Verfahrensinformation



Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die von ihr betriebenen Abfülleinrichtungen, die auch zur Anreicherung von Mineralwasser mit pflanzlichen Zusatzstoffen genutzt werden, keiner Anzeigepflicht unterliegen. Das beklagte Land Rheinland-Pfalz vertritt die Auffassung, dass eine solche Anzeigepflicht besteht.


Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage hat das Verwaltungsgericht Trier abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zurückgewiesen. Bei der von der Klägerin betriebenen technischen Einrichtung handele es sich um eine Anlage zur Herstellung von sonstigen Nahrungsmittelerzeugnissen aus ausschließlich pflanzlichen Rohstoffen, für die nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz eine Anzeigepflicht bestehe.


Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision. Weder werde ein Produkt aus ausschließlich pflanzlichen Rohstoffen gewonnen, noch erfolge eine Herstellung von Nahrungsmitteln.


Urteil vom 17.02.2021 -
BVerwG 7 C 7.19ECLI:DE:BVerwG:2021:170221U7C7.19.0

Immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit für Anlagen zur Herstellung von Süßgetränken

Leitsatz:

Anlagen zur Herstellung von Süßgetränken unter Verwendung von Mineralwasser und pflanzlichen Zusatzstoffen mit einer Produktionskapazität von 300 Tonnen oder mehr je Tag sind nach § 1 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Anhang 1 Nr. 7.34.2 der 4. BImSchV genehmigungsbedürftig.

  • Rechtsquellen
    BImSchG § 4 Abs. 1 Satz 1 und 3, § 67 Abs. 2 Satz 1
    4. BImSchV § 1 Abs. 1 Satz 1, Anhang 1 Nr. 7.34.2
    LFGB § 3 Nr. 2
    RL 2010/75/EU Art. 10, Anhang I Nr. 6.4 Buchst. b

  • VG Trier - 20.11.2018 - AZ: VG 9 K 3005/18.TR
    OVG Koblenz - 28.08.2019 - AZ: OVG 8 A 10060/19.OVG

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 17.02.2021 - 7 C 7.19 - [ECLI:DE:BVerwG:2021:170221U7C7.19.0]

Urteil

BVerwG 7 C 7.19

  • VG Trier - 20.11.2018 - AZ: VG 9 K 3005/18.TR
  • OVG Koblenz - 28.08.2019 - AZ: OVG 8 A 10060/19.OVG

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 17. Februar 2021
durch
den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Prof. Dr. Korbmacher
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Schemmer, Dr. Günther, Dr. Löffelbein und Dr. Wöckel
für Recht erkannt:

  1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 28. August 2019 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Die Klägerin betreibt seit der Zeit vor Mai 2013 Anlagen zur Abfüllung von Mineralwasser, die sie auch dazu nutzt, Süßgetränke herzustellen, indem dem Mineralwasser pflanzliche Zusatzstoffe hinzugefügt werden. Die maximale Produktionskapazität für die Süßgetränkeherstellung liegt bei etwa 720 Tonnen pro Tag, wobei 612 Tonnen Mineralwasser etwa 108 Tonnen Zusatzstoffe hinzugefügt werden.

2 Mit Schreiben vom 13. Januar 2016 bat die Klägerin den Beklagten um Klärung der Frage, ob ihre Anlagen nach Nr. 7.34.2 des Anhangs 1 der 4. BImSchV in Verbindung mit der Übergangsvorschrift des § 67 Abs. 2 BImSchG einer Anzeigepflicht unterliegen. Der Beklagte bejahte eine Anzeigepflicht. Das Verwaltungsgericht wies die hiergegen gerichtete Feststellungsklage ab.

3 Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen: Soweit in den Anlagen der Klägerin Süßgetränke produziert würden, bestehe eine Anzeigepflicht. Das Nahrungsmittelerzeugnis müsse nicht ausschließlich aus pflanzlichen Rohstoffen ohne jedweden Zusatz anderer Stoffe hergestellt werden. Das Vermischen von Mineralwasser mit Zusatzstoffen sei Herstellung im Sinne des Unionsrechts, jedenfalls aber im Sinne des nationalen Rechts.

