Beschluss vom 18.11.2003 -
BVerwG 2 WDB 2.03ECLI:DE:BVerwG:2003:181103B2WDB2.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 18.11.2003 - 2 WDB 2.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:181103B2WDB2.03.0]

Beschluss

BVerwG 2 WDB 2.03

In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Pietzner,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Widmaier,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth
am 18. November 2003
b e s c h l o s s e n :

  1. Die Beschwerde des Soldaten gegen den Beschluss der ... Kammer des Truppendienstgerichts ... vom 24. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Gründe

I

Der knapp 27 Jahre alte Soldat trat am 5. Januar 1998 in die Bundeswehr ein und ist Soldat auf Zeit. Das voraussichtliche Dienstzeitende ist auf den 5. Januar 2006 festgelegt. Ab dem 1. Oktober 1999 gehörte er der Deutschen Stabs- und Versorgungskompanie im NATO-Hauptquartier ... in B. an. Aufgrund der Vorfälle, die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind, wurde er mit Wirkung vom 1. April 2003 zur .../Stabs- und Fernmelderegiment (St/FmRgt) ... in K. versetzt.

Mit Verfügung des Amtschefs Streitkräfteamt vom 10. März 2003, die ihm am selben Tag durch Aushändigung zugestellt wurde, wurde ein gerichtliches Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet. In der Einleitungsverfügung wird zur Begründung ausgeführt, der Soldat sei hinreichend verdächtig, seine Dienstpflichten in folgenden Punkten verletzt zu haben:

„1. Sie haben sich am 23. Februar 2003 gegen 00.15 Uhr in Koblenz einer allgemeinen Fahrzeug- und Personenkontrolle mit Ihrem Pkw durch Flucht entzogen, bis Sie auf der Höhe der Beatusstraße durch die Schutzpolizei gestellt wurden. Bei der anschließenden Überprüfung Ihrer Person und Ihres Fahrzeugs wurden zwei Handfeuerwaffen, ein EA Browning Arms Company Morgan Utah Montreal 9 mm x 19 NATO mit zwei Magazinen (Waffen-Nr. 245 PN 01787) und ein Trommelrevolver, sechsschüssig, Smith & Wesson 357 Magnum, Modell 586 (Waffen-Nr. ADZ 1380), nebst Munition, die Sie ohne eine Erlaubnis nach den §§ 10 ff. Waffengesetz in Besitz hatten, sowie diverse Compact-Disc mit rechtsextremistischem Inhalt aufgefunden.

2. Bei der am 23. Februar 2003 in .../B. in Ihrer Unterkunft im Gebäude 312, Stube 228, sowie in Ihrem Dienstzimmer im Gebäude 101, Office H-205, durchgeführten Durchsuchung wurde umfangreiches rechtsextremistisches Material aufgefunden und beschlagnahmt. Darunter befanden sich Bilder und Tonträger mit verfassungswidrigen und im Inland gemäß § 86 a StGB unter Strafe gestellten Kennzeichen, so eine Bilddatei nebst Ausdruck, die ein Hakenkreuz zeigen, und eine Compact Disc, die als mp3-Musikdateien u.a. das ‚Horst-Wessel-Lied’ in zwei verschiedenen Versionen enthält.“

Ferner enthob der Amtschef Streitkräfteamt mit dieser Verfügung gemäß § 126 Abs. 1 Satz 1 und 2 WDO den Soldaten „wegen Eigenart und Schwere dieses Dienstvergehens und der daraus resultierenden ernsthaften Gefährdung der militärischen Sicherheit und Ordnung“ vorläufig des Dienstes und verbot ihm, Uniform zu tragen. Ferner ordnete er gemäß § 126 Abs. 2 Satz 1 WDO an, dass die Hälfte der Dienstbezüge des Soldaten ab 1. April 2003 einbehalten wird.

Zuvor war der Soldat am 10. März 2003 durch den Wehrdisziplinaranwalt zu der beabsichtigten Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens angehört worden.

Strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen den Soldaten wurden von der Staatsanwaltschaft Koblenz (Az: 2010 Js 13766/03) und der Staatsanwaltschaft M./B. (Az: .../03) eingeleitet, die bislang noch nicht abgeschlossen sind.

