Beschluss vom 13.02.2020 -
BVerwG 2 B 43.19ECLI:DE:BVerwG:2020:130220B2B43.19.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 13.02.2020 - 2 B 43.19 - [ECLI:DE:BVerwG:2020:130220B2B43.19.0]
Beschluss
BVerwG 2 B 43.19
- VG Cottbus - 23.03.2010 - AZ: VG 7 K 1026/08
- OVG Berlin-Brandenburg - 23.07.2019 - AZ: OVG 4 B 4.15
In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. Februar 2020
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hampel
beschlossen:
- Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund mündlicher Verhandlung vom 23. Juli 2019 ergangenen Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg wird zurückgewiesen.
- Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf die Wertstufe bis 10 000 € festgesetzt.
Gründe
1 1. Die Klägerin begehrt eine höhere als die ihr bewilligte Zulage nach § 46 BBesG a.F.
2 Die Klägerin ist seit 1992 Beamtin in der Finanzverwaltung des beklagten Landes. Sie wurde 1995 zur Steuerinspektorin (Besoldungsgruppe A 9) zur Anstellung ernannt, 1997 in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen sowie 1999 zur Steueroberinspektorin (Besoldungsgruppe A 10) und im Juni 2008 zur Steueramtfrau (Besoldungsgruppe A 11) befördert. Seit 1996 war sie in einem Finanzamt als Hauptsachbearbeiterin in der Körperschaftsteuerstelle auf einem Dienstposten eingesetzt, der der Besoldungsgruppe A 12 zugeordnet war.
3 Bei der vom Beklagten bei den Finanzämtern praktizierten haushaltsrechtlichen "Topfwirtschaft" wird darauf verzichtet, die Planstellen bestimmten Dienstposten fest zuzuordnen. Vielmehr belässt der Dienstherr die vom Haushaltsgesetzgeber im Stellenplan für die Finanzämter des Landes zur Verfügung gestellten Planstellen in diesem "Topf" und greift nur von Fall zu Fall auf sie zu, soweit er Beförderungen vornehmen will.
4 Das Verwaltungsgericht hat die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage auf eine Zulage nach § 46 BBesG a.F. für den Zeitraum seit Januar 2005 abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Auf die Revision der Klägerin hat das Bundesverwaltungsgericht die Sache mit Urteil vom 25. September 2014 - 2 C 19.13 - (PersV 2015, 116 = Parallelentscheidung zu BVerwG, Urteil vom 25. September 2014 - 2 C 16.13 - BVerwGE 150, 216) an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Im Jahr 2016 wurden der Klägerin für die noch nicht verjährte Zeit, d.h. für Juni 2009 bis Ende 2014, weitere 7 324,37 € bewilligt.
5 Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung, soweit sie aufrechterhalten worden war, zurückgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt: Die Klage sei nach der Bewilligung im Jahr 2016 unbegründet geworden. Der Beklagte sei nunmehr bei der Ermittlung der tatsächlichen Grundlagen und der Berechnung der Bewilligungsbeträge so verfahren, wie es das Bundesverwaltungsgericht vorgegeben habe. Dass ein Teil der Beamten wegen inzwischen eingetretener Verjährung ihre Ansprüche auf eine höhere Zulage nach § 46 BBesG a.F. nicht mehr durchsetzen könne, habe nicht zur Folge, dass die insoweit nicht benötigten Haushaltsmittel den Beamten mit noch durchsetzbaren Ansprüchen zugute kämen. Ebenso wenig seien für Teilzeitbeschäftigte nicht benötigte Stellenreste in die Verteilungssumme einzubeziehen.
6 2. Die Sache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde beimisst.
7 Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Ein Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregelungen auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4, vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9 und vom 20. Juni 2017 - 2 B 84.16 - juris Rn. 9).
8 Es kann dahinstehen, ob die Beschwerdebegründung, die keine Fragen formuliert, den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt. Jedenfalls ist die Beschwerde unbegründet, weil eine grundsätzliche Bedeutung der der Sache nach aufgeworfenen Fragen nicht gegeben ist.
