Beschluss vom 12.10.2023 -
BVerwG 10 B 19.23ECLI:DE:BVerwG:2023:121023B10B19.23.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 12.10.2023 - 10 B 19.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:121023B10B19.23.0]

Beschluss

BVerwG 10 B 19.23

  • VG Ansbach - 23.09.2020 - AZ: 4 K 19.00889
  • VGH München - 03.03.2023 - AZ: 4 B 22.819

In der Verwaltungsstreitsache hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. Oktober 2023
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Rublack und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Schemmer und Dr. Günther
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 3. März 2023 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Der Kläger begehrt von den Beklagten die Herausgabe eines auf dem St. Johannisfriedhof in Nürnberg liegenden Grabsteins, hilfsweise Ersatz für dessen Wert. Nachdem er zum Ende seines Grabnutzungsrechts im Februar 2015 formularmäßig den "Verzicht auf die Grabstätte" erklärt hatte, vergab die Friedhofsverwaltung der Beklagten das Nutzungsrecht an dem Grab an einen Dritten. Die zwei Jahre später vom Kläger verlangte Herausgabe des Grabsteins lehnte sie ab. Die Klage auf Herausgabe des Steins, hilfsweise Wertersatz, blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs ist der Kläger weiterhin Eigentümer des Grabsteins; seine Verfügungsbefugnis sei jedoch gemäß der Friedhofssatzung in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise jedenfalls im Wege einer nicht ausgleichspflichtigen Eigentumsinhaltsbestimmung auf den Friedhofsträger übergegangen. Das Berufungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.

II

2 Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

3 1. Mit der vom Kläger aufgeworfenen Frage,
inwieweit Rechtsgrundlagen für das Erlöschen des Nutzungsrechts und hier speziell für den Übergang der Verfügungsbefugnis auf den Träger des Friedhofs einer Rechtsgrundlage für eine Entschädigung bedürfen im Lichte des Art. 14 Abs. 1 GG,
wird eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht dargelegt.

4 Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und sowohl für die Vorinstanz als auch in dem angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt werden, dass und inwiefern diese Voraussetzungen vorliegen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>, vom 4. Oktober 2013 - 6 B 13.13 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 181 Rn. 19 und vom 24. Juni 2022 - 10 B 16.21 - juris Rn. 2).

5 Dies leistet die Beschwerde nicht. Sie zeigt keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf gerade im Hinblick auf das revisible Bundesrecht auf. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger ein Erfordernis einer Entschädigung aus dem Grundrecht auf Eigentum aus Art. 14 Abs. 1 GG ableitet und dem angegriffenen Berufungsurteil vorwirft, gegen die Anforderungen aus diesem Grundrecht zu verstoßen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermag die Rüge der Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der Auslegung und Anwendung von Landesrecht die Zulassung der Revision nur dann zu begründen, wenn die Auslegung und Anwendung der - gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten - bundesrechtlichen Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft. Die angeblichen bundesrechtlichen Maßgaben, deren Tragweite und Klärungsbedürftigkeit im Hinblick auf die einschlägigen landesrechtlichen Regelungen sowie die Entscheidungserheblichkeit ihrer Klärung in dem anhängigen Verfahren sind in der Beschwerdebegründung darzulegen (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 17. März 2008 - 6 B 7.08 - Buchholz 451.20 § 12 GewO Nr. 1 Rn. 9, vom 8. Mai 2008 - 6 B 64.07 - Buchholz 421 Kultur- und Schulwesen Nr. 132 Rn. 5 und vom 30. Mai 2017 - 10 BN 4.16 - juris Rn. 8).

6 Das ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen. Sie zeigt nicht auf, dass die Auslegung der einschlägigen Grundsätze des Bundes(verfassungs-)rechts durch die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht oder nicht hinreichend ausdifferenziert und entwickelt ist, um einen Maßstab für das Landesrecht abzugeben (vgl. dazu u. a. BVerwG, Beschlüsse vom 21. September 2001 - 9 B 51.01 - Buchholz 401.8 Verwaltungsgebühren Nr. 44 S. 28, vom 19. August 2013 - 9 BN 1.13 - Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 56 Rn. 4 und vom 29. Juni 2015 - 10 B 66.14 - juris Rn. 15). Eine grundsätzlich bedeutsame Frage der Auslegung der revisiblen Verfassungsnorm des Art. 14 Abs. 1 GG legt der Kläger mit seiner Beschwerde nicht dar.

7 2. Die Revision ist auch nicht wegen Divergenz zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

8 Eine die Revision eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung (unter anderem) des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 20. März 2023 - 10 B 1.23 - juris Rn. 8 m. w. N.). Daran fehlt es hier.

9 Der Kläger benennt in seiner Beschwerdebegründung weder in dem angegriffenen Urteil des Verwaltungsgerichtshofs unter Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts oder des Bundesverwaltungsgerichts formulierte abstrakte Rechtssätze noch solche Rechtssätze aus den von ihm mit einer Fundstelle bezeichneten Entscheidungen jener Gerichte, von denen der Verwaltungsgerichtshof abgewichen wäre. Vielmehr bemängelt er, die Würdigung des Berufungsgerichts im vorliegenden Einzelfall, wonach das Eigentum an einem Grabstein in verhältnismäßiger Weise auch ohne Entschädigung eingeschränkt (nach Auffassung des Klägers: entzogen) werden könne, widerspreche der von ihm angeführten höchstrichterlichen Rechtsprechung. Allein mit der Rüge der fehlerhaften Anwendung revisiblen Rechts ist eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO jedoch nicht dargetan.

10 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG.