Beschluss vom 15.02.2024 -
BVerwG 10 B 36.23ECLI:DE:BVerwG:2024:150224B10B36.23.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 15.02.2024 - 10 B 36.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:150224B10B36.23.0]

Beschluss

BVerwG 10 B 36.23

  • VGH Mannheim - 07.08.2023 - AZ: 3 S 2557/21

In der Verwaltungsstreitsache hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 15. Februar 2024
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Rublack und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Schemmer und Dr. Günther
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 7. August 2023 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt, als Gesamtschuldner.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Die Kläger wenden sich gegen eine der Beigeladenen erteilte wasserrechtliche Plangenehmigung zur Durchführung lokaler Hochwasserschutzmaßnahmen und zu einer Gewässerumgestaltung am Saalbach. Die Kläger sind Eigentümer von Grundstücken auf dem Gebiet der Beigeladenen und nutzen ein gemeindeeigenes Grundstück.

2 Die Klage gegen die Plangenehmigung verwies das Verwaltungsgericht wegen sachlicher Unzuständigkeit an den Verwaltungsgerichtshof, der die Klage wegen fehlender Klagebefugnis abgewiesen und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen hat. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kläger.

II

3 Die auf den Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

4 Die Verfahrensrüge greift nicht durch. Ein Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (etwa BVerwG, Beschluss vom 30. November 2018 - 5 B 33.18 D - juris Rn. 14). Dem wird das Vorbringen der Kläger nicht gerecht. Ohne Erfolg machen die Kläger als Verfahrensmangel geltend, dass der Verwaltungsgerichtshof die Klagebefugnis zu Unrecht verneint und die Klage als unzulässig angesehen habe.

5 Verneint das Tatsachengericht fehlerhaft das Vorliegen von Sachurteilsvoraussetzungen und weist es die Klage folglich zu Unrecht durch Prozessurteil ab, kann dies grundsätzlich einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO begründen (stRspr, siehe etwa BVerwG, Beschlüsse vom 4. Juli 1968 - 8 B 110.67 - BVerwGE 30, 111 <113>, vom 20. Januar 1993 - 7 B 158.92 - DVBl. 1993, 562 <563> und vom 24. Oktober 2006 - 6 B 61.06 - NVwZ 2007, 227 Rn. 2). Ein rügefähiger Verfahrensfehler liegt aber nur dann vor, wenn die inkorrekte Entscheidung auf einer fehlerhaften Anwendung der prozessualen Vorschriften beruht, etwa einer Verkennung ihrer Begriffsinhalte und der zugrunde zu legenden Maßstäbe; demgegenüber liegt ein materiell-rechtlicher Mangel vor, wenn die Vorinstanz deswegen zu einem Prozessurteil gelangt, weil sie eine materiell-rechtliche Vorfrage unzutreffend beantwortet (BVerwG, Beschlüsse vom 9. September 2013 - 7 B 2.13 u. a. - juris Rn. 19, vom 26. Februar 2014 - 6 C 3.13 - BVerwGE 149, 94 Rn. 15 und vom 20. Dezember 2017 - 6 B 14.17 - NVwZ 2018, 739 Rn. 11, jeweils m. w. N.).

6 Die Rüge der unzutreffenden Verneinung der Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO bei der Anfechtung eines Verwaltungsakts durch einen Dritten führt hiernach nur dann auf einen Verfahrensfehler, wenn der Kläger geltend macht, dass die Verletzung einer Norm, die nach Auffassung der Vorinstanz ihn zu schützen bestimmt ist, zumindest möglich erscheint. Dies ist - mit der Folge der Unzulässigkeit der Klage - zu verneinen, wenn die vom Kläger behaupteten Rechte ihm offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise zustehen können und er folglich in seinen subjektiven Rechten nicht verletzt sein kann. Die insoweit an den Sachvortrag des Klägers zu stellenden Anforderungen dürfen - mit Blick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG - dabei nicht überspannt werden (stRspr, siehe etwa BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 - BVerwGE 151, 138 Rn. 14; Beschlüsse vom 5. März 2019 - 7 B 3.18 - juris Rn. 8 f. und vom 3. August 2021 - 9 B 49.20 - juris Rn. 35).

7 Nach diesen Maßstäben legen die Kläger einen Verfahrensmangel nicht dar. Sie berufen sich nicht darauf, dass der Verwaltungsgerichtshof die prozessuale Bedeutung des § 42 Abs. 2 VwGO verkannt oder verfahrensfehlerhaft die Anforderungen an die Klagebefugnis überspannt hat. Vielmehr machen sie geltend, dass der Verwaltungsgerichtshof in Verkennung der materiellen Rechtslage zur formellen Rechtmäßigkeit der Plangenehmigung sowie zum Erfordernis des Erlasses eines Planfeststellungsbeschlusses die Klagebefugnis verneint habe. Damit berufen die Kläger sich aber nicht auf Verfahrensfehler, sondern auf nicht gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO rügefähige materiell-rechtliche Fehler. Das Beschwerdevorbringen enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verwaltungsgerichtshof die Anforderungen an die Klagebefugnis verfahrensfehlerhaft überspannt hat. Soweit die Beschwerde sich ferner darauf beruft, den Klägern hätte ein unentgeltliches Nutzungsrecht an dem gemeindeeigenen Grundstück zugestanden, das ihnen durch die Hochwasserschutzmaßnahmen vollständig entzogen worden sei, verfängt dieses Vorbringen bereits deshalb nicht, weil der Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen ist, dass kein Nutzungsrecht der Kläger bestehe und, falls es doch zur Entstehung gelangt sei, es von der Beigeladenen höchst vorsorglich gekündigt worden sei. Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof zu einem etwaigen Nutzungsrecht die Auffassung vertreten, dass es vorliegend nicht den plangenehmigten Maßnahmen entgegenstehe oder eine Berücksichtigung im Rahmen der Plangenehmigung erfordere. Im Übrigen rügt auch dieses Vorbringen der Kläger materiell-rechtliche Fehler.

8 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3 i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG.