Urteil vom 16.12.2004 -
BVerwG 5 C 70.03ECLI:DE:BVerwG:2004:161204U5C70.03.0
Leitsätze:
1. Die Hauptfürsorgestelle war bei der Berechnung der Pflichtzahl für Schwerbehinderte nach dem SchwbG weder an die Anzeige des Arbeitgebers noch an Feststellungen der Arbeitsverwaltung gebunden.
2. Bei der Berechnung der Zahl der unbesetzten Plätze für Schwerbehinderte nach §§ 7, 8 SchwbG waren Stellen für Ärzte im Praktikum, Referendare sowie mit weniger als 18 Wochenstunden beschäftigte wissenschaftliche und studentische Hilfskräfte nicht mitzuzählen; ruhende Arbeitsverhältnisse waren nur zu berücksichtigen, wenn auf den Stellen Vertreter beschäftigt waren; Stellen für Praktikanten waren nicht zu berücksichtigen, wenn das betreffende Praktikum Bestandteil einer Ausbildung im Sinne einer zu einem ersten Berufsabschluss führenden Bildungsmaßnahme war.
Urteil
BVerwG 5 C 70.03
- OVG Münster - 07.11.2003 - AZ: OVG 12 A 4737/01 -
- OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 07.11.2003 - AZ: OVG 12 A 4737/01
In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 16. Dezember 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht S c h m i d t , Dr. R o t h k e g e l ,
Dr. F r a n k e und Prof. Dr. B e r l i t
für Recht erkannt:
- Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom
- 7. November 2003 wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Zurückweisung der Anschlussberufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 16. November 1999 richtet. Im Übrigen wird das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
- Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens, soweit die Revision zurückgewiesen wird. Im Übrigen bleibt die Entscheidung über die Kosten der Schlussentscheidung vorbehalten. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
I
Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung rückständiger Beträge der Ausgleichsabgabe nach dem Schwerbehindertengesetz durch den Beklagten in Höhe von 8 551 700 DM für das Erhebungsjahr 1992 und 14 051 320 DM für das Erhebungsjahr 1993. Im Revisionsverfahren streiten die Beteiligten darüber, ob die Hauptfürsorgestelle bei der Erhebung der Ausgleichsabgabe an die vom Arbeitgeber angezeigte Zahl der Arbeitsplätze, Ausbildungsplätze sowie anrechnungsfähigen Personen und Mehrfachanrechnungen gebunden ist bzw. wie, wenn eine solche Bindung nicht besteht, der Beschäftigung von Referendaren ohne Rechtsanspruch auf Einstellung, Ärzten im Praktikum, studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräften, Langzeitbeurlaubten sowie von Praktikanten/Praktikantinnen Rechnung zu tragen ist.
Aufgrund der Angaben des Klägers über die Zahl der Arbeitsverhältnisse sowie der besetzten und unbesetzten Pflichtplätze hatte die Arbeitsverwaltung jeweils die zur Berechnung der Ausgleichsabgabe maßgebliche Zahl der Arbeitsplätze festgestellt; diese Feststellungen wurden auf den Widerspruch des Klägers hin geändert (Änderungsbescheide des Arbeitsamtes Düsseldorf vom 29. August 1996 und 5. November 1996). Das vom Kläger hinsichtlich der weitergehenden Feststellungen des Arbeitsamtes angestrengte sozialgerichtliche Verfahren wurde nach Erledigung der Hauptsache eingestellt.