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a) Soweit dem Beschwerdevorbringen bei rechtsschutzfreundlicher Auslegung die Frage
"Sind in den Fällen haushaltsrechtlicher Topfwirtschaft sämtliche für Personalkosten vorgesehene, aber tatsächlich nicht verbrauchte Haushaltsmittel bei der Ermittlung der Zulagenhöhe mit der Folge zu berücksichtigen, dass bei Teilzeitbeschäftigten die nicht benötigten Stellenreste in die Verteilungssumme einzubeziehen sind?"
zu entnehmen ist, rechtfertigt sie nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung.
10 Der Senat hat in seinen Urteilen vom 25. September 2014 - 2 C 16.13 - (BVerwGE 150, 216 Rn. 21 f.); im Fall der Klägerin: - 2 C 19.13 - (PersV 2015, 116 Rn. 21 f.), entschieden, dass dann, wenn die Anzahl der Anspruchsberechtigten die Anzahl der besetzbaren Planstellen der entsprechenden Wertigkeit übersteigt, der sich aus § 46 Abs. 2 BBesG ergebende Differenzbetrag zwischen dem Grundgehalt der Besoldungsstufe des Beamten und dem Grundgehalt der Besoldungsstufe, die der Wertigkeit des wahrgenommenen Funktionsamtes entspricht, nur anteilig gezahlt werden kann. Es ist deshalb für den Anspruchszeitraum und den etatisierten Behördenbereich - im konkreten Fall alle Finanzämter des beklagten Landes - monatlich die Anzahl der Anspruchsberechtigten und die Anzahl der besetzbaren Planstellen der entsprechenden Wertigkeit zu berechnen und ins Verhältnis zu setzen. Dabei ist hinsichtlich der Zahl der Anspruchsberechtigten zu prüfen, ob im letzten Monat einzelne Beamte in die Anspruchsvoraussetzungen hineingewachsen sind (Erlangen der Beförderungsreife, Erreichen der 18-monatigen Wartezeit) oder aus ihr herausgefallen sind (Wechsel auf einen dem Statusamt entsprechenden Dienstposten, Beförderung, Ruhestand, Tod). Hinsichtlich der Zahl der besetzbaren Planstellen ist zu prüfen, ob bislang besetzte Planstellen nunmehr besetzbar geworden sind (Ruhestand, Tod, <Weg->Versetzung) oder bislang besetzbare Planstellen nunmehr besetzt worden sind (Beförderung, <Her->Versetzung). Teilzeitbeschäftigte sind bei dieser Berechnung entsprechend ihrer Beschäftigungsquote zu berücksichtigen. Maßgeblich für diese Berechnung sind stets die Verhältnisse in dem Monat, für den die Zulage berechnet wird.
11 Damit hat der Senat das Berechnungsverfahren abschließend beschrieben, das in Fällen der haushaltsrechtlichen Topfwirtschaft bei einer höheren Zahl von Anspruchsberechtigten als von besetzbaren Planstellen anzuwenden ist. Er hat in Rn. 23 der genannten Urteile selbst auf den beträchtlichen Verwaltungsaufwand hingewiesen, den dieses Berechnungsverfahren mit sich bringen kann. Weitere Differenzierungen sind nicht veranlasst. Dementsprechend hat der Senat in seinem Beschluss vom 21. November 2019 - 2 B 23.19 - (juris Rn. 12) ausgeführt, dass mit dem Senatsurteil vom 25. September 2014 - 2 C 16.13 - (BVerwGE 150, 216 Rn. 21 f.) auch entschieden ist, dass bei der Verteilung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel unerheblich ist, ob Ansprüche anderer Antragsteller verjährt sind oder nicht.
12 Deshalb ist die oben formulierte Frage zu verneinen, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf, zumal der Senat zum einen - wie bereits erwähnt - ausgeführt hat, dass Teilzeitbeschäftigte entsprechend ihrer Beschäftigungsquote bei der Anzahl der Anspruchsberechtigten zu berücksichtigen sind und zum anderen bei der Anzahl der besetzbaren Planstellen von der haushaltsrechtlichen Einordnung des Berufungsgerichts auszugehen hat. Haushaltsrecht ist nicht revisibles Landesrecht. Im vorliegenden Fall nimmt das Berufungsgericht an, dass es dem Beklagten zwar haushaltsrechtlich möglich gewesen wäre, mehrere teilzeitbeschäftigte Beamte auf einer Planstelle zu führen, dass er aber davon keinen Gebrauch gemacht habe und hierzu auch nicht im Nachhinein verpflichtet sei.