4 Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts hat die Klägerin Revision eingelegt, zu deren Begründung sie vorträgt: Der Vorgang, bei dem die pflanzlichen Zusatzstoffe in ihren Anlagen in den Wasserstrom eingebracht würden, sei ein bloßer Transport-, Abfüll- und - letztlich - Verpackungsvorgang, nicht aber eine Herstellung im Sinne von Nr. 7.34.2 des Anhangs 1 der 4. BImSchV. Zudem müsse die Herstellung "ausschließlich" - also alleinig - aus pflanzlichen Rohstoffen erfolgen. Die von der Klägerin produzierten Süßgetränke bestünden zum überwiegenden Teil aus Wasser. Darüber hinaus komme es unionsrechtlich darauf an, dass der pflanzliche Rohstoff eine "Behandlung und Verarbeitung" erfahre. Dies setze eine Einwirkung auf den Rohstoff in qualifizierter Form voraus, woran es hier fehle. Zudem bestehe mangels Umweltrelevanz keine Überwachungsbedürftigkeit der Anlagen.

5 Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung der Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 28. August 2019 und des Verwaltungsgerichts Trier vom 20. November 2018 festzustellen, dass für ihre Abfüllanlage keine Anzeigepflicht nach § 67 Abs. 2 BImSchG besteht.

6 Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7 Er verteidigt das angegriffene Urteil.

II

8 Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO). Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einem Verstoß gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO).

9 Die Anlagen der Klägerin unterliegen nach § 67 Abs. 2 Satz 1 BImSchG und § 1 Abs. 1 Satz 1 der Vierten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV) i.d.F. der Bekanntmachung vom 31. Mai 2017 (BGBl. I S. 1440), geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 12. Januar 2021 (BGBl. I S. 69), i.V.m. Anhang 1 Nr. 7.34.2 der 4. BImSchV einer Anzeigepflicht.

10 1. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Nr. 7.34.2 des Anhangs 1 der 4. BImSchV bedürfen die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Herstellung von sonstigen - nicht einem spezielleren Tatbestand unterfallenden - Nahrungs- oder Futtermittelerzeugnissen aus ausschließlich pflanzlichen Rohstoffen mit einer Produktionskapazität von 300 Tonnen Fertigerzeugnissen oder mehr je Tag einer Genehmigung. Anlagen, die seit Inkrafttreten dieser mit Artikel 1 der Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie über Industrieemissionen, zur Änderung der Verordnung über Immissionsschutz- und Störfallbeauftragte und zum Erlass einer Bekanntgabeverordnung vom 2. Mai 2013 (BGBl. I S. 973) eingeführten Regelung bereits errichtet waren, unterliegen nach der Übergangsvorschrift des § 67 Abs. 2 Satz 1 BImSchG einer Anzeigepflicht.

11 Nr. 7.34.2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV setzt Nr. 6.4 Buchst. b Ziffer ii des Anhangs I zu Art. 10 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (ABl. L 334 S. 17) - IE-RL - um (vgl. BT-Drs. 14/4599 S. 136). Dem Tatbestand nach Nr. 6.4 Buchst. b Ziffer ii des Anhangs I zu Art. 10 IE-RL unterliegen - soweit hier einschlägig - die Behandlung und Verarbeitung, mit alleiniger Ausnahme der Verpackung, ausschließlich pflanzlicher Rohstoffe, unabhängig davon, ob sie zuvor verarbeitet wurden oder nicht, zur Herstellung von Nahrungsmitteln mit einer Produktionskapazität von mehr als 300 Tonnen Fertigerzeugnissen pro Tag.

12 Die Anlagen der Klägerin unterfallen - wie vom Oberverwaltungsgericht zu Recht festgestellt - sowohl dem Tatbestand nach Nr. 7.34.2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV als auch nach Nr. 6.4 Buchst. b Ziffer ii des Anhangs I zu Art. 10 IE-RL. Da die Anlagen bereits vor Mai 2013 bestanden, unterliegen diese jedoch keiner Genehmigungspflicht, sondern (lediglich) der Anzeigepflicht für Altanlagen nach § 67 Abs. 2 Satz 1 BImSchG. Die von der Klägerin in der Revision vorgebrachten Einwände gegen die Tatbestandsmäßigkeit ihrer Anlagen greifen nicht durch.

13 2. Die Klägerin wendet ein, die in Nr. 7.34.2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV formulierte Beschränkung auf die Verwendung von "ausschließlich pflanzlichen Rohstoffen" führe dazu, dass eine Genehmigungsbedürftigkeit nicht gegeben sei, wenn das hergestellte Erzeugnis neben pflanzlichen Rohstoffen auch nicht-pflanzliche Rohstoffe enthalte. Dies sei vorliegend der Fall; das in Rede stehende Getränk bestehe zu etwa 85 Prozent aus Wasser.

14 Diese vom Wortlaut allein der Einzelbestimmung nach Nr. 7.34.2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV ausgehende Betrachtungsweise greift zu kurz. Die als Auffangvorschrift (vgl. BT-Drs. 14/4599 S. 136) konzipierte Regelung in Nr. 7.34 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV unterwirft einerseits "Anlagen zur Herstellung von sonstigen Nahrungs- oder Futtermittelerzeugnissen aus tierischen Rohstoffen, allein, ausgenommen bei Verarbeitung von ausschließlich Milch, oder mit pflanzlichen Rohstoffen mit einer Produktionskapazität von P Tonnen Fertigerzeugnissen oder mehr je Tag gemäß Mischungsregel" (Nr. 7.34.1) sowie andererseits aus "ausschließlich pflanzlichen Rohstoffen mit einer Produktionskapazität von 300 Tonnen Fertigerzeugnissen oder mehr je Tag" (Nr. 7.34.2) einer Genehmigungspflicht.

15 Nach Nr. 7.34 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV unterliegen mithin Anlagen zur Herstellung von Nahrungsmittelerzeugnissen aus - erstens - tierischen Rohstoffen, aus - zweitens - tierischen und pflanzlichen Rohstoffen und aus - drittens - pflanzlichen Rohstoffen einer Genehmigungspflicht. Eine an die Rohstoffzusammensetzung anknüpfende Differenzierung erfolgt hierbei (nur) insoweit, als hinsichtlich von Nahrungsmittelerzeugnissen aus pflanzlichen Rohstoffen - also ohne einen Anteil an tierischen Rohstoffen - für eine Genehmigungspflicht andere mengenmäßige Voraussetzungen gelten als für Nahrungsmittelerzeugnisse aus tierischen Rohstoffen oder aus sowohl tierischen als auch pflanzlichen Rohstoffen. (Allein) im Kontext dieser unterschiedlich geregelten Kapazitätsschwellen steht - bei der gebotenen systematischen Betrachtung - die Verwendung des Wortes "ausschließlich" in Nr. 7.34.2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV. Eine Aussage hinsichtlich der Gesamtzusammensetzung des jeweiligen Nahrungsmittelerzeugnisses - etwa im Sinne eines Ausschlusses von Wasser oder mineralischen Bestandteilen - ergibt sich hieraus demgegenüber nicht.

16 Eine isolierte Auslegung des Wortlauts von Nr. 7.34.2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV erscheint auch nach Sinn und Zweck der Regelung als ausgeschlossen. Zu Recht gesteht die Klägerin selbst zu, dass angesichts der vielfältigen Verwendung von Trinkwasser oder Mineralien (z.B. Speisesalz) bei der Nahrungsmittelproduktion nicht jeglicher Zusatz solcher Stoffe dazu führen kann, Anlagen aus dem Anwendungsbereich der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen auszuklammern. Die Regelung liefe sonst weitgehend leer. Hinzu kommt, dass in Nr. 7.34 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV keinerlei Kriterien dafür angelegt sind, bis zu welchem Anteil nicht pflanzlicher Rohstoffe in einem Nahrungsmittelerzeugnis die Tatbestandsmäßigkeit bei dem von der Klägerin für richtig erachteten Verständnis des Ausschließlichkeitskriteriums (noch) bejaht werden könnte.

17 Schließlich ist auch unter Berücksichtigung des diesbezüglichen Vorbringens der Klägerin nicht erkennbar, dass mit Rücksicht auf die Entstehungsgeschichte der dem Tatbestand nach Nr. 7.34 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV zugrunde liegenden Regelung in Nr. 6.4 Buchst. b des Anhangs I zu Art. 10 IE-RL im Allgemeinen sowie des auch dort verwendeten Begriffs "ausschließlich" im Besonderen eine Auslegung im Sinne der Klägerin geboten sein könnte. Die Systematik der Nr. 6.4 Buchst. b des Anhangs I zu Art. 10 IE-RL bestätigt vielmehr, dass es insoweit mit Blick auf die Maßgeblichkeit jeweils unterschiedlicher Kapazitätsschwellen um die gegenseitige Abgrenzung von der Richtlinie erfasster Tätigkeiten in Abhängigkeit davon geht, ob dabei "ausschließlich tierische Rohstoffe (mit alleiniger Ausnahme von Milch)" (Ziffer i), "ausschließlich pflanzliche Rohstoffe" (Ziffer ii) oder "tierische und pflanzliche Rohstoffe sowohl in Mischerzeugnissen als auch in ungemischten Erzeugnissen" (Ziffer iii) zur Herstellung von Nahrungsmitteln behandelt oder verarbeitet werden.