Mit Schreiben vom 1. Mai 2003 hat der Verteidiger des Soldaten die Aufhebung der Dienstenthebung, des Uniformverbots und der Einbehaltung von Dienstbezügen beantragt. Diese Entscheidungen seien ungerechtfertigt und in jedem Falle unverhältnismäßig. Die Fahrzeug- und Personenkontrolle des Soldaten durch die Polizei am 23. Februar 2003 in Koblenz sei vom Gesetz nicht gedeckt gewesen. Die Polizeibeamten hätten ihn rechtswidrig mit ihrem Fahrzeug verfolgt und vorsätzlich einen Verkehrsunfall mit Personenschaden verursacht, indem sie den Soldaten anfuhren, sodass er zu Boden gestürzt sei und sich den Fuß verletzt habe. Es sei ihm dann zwar gelungen, noch eine kurze Weile die rechtswidrige polizeiliche Verfolgung abzuwehren; er sei dann aber von einem der Polizisten eingeholt und so mit der Dienstwaffe auf den Kopf geschlagen worden, dass er eine lange Platzwunde erlitten habe. Die mit den Straftaten der Polizeibeamten erlangten Waffenfunde seien daher gegen den Soldaten nicht verwertbar, was sich aus § 136 a StPO analog ergebe. Der Vorwurf, er habe „rechtsextremistisches Material“ besessen, in dem sich „Bilder und Tonträger mit verfassungswidrigen Kennzeichen“ befunden hätten, beinhalte kein Dienstvergehen. Denn er habe nicht beabsichtigt, dieses Material zu verbreiten oder zu verwenden, was allein strafbar sei. Die Straflosigkeit seines Verhaltens folge auch daraus, dass er an diesem Material im Sinne des § 86 Abs. 3 StGB ein zeitgeschichtliches Interesse habe. Die in der Einleitungsverfügung zitierten Bestimmungen aus dem Soldatengesetz (§ 23 Abs. 1, § 8, § 11 Abs. 1 Satz 2, § 17 Abs. 2 Satz 1 und § 10 Abs. 1 SG) seien wegen ihrer Unbestimmtheit verfassungswidrig, wenn sie zu Strafzwecken oder Ähnlichem benutzt würden. Die Verfolgung wegen des Besitzes des „Horst-Wessel- Liedes“, das im Vergleich mit der französischen Nationalhymne ein „Wiegenlied“ sei, sei eine Diskriminierung im Sinne des Art. 14 EMRK sowie eine Verletzung seines Rechts auf Privatleben (Art. 8 Abs. 1 EMRK), auf Gedankenfreiheit (Art. 9 Abs. 1 EMRK) und auf Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 10 Abs. 1 EMRK). Es dürfe nicht von dem „Zufallsergebnis des jeweils letzten Waffenganges zwischen den Völkern abhängig sein, ob ein Soldat sich mit den Ereignissen der jüngsten Vergangenheit selbstbestimmt zu beschäftigen das Recht habe“. Die „gesinnungsschnüffelnden und -bestrafenden Vorgesetzten mit ihren angeblichen Vorschriften über Rechtsextremismus pp.“ seien gehalten, von jeder Bestrafung Abstand zu nehmen, die besagten Vorschriften dem Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG vorzulegen und diese bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in verfassungskonformer Auslegung wie nicht erlassene zu behandeln.

Mit Bescheid vom 12. Mai 2003 wies der Amtschef ... diesen Antrag zurück. Er führte aus, auch nach erneuter Prüfung der Sach- und Rechtslage sei davon auszugehen, dass das Dienstvergehen des Soldaten so schwerwiegend sei, dass voraussichtlich auf die disziplinare Höchstmaßnahme erkannt werde. Dies verbiete eine Korrektur der ergangenen Anordnungen.

