Beschluss vom 16.05.2018 -
BVerwG 2 VR 3.18ECLI:DE:BVerwG:2018:160518B2VR3.18.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 16.05.2018 - 2 VR 3.18 - [ECLI:DE:BVerwG:2018:160518B2VR3.18.0]

Beschluss

BVerwG 2 VR 3.18

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. Mai 2018
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dollinger und Dr. Günther
beschlossen:

  1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 1. Der im Dienst der Antragsgegnerin stehende und beim Bundesnachrichtendienst (BND) eingesetzte Antragsteller wurde mit Schreiben des BND vom 27. Februar 2018 aufgefordert, sich einer amtsärztlichen Untersuchung seines Gesundheitszustandes zu unterziehen; zur Begründung verwies der BND darauf, dass der Antragsteller im Jahr 2017 an 116 Tagen krankheitsbedingt gefehlt habe und seit dem 3. Januar 2018 erneut ununterbrochen dienstunfähig erkrankt sei. Nachdem das zunächst angefragte Gesundheitsamt des Landkreises Saarlouis seine Zuständigkeit mit Blick auf den Dienstort des Antragstellers verneint hatte, forderte der BND den Antragsteller mit Schreiben vom 8. März 2018 zu einer amtsärztlichen Untersuchung beim Gesundheitsamt der Landeshauptstadt München auf. Mit weiterem Schreiben vom 4. April 2018 teilte der BND dem Antragsteller mit, dass die Untersuchung am 16. Mai 2018 um 10:00 Uhr vorgesehen sei. Mit Schreiben vom 9. Mai 2018 forderten die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers den BND auf, die Untersuchungsaufforderung zurückzunehmen. Mit Schreiben vom 14. Mai 2018 lehnte der BND dies ab.

2 Mit am 15. Mai 2018 eingegangenen Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten begehrt der Antragsteller die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Zur Begründung trägt er vor, die Untersuchungsaufforderung genüge nicht den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Er beantragt (sinngemäß),
ihn vorläufig von der Verpflichtung zur Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung aufgrund der Untersuchungsanordnungen der Antragsgegnerin vom 27. Februar 2018 und 8. März 2018 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens freizustellen.

3 Von einer vorherigen Anhörung der Antragsgegnerin wurde mit Blick auf die Eilbedürftigkeit der Sache abgesehen.

4 2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 VwGO) an das hierfür gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO erstinstanzlich zuständige Bundesverwaltungsgericht hat keinen Erfolg. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihm ein Anordnungsanspruch zusteht.

5 Gemäß § 44 Abs. 6 und § 48 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) ist ein Beamter verpflichtet, sich nach Weisung der für ihn zuständigen Behörde einer amtsärztlichen Untersuchung seines Gesundheitszustandes zu unterziehen, wenn Zweifel bestehen, ob er aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist. Solche Zweifel an der Dienstfähigkeit des Antragstellers sind im Streitfall gegeben, weil der Antragsteller - ungeachtet seiner erheblichen Fehlzeiten im Jahr 2017 - auch im Jahr 2018 bereits seit dem 3. Januar 2018 ununterbrochen dienstunfähig erkrankt ist und damit innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat (§ 44 Abs. 1 Satz 2 BBG).

6 Soweit der Antragsteller geltend macht, die streitgegenständliche Untersuchungsaufforderung genüge nicht den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung, ist dem entgegenzuhalten: Es ist richtig, dass die an einen Beamten gerichtete Aufforderung, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, um seine Dienstfähigkeit zu überprüfen, aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgenden formellen und inhaltlichen Anforderungen unterliegt. Diese betreffen die Angabe der Gründe, aus denen sich die Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beamten ergeben, und die Bestimmung von Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung (vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 26. April 2012 - 2 C 17.10 - Buchholz 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1 Rn. 16 ff. und vom 30. Mai 2013 - 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 18 ff.; Beschluss vom 10. April 2014 - 2 B 80.13 - Buchholz 237.8 § 56 RhPLBG Nr. 4 Rn. 9 ff.). Diese Anforderungen gelten jedoch nicht absolut, sondern können vom Dienstherrn nur nach dem ihm vorliegenden Erkenntnisstand erfüllt werden. Hat die Behörde keinerlei weitergehende Erkenntnisse als die, dass und in welchem Umfang der Beamte krankheitsbedingte Fehltage aufweist, kann sie auch nur dies als Grund für ihre Zweifel an der dauernden Dienst(un)fähigkeit des Beamten anführen; ist den vom Beamten eingereichten ärztlichen Attesten (Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen, "Krankschreibungen") - wie vielfach - kein Grund der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu entnehmen und ist ein solcher Grund von dem Beamten auch nicht anderweitig freiwillig offenbart oder sonst wie bekannt geworden, kann die Behörde - naturgemäß - auch die Art und den Umfang der ärztlichen Untersuchung nicht näher eingrenzen.

7 Ob der Dienstherr vor Erlass einer Untersuchungsanordnung gehalten ist, bei dem Beamten anzufragen, ob dieser zur Offenbarung solcher Angaben bereit ist (obwohl der Beamte hierzu in der Regel nicht verpflichtet ist), kann für den Streitfall offen bleiben. Hierzu ist in der Antragsschrift nichts vorgetragen und konnte in der Kürze der Zeit - die amtsärztliche Untersuchung sollte in weniger als einer Stunde nach Vorlage der Sache an den Senat stattfinden - auch nicht aufgeklärt werden (vgl. hierzu auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Dezember 2016 - 10 S 35.16 - NVwZ-RR 2017, 300 Rn. 3 ff.; VGH München, Beschluss vom 18. Februar 2016 - 3 CE 15.27 68 - juris Rn. 26 ff.; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 7. Juli 2015 - 1 L 1128/15 - juris Rn. 11 ff. <IÖD 2015, 227 nur LS>).

8 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.