Beschluss vom 15.06.2009 -
BVerwG 6 B 12.09ECLI:DE:BVerwG:2009:150609B6B12.09.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 15.06.2009 - 6 B 12.09 - [ECLI:DE:BVerwG:2009:150609B6B12.09.0]

Beschluss

BVerwG 6 B 12.09

  • Bayerischer VGH München - 18.11.2008 - AZ: VGH 10 B 08.1677

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 15. Juni 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Graulich und Dr. Bier
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. November 2008 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 000 € festgesetzt.

Die auf die Abweichungs- (1.), Grundsatz- (2.) und Verfahrensrüge (3.) gestützte Beschwerde des Klägers bleibt ohne Erfolg.
1. Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde - vorliegend eine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts rügend - einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (vgl. Beschluss vom 21. Juni 1995 - BVerwG 8 B 61.95 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 18). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht.
Der vom Kläger in Bezug genommene Gerichtsbescheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Juni 1997 - BVerwG 1 A 10.95 - (Buchholz 452.00 § 93 VAG Nr. 1) ist nicht zu Art. 36 Abs. 6 Satz 2 BayVwZVG ergangen, auf welchem das streitgegenständliche Urteil beruht, sondern zu § 13 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes - VwVG - des Bundes. Die Abweichung in einem tragenden abstrakten Rechtssatz kommt schon deshalb nicht in Betracht. Im Übrigen benennt die Beschwerde keinen das angefochtene Berufungsurteil tragenden abstrakten Rechtssatz, der einem in dem Gerichtsbescheid des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten abstrakten Rechtssatz widerspräche, sondern rügt lediglich die - vermeintlich - fehlerhafte Anwendung von Rechtssätzen des Bundesverwaltungsgerichts. Damit zeigt sie keine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf.
2. Die Beschwerde bleibt aber auch ohne Erfolg, soweit der Beschwerdeführer sie - innerhalb der in § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO bezeichneten Frist - sinngemäß auch auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützt haben sollte. Wird mit der Nichtzulassungsbeschwerde zu Unrecht geltend gemacht, das Urteil beruhe auf der Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, wird aber durch die Behauptung einer Abweichung in Wirklichkeit eine Rechtsfrage aufgeworfen, die der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung gibt, so ist die Revision wegen dieser Frage zuzulassen (Beschluss vom 11. Mai 1966 - BVerwG 8 B 109.64 - BVerwGE 24, 91 = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 51). In einem solchen Falle muss aber die auf diese Weise als vermeintlich rechtsgrundsätzlich aufgeworfene Frage in einem Revisionsverfahren geklärt werden können (Beschluss vom 4. Dezember 2006 - BVerwG 2 B 57.06 - juris Rn. 3). Dies ist vorliegend nicht der Fall, weil es an einer klärungsfähigen Frage des Bundesrechts fehlt (a). Die Beschwerde wirft aber darüber hinaus auch - soweit sie den Zusammenhang mit Bundesrecht herstellt - keine grundsätzlich klärungsbedürftige Rechtsfrage auf (b).
a) Das angegriffene Urteil beruht in dem von der Beschwerde angesprochenen Teil nicht auf revisiblem Recht. Die Revision kann nach § 137 Abs. 1 VwGO nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht (Nr. 1) oder einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt (Nr. 2), beruht. Dies ist nicht der Fall, denn der Kläger behauptet die fehlerhafte Anwendung von Art. 36 Abs. 6 Satz 2 BayVwZVG, an die er Rechtsfragen knüpft. Das Verwaltungsvollstreckungsrecht der Länder gehört aber nicht zum Verwaltungsverfahrensrecht i.S.v. § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, sondern zum irrevisiblen Landesrecht (Beschluss vom 30. November 1994 - BVerwG 4 B 243.94 - Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 59 S. 5).
