Beschluss vom 14.03.2017 -
BVerwG 9 B 35.16ECLI:DE:BVerwG:2017:140317B9B35.16.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 14.03.2017 - 9 B 35.16 - [ECLI:DE:BVerwG:2017:140317B9B35.16.0]

Beschluss

BVerwG 9 B 35.16

  • VG Gera - 29.02.2012 - AZ: 2 K 117/10 Ge
  • OVG Weimar - 17.03.2016 - AZ: OVG 4 KO 211/12

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. März 2017
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bier und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Korbmacher und Dr. Dieterich
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 17. März 2016 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 415, 85 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde, die sich auf die Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO stützt, hat keinen Erfolg.

2 1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Grundsätzlich bedeutsam in diesem Sinne ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, konkreten, jedoch in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Frage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist.

3 Die aufgeworfenen Fragen,
ob die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht bei einer Anschlussbeitragsforderung dadurch gehindert wird, dass das Grundstück im Eigentum der beitragserhebungsberechtigten Körperschaft steht und
ob eine sachliche Beitragspflicht bei einem Grundstück, das im Eigentum der beitragserhebungsberechtigten Körperschaft steht, zu einem bestimmten Zeitpunkt entsteht und zu diesem Zeitpunkt infolge Konfusion sogleich wieder erlischt,
sind in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, weil sie die Auslegung des § 7 ThürKAG, einer der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht unterliegenden landesrechtlichen Vorschrift, betreffen. Entgegen der Auffassung der Beschwerde kann deshalb die Revision auch dann nicht zugelassen werden, wenn mehrere Oberverwaltungsgerichte auf der Grundlage des jeweiligen Landesrechts gleichgelagerte Fragen, wie hier die Frage, ob sachliche Beitragspflichten für Anschlussbeiträge entstehen können, wenn das betreffende Grundstück im Eigentum der beitragserhebenden Körperschaft steht, unterschiedlich beantworten. Erst recht ist in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, ob die angefochtene Entscheidung im Ergebnis deshalb unrichtig ist, weil sie von Urteilen anderer Oberverwaltungsgerichte abweicht.

4 Die Bezugnahme der Beschwerde auf § 80 VwGO und § 194 BGB kann nicht zur Zulassung der Revision führen, weil sie keine klärungsbedürftige Frage gerade zur Auslegung dieser Vorschriften des Bundesrechts darlegt. Die Rüge der Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der Auslegung und Anwendung von Landesrecht vermag nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Zulassung der Revision nur dann zu begründen, wenn die Auslegung der - gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten - bundesrechtlichen Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (stRspr, BVerwG, Beschlüsse vom 8. Mai 2008 - 6 B 64.07 - Buchholz 421 Kultur- und Schulwesen Nr. 132 Rn. 5 und vom 16. Juli 2013 - 9 B 15.13 - juris Rn. 5). Dies erfolgt hier nicht.

5 2. Die Zulassung der Revision kann nicht auf den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützt werden. Eine Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten entscheidungstragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14 m.w.N.). Hieran fehlt es.

6 Die Beschwerde benennt mit ihrem Hinweis auf die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts zum Erschließungsbeitragsrecht vom 21. Oktober 1983 (8 C 29.82 - Buchholz 406.11 § 133 BBauG Nr. 89) und vom 5. Juli 1985 (8 C 127.83 - Buchholz 406.11 § 133 BBauG Nr. 91) zwar den Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts zur Auslegung des damaligen § 133 BBauG, dass ein Grundstück nicht beitragspflichtig werden kann, wenn und solange es im Eigentum der zur Beitragserhebung berechtigten Gemeinde steht. Die Darlegung einer Divergenz scheitert aber, weil das Oberverwaltungsgericht seinen Rechtssatz, dass auch ein im Eigentum der Gemeinde stehendes Grundstück anschlussbeitragspflichtig werden kann, nicht auf die Vorschriften des Erschließungsbeitragsrechts stützt, sondern auf § 7 ThürKAG. Das Berufungsgericht stellt unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Oktober 1983 ausdrücklich fest (UA S. 17), dass die Rechtslage im Erschließungsbeitragsrecht insofern nicht der maßgeblichen landesrechtlichen Regelung in § 7 ThürKAG entspricht. Das Urteil weicht deshalb nicht von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Anwendung des § 133 BBauG (heute BauGB) ab.

7 Die Benennung des Rechtssatzes des Bundesgerichtshofs, wonach niemand sein eigener Schuldner sein könne (BGH, Urteil vom 1. Juni 1967 - II ZR 150/66 - BGHZ 48, 214 <218>), kann bereits deshalb nicht zur Divergenzzulassung führen, weil es sich bei einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht um die Entscheidung eines Gerichts im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO handelt.

8 Der schließlich behauptete Verstoß der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts gegen Art. 3 GG vermag eine Divergenz ebenfalls nicht darzutun. Die gerügte Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes auf den konkreten Fall ist im Verfahrensstadium der Zulassungsbeschwerde nicht zu prüfen. Im Übrigen liegt ein Verstoß gegen Bundesrecht nicht schon darin, dass die zum Erschließungsbeitragsrecht entwickelten Rechtssätze des Bundesverwaltungsgerichts nicht auf das landesrechtlich geprägte Anschlussbeitragsrecht übertragen werden.

9 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.