Nach im Wesentlichen erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 17. Juli 1997) bezüglich der Feststellungsbescheide des Beklagten über rückständige Ausgleichsabgaben vom 6. und 23. Dezember 1994 (betreffend das Erhebungsjahr 1992) sowie vom 20. Dezember 1995 (betreffend das Erhebungsjahr 1993) hat der Kläger beim Verwaltungsgericht mit der Begründung Klage erhoben, der Beklagte sei zu Unrecht von den Feststellungen der Arbeitsverwaltung ausgegangen, die auf den Bilanzen des Landesamtes für Besoldung und Versorgung beruhten; dadurch seien nicht mehr aktuelle Zahlfälle sowie Stellen in die Berechnung der Ausgleichsabgabe einbezogen worden, die nicht als Arbeitsplätze im Sinne des Schwerbehindertengesetzes anzusehen seien. Das Verwaltungsgericht hat daraufhin unter Klageabweisung im Übrigen die angefochtenen Bescheide insoweit aufgehoben, als für 1992 ein höherer Ausgleichsabgabenbetrag als 3 833 157 DM und für 1993 ein höherer Ausgleichsabgabenbetrag als 3 516 218 DM festgesetzt worden ist. Das Verwaltungsgericht ist für die Ermittlung der Zahl der Arbeitsplätze bei dem Kläger von dessen im Verlauf des Rechtsstreits vorgelegten Zahlenangaben aus der informationstechnischen Auswertung des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik ausgegangen. Die in der Rubrik "Langzeitbeurlaubte" aufgeführten Zahlfälle seien entgegen der Auffassung des Klägers als Arbeitsplätze im Sinne von § 7 Abs. 1 SchwbG zu werten. Ebenso seien die Stellen der Wehr- und Zivildienstleistenden mitzuzählen, da sie von den Ausnahmen nach § 7 Abs. 2 und 3 SchwbG nicht erfasst seien. Da sie nicht unter § 8 SchwbG fielen, seien auch Praktikanten mitzuzählen. Die Zahl der Arbeitnehmer in Erziehungsurlaub sei entgegen der Auffassung des Klägers nach § 21 Abs. 7 BErzGG nur insoweit abzuziehen, als für Beschäftigte im Erziehungsurlaub oder zur Betreuung eines gemeinsamen Kindes freigestellte Personen Vertreter eingestellt worden seien. Die Lehrbeauftragten sowie die studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräfte seien dagegen als kurzzeitig Beschäftigte nicht mitzuzählen; ebenso seien die Zahlfälle der Referendare abzusetzen, weil sie als Personen mit Rechtsanspruch auf Einstellung nach § 7 Abs. 3 SchwbG nicht als auf Arbeitsplätzen im Sinne des § 7 Abs. 1 SchwbG beschäftigt gälten; die übrigen Referendare seien als Beamte auf Widerruf Auszubildende im Sinne des § 8 SchwbG, ebenso die Gruppe der Ärzte im Praktikum.
Gegen dieses Urteil haben der Kläger Berufung und der Beklagte Anschlussberufung eingelegt. Das Oberverwaltungsgericht hat in dem vorliegenden, abgetrennten Verfahren betreffend die Bescheide des Beklagten vom 6. und 23. Dezember 1994 sowie vom 20. Dezember 1995 und den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 17. Juli 1997 auf die Berufung des Klägers diese Bescheide aufgehoben und die Anschlussberufung des Beklagten zurückgewiesen, mit der dieser eine Klageabweisung auch insoweit hat erreichen wollen, als das Verwaltungsgericht bei der Berechnung der für die Erhebung der Ausgleichsabgabe maßgeblichen Stellen Abzüge gemacht hatte für Referendare ohne Rechtsanspruch auf Einstellung und Ärzte im Praktikum sowie pauschal für alle studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräfte. Das Berufungsurteil ist wie folgt begründet:
Die Klage sei insgesamt begründet, weil der Berechnung der Ausgleichsabgabe die (berichtigten) Anzeigen des Klägers über die Zahl der Arbeitsplätze, Ausbildungsplätze sowie anrechnungsfähigen Personen und Mehrfachanrechnungen zugrunde zu legen seien; diese Anzeigen seien nach § 13 Abs. 2 Satz 1 SchwbG für die Entscheidung der Hauptfürsorgestelle über die Feststellung von Rückständen nach § 11 Abs. 2 Satz 3 SchwbG bindend, da sie nicht durch (wirksame) Bescheide der Arbeitsverwaltung korrigiert worden seien; dass die Bundesanstalt für Arbeit im Laufe des sozialgerichtlichen Verfahrens ihre angefochtenen Feststellungsbescheide aufgehoben habe, sei dahin zu werten, dass sie in der berichtigten Anzeige des Klägers eine zutreffende Berichtigung der ursprünglichen Anzeige sehe, die keinen Anlass mehr gebe, einen Feststellungsbescheid zu erlassen. Die Hauptfürsorgestelle dürfe bei der Feststellung der rückständigen Beträge der Ausgleichsabgabe weder von der vom Arbeitsamt durch bestandskräftigen oder zumindest nicht angefochtenen Bescheid festgestellten Zahl der Arbeitsplätze noch vom Inhalt der Anzeige des Arbeitgebers abweichen, wenn es im Anschluss an diese Anzeige nicht zu einem Feststellungsbescheid des Arbeitsamtes gekommen sei. Die Hauptfürsorgestelle sei nicht ermächtigt, ihrerseits die Zahl der Arbeitsplätze festzustellen. Bewertungen, ob ein Arbeitsplatz vorliegt, seien nach Sinn und Zweck der Regelungen im Schwerbehindertengesetz der sachnäheren und damit fachlich kompetenteren Bundesanstalt für Arbeit im Sinne eines Entscheidungsmonopols zugewiesen. Die bestehende Bindung der Hauptfürsorgestelle sei in einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nachzuvollziehen. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. September 2002 - BVerwG 5 C 53.01 - (Buchholz 436.61 § 7 SchwbG Nr. 5) gebiete keine andere Beurteilung.
Der Beklagte hat gegen das Berufungsurteil Revision eingelegt. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts.
Der Kläger verteidigt das Berufungsurteil.
II
Die Revision des Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet, soweit seine Anschlussberufung zurückgewiesen worden ist; insoweit muss das Berufungsurteil im Ergebnis Bestand haben (§ 144 Abs. 4 VwGO) und die Revision des Beklagten zurückgewiesen werden (§ 144 Abs. 2 VwGO). Im Übrigen ist die Revision im Sinne einer Zurückverweisung an das Berufungsgericht begründet.
a) Allerdings ist das Berufungsgericht unter Verstoß gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) von einer Bindungswirkung der Anzeige des Klägers über die Zahl der Arbeitsplätze sowie der besetzten und unbesetzten Pflichtplätze ausgegangen.
Rechtsgrundlage der Heranziehung des Klägers zu einer Ausgleichsabgabe für unbesetzte Pflichtplätze ist § 11 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 bis 3 in Verbindung mit § 13 Abs. 2 Satz 1 des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) vom 26. August 1986 (BGBl I S. 1421, ber. S. 1550) in der für den streitigen Berechnungszeitraum (die Erhebungsjahre 1992 und 1993) maßgeblichen Fassung vom 21. Juni 1991 (BGBl I S. 1310) bzw. 11. Januar 1993 (BGBl I S. 50). Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SchwbG haben Arbeitgeber, solange sie die vorgeschriebene Zahl Schwerbehinderter nicht beschäftigen, für jeden unbesetzten Pflichtplatz monatlich eine Ausgleichsabgabe zu entrichten. Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 SchwbG haben sie dem für ihren Sitz zuständigen Arbeitsamt unter Beifügung einer Durchschrift für die Hauptfürsorgestelle einmal jährlich bis spätestens 31. März für das vorangegangene Kalenderjahr u.a. die Zahl der Arbeitsplätze nach § 7 Abs. 1 SchwbG und die Zahl der in den einzelnen Betrieben und Dienststellen beschäftigten Schwerbehinderten, Gleichgestellten und sonstigen anrechnungsfähigen Personen, darunter die Zahlen der zur Ausbildung und der zur sonstigen beruflichen Bildung eingestellten Schwerbehinderten und Gleichgestellten, anzuzeigen. Nach § 11 Abs. 2 Satz 3 SchwbG erlässt sodann, wenn ein Arbeitgeber mit der nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SchwbG zugleich mit der von § 13 Abs. 2 SchwbG geforderten Anzeige abzuführenden Ausgleichsabgabe mehr als 3 Monate im Rückstand ist, die Hauptfürsorgestelle einen Feststellungsbescheid über die rückständigen Beträge und betreibt die Einziehung. Dies gilt auch gegenüber öffentlichen Arbeitgebern; denn die Beschäftigungspflicht nach § 5 SchwbG trifft, wie aus § 11 Abs. 7 SchwbG hervorgeht, private Arbeitgeber und Arbeitgeber der öffentlichen Hand gleichermaßen (siehe auch BSG, Urteil vom 29. September 1992 - 11 RAr 83/91 - SozR 3-3870 § 33 Nr. 1). Das Verfahren nach § 11 Abs. 2 Satz 3 SchwbG findet auch statt, wenn die Hauptfürsorgestelle und der Arbeitgeber über den Umfang der abzuführenden Ausgleichsabgabe unterschiedlicher Meinung sind und die Hauptfürsorgestelle den Arbeitgeber für verpflichtet hält, eine höhere Ausgleichsabgabe zu entrichten, als er bereits an die Hauptfürsorgestelle abgeführt hat.
