Pressemitteilung Nr. 32/2009 vom 18.05.2009

Eilanträge eines kurdischen Fernsehsenders gegen Verbotsverfügung des BMI erfolgreich

Das Bundesministerium des Innern hatte gegenüber zwei Aktiengesellschaften dänischen Rechts ein sofort vollziehbares Verbot einer Betätigung in Deutschland nach den Vorschriften des deutschen Vereinsgesetzes ausgesprochen. Diese Gesellschaften betreiben auf der Grundlage einer dänischen Lizenz einen Fernsehsender, der ein Programm in kurdischer Sprache über Satellit europaweit ausstrahlt. Nach der Einschätzung des Ministeriums handelt der Fernsehsender als propagandistisches Sprachrohr für die nach Vereinsrecht verbotene "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK).


Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, das in erster Instanz für nach dem Vereinsgesetz erlassene Verbote des Bundesministeriums des Innern zuständig ist, hat in einem Eilverfahren die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklagen, die die beiden Aktiengesellschaften gegen die Verbotsverfügung erhoben haben, wiederhergestellt. Für diese vorläufige Entscheidung waren im Wesentlichen drei Gesichtspunkte maßgeblich: Den Klagen kann eine Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden, weil viel dafür spricht, dass die von dem Ministerium herangezogenen deutschen Rechtsgrundlagen auf die grenzüberschreitende Sendetätigkeit nicht anwendbar sind. Die Bestimmung des deutschen Strafrechts, die das Ministerium durch den Sender verwirklicht sieht, bezieht sich nur auf in Deutschland ausgeübte Tätigkeiten. Außerdem enthält die gemeinschaftsrechtliche Fernseh-Richtlinie für grenzüberschreitende Fernsehsendungen Mindestnormen, deren Einhaltung allerdings nicht von dem "Empfangsstaat", sondern von dem "Sendestaat" kontrolliert wird. Unabhängig davon muss die aufwändige Auswertung des von dem Ministerium im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens beigebrachten umfänglichen Tatsachenmaterials dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Schließlich ist nicht ersichtlich, dass einer Beendigung der Tätigkeit des Senders eine besonders hohe Dringlichkeit zukommt, denn zum Zeitpunkt des Verbotserlasses strahlte dieser sein Programm bereits seit mehr als vier Jahren auch nach Deutschland aus.


BVerwG 6 VR 3.08

BVerwG 6 VR 4.08


Beschluss vom 14.05.2009 -
BVerwG 6 VR 4.08ECLI:DE:BVerwG:2009:140509B6VR4.08.0

Beschluss

BVerwG 6 VR 4.08

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. Mai 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Graulich und Dr. Möller
beschlossen:

  1. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Verfügung des Bundesministeriums des Innern vom 13. Juni 2008 wird wiederhergestellt, soweit sich die genannte Verfügung gegen die Antragstellerin richtet und in ihr die sofortige Vollziehung angeordnet worden ist.
  2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Die Antragstellerin ist eine Aktiengesellschaft dänischen Rechts mit Sitz in Dänemark. Sie betreibt den Fernsehsender „...“, dessen vorwiegend in kurdischer Sprache produziertes Programm auf der Grundlage einer dänischen Sendelizenz europaweit über Satellit ausgestrahlt wird und auch in Deutschland zu empfangen ist. Mit Verfügung vom 13. Juni 2008, die neben der Antragstellerin an zwei weitere juristische Personen - die „M.“ und die „... GmbH“ - adressiert war, stellte das Bundesministerium des Innern fest, dass die Tätigkeit der Antragstellerin den Strafgesetzen zuwiderlaufe und sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richte. Der Antragstellerin wurde verboten, sich im Geltungsbereich des Vereinsgesetzes zu betätigen, und sie wurde mit Blick auf die Tätigkeit der als ihre Teilorganisation bezeichneten „... GmbH“ im Geltungsbereich des Vereinsgesetzes für verboten erklärt. Ferner wurde für die Dauer der Vollziehbarkeit des Verbots die Verwendung von Kennzeichen der Antragstellerin untersagt. Das im Geltungsbereich des Vereinsgesetzes vorhandene Vermögen der Antragstellerin sowie näher typisierte Sachen und Forderungen Dritter wurden beschlagnahmt und eingezogen. Mit Ausnahme der Einziehungsanordnungen wurde die Verfügung für sofort vollziehbar erklärt.

2 Die Antragstellerin hat Anfechtungsklage gegen die Verbotsverfügung erhoben und die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage beantragt. Die Antragsgegnerin ist der Klage und dem Antrag entgegengetreten.

3 Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II

4 Der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO statthafte und auch sonst zulässige Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat Erfolg.

5 Bei der im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung gebührt dem Interesse der Antragstellerin am Aufschub der Vollziehung der Verbotsverfügung der Vorrang vor dem von der Antragsgegnerin geltend gemachten öffentlichen Interesse an deren sofortiger Vollziehung. Nach der in dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein gebotenen und möglichen summarischen Prüfung erweist sich die Verfügung nicht als offensichtlich rechtmäßig; im Gegenteil bestehen Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit. Die weitere Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beteiligten führt unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Vollziehung nicht in besonderem Maße dringlich erscheint, zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsmittels.

6 1. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz - VereinsG) vom 5. August 1964 (BGBl I S. 593), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Dezember 2007 (BGBl I S. 3198) ist ein Verein verboten, wenn seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 VereinsG gilt für Vereine mit Sitz im Ausland (ausländische Vereine), deren Organisation oder Tätigkeit sich auf den räumlichen Geltungsbereich des Vereinsgesetzes erstreckt, § 14 VereinsG entsprechend. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 VereinsG können Vereine, deren Mitglieder oder Leiter sämtlich oder überwiegend Ausländer sind (Ausländervereine), über die in Art. 9 Abs. 2 GG genannten Gründe hinaus auch unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 VereinsG verboten werden. Gemäß § 15 Abs. 2 VereinsG gilt dies nicht für Vereine, deren Mitglieder und Leiter sämtlich oder überwiegend Deutsche oder ausländische Unionsbürger sind. Liegt ein Verbotsgrund vor und hat der Verein mit Sitz im Ausland Teilorganisationen innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des Vereinsgesetzes, erstreckt sich das Vereinsverbot nach § 18 Satz 1 VereinsG nur auf diese Teilorganisationen. Hat der Verein demgegenüber im räumlichen Geltungsbereich des Vereinsgesetzes keine (Teil-) Organisation, richtet sich das Verbot gemäß § 18 Satz 2 VereinsG gegen seine Tätigkeit in diesem Bereich.

7 Die Verfügung vom 13. Juni 2008 belegt die Antragstellerin sowohl mit einem Organisationsverbot im Sinne des § 18 Satz 1 VereinsG im Zusammenhang mit der als ihre Teilorganisation eingestuften „... GmbH“ als auch mit einem Betätigungsverbot nach § 18 Satz 2 VereinsG. Beide Verbote sind auf die Verbotsgründe des § 15 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 2 Nr. 1, 4 und 5 VereinsG, des § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VereinsG i.V.m. Art. 9 Abs. 2 Alt. 1 GG sowie des § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 VereinsG i.V.m. Art. 9 Abs. 2 Alt. 3 GG gestützt.

8 2. Die Verbotstatbestände nach § 15 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 2 Nr. 1, 4 und 5 VereinsG können der angefochtenen Verfügung nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand nicht als Grundlage dienen. Zwar handelt es sich bei der Antragstellerin, die ihren Sitz in Dänemark hat und das Fernsehprogramm ihres Senders „...“ auch nach Deutschland ausstrahlt, um einen ausländischen Verein im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 VereinsG. Die erweiterten Verbotsgründe des durch diese Vorschrift in Bezug genommenen § 14 Abs. 2
VereinsG könnten hier jedoch gemäß § 15 Abs. 2 VereinsG nur dann angewandt werden, wenn die Mitglieder und Leiter der Antragstellerin im Sinne des § 15 Abs. 2 VereinsG nicht sämtlich oder überwiegend Deutsche oder ausländische Unionsbürger wären. Hierzu hat die Antragsgegnerin bisher keine hinreichenden Feststellungen getroffen. Sie hat diese Frage vielmehr auch in ihrem Vorbringen in dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ausdrücklich dahinstehen lassen.