18 3. Weiter wendet die Klägerin ein, dass jedenfalls der Tatbestand nach Nr. 6.4 Buchst. b Ziffer ii des Anhangs I zu Art. 10 IE-RL nur erfüllt sei, wenn die zur Herstellung von Nahrungsmitteln verwendeten Rohstoffe tierischen oder pflanzlichen Ursprungs unmittelbarer Gegenstand einer "Behandlung oder Verarbeitung" seien. Aus diesem tätigkeitsbezogenen Ansatz der IE-Richtlinie ergebe sich, dass eine Einwirkung auf den Rohstoff und eine dadurch bewirkte Veränderung des Rohstoffes im Vordergrund stehen müsse. In der Anlage der Klägerin finde jedoch weder eine Behandlung noch eine Verarbeitung des dem Mineralwasser beigegebenen pflanzlichen Zusatzstoffes statt; es handele sich um einen bloßen Abfüllvorgang.

19 a) Zutreffend am Ansatz der Klägerin ist, dass in Nr. 6.4 Buchst. b des Anhangs I zu Art. 10 der IE-RL von "Behandlung und Verarbeitung" von Rohstoffen zur Herstellung von Nahrungsmitteln die Rede ist, wohingegen dieses Begriffspaar, das in der IE-Richtlinie nicht definiert wird, in Nr. 7.34 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV nicht enthalten ist. Ein materieller Unterschied zwischen der Richtlinienbestimmung nach Nr. 6.4 Buchst. b des Anhangs I zu Art. 10 IE-RL und der nationalen Regelung zu deren Umsetzung nach Nr. 7.34 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV ergibt sich aus dieser Abweichung in den Formulierungen jedoch nicht. Die Verwendung der Begriffe der "Behandlung und Verarbeitung" in Nr. 6.4 Buchst. b des Anhangs I zu Art. 10 IE-RL bewirken entgegen der Auffassung der Klägerin nicht, dass der Tatbestand der Richtlinie eine Einwirkung auf die zur Herstellung von Nahrungsmitteln eingesetzten Rohstoffe in - wie die Klägerin meint - qualifizierter Form voraussetzt. Vielmehr ergibt sich aus der ebenfalls enthaltenen Einschränkung, wonach vom Tatbestand der Nr. 6.4 Buchst. b des Anhangs I zu Art. 10 IE-RL die Behandlung und Verarbeitung der Rohstoffe "mit alleiniger Ausnahme der Verpackung" umfasst wird, dass der Richtliniengeber von einem (sehr) weiten Verständnis der "Behandlung und Verarbeitung" ausgeht, das an sich (sogar) den reinen Verpackungsvorgang umfasst; andernfalls bedürfte es der ausdrücklich formulierten Ausnahme hinsichtlich der Verpackung nicht. Dem Tatbestandsmerkmal der "Behandlung und Verarbeitung" im Sinne der IE-Richtlinie genügt mithin jegliche der Herstellung eines Nahrungsmittels dienende Einwirkung auf den Rohstoff, so dass sich aus Nr. 6.4 Buchst. b des Anhangs I zu Art. 10 IE-RL insoweit keine Einschränkungen gegenüber Nr. 7.34 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV ergeben.