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht eine Befugnis der Hauptfürsorgestelle des Beklagten, die angefochtenen Bescheide auf dieser gesetzlichen Grundlage zu erlassen, im Hinblick darauf bezweifelt, dass die Beteiligten sich über die Zahl der zu berücksichtigenden Arbeitsplätze und unbesetzten Pflichtplätze uneinig sind. Entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanz sind für die Berechnung der Ausgleichsabgabe die vom Kläger im Rahmen seiner Anzeige nach § 13 Abs. 2 Satz 1 SchwbG gemachten Angaben nicht maßgeblich. Dem Gesetz ist für eine solche Bindung der Hauptfürsorgestelle nichts zu entnehmen.
Die Regelung des § 11 Abs. 2 SchwbG in Verbindung mit der Anzeigepflicht nach § 13 Abs. 2 SchwbG ist nicht dahingehend zu verstehen, dass die Hauptfürsorgestelle die Angaben des Arbeitgebers in seiner Anzeige ungeprüft zu übernehmen habe. Damit würde die Hauptfürsorgestelle ihrer Kontrollfunktion nicht gerecht. Nach § 13 Abs. 3 SchwbG sind die Arbeitgeber auch ihr gegenüber verpflichtet, die Auskünfte zu erteilen, die zur Durchführung des Gesetzes notwendig sind. Damit korrespondieren ein Prüfungsrecht und die Prüfungspflicht der Hauptfürsorgestelle, ob die Angaben und Berechnungen der Arbeitgeber zur Ausgleichsabgabe in der nach § 13 Abs. 2 SchwbG gebotenen Anzeige zutreffend sind oder nicht (vgl. auch Dörner, Schwerbehindertengesetz, Stand: 2001, § 11 Rn. 16). Dementsprechend findet das Verfahren nach § 11 Abs. 2 Satz 3 SchwbG auch schon bei nur falsch berechneter Ausgleichsabgabe statt (vgl. Dörner, a.a.O., Rn. 18). Damit verträgt es sich nicht, die Befugnisse der Hauptfürsorgestelle im Rahmen ihrer Aufgabe aus § 11 Abs. 2 Satz 3 SchwbG so eingeschränkt zu verstehen, als habe sie gleichsam nur als Kassen- und Beitreibungsstelle für die Ausgleichsabgabe die Angaben von Arbeitgebern über die Zahl der Arbeits- und Pflichtplätze zusammen mit der danach von den Arbeitgebern berechneten Ausgleichsabgabe ungeprüft entgegenzunehmen und für die Einziehung des sich aus den Angaben der Arbeitgeber rein rechnerisch ergebenden Ausgleichsabgabenbetrages Sorge zu tragen.
Eine Bindung an die Anzeigen der Arbeitgeber besteht im Gegensatz zur Auffassung des Oberverwaltungsgerichts auch nicht in den Fällen, in denen die in der Anzeige enthaltenen Angaben des Arbeitgebers vom Arbeitsamt unbeanstandet geblieben sind. Nach § 13 Abs. 2 Satz 2 SchwbG erlässt das Arbeitsamt, wenn ein Arbeitgeber die vorgeschriebene Anzeige bis zum 30. Juni nicht, nicht richtig oder nicht vollständig erstattet, einen Feststellungsbescheid über die anzuzeigenden Verhältnisse. (Auch) das Arbeitsamt hat folglich die Anzeigen der Arbeitgeber auf Richtigkeit und Vollständigkeit hin zu überprüfen. Dies ist hier zwar geschehen; die entsprechenden Feststellungsbescheide des Arbeitsamtes sind jedoch, nachdem der Kläger sie auf dem Sozialrechtsweg angegriffen und das beklagte Arbeitsamt die Bescheide aufgehoben hatte, wirkungslos geworden. Zu Unrecht leitet jedoch das Oberverwaltungsgericht aus dem Umstand, dass damit die Anzeigen des Klägers für die Rechnungsjahre 1992 und 1993, rechtlich gesehen, von der Arbeitsverwaltung letztlich unbeanstandet geblieben sind, ab, dass die Hauptfürsorgestelle des Beklagten diese Anzeigen ihren Feststellungen unverändert zugrunde legen müsse, weil der Beklagte, lägen wirksame Feststellungsbescheide der Arbeitsverwaltung vor, an diese Bescheide gebunden wäre. Eine solche Bindung bestünde indessen nicht.