Daraufhin hat der Soldat mit Schriftsatz vom 19. Mai 2003, eingegangen am 20. Mai 2003, die Entscheidung des Truppendienstgerichts beantragt. Zur Begründung hat er durch seinen Verteidiger vortragen lassen, der Bescheid des Amtschefs ... sei rechtswidrig, da er den Soldaten „nicht besser stelle als einen Leibeigenen unter seinem Feudalherrn“. Der Bescheid gehe auf die im Antrag vom 1. Mai 2003 dargelegten Gründe nur formal ein und setze sich damit nicht auseinander. Die beim Soldaten „gefundenen und geraubten Waffen“ seien weder straf- noch disziplinarrechtlich gegen diesen verwertbar. Es sei ein anerkannter Grundsatz des öffentlichen Rechts, dass der Bürger belastende Maßnahmen staatlicher Organe nur insoweit zu dulden brauche, wie diese sich innerhalb von Recht und Gesetz bewegten. Unabhängig davon sei er als Soldat zum Tragen von Waffen berechtigt gewesen, was sich aus jedem Truppenausweis ergebe. Die Strafvorschriften des Waffengesetzes seien für Soldaten überhaupt nicht anwendbar. Sein Mandant habe nur einen falschen Waffentyp getragen, wofür eine „OWi-Ahndung oder eine einfache Disziplinarmaßnahme ausreiche. Was „rechtsextremistisch“ sei, könne der „SKA-Chef“ selbst nicht definieren, also auch nicht „untergebenenbelastend“ feststellen; die „Abwertung“ des mit der Antragsschrift überreichten und dies belegenden Aktenvermerks des Verteidigers vom 5. März 2002 durch den „SKA-Chef“ werde als „Versuch eines Ertappten zurückgewiesen, die Stagnation, Irrationalität und Lächerlichkeit der systematischen verfassungswidrigen Gesinnungsdiktatur Deutschland aus der Betrachtung der Rechtslage herauszuhalten“.

Das Truppendienstgericht hat mit Beschluss vom 24. Juni 2003 den Antrag des Soldaten vom 19. Mai 2003 zurückgewiesen, die durch den Amtschef ... am 10. März 2003 getroffenen Nebenentscheidungen gemäß § 126 WDO und dessen Bescheid vom 12. Mai 2003 aufzuheben. In der Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Die vorläufige Dienstenthebung und das Uniformtrageverbot knüpften allein an die Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens an. Die Voraussetzungen seien hier erfüllt. Auch die gesetzliche Voraussetzung für die teilweise Einbehaltung von Dienstbezügen sei gegeben, da bei summarischer Prüfung zu prognostizieren sei, dass dem Soldaten nicht nur ein mit Strafe bedrohter Verstoß gegen das Waffengesetz anzulasten sei, der sich dienstrechtlich als eine Verletzung der Verpflichtung zum außerdienstlichen Wohlverhalten (§ 17 Abs. 2 Satz 2 SG) darstelle, sondern dass er Ton- und Bildträger, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richteten bzw. Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen darstellten oder enthielten, entgegen dem in Nr. 311 ZDv 10/5 erteilten Verbot in Diensträume eingebracht habe, wodurch er seine soldatischen Pflichten zum Eintreten für die demokratische Grundordnung (§ 8 SG), zum Gehorsam (§ 11 Abs. 1 SG) sowie zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG) vorsätzlich verletzt habe. Dies stelle insgesamt ein Dienstvergehen gemäß § 23 Abs. 1 SG dar, für das der Soldat gemäß § 10 Abs. 1 SG verschärft zu haften habe und rechtfertige die Prognose, dass durch Urteil des Truppendienstgerichts auf Entfernung aus dem Dienstverhältnis erkannt werde. Deshalb sei die Anordnung des Amtschefs Streitkräfteamt über die hälftige Einbehaltung der Dienstbezüge des Soldaten nicht zu beanstanden. Allerdings verkenne die Kammer nicht, dass durch das in Nr. 311 ZDv 10/5 ausgesprochene Verbot zumindest für Soldaten, die zum Wohnen in der Gemeinschaftsunterkunft verpflichtet seien, oder - wie der Antragsteller - in einer solchen freiwillig wohnten, eine Einschränkung des Grundrechts auf Informationsfreiheit (Art. 5 Abs.1 2. Halbsatz GG) vorgenommen werde, ohne dass dies durch Art. 17 a Abs. 1 GG abgedeckt sei. Auf die Verbindlichkeit der Regelung in der genannten Bestimmung der ZDv habe dies jedoch keinen Einfluss, da deren Beachtung nicht die Begehung einer Straftat erfordere.

Gegen diesen ihm am 4. Juli 2003 zugestellten Beschluss hat der Soldat am 16. Juli 2003 Beschwerde eingelegt und beantragt,

den Beschluss sowie die Nebenentscheidungen des Amtschefs des ... vom 10. März 2003 und den Bescheid vom 12. Mai 2003 aufzuheben.

