Beschluss vom 18.03.2025 -
BVerwG 10 VR 1.25ECLI:DE:BVerwG:2025:180325B10VR1.25.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 18.03.2025 - 10 VR 1.25 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:180325B10VR1.25.0]
Beschluss
BVerwG 10 VR 1.25
In der Verwaltungsstreitsache hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. März 2025
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Rublack,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Löffelbein und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Bähr
beschlossen:
- Der Antrag wird abgelehnt.
- Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
- Der Wert des Streitgegenstands wird auf 5 000 € festgesetzt.
Gründe
I
1 Der Antragsteller ist Redakteur einer Tageszeitung. Er begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung Auskünfte vom Bundesnachrichtendienst (BND), die sich auf zukünftige Hintergrundgespräche beziehen. Darüber hinaus möchte er Zugang zu diesen Gesprächen.
2 Der Antragsteller hat sein Begehren am 13. Januar 2025 und - näher ausgeführt - am 3. Februar 2025 der Antragsgegnerin übermittelt. Seinen Anliegen wurde nicht entsprochen.
3
Der Antragsteller beantragt,
der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung aufzugeben,
den Antragsteller vorab über den jeweiligen Termin (Datum, Uhrzeit, Ort) der vom BND im Jahr 2025 organisierten Hintergrundgespräche mit mehreren Teilnehmern zeitgleich mit den für eine Teilnahme vom BND ausgewählten Medienvertretern zu informieren, dem Antragsteller Zugang zu den unter 1) bezeichneten Hintergrundgesprächen zu verschaffen.
4
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
5 Sie macht geltend, der Antrag sei bereits unzulässig. Darüber hinaus sei weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
II
6 1. Das Bundesverwaltungsgericht ist gemäß § 123 Abs. 2 i. V. m. § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO für die Entscheidung über den Antrag zuständig.
7 2. Der Antrag ist unzulässig. Soweit der Antragsteller unter Berufung auf den verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch von Presseangehörigen begehrt, vorab Informationen über vom BND zukünftig veranstaltete Hintergrundgespräche zu erlangen, ist er auf die Gewährung vorläufigen vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtet, ohne dass das insoweit erforderliche qualifizierte Rechtsschutzinteresse vorliegt (hierzu a). Soweit der Antragsteller darüber hinaus begehrt, ihm Zugang zu zukünftig stattfindenden Hintergrundgesprächen zu gewähren, fehlt es bereits an einer Antragsbefugnis (hierzu b).
8 a) Der Antragsteller kann sich für sein Informationsbegehren dem Grunde nach auf den verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch von Presseangehörigen (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) berufen, aufgrund dessen er auf hinreichend bestimmte Fragen Auskünfte verlangen kann, soweit die entsprechenden Informationen bei der Behörde vorhanden sind und schutzwürdige Interessen öffentlicher Stellen oder Privater an der Vertraulichkeit nicht entgegenstehen (stRspr; vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. September 2024 - 10 VR 1.24 - NVwZ 2024, 1773 Rn. 20 m. w. N.).
9 Das Begehren des Antragstellers richtet sich jedoch nicht auf den Zugang zu gegenwärtig bereits vorhandenen Informationen zu Hintergrundgesprächen, die stattgefunden haben, sondern auf die Erlangung von Informationen über von der Antragsgegnerin zukünftig organisierte Hintergrundgespräche. Insoweit begehrt der Antragsteller vorbeugenden Rechtsschutz.
10 Verwaltungsrechtsschutz ist grundsätzlich nachgängiger Rechtsschutz. Das folgt aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, der der Gerichtsbarkeit nur die Kontrolle der Verwaltungstätigkeit aufträgt, ihr aber grundsätzlich nicht gestattet, bereits im Vorhinein gebietend oder verbietend in den Bereich der Verwaltung einzugreifen. Die Verwaltungsgerichtsordnung stellt darum ein System nachgängigen - gegebenenfalls einstweiligen - Rechtsschutzes bereit und geht davon aus, dass dieses zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) grundsätzlich ausreicht. Vorbeugende Klagen - und gegebenenfalls Eilanträge - sind daher nur zulässig, wenn ein besonderes schützenswertes Interesse gerade an der Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes besteht, wenn mit anderen Worten der Verweis auf den nachgängigen Rechtsschutz - einschließlich des einstweiligen Rechtsschutzes - mit unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre (stRspr; vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 - 3 C 35.07 - BVerwGE 132, 64 Rn. 26 m. w. N.; vgl. auch Urteil vom 9. November 2023 - 10 A 3.23 - NVwZ 2024, 177 Rn. 13). Die Zulässigkeit vorbeugenden Rechtsschutzes setzt mithin ein qualifiziertes, auf die Inanspruchnahme gerade vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzinteresse voraus (BVerwG, Gerichtsbescheid vom 9. Juli 2020 - 7 A 1.20 - juris Rn. 10 m. w. N.).
11 Ein derartiges qualifiziertes Rechtsschutzinteresse des Antragstellers ist nicht ersichtlich. Der Antragsteller kann auf nachgängigen Rechtsschutz verwiesen werden, ohne dass dies mit unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre. Er recherchiert - wie von ihm dargelegt - im Zusammenhang einer von ihm angenommenen selektiven Informationsvermittlung des BND. Dieses Rechercheziel wird nicht verfehlt, wenn der Antragsteller auf einen nachgängigen gerichtlichen Rechtsschutz zur Erlangung von Informationen über Hintergrundgespräche verwiesen wird, die jeweils bereits stattgefunden haben und zu denen Informationen beim BND vorhanden sind. Die Zumutbarkeit nachgängigen Rechtsschutzes ergibt sich auch vor dem Hintergrund, dass die erbetenen Auskünfte organisatorische und nicht inhaltliche Fragen der Pressearbeit des BND betreffen, hinsichtlich derer auch kein gesteigertes öffentliches Interesse erkennbar ist (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 13. Februar 2025 - 10 VR 2.25 - juris Rn. 9).
12 b) Soweit der Antragsteller darüber hinaus begehrt, ihm persönlichen Zugang zu zukünftig stattfindenden Hintergrundgesprächen zu gewähren, fehlt es - ungeachtet des auch insoweit vorbeugenden Charakters des Rechtsschutzbegehrens - bereits an der entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO erforderlichen Antragsbefugnis. Ein subjektives Recht des Antragstellers auf persönlichen Zugang zu Hintergrundgesprächen des BND mit Dritten ist mangels Rechtsgrundlage nicht ersichtlich. Der verfassungsunmittelbare presserechtliche Auskunftsanspruch, auf den sich der Antragsteller hinsichtlich seines Begehrens zu 1) dem Grunde nach zutreffend stützt, richtet sich auf den Zugang zu beim Anspruchsverpflichteten vorhandenen Informationen und begründet nicht das Recht auf eine persönliche Teilhabe an einer Veranstaltung, die der Anspruchsverpflichtete (zukünftig) durchführt. Der Auskunftsanspruch verpflichtet die Behörde bei Vorliegen aller Anspruchsvoraussetzungen dazu, begehrte Informationen zur Verfügung zu stellen. Er berechtigt den Anspruchsinhaber jedoch nicht dazu, Informationen innerhalb der behördlichen Sphäre - etwa im Rahmen eigener Anschauung vor Ort - selbst zu erheben. Ein derartiger Anspruch ergibt sich auch nicht mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG.
13 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
14 Die Entscheidung über den Wert des Streitgegenstands beruht auf § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Von der regelmäßigen Halbierung dieses Werts im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde abgesehen, weil der Antragsteller der Sache nach eine Vorwegnahme der Hauptsache begehrt.