Der erkennende Senat hat unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 6. Mai 1994 - 7 RAr 68/93 - (BSGE 74, 176 <178 f.>; die dort begründete Rechtsprechung hat das Bundessozialgericht inzwischen fortgeführt, vgl. Urteil vom 19. Januar 1999 - B 7 AL 62/98 R - <SozR 3-3870 § 13 Nr. 3> und vom 20. Januar 2000 - B 7 AL 26/99 R - <BSGE 85, 246>) entschieden, dass die Hauptfürsorgestelle bei der Festsetzung der Ausgleichsabgabe an Feststellungsbescheide der Bundesanstalt für Arbeit nach § 13 Abs. 2 Satz 2 SchwbG nicht gebunden ist (Urteil vom 26. September 2002 - BVerwG 5 C 53.01 - <Buchholz 436.61 § 7 SchwbG Nr. 5>). Das entspricht der wenn auch aufeinander bezogenen, so doch unterschiedlichen Aufgabenstellung von Arbeitsverwaltung und Hauptfürsorgestelle: Das Schwerbehindertengesetz untersteht einem "Kooperationsprinzip" (Großmann in: GK-SchwbG, 1992, § 30 Rn. 2), das zur Verwirklichung der Integration Schwerbehinderter eine Aufgabenerfüllung durch die daran beteiligten Behörden einerseits in enger Zusammenarbeit miteinander (vgl. § 30 Abs. 1 SchwbG), andererseits in eigener Verantwortung der jeweiligen Dienststelle verlangt (vgl. z.B. Weber, Schwerbehindertengesetz, Stand: März 1988, § 31 Anm. 6). Der Zuweisung der Aufgaben des Schwerbehindertengesetzes sowohl an die Arbeitsämter als auch an die Hauptfürsorgestellen zu gemeinsamer Aufgabenerfüllung auch bei der Erhebung der Ausgleichsabgabe entspricht beispielsweise die Regelung, dass die Arbeitgeber die Anzeige nach § 13 Abs. 2 Satz 1 SchwbG dem für ihren Sitz zuständigen Arbeitsamt zugleich mit einer Durchschrift für die Hauptfürsorgestelle zuleiten müssen. Die Hauptfürsorgestelle nimmt mit der Aufgabe nach § 11 Abs. 2 Satz 3 SchwbG, rückständige Beträge der Ausgleichsabgabe festzustellen und die Einziehung der Rückstände zu betreiben, eine wichtige Funktion im Rahmen des Systems wahr, das der Gesetzgeber in Gestalt der Ausgleichsabgabe und ihrer Verwendung (§ 11 Abs. 3 SchwbG) geschaffen hat, um die Beschäftigung Schwerbehinderter durch den Einsatz finanzieller Mittel zu fördern. Durch die Einbindung auch der Arbeitsverwaltung in dieses Verfahren ist gewährleistet, dass sowohl die arbeitsmarkt- als auch die sozialpolitischen Aufgaben und Ziele des Gesetzes berücksichtigt werden, aber letztlich jeweils derjenigen Verwaltung überantwortet bleiben, die für sie in erster Linie fachlich zuständig ist. Hinsichtlich der arbeitsmarktpolitischen Belange ist dies in erster Linie die Arbeitsverwaltung, hinsichtlich der sozialpolitischen Belange in erster Linie die Hauptfürsorgestelle. Der Hauptfürsorgestelle ist es daher auch im Verfahren der Erhebung der Ausgleichsabgabe (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 SchwbG) übertragen, den "Rechtsgesichtspunkt der speziellen Schwerbehindertenfürsorge" (Urteil des Senats vom 19. Oktober 1995 - BVerwG 5 C 24.93 - <BVerwGE 99, 336, 340>) zur Geltung zu bringen. Wäre sie an Bewertungen und Einschätzungen der Arbeitsverwaltung zu den Berechnungsgrundlagen der Abgabenerhebung gebunden, könnte die Hauptfürsorgestelle diese Aufgabe nicht wirksam erfüllen. Die vom Berufungsgericht behauptete "Monopolstellung" kommt der Arbeitsverwaltung nach dem Schwerbehindertengesetz daher nicht zu.