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Der angefochtene Beschluss sei rechts- und verfassungswidrig und verletze ihn in seinen Grundrechten „auf Menschenwürde, Handlungsfreiheit, Gleichbehandlung, Meinungsfreiheit, Wesensgehalt der Grundrechte, Justizgewähr, Rechtsstaat, Volkshoheit, Gewaltentrennung, Rechts- und Gesetzesbindung von Verwaltung und Rechtsprechung, gesetzlichen Richter, rechtliches Gehör und Bestimmtheit von Strafvorschriften“. Er, der Soldat, habe seinen Beruf ergriffen, um die freiheitliche demokratische Grundordnung zu verteidigen, die „GG-gemäß“ bedeute, „getrennte persönliche Mehrheitswahl aller Abgeordneten, Beamten und Richter auf allen Ebenen, Gemeinde, Land, Bund, Europa, und nur auf Zeit unmittelbar durchs Volk, das auch über alle Sachfragen, wenn es will, letztentscheidend“ ist „wie in der Schweiz und den USA“. Da diese Voraussetzungen nicht erfüllt seien, könnten „Maßnahmen des derzeit realexistierenden Machtgebildes ... nur dann rechtmäßig sein, wenn sie bei hypothetischer Zugrundelegung GG-gemäßen Staatsaufbaus mit Sicherheit ebenfalls getroffen worden wären“. Das sei hier jedoch nicht der Fall. Die vom „...-Chef“ vorgenommene und von den Truppendienstrichtern W., R. und L. gebilligte Strafprognose nach summarischer Prüfung dürfe sich nicht auf einen unklaren Sachverhalt stützen, da der Soldat sonst einer unzulässigen menschenwürdewidrigen Verdachtsstrafe unterworfen sei. Er, der Soldat, habe zwar nicht dienstliche Waffen bei sich getragen; wegen der von ihm vorgetragenen Polizeiübergriffe verbiete „die deliktische staatliche Kenntniserlangung bezüglich dieses Waffenbesitzes die Verwertung desselben gegen den Betroffenen“. Außerdem „wäre auf ihn wegen seiner grundsätzlichen Waffentrageerlaubnis aufgrund seines Soldatenstatuts das WaffG nicht anwendbar, sodass höchstens ein leichtes Dienstvergehen vorlag, das darin bestanden haben könnte, die aus Sicht des ...-Chefs falschen Waffen getragen zu haben statt überhaupt Waffen“. Bei Zugrundelegung des „beschuldigtengünstigen Sachverhalts“ und bei Anwendung des Zweifelssatzes und der Unschuldsvermutung könne das Dienstvergehen nicht zur höchsten Disziplinarmaßnahme führen. Auch die vorläufige Dienstenthebung, die Einbehaltung von Bezügen und das Uniformtrageverbot seien rechtlich unzulässig. Denn bei rechtmäßiger Würdigung des Sachverhaltes habe weder ein disziplinargerichtliches Verfahren eingeleitet noch das Ermessen dahingehend ausgeübt werden dürfen, dass diese Maßnahmen verhängt würden.

Die „widerwärtigste Verletzung der Menschenwürde“ des Soldaten sei „die Inanspruchnahme der Begriffe, Mittel, Institutionen und Sanktionen des GG-Rechts-staats durch einen Nicht-GG-Rechtsstaat ohne Volkshoheit und ohne Gewaltentrennung, also die Verhöhnung des GG-Rechtsstaats durch seine Verräter zu Lasten des Betroffenen“. Die „nicht volkslegitimierten gewalteneinheitstyrannischen (Montesquieu) Truppendienstrichter“ maßten sich Befugnisse an, die die verfassungsmäßige Ordnung „nur für volkslegitimierte Richter in einem GG-Rechtsstaat mit Gewaltentrennung“ vorsehe. Die „Erzeugnisse verfassungswidriger Rechtsprechungsusurpatoren“ seien „als sittenwidrige Verwaltungsakte unmittelbar nichtig ex tunc und unwirksam ... und brauchten ... nicht geduldet zu werden“.

Der Vorwurf eines Dienstvergehen wegen Verstoßes gegen Nr. 311 ZDv 10/5 sei unabhängig von der Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung schon deshalb nicht haltbar, weil dieses Einbringeverbot nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt worden sei. Das Einbringen von Gegenständen gemäß Nr. 311 ZDv 10/5 behindere die Verteidigung im Sinne des Art. 87 a Abs. 1 Satz 1 GG nicht, fördere sie gegebenenfalls sogar. In der Wehrmacht sei „das Einbringen solcher Gegenstände ... nicht verboten, trotzdem“ hätten „die Soldaten der Wehrmacht nach dem Urteil nahezu aller nichtdeutschen Fachleute am besten und tapfersten gekämpft, bestätigt durch das Ergebnis einer internationalen Befragung durch die militärgeschichtliche Abteilung der israelischen Armee 1958“.