9 3. Den Verbotsgrund des § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VereinsG i.V.m. Art. 9 Abs. 2 Alt. 1 GG sieht die Antragsgegnerin nach der Begründung der angefochtenen Verfügung und ihrem ergänzenden Vortrag im gerichtlichen Verfahren dadurch erfüllt, dass die Antragstellerin nach ihrem Zweck und ihrer Tätigkeit der Strafvorschrift des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VereinsG zuwiderlaufe, weil ihre Vorstände, Aufsichtsräte und verantwortlichen Mitarbeiter dem vollziehbaren Betätigungsverbot nach § 18 Satz 2 VereinsG zuwiderhandelten, das der Bundesminister des Innern mit bestandskräftiger Verfügung vom 22. November 1993 gegenüber der „Arbeiterpartei Kurdistans“ (PKK) einschließlich ihrer Teilorganisation „Nationale Befreiungsfront Kurdistans“ (ERNK) ausgesprochen habe.

10 a) Voraussetzung der Strafbarkeit nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VereinsG ist, dass im räumlichen Geltungsbereich des Vereinsgesetzes durch eine darin ausgeübte Tätigkeit einem vollziehbaren Betätigungsverbot nach § 18 Satz 2 VereinsG zuwidergehandelt wird. Die Strafbarkeit setzt mithin eine im Geltungsbereich des Vereinsgesetzes ausgeübte Tätigkeit voraus; der Eintritt nur des Erfolges der Handlung im Inland genügt danach nicht. Durch den dergestalt umschriebenen Ausschluss des Erfolgsortes als Anknüpfungspunkt der Strafbarkeit enthält § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VereinsG - wie § 91 StGB für Straftaten nach den §§ 84, 85 und 87 StGB - eine Ausnahme von der allgemeinen Regelung in § 9 Abs. 1 StGB, wonach die Tat an jedem Ort begangen ist, an dem der Täter gehandelt hat oder an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist. Von der Vorschrift nicht erfasst werden danach insbesondere sog. Distanztaten, bei denen Handlungs- und Erfolgsort räumlich auseinanderfallen (BTDrucks V/2860 S. 5 f.; Wache, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, V 52, § 20 VereinsG Rn. 2; Laufhütte/Kuschel, in: Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl. 2007, § 91 Rn. 1 f.).

11 Der Vorschrift unterfällt nicht nur die mitgliedschaftliche Betätigung für die mit einem Betätigungsverbot belegte Vereinigung und das Handeln in deren Auftrag, sondern auch die unterstützende Tätigkeit eines von der Vereinigung unabhängigen, außenstehenden Dritten. Diesem wird hierdurch nicht verboten, selbst bestimmte politische Ziele anzustreben und zu vertreten, wohl aber, dies durch die Förderung der verbotenen Tätigkeit des Vereins zu tun. Dabei ist § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VereinsG in seiner das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG beschränkenden Wirkung seinerseits einschränkend dahingehend auszulegen, dass er nur ein unter dem Gesichtspunkt der Verbotsgründe potentiell erhebliches Verhalten erfasst, das auf die verbotene inländische Tätigkeit des betroffenen Vereins bezogen und konkret geeignet ist, eine für die verbotene Vereinstätigkeit im Inland vorteilhafte Wirkung zu erzielen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. November 2001 - 1 BvR 98/97 - NVwZ 2002, 709 <710>; BGH, Urteile vom 24. Januar 1996 - 3 StR 530/95 - BGHSt 42, 31 <36 f.> und vom 9. April 1997 - 3 StR 387/96 - BGHSt 43, 41 <42>, Beschluss vom 5. März 2002 - 3 StR 514/01 - NJW 2002, 2190 <2191>). Diese Grundsätze sind für die Ausstrahlung von Fernsehsendungen wegen der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 GG garantierten Rundfunkfreiheit entsprechend den Maßstäben weiter zu konkretisieren, die für die Verbreitung von Texten in Presseerzeugnissen im Hinblick auf die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 GG gewährleistete Pressefreiheit (dazu: BGH, Urteil vom 9. April 1997 a.a.O. S. 43) entwickelt worden sind. Danach muss ein Beitrag, um dessen fördernde Wirkung für die verbotene Tätigkeit einer Vereinigung es geht, objektiv geeignet sein, von den angesprochenen Adressaten als Werbung oder Unterstützung der Vereinstätigkeit aufgefasst zu werden. Ferner muss die Zielrichtung auf Unterstützung der verbotenen Vereinstätigkeit eindeutig erkennbar sein. Dafür reicht es noch nicht aus, wenn lediglich ohne Bezug auf die vom Verbot betroffene Vereinigung inhaltlich die gleichen Ziele wie von dieser vertreten werden. Im Fall der Verbreitung fremder Äußerungen muss hinzukommen, dass die Wiedergabe der die Vereinstätigkeit eindeutig unterstützenden (Dritt-) Aussagen vom angesprochenen Zuschauerkreis als eine sich die unterstützende Tendenz zu eigen machende Meinungsäußerung der Redaktion zu verstehen ist. Maßgebend für die Beurteilung ist neben der Aufmachung und Hervorhebung sowie etwaigen zustimmenden Erläuterungen insbesondere auch der redaktionelle und journalistische Zusammenhang, in dem die Beiträge stehen. Dabei kommt es zwar grundsätzlich auf die betreffende Einzelsendung an. Darüber hinaus muss aber auch eine für die Zuschauer offensichtliche Tendenz eines Fernsehprogramms, die sich aus der Gesamtschau einer Vielzahl von Sendungen ergeben kann, berücksichtigt werden.

12 Schließlich ergeben sich allgemein der strafgesetzwidrige Zweck und die strafgesetzwidrige Tätigkeit einer Vereinigung aus den Absichten und Verhaltensweisen ihrer Mitglieder. Denn eine Vereinigung ist als solche nicht straffähig. Die Strafgesetzwidrigkeit einer Vereinigung ist gleichwohl rechtlich möglich, weil diese durch ihre Mitglieder und die sie repräsentierenden Vereinsorgane einen vom einzelnen Mitglied losgelösten Gruppenwillen bilden und insofern eine eigene Zweckrichtung festlegen sowie selbständig handeln kann. Ergibt sich aus dieser eigenen Zweckrichtung oder dem selbständigen Handeln einer Vereinigung ein Verstoß gegen Strafgesetze, so ist der Verbotstatbestand erfüllt. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass das Verhalten der Mitglieder der Vereinigung zugerechnet werden kann. Eine durch die Mitglieder verwirklichte Strafgesetzwidrigkeit muss den Charakter der Vereinigung prägen, wobei es zur Erfüllung des Verbotstatbestandes nicht erforderlich ist, dass die Strafgesetzwidrigkeit den Hauptzweck oder die Haupttätigkeit der Vereinigung ausmacht oder die Strafgesetzwidrigkeit auf Dauer besteht (vgl. Urteil vom 18. Oktober 1988 - BVerwG 1 A 89.83 - BVerwGE 80, 299 <306 f.> = Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 13 S. 23; Beschluss vom 25. August 2008 - BVerwG 6 VR 2.08 - juris Rn. 11).

13 b) Nach diesen Maßstäben ist es sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht offen, ob die Antragsgegnerin die angefochtene Verfügung zu Recht auf den Verbotsgrund der Strafgesetzwidrigkeit der Antragstellerin gestützt hat.

14 Nach Einschätzung der Antragsgegnerin betreibt der Sender „...“ der Antragstellerin durch sein gesamtes Programm Werbung und Propaganda für die PKK und stellt im Ergebnis das propagandistische Sprachrohr für diese verbotene Vereinigung dar. Die Antragsgegnerin hat hierzu im gerichtlichen Verfahren umfangreich vorgetragen sowie schriftliche Unterlagen und Bild- und Tonträger vorgelegt, durch die sie diese Einschätzung belegt sieht. Die an der Ge-staltung und Ausstrahlung des Programms beteiligten Redakteure und Mitarbeiter verstießen in einer der Antragstellerin zuzurechnenden Weise gegen die Strafnorm des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VereinsG. Da die Produktion und Ausstrahlung des Fernsehprogramms „...“ der einzige Zweck der Antragstellerin sei, werde deren Charakter durch die strafgesetzwidrigen Programminhalte geprägt. Der Strafbarkeit nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VereinsG stehe nicht entgegen, dass die Sendungen von den in Dänemark gelegenen Sendeeinrichtungen der Antragstellerin nach Deutschland ausgestrahlt würden. Dadurch, dass § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VereinsG in Abweichung von § 9 Abs. 1 StGB den Erfolgsort als Anknüpfungspunkt für eine Strafbarkeit ausschließe, werde der § 9 Abs. 1 StGB zu Grunde liegende Handlungsbegriff nicht eingeschränkt. Danach reiche es für eine Bestrafung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VereinsG aus, dass ein Teil der Tätigkeit im Geltungsbereich des Vereinsgesetzes entfaltet werde. Die Tätigkeit der Vorstände, Redakteure und Mitarbeiter der Antragstellerin erschöpfe sich nicht in ihrer Tätigkeit in Dänemark, sondern erstrecke sich kausal, final und nach dem sozialen Sinnzusammenhang ihrer Handlungen auf den technischen Sendeprozess einschließlich der Aussendung von elektromagnetischen Wellen durch einen Satelliten in das Bundesgebiet, wo diese von interessierten Zuschauern empfangen werden könnten. Die Vorstände, Redakteure und Mitarbeiter übten daher jedenfalls Teilakte ihrer propagandistischen Sendetätigkeit in einer der Antragstellerin zuzurechnenden und diese prägenden Weise auch im räumlichen Geltungsbereich des Vereinsgesetzes aus und handelten dadurch dem Betätigungsverbot für die PKK zuwider. Daneben habe der Sender „...“ mehrfach unter Einsatz eines Übertragungswagens und eigener Redakteure, Kameraleute und Techniker live aus Deutschland über dort stattfindende Veranstaltungen mit PKK-Bezug berichtet und jedenfalls durch diese Tätigkeit im räumlichen Geltungsbereich des Vereinsgesetzes die PKK unterstützt. Die Antragsgegnerin benennt insgesamt sechs solcher Veranstaltungen, von denen zwei im Jahr 2004, drei im Jahr 2005 und eine im Jahr 2007 stattgefunden hätten. Ferner hätten Mitarbeiter von „...“ in erheblichem Umfang in Deutschland Berichte über Veranstaltungen mit Nähe zur PKK aufgezeichnet, die später von ausländischen Einrichtungen aus nach Deutschland gesendet worden seien. Die Antragsgegnerin zählt vier solcher Berichte aus den Jahren 2005, 2007 und 2008 auf. Schließlich seien der Antragstellerin die nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VereinsG tatbestandsmäßigen Aktivitäten ihrer in Wuppertal ansässigen Teilorganisation „... GmbH“ zuzurechnen. Die Antragsgegnerin bezieht sich in diesem Zusammenhang auf insgesamt drei von der genannten Firma produzierte und von dem Sender „...“ übertragene Sendungen aus den Jahren 2005, 2007 und 2008.

15 Es ist fraglich, ob der Senat sich im Hauptsacheverfahren der rechtlichen Einschätzung der Antragsgegnerin wird anschließen können, dass die Antragstellerin durch die verantwortlichen Mitarbeiter des Senders „...“ überhaupt eine Tätigkeit im Geltungsbereich des Vereinsgesetzes ausübt, die - bei Erfüllung der weiteren materiellen Voraussetzungen - eine Strafbarkeit nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VereinsG zur Folge haben kann.

16 Soweit die Antragsgegnerin einzelne Sendungen bezeichnet, die durch den Sender „...“ unter Einsatz eines eigenen Übertragungswagens in Deutschland produziert und von dort gesendet oder durch eigenes Personal bzw. die „... GmbH“ in Deutschland hergestellt worden seien, handelt es sich um einzelne, zum größten Teil bereits mehrere Jahre alte Beiträge, denen jedenfalls ein prägender Einfluss auf das Programm des Senders „...“ bzw. die Antragstellerin selbst kaum zukommen kann.

17 Was den Hauptteil des Programms anbelangt, das die in Dänemark ansässige Antragstellerin von dort aus über den Sender „...“ über Satellit unter anderem nach Deutschland ausstrahlt, mögen die Erwägungen, die die Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren zur Reichweite des allgemeinen strafrechtlichen Handlungsbegriffes angestellt hat, zwar zutreffen. Für die spezielle Vorschrift des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VereinsG könnte jedoch eine Auslegung in dem Sinne näher liegen, dass diese eine Strafbarkeit für alles ausschließen will, was der Täter vom Ausland her bewirkt (so für die vergleichbare Norm des § 91 StGB: KG, Urteil vom 16. März 1999 - (5) 1 Ss 7/98 - NJW 1999, 3500 <3501>; Laufhütte/Kuschel, a.a.O. § 91 Rn. 2). Danach wäre eine Handlung nicht nur insoweit von Strafe freigestellt, als sie unzweifelhaft insgesamt im Ausland ausgeübt wird, sondern es blieben nach der Zielrichtung dieser Freistellung auch etwaige im Inland eintretende Folgen oder Wirkungen der Handlung unberücksichtigt, selbst wenn sich diese nach allgemeinem Strafrecht noch als ein Teil der Handlung darstellen sollten.

18 Einer abschließenden Entscheidung dieser Rechtsfrage bedarf es in dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht. Denn selbst wenn der Antragstellerin die in § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VereinsG enthaltene Strafbarkeitsbegrenzung nicht zugute käme, kann in dem gerichtlichen Eilverfahren ihre Strafrechtswidrigkeit nach dieser Vorschrift nicht festgestellt werden. Nach den oben dargestellten Maßstäben reicht es dafür nicht aus, dass die für den Sender der Antragstellerin tätigen Mitarbeiter über die PKK berichten. Auch reine Sympathiebekundungen, denen keine die Sache der PKK im Inland fördernde Zielrichtung innewohnt, sind noch nicht zu beanstanden (in diesem Sinne: BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. November 2001 - 1 BvR 2180/98 - NVwZ 2002, 711 <712>). Erforderlich für den Nachweis einer Verwirklichung des Tatbestandes der Norm ist vielmehr die Feststellung, dass die verantwortlichen Mitarbeiter des Senders der Antragstellerin nicht nur in einzelnen Sendungen, sondern nach einer auf das ganze Programm bezogenen Gesamtschau in einer die Antragstellerin prägenden Weise Propaganda für die PKK betreiben. Hiervon geht auch die Antragsgegnerin zu Recht aus. In diesem Zusammenhang bedarf es zunächst des Nachweises, dass es im Inland nach wie vor ein Substrat der PKK gibt, dessen Förderung eine werbende Tätigkeit der Antragstellerin in dem beschriebenen Sinne dienen könnte. Des Weiteren müssen die zahlreichen Indizien, die die Antragsgegnerin dem beschließenden Senat erst im gerichtlichen Verfahren in Schrift, Bild und Ton mit anwaltlicher Hilfe unterbreitet hat, im Einzelnen ausgewertet, zu einem Bild zusammengeführt (vgl. dazu: Urteil vom 3. Dezember 2004 - BVerwG 6 A 10.02 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 41 S. 78) und sodann einer Prüfung nach den beschriebenen Maßstäben unterzogen werden. Dies alles sprengt den Rahmen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes und muss dem Verfahren in der Hauptsache vorbehalten bleiben.

19 4. Eine weitere Grundlage ihrer Verfügung vom 13. Juni 2008 erblickt die Antragsgegnerin in dem Verbotsgrund des § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 VereinsG i.V.m. Art. 9 Abs. 2 Alt. 3 GG, weil sich Zweck und Tätigkeit der Antragstellerin gegen den Gedanken der Völkerverständigung richteten.

20 a) Eine Vereinigung richtet sich dann (objektiv) gegen den Gedanken der Völkerverständigung, wenn ihr Zweck oder ihre Tätigkeit darauf zielt, das friedliche Zusammenleben der Völker im Sinne von Art. 26 Abs. 1 Satz 1 GG zu stören. Darüber hinaus nimmt der Gedanke der Völkerverständigung Bezug auf die Idee der friedlichen Verständigung der Völker bei der Lösung ihrer Interessengegensätze. Deshalb richtet sich ein Verein auch dann gegen den Gedanken der Völkerverständigung, wenn sein Zweck oder seine Tätigkeit der friedlichen Überwindung der Interessengegensätze von Völkern zuwiderläuft. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn Gewalt in das Verhältnis von Völkern hineingetragen wird. In einem solchen Fall ist es für die Erfüllung des objektiven Verbotstatbestandes nicht erforderlich, dass der Verein selbst Gewalt ausübt, es kann vielmehr ausreichen, dass ein Verein eine Gruppierung unterstützt, die ihrerseits durch die Ausübung von Gewalt das friedliche Miteinander der Völker beeinträchtigt. Der Verbotstatbestand ist nur erfüllt, wenn der Zweck des Vereins geeignet ist, den Gedanken der Völkerverständigung schwerwiegend, ernst und nachhaltig zu beeinträchtigen (Urteil vom 3. Dezember 2004 a.a.O. S. 79).

21 b) Ob die Antragsgegnerin zu Recht angenommen hat, dass sich die Antragstellerin gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet, unterliegt Bedenken und kann - in Entsprechung zu den Ausführungen zu dem Verbotsgrund des § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VereinsG i.V.m. Art. 9 Abs. 2 Alt. 1 GG - jedenfalls von den tatsächlichen Voraussetzungen her in dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht abschließend festgestellt werden.

22 Nach Ansicht der Antragsgegnerin wird durch die Tätigkeit des Senders „...“ in einer der Antragstellerin zurechenbaren Weise dafür geworben, die Interessengegensätze zwischen Kurden und Türken mit Gewalt im Sinne der PKK zu entscheiden. Der Konflikt, der zwischen Teilen der kurdischen Bevölkerung in der Türkei und dem türkischen Staat bestehe, werde durch die fortwährende Propagierung der Ziele des PKK-Führers Öcalan perpetuiert. Der Versuch der PKK, diesen Konflikt mit Mitteln der Gewalt und des Terrorismus zu lösen, werde in die Wohnzimmer der kurdischen Familien auch in Deutschland transportiert.

23 Nach summarischer Prüfung spricht bereits vieles dafür, dass die Antragsgegnerin durch die gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen der Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (ABl Nr. L 298 S. 23) in der Fassung der Richtlinie 97/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997 (ABl Nr. L 202 S. 60) - Fernsehrichtlinie/Fernseh-RL - gehindert war, ihre Verbotsverfügung auf die Erwägung zu stützen, dass die Antragstellerin den Verbotsgrund des § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VereinsG i.V.m. Art. 9 Abs. 2 Alt. 1 GG erfülle.

24 Die Antragstellerin unterfällt dem Anwendungsbereich der Fernsehrichtlinie. Sie ist eine Fernsehveranstalterin im Sinne des Art. 1 Buchst. b Fernseh-RL, die zum Empfang durch die Allgemeinheit bestimmte Fernsehsendungen im Sinne von Art. 1 Buchst. a Fernseh-RL innerhalb der Gemeinschaft (vgl. Art. 2 Abs. 6 Fernseh-RL) ausstrahlt. Da sie ihre Hauptverwaltung in Dänemark hat und dort auch die redaktionellen Entscheidungen über das Programmangebot getroffen werden, gilt sie nach Art. 2 Abs. 3 Buchst. a Fernseh-RL als in Dänemark niedergelassen und unterliegt deshalb nach Art. 2 Abs. 2 Spiegelstrich 1
Fernseh-RL der Rechtshoheit Dänemarks.

25 Die Fernsehrichtlinie enthält Mindestnormen, um die freie Ausstrahlung von Fernsehsendungen in der Gemeinschaft sicherzustellen (EuGH, Urteile vom 9. Februar 1995 - Rs. C-412/93, Leclerc-Siplec - Slg. 1995, I-179 Rn. 28 und vom 9. Juli 1997 - Rs. C-34/95, De Agostini - Slg. 1997, I-3843 Rn. 3). Dabei sieht die Richtlinie eine grundsätzliche Aufteilung von Pflichten zwischen dem Sendestaat und dem Empfangsstaat vor. Nach Art. 3 Abs. 2 Fernseh-RL sorgt der Sendestaat für die Anwendung seines eigenen für Fernsehsendungen geltenden Rechts sowie für die Einhaltung der Bestimmungen der Richtlinie. Demgegenüber gewährleistet der Empfangsstaat gemäß Art. 2a Abs. 1 Fernseh-RL und vorbehaltlich der ihm durch Art. 2a Abs. 2 Fernseh-RL eingeräumten Möglichkeiten den freien Empfang und behindert nicht die Weiterverbreitung der Sendungen aus Gründen, die in Bereiche fallen, die durch die Richtlinie koordiniert sind. Er übt insbesondere insofern keine eigene Kontrolle aus (EuGH, Urteile vom 9. Februar 1995 a.a.O. Rn. 30, vom 10. September 1996 - Rs.
C-11/95, Kommission/Belgien - Slg. 1996, I-4115 Rn. 34, vom 29. Mai 1997 - Rs. C-14/96, Denuit - Slg. 1997, I-2785 Rn. 32 f., vom 9. Juli 1997 a.a.O. Rn. 27 und vom 13. Juli 2004 - Rs. C-429/02, Bacardi - Slg. 2004, I-6613 Rn. 3). Hiernach ist der Empfangsstaat an der Anwendung anderer Vorschriften als derjenigen, die gerade die Ausstrahlung und Verbreitung von Fernsehprogrammen betreffen, zwar nicht von vornherein gehindert, er darf dabei aber keine zweite Kontrolle der Fernsehsendungen zusätzlich zu der von dem Sendestaat durchzuführenden Kontrolle vornehmen und die Weiterverbreitung von Fernsehsendungen im eigentlichen Sinne nicht verhindern (EuGH, Urteil vom 9. Juli 1997 a.a.O. Rn. 33 f., 57 ff.).