Ist nach alledem der Beklagte zwar nicht an die Angaben des Klägers zur Zahl der Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze sowie anrechnungsfähigen Personen und Mehrfachanrechnungen gebunden, so wendet er sich gegen die Zurückweisung seiner Anschlussberufung gleichwohl im Ergebnis zu Unrecht; denn eine höhere Ausgleichsabgabe als vom Kläger selbst berechnet entfällt jedenfalls nicht auf die den Gegenstand der Anschlussberufung bildenden Stellen für Referendare ohne Rechtsanspruch auf Einstellung, für Ärzte im Praktikum sowie für studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte. Diese Stellen sind bei der Berechnung der Ausgleichsabgabe nicht zu berücksichtigen.
Während Referendare mit Rechtsanspruch auf Einstellung (Rechts- und Studienreferendare) nicht in die Zählung einzubeziehen sind, weil sie einen Rechtsanspruch auf Einstellung haben und deshalb eine Stelle einnehmen, die nach § 7 Abs. 3 SchwbG schon nicht als Arbeitsplatz gilt, sind Stellen für Referendare ohne Rechtsanspruch auf Einstellung nach § 8 Satz 1 SchwbG - ebenfalls - nicht mitzuzählen.
Nach § 8 Satz 1 SchwbG zählen bei der Berechnung der Mindestzahl von Arbeitsplätzen und der Zahl der Pflichtplätze Stellen, auf denen Auszubildende beschäftigt werden, nicht mit. Diese Regelung knüpft an § 7 Abs. 1 SchwbG an, wonach (auch) Stellen, auf denen "Auszubildende und andere zu ihrer beruflichen Bildung Eingestellte" beschäftigt werden, "Arbeitsplätze" im Sinne des Gesetzes darstellen. Infolge der Verknüpfung von § 8 mit § 7 ist davon auszugehen, dass der Begriff "Auszubildende" in beiden Vorschriften dieselbe Bedeutung hat (vgl. auch Großmann, a.a.O., § 8 Rn. 13). Daraus, dass § 7 Abs. 1 "Auszubildende" neben "andere(n) zu ihrer beruflichen Bildung Eingestellte(n)" erwähnt, ist darum zu folgern, dass § 8 Satz 1 SchwbG nur den Personenkreis erfasst, der im engeren Sinne eine "Ausbildung" erhält.
Der Begriff der "Ausbildung" wird in der Terminologie der Sozialgesetze, insbesondere z.B. als "Berufsausbildung" (§ 573 RVO), nicht einheitlich verwendet; er ist auch in der Terminologie des Schwerbehindertengesetzes, wie § 7 Abs. 1 SchwbG zeigt, dem Begriff der "beruflichen Bildung" in einem Zusammenhang zur Seite gestellt, der darauf schließen lassen könnte, als sei er deren Unterbegriff. Dies zwingt dazu, ihn aus Sinn und Zweck des Schwerbehindertengesetzes heraus auszulegen, zumal die Abgrenzung einer beruflichen Bildungsmaßnahme ohnehin nicht einheitlich für alle Rechtsgebiete erfolgen kann (vgl. auch BSG, Urteil vom 5. August 1993 - 2 RU 24/92 - <SozR 3-2200 § 573 Nr. 2>). Die Zielsetzung des § 8 Satz 1 SchwbG, die Entstehung von Ausbildungsstellen für Schwerbehinderte zu fördern (vgl. BTDrucks 10/5701, S. 5 f.), legt es nahe, den dort verwendeten Begriff der "Ausbildung" ohne Beschränkung auf Ausbildungen im Sinne des Berufsbildungsgesetzes angelehnt auch an die Bedeutung dieses Begriffs im Arbeitsförderungsrecht zu verstehen. Dort ist eine Ausbildung in Abgrenzung zur Fortbildung oder Umschulung (nur) die erste zu einem beruflichen Abschluss führende Bildungsmaßnahme (ebenso BSG, Urteil vom 5. August 1993, a.a.O.). Der (auch in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis geleistete) Vorbereitungsdienst ist eine solche Bildungsmaßnahme. Referendare befinden sich somit in einer Ausbildung im Sinne des § 8 Abs. 1 SchwbG (ebenso Großmann, a.a.O.). Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, das Beamtenanwärter, die einen Vorbereitungsdienst durchlaufen, im vorliegenden Zusammenhang ebenfalls als Auszubildende betrachtet (Urteil vom 29. Juli 1993 - 11 RAr 41/92 - <DBlR 4065a, SchwbG/§ 8>). Darüber, ob unter der Geltung des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (vgl. §§ 73, 74 Abs. 1 Satz 2 SGB IX) eine gleiche oder eine andere Beurteilung zu gelten hat, ist hier nicht zu befinden.