Das Einbringungsverbot in Nr. 311 ZDv 10/5 könne keinem dienstlichen Zweck dienen, sondern sei eine dienst- und verteidigungsfremde „politische Indoktrination ohne Rechtsgrundlage, um ein verfassungswidriges ... Willensbildungsmonopol der etablierten politischen Parteien auch im Bereich der Streitkräfte mit den dafür nicht verliehenen Mitteln der Befehls- und Kommandogewalt durchzusetzen“.

Wenn der Betroffene das unbestreitbare Recht habe, Waffen zu tragen, und wenn ihm nicht gesagt werde, welche Waffen er nicht tragen dürfe, so sei zu seinen Gunsten zu unterstellen, dass er alle tragen dürfe.

Der Vorsitzende der ... Kammer des Truppendienstgerichts ... hat der Beschwerde mit Beschluss vom 8. August 2003 nicht abgeholfen.

Der Bundeswehrdisziplinaranwalt hält die Beschwerde für zulässig, jedoch für nicht begründet.

II

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Sie ist zwar statthaft sowie form- und fristgerecht erhoben und mit Beschluss des Vorsitzenden der Truppendienstkammer vom 8. August 2003 dem Senat ohne Abhilfegewährung ordnungsgemäß zur Entscheidung vorgelegt worden (§ 114 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 WDO).

2. Das Begehren des Soldaten nach Aufhebung der von der Einleitungsbehörde getroffenen Anordnungen vom 10. März 2003 ist jedoch unbegründet. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die ausgesprochene vorläufige Dienstenthebung und das Uniformtrageverbot sowie die vorläufige Einbehaltung der Hälfte der Dienstbezüge liegen vor.

a) Nach § 126 Abs. 1 WDO kann die Einleitungsbehörde einen Soldaten vorläufig des Dienstes entheben, wenn das gerichtliche Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet wird oder eingeleitet worden ist; mit der vorläufigen Dienstenthebung kann - unter den gleichen Voraussetzungen - das Verbot, Uniform zu tragen, verbunden werden. Diese Anordnungen setzen demzufolge die rechtswirksame Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens gegen den Soldaten und eine pflichtgemäße Ermessensausübung der zuständigen Einleitungsbehörde voraus. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.

Die Verfügung vom 10. März 2003, durch die der Amtschef ... als zuständige Einleitungsbehörde gegen den Soldaten ein gerichtliches Disziplinarverfahren einleitete, ist gemäß § 93 Abs. 1 Satz 3 WDO mit ihrer am selben Tag erfolgten Aushändigung an den Soldaten rechtswirksam geworden. Vor Ergehen der Einleitungsverfügung ist der Soldat am 10. März 2003 durch den Wehrdisziplinaranwalt zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen und der beabsichtigten Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens angehört worden (§ 93 Abs. 1 Satz 2 WDO).

