Beschluss vom 14.01.2019 -
BVerwG 9 B 13.18ECLI:DE:BVerwG:2019:140119B9B13.18.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 14.01.2019 - 9 B 13.18 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:140119B9B13.18.0]
Beschluss
BVerwG 9 B 13.18
- VGH Mannheim - 13.12.2017 - AZ: VGH 5 S 2449/14
In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. Januar 2019
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bier und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Martini und Dr. Dieterich
beschlossen:
- Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 13. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.
- Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
- Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 60 000 € festgesetzt.
Gründe
1 Die Beschwerde, die sich auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und des Verfahrensmangels stützt, bleibt ohne Erfolg.
2 1. Grundsätzlich bedeutsam (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist eine Rechtssache nur, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Frage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Den Darlegungen der Beschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.
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a) Die Frage,
ob eine angemessene Nutzung eines Gewerbegrundstücks auch dann noch sichergestellt ist, wenn Sattelzüge auf dem Grundstück nicht gewendet werden können und eine bestehende zweite Ausfahrt, die es ermöglicht, dass eingefahrene Sattelzüge vorwärts wieder ausfahren, durch die Planung beseitigt wird,
rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Denn soweit sie allgemein klärungsfähige Grundsätze des revisiblen Rechts überhaupt berührt, sind diese in der Rechtsprechung bereits geklärt. Danach besteht kein Anspruch auf unveränderten Zugang zu einem Grundstück, sondern lediglich auf eine Verbindung mit dem Straßennetz, die eine angemessene Nutzung des Grundeigentums ermöglicht. Nicht eine optimale, sondern nur eine nach den jeweiligen Umständen zumutbare Erreichbarkeit wird durch § 8a Abs. 4 FStrG gewährleistet. Mit dieser und den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften sind Inhalt und Schranken des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG gesetzlich bestimmt (BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 4 VR 7. 99 - Buchholz 407.4 § 8a FStrG Nr. 11 S. 2 f., Urteil vom 9. Juli 2003 - 9 A 54.02 - Buchholz 407.4 § 8a FStrG Nr. 14 S. 15 f., Beschluss vom 25. April 2018 - 9 A 15.16 - juris Rn. 10). Zur angemessenen Nutzung eines Gewerbegrundstücks gehört die Möglichkeit, mit Lastkraftwagen heraufzufahren (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 9. Januar 2013 - 9 B 33.12 - Buchholz 406.11 § 127 BauGB Nr. 94 Rn. 5 m.w.N.). Ein über diese Anforderungen hinausgehendes Interesse eines Grundeigentümers an der Beibehaltung eines bestehenden Lagevorteils ist zwar bei der Planfeststellung in die Abwägung einzustellen. Es kann aber, soweit es nicht als geringfügig von vornherein außer Betracht bleibt, durch überwiegende Gemeinwohlbelange zurückgedrängt werden (BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 4 VR 7.99 - und Urteil vom 9. Juli 2003 - 9 A 54.02 -, jeweils a.a.O.).
4 Dieser Maßstab gilt auch für die Beantwortung der Frage, welches Gewicht dem Interesse des Eigentümers eines Gewerbegrundstücks an der Beibehaltung einer vorhandenen Zweiterschließung zukommt. Einen darüber hinausgehenden fallübergreifenden Klärungsbedarf hat die Beschwerde nicht dargelegt. Ob die Vorinstanz den betreffenden Maßstab zutreffend angewandt hat, betrifft nur den Einzelfall und hat keine darüber hinausgehende grundsätzliche Bedeutung.