b) Auch Ärzte im Praktikum absolvieren eine "Ausbildung" in diesem Sinne. Aufgrund von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Approbationsordnung für Ärzte vom 3. April 1979 (BGBl I S. 425, ber. S. 609) in der Fassung vom 15. Dezember 1986 (BGBl I S. 2457) umfasst die ärztliche Ausbildung nach dem Medizinstudium eine zweijährige Tätigkeit als Arzt im Praktikum. Diese Tätigkeit ist daher Bestandteil der ärztlichen Ausbildung (ebenso BSG, Urteil vom 30. Oktober 1991 - 2 RU 61/90 - <HV-INFO 1992, 428>).
Darüber, dass Stellen für Lehrbeauftragte sowie für studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte nicht mitzuzählen sind, wenn dieser Personenkreis weniger als 18 Stunden wöchentlich beschäftigt wird und deshalb nach § 7 Abs. 3 SchwbG die betreffenden Stellen nicht als "Arbeitsplätze" im Sinne des Absatzes 1 "gelten", besteht zwischen den Beteiligten kein Streit. Dem Hinweis des Klägers, dass nach dem Landeshochschulrecht die Arbeitszeit der wissenschaftlichen Hilfskräfte auf weniger als die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit des öffentlichen Dienstes beschränkt sei, an die auch das Verwaltungsgericht für seine Bewertung angeknüpft hatte, die in der IT-Auswertung des Klägers erfassten Lehrbeauftragten und wissenschaftlichen Hilfskräfte seien durchweg mit einer deutlich unter 18 Stunden wöchentlich liegenden Arbeitszeit beschäftigt, ist der Beklagte nicht mit substantiierten Einwänden entgegengetreten.
Auch im Übrigen ist die Revision zulässig und insoweit mit der Folge einer Zurückverweisung der Sache auch begründet.
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass er eine Abweisung der Klage auch insoweit begehrt, als es um Positionen geht, über die das Verwaltungsgericht zu seinen - des Beklagten - Gunsten entschieden hat. Es bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Beklagte bei Einlegung seiner Revision das Berufungsurteil in dem Umfang gegen sich hätte gelten lassen wollen, der auf die vom Verwaltungsgericht zu seinen Gunsten berücksichtigten Positionen entfällt und die Stellen von Praktikanten, Langzeitbeurlaubten und Arbeitnehmern in Erziehungsurlaub betrifft.
Ob die Klage in noch weitergehendem Umfang als oben ausgeführt begründet ist, lässt sich nach dem gegenwärtigen Sachstand nicht abschließend entscheiden; denn das Oberverwaltungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt der Bindung des Beklagten an die Angaben des Klägers aus folgerichtig - keine tatsächlichen Feststellungen zu jenen Positionen getroffen. Ohne solche Feststellungen kann nicht beurteilt werden, ob und inwieweit die Erhebung einer Ausgleichsabgabe im Hinblick auf die betreffenden Stellen gerechtfertigt ist. Insoweit ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
Es kann für die vom Kläger in der IT-Auswertung als "Praktikanten" ausgewiesenen Personen schon nicht überblickt werden, ob sie nach Art und Umfang ihrer Tätigkeit überhaupt einen "Arbeitsplatz" im Sinne von § 7 Abs. 1 SchwbG einnehmen (für die Nachfolgebestimmung des § 73 SGB IX verneinend Neumann in: Neumann/Pahlen/ Majerski-Pahlen, SGB IX, 10. Auflage 2003, § 73 Rn. 44). Jedenfalls kann das "besondere Ausbildungsverhältnis" (Neumann, a.a.O.), in dem Praktikanten stehen, angesichts der vielfältigen Beschäftigungsformen, die unter dem Begriff des "Praktikanten" zusammengefasst werden, und der heterogenen Zwecke, denen Praktika dienen, unter bestimmten Voraussetzungen unter den Ausbildungsbegriff des § 8 Satz 1 SchwbG fallen. In der Kommentarliteratur werden "Praktikanten" zwar offenbar generell nicht zu den "Auszubildenden" in diesem Sinne gezählt (siehe