alkoholabhängigkeit des Beamten sind weder von diesem vorgetragen noch sonst ersichtlich. In der Hauptverhandlung vor dem Senat hat der Beamte angegeben, nach seiner Ablösung als Sachgebietsleiter sei es ihm ohne therapeutische Hilfe gelungen, seinen Alkoholkonsum erheblich einzuschränken.
Der Umstand, dass der Beamte nach der Aufdeckung des Dienstvergehens seit April 1997 weiterbeschäftigt worden ist und sich seitdem in verschiedenen Tätigkeitsbereichen bewährt hat, ist nicht geeignet, eine mildere Disziplinarmaßnahme zu rechtfertigen. Über die Frage des Verbleibs im Beamtenverhältnis haben nicht die einzelnen Dienstvorgesetzten, sondern unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes die Disziplinargerichte zu entscheiden. Diese haben zu beurteilen, ob aufgrund des Dienstvergehens ein endgültiger Vertrauensverlust eingetreten ist. Ist dies der Fall, so vermag daran auch eine Weiterverwendung auf einem anderen Dienstposten nichts zu ändern. Denn das Vertrauen bezieht sich auf den allgemeinen Status als Beamter, auf das Amt als Ganzes (BVerwG, Urteile vom 20. Februar 2002, a.a.O.; vom 9. April 2002 - BVerwG 1 D 14.01 -; vom 20. Januar 2004 - BVerwG 1 D 33.02 - BVerwGE 120, 33 <53>).
Schließlich kann auch die lange Dauer des Disziplinarverfahrens nicht mildernd berücksichtigt werden, wenn der Beamte wie hier durch sein Fehlverhalten das Vertrauensverhältnis zerstört hat (BVerwG, Urteile vom 24. Juni 1998, a.a.O., und vom 20. Februar 2002, a.a.O.).
3. Mit dem vom Verwaltungsgericht bewilligten Unterhaltsbeitrag gemäß § 77 Abs. 1 BDO hat es sein Bewenden. Der Unterhaltsbeitrag dient dazu, dem Beamten den durch den Wegfall der Dienstbezüge notwendig gewordenen Übergang in einen anderen Beruf oder in eine andere Art der finanziellen Existenzsicherung zu erleichtern. Diesem Zweck liegt die Erwartung zugrunde, dass sich der Beamte nachweisbar und in ausreichendem Maße, d.h. fortlaufend um die Aufnahme einer anderen Erwerbstätigkeit oder um eine andere Art der Sicherung seiner finanziellen Grundlagen bemüht. Der Senat macht vorsorglich darauf aufmerksam, dass sich die Bemühungen um einen neuen Arbeitsplatz nicht auf die Meldung beim Arbeitsamt (Agentur für Arbeit) als arbeitsuchend beschränken dürfen. Der Beamte ist gehalten, sich fortwährend z.B. auf Arbeitsplatzangebote in den Tageszeitungen oder im Internet zu bewerben und auch selbst, beispielsweise durch eigene Stellengesuche, initiativ zu werden. Der Nachweis dieser Bemühungen und deren Erfolglosigkeit sind auch Voraussetzung einer etwaigen Weiterbewilligung des Unterhaltsbeitrags gemäß § 110 Abs. 2 BDO nach Antragstellung beim zuständigen Verwaltungsgericht (vgl. zur Rechtslage nach dem am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Bundesdisziplinargesetz: Senatsbeschlüsse vom 15. Januar 2002 - BVerwG 1 DB 34.01 - Buchholz 235 § 110 BDO Nr. 10 = ZBR 2002, 436 = DokBerB 2002, 95 und vom 19. Oktober 2004 - BVerwG 1 DB 5.04 ).
Bei dem vom Verwaltungsgericht bewilligten Unterhaltsbeitrag bleibt es schon deshalb, weil die Einleitungsbehörde bis zum Schluss der Hauptverhandlung keinen Änderungsantrag gestellt hat (vgl. § 80 Abs. 4 BDO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 114 Abs. 1 Satz 1 BDO.