Beschluss vom 13.08.2003 -
BVerwG 8 B 64.03ECLI:DE:BVerwG:2003:130803B8B64.03.0

Leitsatz:

Anders als bei der zivilrechtlichen Abwicklung der Bodenreform nach Art. 233 §§ 11 ff. EGBGB kommt es für die Frage, ob es sich bei einem Grundstück, dessen Rückübertragung nach dem Vermögensgesetz beantragt ist, um ein Bodenreformgrundstück handelt, nicht allein auf die Kennzeichnung im Grundbuch, sondern ausschließlich auf die materielle Rechtslage an.

  • Rechtsquellen
    VermG § 2 Abs. 1 Satz 1

  • VG Potsdam - 09.01.2003 - AZ: VG 1 K 679/02

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 13.08.2003 - 8 B 64.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:130803B8B64.03.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 64.03

  • VG Potsdam - 09.01.2003 - AZ: VG 1 K 679/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. August 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M ü l l e r ,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von H e i m b u r g und den Richter am Bundesverwaltungsgericht P o s t i e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 9. Januar 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 6 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Darlegungen rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht.
Der Sache kommt die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht zu. Die von der Beschwerde zunächst aufgeworfene Frage,
ob bei der Beurteilung, ob es sich bei einem Grundstück, dessen Rückübertragung nach den Vorschriften des Vermögensgesetzes beantragt wird, um ein Bodenreformgrundstück handelt, ausschließlich auf die formelle Grundbuchlage abzustellen ist,
lässt sich auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens ohne weiteres verneinen. Für die Frage, ob es sich bei einem zur Rückübertragung nach dem Vermögensgesetz beantragten Grundstück um ein Bodenreformgrundstück handelt, ist ausschließlich die materielle Rechtslage entscheidend.
Dem stehen die Vorschriften über die Abwicklung der Bodenreform in Art. 233 §§ 11 ff. EGBGB nicht entgegen. Danach entscheidet die Kennzeichnung im Grundbuch, ob diese Vorschriften Anwendung finden (vgl. BGH ZOV 2003, 165 m.w.N.). Das entspricht dem Ziel des Gesetzgebers, für die zivilrechtliche Abwicklung der Bodenreform eindeutige formale Kriterien zu verwenden, die keiner Wertung oder Auslegung zugänglich sind, auch wenn sie nicht stets der wirklichen Rechtslage entsprechen (vgl. die Amtl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Vermögensgesetzes und anderer Vorschriften (2. VermRÄndG) - BR-Drs. 227/92, S. 264 f., 267). Für die Frage der Berechtigung gemäß § 2 VermG kommt es hingegen nicht auf die Buchposition, sondern auf die wirkliche Rechtslage an.
Die weiter als grundsätzlich aufgeworfene Frage,
ob bürgerlich-rechtliche Erben stets Rechtsnachfolger im Sinne von § 2 VermG in Bezug auf Grundstücke, für die im Zeitpunkt der schädigenden Handlung kein Bodenreformvermerk im zugrunde liegenden Grundbuch eingetragen war, sind,
wirft keinen weitergehenden Klärungsbedarf auf. Da es nach dem Vorstehenden auf den Bodenreformvermerk nicht ankommt, hängt die Frage von der materiellen Rechtslage ab (zum Bodenreformland s. jüngst Beschluss vom 20. Mai 2003 - BVerwG 8 B 36.03 - zur Veröffentlichung bestimmt).
Auch die weitere von der Beschwerde aufgeworfene Frage,
ob das Grundrecht auf Schutz des Eigentums aus Art. 14 GG verlangt, dass bei der Entscheidung der Frage, ob es sich bei einem zur Rückübertragung nach dem VermG angemeldeten Grundstück um ein Grundstück aus der Bodenreform handelt, ausschließlich auf die formelle Grundbuchlage abgestellt wird,
ist nicht revisionseröffnend. Als Prüfungsmaßstab der Ausgestaltung der Wiedergutmachung teilungsbedingter Vermögensschäden kommen hier nur das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes, das Rechtsstaatsprinzip und der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in Betracht (vgl. Urteil vom 6. April 1995 - BVerwG 7 C 10.94 -, BVerwGE 98, 147 <150> m.w.N.; Beschlüsse vom 24. Februar 2003 - BVerwG 8 B 155.02 - n.v., und vom 25. Januar 2001 - BVerwG 8 B 6.01 - n.v.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf den §§ 13, 14 GKG.