z.B. Großmann, a.a.O., § 8 Rn. 14; Neumann/Pahlen, Schwerbehindertengesetz, 8. Auflage 1992, § 8 Rn. 12; Dörner, a.a.O., § 8 Rn. 2). Dem ist beizupflichten, wenn man es als für diese Personengruppe kennzeichnend ansieht, dass sie nicht zu einer regelmäßigen Arbeitsleistung verpflichtet sei und ihre Beschäftigung, ohne dass eine geregelte fachliche Ausbildung beabsichtigt sei, dazu diene, ihnen einen allgemeinen Überblick über die Arbeit im Betrieb oder der Verwaltung zu verschaffen und ihre Kenntnisse zu vertiefen und zu erweitern (Neumann, a.a.O.). Ein solches Verständnis ist jedoch zu eng. Ein Praktikum kann vielmehr ebenso Ausbildungsbestandteil wie einer (abgeschlossenen) beruflichen Bildungsmaßnahme folgende Beschäftigung sein, die der Erlangung der staatlichen Anerkennung oder der staatlichen Erlaubnis zur Ausübung des Berufes dient und deswegen nicht Bestandteil einer Ausbildungsmaßnahme ist (vgl. BSG, Urteil vom 16. März 1983 - 7 RAr 5/83 - <AuB 1983, 283> für ein Nachpraktikum zur Erlangung der staatlichen Erlaubnis zur Ausübung des Berufs Masseur und Medizinischer Bademeister). Wie im Falle der Ärzte im Praktikum ist Aufschluss hierüber nur dadurch zu gewinnen, dass ermittelt wird, ob das Praktikum nach Maßgabe einer Ausbildungsordnung Bestandteil einer zu einem ersten beruflichen Abschluss führenden Bildungsmaßnahme ist. Hierzu hat der Kläger in Bezug auf die von ihm angezeigten Praktikantenstellen auf Befragen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat keine Angaben machen können.
Das Verwaltungsgericht hat Stellen von "Langzeitbeurlaubten" (Krankheit, Urlaub, Ruhen des Arbeitsverhältnisses, Wehr- und Zivildienst) mitgezählt, weil auch längerfristig nicht beschäftigte Arbeitnehmer einen Arbeitsplatz im Sinne des Gesetzes einnähmen; nach dem Schutzzweck des Schwerbehindertengesetzes erfasse das Verständnis des "Arbeitsplatzes" auch ein ruhendes Arbeitsverhältnis. Diese Betrachtungsweise überdehnt indessen das Verständnis des gesetzlichen Schutzzwecks. Dieser gebietet es nicht, Stellen des genannten Personenkreises auch dann zu berücksichtigen, wenn ein Arbeitnehmer auf ihnen längerfristig nicht "beschäftigt" ist. Dementsprechend bestimmt die "nach dem Vorbild der Regelung im Bundeserziehungsgeldgesetz (§ 21 Abs. 7)" (BTDrucks 14/3799, S. 35) geschaffene - und ab dem 1. Oktober 2000 geltende - Regelung des § 7 Abs. 2 Nr. 7 SchwbG, dass Stellen, auf denen Personen, deren Arbeits-, Dienst- oder sonstiges Beschäftigungsverhältnis wegen Wehr- oder Zivildienst, Erziehungsurlaub, unbezahltem Urlaub oder wegen Bezug einer Rente auf Zeit ruht, (nur) solange nicht als Arbeitsplätze gelten, wie für diese Personen ein Vertreter eingestellt ist.
Die Personengruppe der Arbeitnehmer/innen in Erziehungsurlaub hat das Verwaltungsgericht auf der Grundlage von § 21 Abs. 7 BErzGG nur teilweise von der Zahl der maßgeblichen Arbeitsplätze abgezogen, weil nach den "Gegebenheiten ... vieles dafür (spreche), dass bei ... Dienststellen (für die kein konkretes Zahlenmaterial über befristet eingestellte Ersatzkräfte vorliege) derartige Beurlaubungen über die allgemeine Personalreserve abgedeckt werden, um Ausfälle durch Krankheit etc. aufzufangen". Auch diesem Gesichtspunkt wurde in tatsächlicher Hinsicht im Berufungsverfahren nicht nachgegangen.
Zu den Stellen von Praktikanten, Langzeitbeurlaubten und Arbeitnehmern bzw. Arbeitnehmerinnen in Erziehungsurlaub muss das Oberverwaltungsgericht daher die erforderliche Sachverhaltsaufklärung nachholen.
Die Kostenentscheidung, soweit die Revision zurückgewiesen worden ist, beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit auf § 188 Satz 2 VwGO.