Die Anordnungen der vorläufigen Dienstenthebung und des Uniformtrageverbots lassen einen Ermessenfehler nicht erkennen. Ein solcher läge dann vor, wenn die Behörde sich nicht im Rahmen der ihr vom Gesetz erteilten Ermächtigung gehalten oder wenn sie von ihrem Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Die Ermessensausübung hält sich im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung, die diese Maßnahmen ausdrücklich vorsieht. Sie widerspricht auch nicht dem gesetzlichen Regelungssinn. Die vorläufige Dienstenthebung eines Soldaten im Zusammenhang mit einem gegen ihn eingeleiteten gerichtlichen Disziplinarverfahren hat - ebenso wie das Uniformtrageverbot - nach der gesetzlichen Regelung ersichtlich zum Ziel, einen Zustand vorübergehend zu ordnen, der endgültig erst aufgrund eines einen längeren Zeitraum beanspruchenden förmlichen Verfahrens geregelt wird, um dadurch Nachteile und Gefahren - insbesondere für die Disziplin und die Ordnung in den Streitkräften - abzuwehren oder zu verhindern, dass vollendete Tatsachen geschaffen werden, bevor die Endentscheidung ergeht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 1977 - 2 BvR 80/77 -, <BVerfGE 46, 17 ff. = NJW 1978, 152 = DÖV 1977, 274>; BVerwG, Beschluss vom 18. April 1991 - BVerwG 2 WDB 3.91 - <BVerwGE 93, 69 = DokBer B 1991, 289 m.w.N.>; Dau, WDO, 4. Aufl. 2003, § 126 RNr. 2). Die im pflichtgemäßen Ermessen der Einleitungsbehörde stehenden Anordnungen, für die allein disziplinare Gesichtspunkte maßgeblich sein dürfen, setzen einen besonderen rechtfertigenden Grund voraus; sie müssen im dienstlichen Interesse geboten sein und dem Verfassungsgebot der Verhältnismäßigkeit genügen. Das ist nur dann der Fall, wenn ohne sie der Dienstbetrieb durch den vom gerichtlichen Disziplinarverfahren Betroffenen empfindlich gestört oder in besonderem Maße gefährdet würde. Der Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit erfordert insbesondere, dass die Behörde dem Betroffenen mit ihrer Ermessenentscheidung keine Nachteile zufügt, die außer Verhältnis zu dem Interesse des Dienstherrn stehen, einen Soldaten, der eines schweren Dienstvergehens verdächtig ist, bis zur endgültigen Klärung dieses Vorwurfs von der Dienstausübung auszuschließen. Es bedarf deshalb regelmäßig einer sorgfältigen Abwägung zwischen dem Ausmaß der unmittelbaren Gefährdung oder Störung des Dienstbetriebes und der nachteiligen Auswirkungen und Belastungen für den Betroffenen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 1977 - 2 BvR 80/77 - <a.a.O.> und BVerwG, Beschluss vom 10. April 1992 - BVerwG 2 WDB 2.92 - m.w.N.).

Für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Anordnung im vorliegenden Verfahren kommt es mithin in erster Linie darauf an, ob bei einem Verbleiben des Soldaten im Dienst mit einer Störung oder jedenfalls Gefährdung der militärischen Ordnung und des Dienstbetriebs in seinem Verwendungsbereich zu rechnen ist, ob durch das in Rede stehende pflichtwidrige Verhalten das Ansehen der Bundeswehr so sehr beeinträchtigt worden ist oder wird, dass bei einem Verbleiben im Dienst ein schwerer, nicht wieder gutzumachender Schaden eintreten könnte, oder ob Sicherheitsinteressen der Bundeswehr berührt sind (Beschluss vom 10. April 1992 - BVerwG 2 WDB 2.92 - m.w.N.). Bei der gerichtlichen Entscheidung darüber, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Einleitungsbehörde erfüllt sind, muss auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgestellt werden (vgl. Beschluss vom 22. Juli 2002 - BVerwG 2 WDB 1.02 - <Buchholz 235.01 § 126 WDO Nr. 1 = NZWehrr 2003, 79 = DokBer 2003, 29 m. w. N.>).

Die Sachprüfung in diesem vorläufigen Verfahren gemäß § 126 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. § 114 Abs. 3 Satz 2 WDO, das durch einen ohne mündliche Verhandlung ergehenden Beschluss abgeschlossen wird, muss sich hinsichtlich der zu treffenden tatsächlichen Feststellungen seinem Wesen nach auf summarische Bewertungen und Wahrscheinlichkeitserwägungen beschränken (vgl. hier stRspr.: u.a. Beschlüsse vom 8. Januar 1991 - BVerwG 2 WDB 5.90 - <BVerwGE 93, 9 = NZWehrr 1991, 73 = ZBR 1991, 152, insoweit nicht veröffentlicht> m.w.N., vom 19. Oktober 1992 - BVerwG 2 WDB 10.92 - und vom 22. Juli 2002 - BVerwG 2 WDB 1.02 - <a.a.O.>). Für eingehende Beweiserhebungen ist nach der gesetzlichen Regelung kein Raum.

Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats kann sich ein hinreichend begründeter Verdacht für ein schwerwiegendes Fehlverhalten eines Soldaten bereits aus der Erhebung der öffentlichen Anklage in einem sachgleichen Strafverfahren (§ 170 StPO) oder aus der Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 203 StPO) ergeben. Auf diese Indizwirkung einer erhobenen oder gar zugelassenen Anklage kann im vorliegenden Falle jedoch nicht abgestellt werden. Denn die strafrechtlichen Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Koblenz und der Staatsanwaltschaft M./B. sind nach dem dem Senat aus den Akten bislang bekannten Sachstand noch nicht abgeschlossen. Demzufolge ist der Senat gehalten, anhand der ihm vorliegenden bisherigen Ermittlungsergebnisse unter Berücksichtigung der vorhandenen Beweismittel sowie von Rückschlüssen, die durch die allgemeine Lebenserfahrung gerechtfertigt sind, eigenständig zu prüfen, ob der hinreichende Verdacht des in Rede stehenden schweren Dienstvergehens besteht. Das ist hier der Fall. Der Soldat erscheint hinreichend verdächtig, vorsätzlich seine Dienstpflichten zum Gehorsam gegenüber Vorgesetzten (§ 11 Abs. 1 SG), zum Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung (§ 8 SG) und zu Achtung und Vertrauen wahrendem Verhalten außerhalb des Dienstes (§ 17 Abs. 2 Satz 2 SG) verletzt zu haben.

Das gilt zunächst hinsichtlich des ihm in der Nr. 1 der Einleitungsverfügung vorgeworfenen unerlaubten (privaten) Waffenbesitzes außerhalb des Dienstes und außerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen, wodurch der hinreichende Verdacht einer vorsätzlichen Pflichtverletzung nach § 17 Abs. 2 Satz 2 SG begründet worden ist. Auch vom Soldaten wird jedenfalls die Tatsache nicht bestritten, dass er - wie die bei den Akten befindliche Feldjägermeldung vom 27. Feb-ruar 2003 ausweist - am 22. Februar 2003 gegen 19.20 Uhr mit seinem Privat-Kfz der Marke Mercedes-Benz SLK mit belgischem amtlichen Kennzeichen in Koblenz in der Beatusstraße auf Höhe des Hauptfriedhofes durch die Schutzpolizei bei einer allgemeinen Fahrzeug- und Personenkontrolle angehalten wurde und dass bei der anschließend nach einer - in ihren genauen Abläufen bislang ungeklärten - Auseinandersetzung erfolgten Überprüfung seiner Person und seines Fahrzeuges zwei Handfeuerwaffen beschlagnahmt wurden. Bei den Handfeuerwaffen handelte es sich um eine EA Browning Arms Company Morgan Utah Montreal 9 mm x 19 NATO mit zwei Magazinen sowie einen Trommelrevolver, sechsschüssig, Smith & Wesson 357 Magnum, Modell 586. Beide Handfeuerwaffen waren ausweislich der vorliegenden Feldjägermeldung zwar entladen, jedoch wurden insgesamt ca. 106 Schuss Munition für beide Waffen im Fahrzeug aufgefunden; auch dies hat der Soldat nicht in Zweifel gezogen. Angesichts dessen geht der Senat im Folgenden davon aus, dass der Soldat am 22. Februar 2003 jedenfalls die beiden in seinem Fahrzeug gefundenen Handfeuerwaffen nebst Munition in Besitz hatte.

Konkrete Anhaltspunkte für einen vom Soldaten angeführten Verstoß gegen die Vorschrift des § 136 a StPO, die für „Vernehmungen“ durch Polizei und Staatsanwaltschaft die Anwendung von Täuschung, Zwang und anderen dort aufgeführten verbotenen Mitteln verbietet, sind nicht ersichtlich. Ebenso wenig ist erkennbar, dass die polizeirechtlichen Grundlagen für die zunächst durchgeführte Fahrzeug- und Personenkontrolle nicht vorgelegen haben; eine nähere Überprüfung muss gegebenenfalls einem dafür vorgesehenen Verfahren vorbehalten bleiben. Rechtsgrundlage für die erfolgte Beschlagnahme der beiden Handfeuerwaffen und der Munition ist ersichtlich § 94 Abs. 2 StPO.