b) Die Beschwerde bringt zwar vor, es stehe „offensichtlich eine Verletzung von Bundesrecht, namentlich Art. 20 Abs. 3 GG im Raum (§ 132 Abs. 1 Nr. 1 VwGO)“. Wenn man Art. 36 Abs. 3 Satz 1 BayVwZVG die Möglichkeit der Androhung eines „Gesamtzwangsgeldes“ entnehmen wollte, werde gegen diesen Grundsatz der Bundesverfassung verstoßen. Mit diesem Vorbringen wird aber keine klärungsbedürftige Frage i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO aufgeworfen. Denn eine Rechtsfrage des Landesrechts wird nicht schon dadurch zu einer grundsätzlichen Frage des revisiblen Rechts, dass geltend gemacht wird, das Berufungsgericht habe die Frage unter Verletzung von Bundesrecht - hier von Bundesverfassungsrecht - beantwortet (Beschluss vom 9. März 1984 - BVerwG 7 B 238.81 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 49). Die Verletzung von Bundesrecht durch Landesrecht vermag deshalb die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO dann nicht zu rechtfertigen, wenn nicht das Bundesrecht, sondern allenfalls das Landesrecht klärungsbedürftig erscheint. Hier muss im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung dargelegt werden, dass der bundesverfassungsrechtliche Maßstab selbst einen die Zulassung der Revision rechtfertigenden Klärungsbedarf aufweist (Pietzner, in: Schoch/
Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Bd. 2, Stand Oktober 2008, § 132 Rn. 43 m.w.N.). Eine solche - auf die rechtliche Klärung von Art. 20 Abs. 3 GG gerichtete - Rechtsfrage ist dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen.
Im Übrigen lässt sich die Frage, ob der Adressat eines etwa angedrohten „Gesamtzwangsgeldes“ wissen kann, für welche Zuwiderhandlung er welche Zwangsmaßnahme zu erwarten hat, ohnehin nicht allgemein beantworten, sondern hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab (s. auch Gerichtsbescheid vom 26. Juni 1997 a.a.O.).
3. Ebenso bleibt die Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ohne Erfolg.
Die Beschwerde sieht einen Verfahrensfehler im Begründungsgang des Berufungsurteils, soweit darin die Textgeschichte der streitgegenständlichen Zwangsgeldandrohung angeführt wird (UA S. 6). Die dort gezogene Schlussfolgerung, „die Fassung der Zwangsgeldandrohung im Widerspruchsbescheid wurde von der Beklagten in dem gerichtlichen Vergleich und später in dem hier maßgeblichen Bescheid vom 18. Juli 2001 übernommen und beruht daher erkennbar auf den gleichen Erwägungen“, enthält nach Ansicht der Beschwerde einen Zirkelschluss, weil auf diese Weise, was zu beweisen wäre, bereits als erwiesen angesehen werde. Darin liege ein Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO beruhen könne.
Diese Rüge führt nicht zum Erfolg, weil sie die Auslegung eines Verwaltungsakts angreift, die revisionsrechtlich nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzurechnen ist. Allenfalls eine Verletzung der Denkgesetze könnte unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen die Grundsätze einer ordnungsgemäßen richterlichen Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ausnahmsweise als Verfahrensmangel in Betracht gezogen werden. Ein solcher Verstoß liegt hier aber ersichtlich nicht vor. Ein Tatsachengericht verstößt nicht schon dann gegen die Denkgesetze, wenn es nach Meinung des Beschwerdeführers unrichtige oder fern liegende Schlüsse gezogen hat. Es muss sich vielmehr um schlechthin unmögliche, von Willkür geprägte Schlussfolgerungen handeln (s. nur Beschluss vom 10. Dezember 2003 - BVerwG 8 B 154.03 - NVwZ 2004, 627). So verhält es sich hier nicht. Das Berufungsgericht hat die Entstehung der entscheidungserheblichen Fassung der Zwangsgeldandrohung und ihr inhaltliches Verständnis ausführlich erörtert und sich daraus eine begründete Meinung gebildet, die die durch den Überzeugungsgrundsatz gezogenen Grenzen wahrt.
4. Auch im Übrigen führt das Beschwerdevorbringen auf keinen Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Insoweit sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO von einer weiteren Begründung ab.
5. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil er unterlegen ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 47, 52 Abs. 3 GKG.