20 b) Der Begriff der "Herstellung" von Nahrungsmitteln bzw. Nahrungsmittelerzeugnissen wird weder in der IE-Richtlinie noch in der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen definiert. Im Einklang mit dem allgemeinen Sprachgebrauch kann zur Begriffsbestimmung darauf zurückgegriffen werden, dass im Immissionsschutzrecht jede Tätigkeit als Herstellen angesehen wird, die unmittelbar der Gewinnung, Wiedergewinnung oder Erzeugung von Stoffen, Erzeugnissen, Anlagen oder Anlagenteilen dient (vgl. Jarass, BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 34 Rn. 5 m.w.N.). Einem weiten Begriffsverständnis des "Herstellens" folgt auch das zu dem Anlagentyp nach Nr. 7.34 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV sachnahe Lebensmittelrecht. Nach § 3 Nr. 2 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuchs i.d.F. der Bekanntmachung vom 3. Juni 2013 (BGBl. I S. 1426), zuletzt geändert durch Art. 97 Abs. 5 des Gesetzes vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328), - LFGB - umfasst das Herstellen, das Gewinnen, das Zubereiten, das Be- und Verarbeiten und das Mischen. Für ein mit Blick auf die IE-Richtlinie engeres Begriffsverständnis gibt es keine Anhaltspunkte.

21 Hiernach stellt die in den Anlagen der Klägerin stattfindende Beimengung von pflanzlichen Zusatzstoffen zu ihren Mineralwässern - die zu einer Vermischung der pflanzlichen Rohstoffe mit dem Wasser führt - eine Verarbeitung zur Herstellung eines Nahrungsmittels bzw. Nahrungsmittelerzeugnisses, nämlich eines Süßgetränks, dar.

22 4. Schließlich kann auch der Einwand der Klägerin, mangels Umweltrelevanz bestehe keine immissionsschutzrechtliche Überwachungsbedürftigkeit ihrer Anlagen, die Anwendbarkeit von § 1 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Anhang 1 Nr. 7.34.2 der 4. BImSchV nicht ausschließen.

23 a) Die Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen bestimmt den Kreis der Anlagen, die in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG). Welche Anlagen hierunter fallen, unterliegt der generalisierenden und typisierenden Beurteilung durch den Verordnungsgeber (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 3 BImSchG). Maßgebend ist dabei das abstrakte Gefährdungspotential des Anlagentyps. Dieses wird bestimmt von den Emissionen, die von Anlagen typischerweise ausgehen. Das im Anhang 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen für die Genehmigungsbedürftigkeit vielfach herangezogene Merkmal der Leistungsgrenze dient dazu, solche Anlagen der Genehmigungspflicht zu unterwerfen, die nach den Kriterien des § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG immissionsrelevant sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2007 - 7 C 41.07 - Buchholz 406.25 § 4 BImSchG Nr. 13 Rn. 20). Dies gilt auch hinsichtlich der hier einschlägigen Nr. 7.34.2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV, die auf eine Kapazitätsgrenze von mindestens 300 Tonnen Fertigerzeugnissen pro Tag und damit auf eine Produktionsmenge in einer Größenordnung abstellt, bei der - unter notwendig generalisierender und typisierender Betrachtung - auch bei (überwiegender) Verwendung nicht-pflanzlicher Rohstoffe (wie etwa Mineralwasser) zugleich pflanzliche Rohstoffe in für den Schutzzweck der immissionsschutzrechtlichen Bestimmungen relevanten Mengen eingesetzt werden.

24 b) Für eine Atypik des Sachverhalts oder für einen denkbaren Bagatellfall ist auf der Grundlage der mit keiner Verfahrensrüge angegriffenen, für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO) nichts ersichtlich. Danach liegt die maximale Produktionskapazität der Anlagen der Klägerin für die Süßgetränkeherstellung bei etwa 720 Tonnen pro Tag, wobei dann täglich etwa 108 Tonnen Zusatzstoffe auf pflanzlicher Basis hinzugefügt werden. Schon in Anbetracht des Umgangs mit einer derartigen Menge an pflanzlichen Rohstoffen ist die nach Nr. 7.34 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV typisierend angenommene Umweltrelevanz auch für den konkreten Einzelfall zu bejahen. Weiter hat das Oberverwaltungsgericht festgestellt, auch die Klägerin habe nicht in Abrede gestellt, dass der von ihr betriebene Anlagentyp potentiell schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen könne. Zudem spiele bezogen auf die Anlagen der Klägerin der Aspekt eine Rolle, den Verbrauch von Wasser und Energie - etwa auch bei der Kühlung - zu reduzieren sowie den Anfall von Abfällen zu vermindern. Weiterhin solle der bei der Reinigung der Anlagen entstehende Abwasseranfall durch analytische Mess- und Kontrollverfahren verringert werden.

25 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.