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b) Soweit dem Beschwerdevorbringen bei rechtsschutzfreundlicher Auslegung außerdem die Frage
"Bleiben bei der Berechnung der Höhe der Zulage nach § 46 BBesG a.F. Tarifbeschäftigte, die haushaltsrechtlich nicht auf Stellen, sondern auf Planstellen geführt werden, - anders als Beamte - unberücksichtigt?"
zu entnehmen ist, rechtfertigt dies ebenfalls nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Diese Frage ist zu verneinen, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass auch die Tarifbeschäftigten die insoweit veranschlagten Haushaltsmittel "verbrauchen". Auch eine Planstelle, auf der ein Tarifbeschäftigter geführt wird, ist besetzt und steht nicht als freie Planstelle für eine Beförderung zur Verfügung.
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c) Schließlich rechtfertigt die dem Beschwerdevorbringen bei rechtsschutzfreundlicher Auslegung zu entnehmende Frage
"Hat das Gesetz zur Nachzahlung von Besoldung im Land Brandenburg (Nachzahlungsgesetz) vom 10. Juli 2017 (GVBl. I 2017, Nr. 14) eine Erhöhung der Zulage nach § 46 BBesG a.F. zur Folge?"
nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Auch diese Frage ist zu verneinen, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Die sich aus § 46 Abs. 2 BBesG a.F. ergebende Anspruchshöhe - in Fällen der haushaltsrechtlichen Topfwirtschaft modifiziert nach den Grundsätzen der Senatsurteile vom 25. September 2014 - 2 C 16.13 - (BVerwGE 150, 216 Rn. 21 f.) u.a. - besteht aus der Differenz zwischen dem Grundgehalt der Besoldungsstufe des Beamten und dem Grundgehalt der Besoldungsstufe, die der Wertigkeit des wahrgenommenen Funktionsamts entspricht. Das Nachzahlungsgesetz des Landes Brandenburg verändert diese beiden Berechnungsfaktoren nicht. Nach § 3 Abs. 1 dieses Gesetzes erhalten u.a. Beamte, die eine Klage oder einen Widerspruch mit dem Ziel der Feststellung erhoben haben, dass die in dem jeweiligen Jahr der Jahre 2008 bis 2014 gewährte Besoldung nicht amtsangemessen ist, über deren geltend gemachten Anspruch jedoch noch nicht abschließend entschieden worden ist, für das jeweilige Jahr der Jahre 2008 bis 2014 eine Nachzahlung in Höhe eines Prozentsatzes ihrer jeweiligen in diesem Zeitraum gewährten monatlichen Grundgehälter und Amtszulagen. Daraus ergibt sich, dass durch das Nachzahlungsgesetz nicht rückwirkend die Grundgehälter erhöht worden sind - was Auswirkung auf die Berechnung der Zulage nach § 46 BBesG a.F. hätte -, sondern nur eine Nachzahlung erfolgt ist. Eine bloße Nachzahlung hat keine Auswirkung auf die Berechnung der Zulage nach § 46 BBesG a.F. Abgesehen davon dürfte die Klägerin auch die Anspruchsvoraussetzungen des § 3 des Nachzahlungsgesetzes nicht erfüllen.
15 3. Auch eine Zulassung der Revision wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) oder wegen des Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) der Missachtung der Bindungswirkung gemäß § 144 Abs. 6 VwGO, wonach das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, bei seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen hat, kommt nicht in Betracht. Die Klägerin hat diese Zulassungsgründe nicht ausdrücklich geltend gemacht. Entnähme man ihrer Begründung der Grundsatzrüge solche Rügen, würde es an den gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Darlegungen fehlen. Schließlich ergibt sich aus den Ausführungen unter 2. a) und b), dass keine Divergenz und keine Verletzung der Bindungswirkung des § 144 Abs. 6 VwGO vorliegen.
16 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 42 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG.