Beschluss vom 15.05.2025 -
BVerwG 20 F 2.25ECLI:DE:BVerwG:2025:150525B20F2.25.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 15.05.2025 - 20 F 2.25 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:150525B20F2.25.0]
Beschluss
BVerwG 20 F 2.25
- OVG Berlin-Brandenburg - 06.01.2025 - AZ: 95 A 4/24
In der Verwaltungsstreitsache hat der Fachsenat des Bundesverwaltungsgerichts
für Entscheidungen nach § 99 Abs. 2 VwGO
am 15. Mai 2025
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler
und die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt und Dr. Henke
beschlossen:
- Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Fachsenats des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 6. Januar 2025 wird zurückgewiesen.
- Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I
1 Die Klägerin begehrt in dem diesem Zwischenverfahren zugrundeliegenden Hauptsacheverfahren, den Beklagten zu verpflichten, ihr weitere Auskunft über die zu ihr beim Beklagten gespeicherten personenbezogenen Daten zu erteilen.
2 Im Hauptsacheverfahren hat der Vorsitzende der zuständigen Kammer des Verwaltungsgerichts dem Beklagten die Klage zugestellt und um Übersendung der Verwaltungsvorgänge gebeten. Der Beklagte hat einen Verwaltungsvorgang mit Schwärzungen übersandt. Auf Aufforderung des Berichterstatters hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 23. August 2024 dargelegt, weshalb die geschwärzten Passagen nach dem Brandenburgischen Verfassungsschutzgesetz geheimhaltungsbedürftig seien.
3 Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 11. November 2024 beim Verwaltungsgericht einen Antrag nach § 99 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt. Der Berichterstatter hat mit Verfügung vom 14. November 2024 darauf hingewiesen, dass der Antrag vermutlich unzulässig sei, weil er voraussetze, dass zuvor das Gericht der Hauptsache die Entscheidungserheblichkeit der vorenthaltenen Urkunden oder Akten bejaht habe. Bislang sei weder ein Beweisbeschluss noch eine entsprechende Aufklärungsverfügung des Gerichts ergangen. Sollte der Antrag nicht binnen zwei Wochen zurückgenommen werden, werde er an den Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts weitergeleitet. Die Klägerin hat darum gebeten, dass sich die Kammer zur Frage der Entscheidungserheblichkeit äußere, bevor der Antrag weitergeleitet werde. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag nach Fristablauf dem Oberverwaltungsgericht vorgelegt.
4 Der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts hat den Antrag mit Beschluss vom 6. Januar 2025 als unzulässig abgelehnt. Der Antrag auf Entscheidung des Fachsenats, ob die Verweigerung der Vorlage von Unterlagen rechtmäßig sei, setze voraus, dass das Gericht der Hauptsache diese Unterlagen beiziehen wolle und deren Entscheidungserheblichkeit ordnungsgemäß bejaht habe. An dem Willen der Beiziehung von Unterlagen und der Bejahung ihrer Entscheidungserheblichkeit fehle es hier. Nachdem der Beklagte einen Ordner mit geschwärzten Aktenbestandteilen vorgelegt habe, habe das Verwaltungsgericht bislang weder einen grundsätzlich erforderlichen, förmlichen Beweisbeschluss zur Vorlage der ungeschwärzten Akten erlassen noch ansonsten zu erkennen gegeben, dass diese Unterlagen aus seiner Sicht entscheidungserheblich seien. Aus dem Schreiben des Berichterstatters vom 14. November 2024 ergebe sich vielmehr, dass das Verwaltungsgericht sich über die Entscheidungserheblichkeit der Vorlage der ungeschwärzten Unterlagen noch im Unklaren sei.
5 Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
II
6 Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts hat den Antrag der Klägerin auf Feststellung, dass die Verweigerung der Vorlage des ungeschwärzten Original-Verwaltungsvorgangs durch den Beklagten rechtswidrig ist, zu Recht als unzulässig abgelehnt.
7 Der Antrag ist unstatthaft. Denn es fehlt aus den vom Oberverwaltungsgericht zutreffend erläuterten Gründen an einer ordnungsgemäßen Verlautbarung des Hauptsachegerichts zur Entscheidungserheblichkeit der ungeschwärzten Aktenvorlage (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. April 2025 - 20 F 3.25 - juris Rn. 7 f.).
8 Ist - wie hier - ein Anspruch auf Informationszugang Streitgegenstand des Verfahrens vor dem Gericht der Hauptsache, folgt daraus nicht zwingend, dass es für seine Sachentscheidung der Einsicht in die zurückgehaltenen Aktenteile bedarf. Es kann Fallgestaltungen geben, bei denen es für die Feststellung materieller Geheimhaltungsgründe auf die Kenntnis der konkreten Akteninhalte nicht ankommt. Ob es zur Beurteilung des Geheimhaltungsbedarfs als Erkenntnishilfe der streitigen Akten bedarf, kann neben dem Zuschnitt der Geheimhaltungsgründe davon abhängen, ob die betreffenden Akteninhalte ihrem Gegenstand nach unstreitig sind und auf dieser Grundlage über die fachgesetzlichen Geheimhaltungsgründe entschieden werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 2016 - 20 F 2.15 - NVwZ 2016, 467 Rn. 5 m. w. N.).
9 Im vorliegenden Fall steht eine Entscheidung des Hauptsachegerichts über die Entscheidungserheblichkeit der vom Beklagten vorenthaltenen Aktenbestandteile noch aus. Ausweislich des Schreibens des Berichterstatters vom 14. November 2024 liegt bislang weder ein Beweisbeschluss der Kammer noch eine entsprechende Aufklärungsverfügung des Gerichts vor.
10 Der Antrag wird auch nicht dadurch zulässig, dass die Klägerin das Verwaltungsgericht mit Schriftsatz vom 28. November 2024 vergebens gebeten hat, sich zur Entscheidungserheblichkeit zu äußern. Das Verfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO ist kein den Prozessbeteiligten vom Gesetz zur Verfügung gestelltes Mittel, das Gericht der Hauptsache zu einem bestimmten Beweisbeschluss oder weiteren Aufklärungsmaßnahmen zu zwingen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. April 2025 - 20 F 3.25 - juris Rn. 7). Daran ändert der von der Klägerin ins Feld geführte Beschleunigungsgrundsatz nichts.
11 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.