26 Nach Art. 22a Fernseh-RL tragen die Mitgliedstaaten - das heißt die Sendestaaten - dafür Sorge, dass die Sendungen nicht zu Hass aufgrund von Rasse, Geschlecht, Religion oder Nationalität aufstacheln. Es liegt nicht fern anzunehmen, dass durch diese Vorschrift für den Schutz der öffentlichen Ordnung bei der Ausstrahlung und Verbreitung von Fernsehprogrammen eine Teilkoordinierung herbeigeführt worden ist und die Antragsgegnerin zu der von ihr vertretenen Einschätzung, dass die Antragstellerin sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richte, durch eine unzulässige zweite Kontrolle unter einem (teil-)
identischen Sachaspekt (Aufstachelung zum Hass auf Grund von Rasse oder Nationalität) gelangt ist. Zudem zielt die Verfügung der Antragsgegnerin darauf, die Weiterverbreitung des Fernsehprogramms, das die Antragstellerin aus Dänemark sendet, vollständig zu verhindern.

27 Indes muss die Frage einer Sperre des Verbotsgrundes der völkerverständigungswidrigen Bestrebungen durch Gemeinschaftsrecht in dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wiederum nicht abschließend entschieden werden. Denn die Tragfähigkeit dieses Verbotsgrundes für die von der Antragsgegnerin erlassene Verfügung könnte gegenwärtig auch dann nicht ohne Weiteres bejaht werden, wenn diese Sperre nicht eingriffe. Für die Prüfung, ob der Zweck oder die Tätigkeit der Antragstellerin auf das Hineintragen von Gewalt in das Verhältnis von Völkern gerichtet ist, bedarf es ebenso wie im Zusammenhang mit der Frage ihrer Strafrechtswidrigkeit einer zusammenschauenden Auswertung der Vielzahl von Indizien, die die Antragsgegnerin zum großen Teil erst während des gerichtlichen Verfahrens beigebracht hat. Dies hat unter den verfahrensrechtlichen Vorgaben des Hauptsacheverfahrens zu geschehen.

28 5. Die in der Verfügung vom 13. Juni 2008 enthaltenen Nebenentscheidungen knüpfen an die ausgesprochenen Verbote der Organisation und der Betätigung an. Sie teilen daher die im Hinblick auf diese Verbote vorgenommene Bewertung.

29 6. Vor dem Hintergrund der bisherigen Darlegungen gebietet eine weitere Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beteiligten eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der von der Antragstellerin erhobenen Anfechtungsklage. Die sofortige Vollziehung der Verbotsverfügung aufrecht zu erhalten, obwohl der Klage Erfolgsaussichten nicht abgesprochen werden können, wäre mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes nur dann vereinbar, wenn die mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung verbundene Rechtsbeeinträchtigung der Antragstellerin mit hinreichend gewichtigen Gründen des Allgemeinwohls zu rechtfertigen wäre. Dies ist nicht der Fall. Dass der Beendigung der Tätigkeit des von der Antragstellerin betriebenen Senders „...“ keine besonders hohe Dringlichkeit zukommen kann, ergibt sich aus dem Umstand, dass dieser zum Zeitpunkt des Verfügungserlasses bereits seit mehr als vier Jahren sein Programm in das Bundesgebiet ausstrahlte. Es ist nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass der Sender seine programmatische Ausrichtung in diesem Zeitraum entscheidend radikalisiert hätte. Hinzu kommt, dass die Fähigkeit der Antragsgegnerin, eine weitere Sendetätigkeit durch Störmaßnahmen zu unterbinden, weder in der Begründung der angefochtenen Verfügung im Zusammenhang mit der Erörterung ihrer Notwendigkeit und Zwecktauglichkeit noch in den Schriftsätzen der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren zur Sprache gebracht worden ist und auch eine Absicht zu einem entsprechenden kurzfristigen Vollzug nicht erkennbar geworden ist; im Rahmen des Hauptsacheverfahrens wird sich auch herausstellen, inwiefern die Beklagte überhaupt und in erforderlicher Weise ihr Ermessen betätigt hat.

30 7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.