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b) Soweit die Beschwerde geklärt wissen will,
ob es bei der Abwägung nach § 17 Satz 2 FStrG für die Frage der Werterhaltung eines Grundstücks auf die objektiv gegebenen Möglichkeiten ankommt oder auf die Frage, in welcher Form es derzeit genutzt wird, auch wenn dadurch nicht sämtliche objektiv gegebenen Möglichkeiten ausgeschöpft werden,
führt auch dies nicht zur Zulassung der Revision. Die Frage würde sich in dem erstrebten Revisionsverfahren so schon deshalb nicht stellen, weil die Abwägung des Beklagten in dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss (S. 64 ff.) auf die betreffende Unterscheidung nicht abstellt. Abgesehen davon ergibt sich schon aus der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass nicht jede (potentielle) Nutzung, zu der das Grundeigentum Gelegenheit bietet, als angemessene Nutzung gegen planungsbedingte Veränderungen geschützt ist, sondern nur, was aus dem Grundstück unter Berücksichtigung der Rechtslage und der tatsächlichen Gegebenheiten als anerkennenswertes Bedürfnis hervorgeht. § 8a FStrG garantiert lediglich eine nach den jeweiligen Umständen zumutbare Erreichbarkeit (s. insbesondere BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 4 VR 7.99 - Buchholz 407.4 § 8a FStrG Nr. 11 S. 2). Was dazu gehört, ist wiederum eine Frage des Einzelfalls ohne grundsätzliche Bedeutung.
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c) Ferner ist die Revision nicht zuzulassen im Hinblick auf die Frage,
ob es für die Abwägung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG darauf ankommt, welche Bezeichnung der Parkplätze in einer Baugenehmigung gewählt wurde, auch wenn diese nicht mit den tatsächlichen Verhältnissen übereinstimmt, oder ob es für die Abwägung darauf ankommt, welche baulichen Anlagen tatsächlich genehmigt worden sind.
7 Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass von den 12 Stellplätzen, die ausschließlich als PKW- und nicht als LKW-Stellplätze Gegenstand einer Baugenehmigung des Landratsamts R. vom 28. Juni 1993 seien, nur einer durch die Verlegung der Zufahrt in voller Länge wegfalle und bis zu zwei weitere in ihrer Tiefe verkürzt würden. Im Hinblick auf die gegenwärtig bestehende, aber planungsbedingt künftig eingeschränkte Möglichkeit, noch auf anderen Flächen des Gewerbegrundstücks PKW abzustellen, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass dies der Klägerin keine für die Abwägung schutzwürdige Rechtsposition vermittele. Inwieweit diese konkrete Sachverhaltswürdigung fallübergreifende Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwerfen könnte, lässt sich den Darlegungen der Beschwerde nicht entnehmen.
8 2. Schließlich ist die Revision auch nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Das angefochtene Urteil verletzt nicht deshalb den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 VwGO), weil es gegen die Denkgesetze verstößt. Wie die Beschwerde selbst erkennt, liegt ein solcher Verstoß nach ständiger Rechtsprechung nur vor, wenn eine Schlussfolgerung aus Gründen der Logik schlechthin nicht gezogen werden kann. Das ist nicht schon dann der Fall, wenn der Tatrichter andere Schlüsse gezogen hat, als sie nach Auffassung eines Beteiligten hätten gezogen werden müssen, und zwar selbst dann nicht, wenn die von diesem bevorzugten Schlüsse sogar näher liegen sollten als die vom Gericht gezogenen (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 13. Januar 2016 - 7 B 3.15 - juris Rn. 23 m.w.N.).
9 Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, stellt sich das "Angebot" des Beklagten, im Grenzbereich des Grundstücks der Klägerin unter dem Vorbehalt ihrer Zustimmung sechs Stellplätze zum Ausgleich wegfallender öffentlicher Parkflächen zu errichten, als ein die Konfliktbewältigung nicht tragender "Bonus" für die Klägerin und mithin nicht als Bestandteil der Abwägung dar. Den Darlegungen der Beschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass und inwieweit diese Erwägung gegen die Denkgesetze verstoßen sollte. Es gibt keinen zwingenden Erfahrungssatz des Inhalts, dass sämtliche Ausführungen im begründenden Teil eines Planfeststellungsbeschlusses in einem untrennbaren Zusammenhang mit der planerischen Abwägung stehen müssen. Denklogisch ist es vielmehr möglich, bei der Begründung der Abwägungsentscheidung auch andere Vorgänge zu erwähnen, die einen derart engen Zusammenhang mit ihr nicht aufweisen.
10 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf § 52 Abs. 1 GKG.