Zum Besitz und damit zum Umgang (vgl. § 1 Abs. 3 WaffG) mit den beiden Handfeuerwaffen nebst Munition war der Soldat nach dem bisher dem Senat bekannten Sachstand nicht berechtigt, da er hinsichtlich dieser Waffen und Munition nach § 2 Abs. 2 i.V.m. der Anlage 2 Abschn. 2 WaffG eine Erlaubnis nach §§ 10 ff. WaffG benötigte, eine solche jedoch jedenfalls zum Tatzeitpunkt offenkundig nicht besaß. Er selbst macht auch nicht geltend, über eine entsprechende Erlaubnis nach §§ 10 ff. WaffG zu verfügen. Soweit er meint und jedenfalls durch seinen Verteidiger auch im Beschwerdeverfahren vortragen lässt, er habe eine „grundsätzliche Waffentrageerlaubnis aufgrund seines Soldatenstatus“, ist dies rechtsirrig. Denn die Vorschriften des Waffengesetzes sind nach der ausdrücklichen Ausnahmeregelung des § 55 Abs. 1 WaffG (nur) dann nicht auf die Bundeswehr und deren Bedienstete anzuwenden, „soweit sie dienstlich tätig werden“; im Übrigen gelten sie auch für Bundeswehrangehörige. Irgendein Anhaltspunkt dafür, dass der Soldat am 22. Februar 2003 in Koblenz beim Umgang mit den beiden Handfeuerwaffen nebst Munition dienstlich, also für die Bundeswehr tätig war, sind nicht ersichtlich. Auch der Soldat macht dies letztlich nicht geltend. Soweit der Hinweis des Soldaten bzw. seines Verteidigers auf den Truppenausweis dahingehend verstanden werden soll, dass er meint, bereits aufgrund seiner Truppenausweis-Inhaberschaft zum Umgang mit den beschlagnahmten Waffen nebst Munition berechtigt zu sein, ist dies ebenfalls rechtsirrig. Ob ein Bediensteter und damit auch ein Soldat der Bundeswehr im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 1 WaffG dienstlich tätig wird, hängt nicht davon ab, ob er über einen Truppenausweis verfügt und diesen bei sich trägt. Mit dem Truppenausweis werden lediglich die Identität eines Soldaten und seine Zugehörigkeit zur Bundeswehr dokumentiert. Ob ein Soldat der Bundeswehr jedoch im Sinne der genannten Bestimmung dienstlich tätig wird oder nicht, bestimmt sich allein danach, ob er im konkreten Falle dienstliche Aufgaben wahrnimmt. Das war beim Soldaten während seiner am 22. Februar 2003 erfolgten Fahrt mit dem Privat-Kfz durch Koblenz ersichtlich nicht der Fall.

Da der Soldat nicht über die erforderliche Erlaubnis nach dem Waffengesetz für den Umgang mit den hier in Rede stehenden Handfeuerwaffen und der dafür bestimmten Munition verfügte, beging er mit seinem Verhalten eine schwerwiegende Straftat, die nach § 52 Abs. 3 Nr. 2 WaffG mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wird. Die - im außerdienstlichen Bereich - erfolgende Begehung schwerwiegender Straftaten ist geeignet, die Achtung und das Vertrauen, die die dienstliche Stellung eines Soldaten erfordert, im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 2 SG ernsthaft zu beeinträchtigen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Senats ist generell die allgemeine Gesetzestreue eines Beamten - und nichts anderes gilt für Soldaten - eine wesentliche Grundlage des öffentlichen Dienstes, deren Angehörigen nach Art. 33 Abs. 4 GG die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse obliegt. Deshalb ist ein - auch außerdienstlicher - Verstoß gegen Rechtsnormen, die wichtige Gemeinschaftsinteressen schützen, allgemein geeignet, das Vertrauen in eine ordnungsgemäße Dienstausübung zu erschüttern; insoweit bestehen auch keine durchgreifenden Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift des § 17 Abs. 2 Satz 2 SG (vgl. Urteil vom 3. April 2003 - BVerwG 2 WD 46.02 - und BVerfG, Beschluss vom 5. Juni 2002 - 2 BvR 2257/96 - <DÖD 2003, 37>).

Es besteht auch der hinreichende Verdacht, dass der Soldat vorsätzlich seine Pflicht zum Gehorsam gegenüber Vorgesetzten verletzt hat. Denn aufgrund der dem Senat vorliegenden Akten ist davon auszugehen, dass jedenfalls in der im NATO-Hauptquartier .../B. vom Soldaten bewohnten Unterkunft im Gebäude 312, Stube 228 sowie in seinem Dienstzimmer im Gebäude 101, Office H-205, umfangreiches Material aufgefunden und sichergestellt wurde, dessen Einbringung in diese Räumlichkeiten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einen Verstoß gegen Nr. 311 ZDv 10/5 darstellt.

Ausweislich der bei den vorgelegten Akten befindlichen Niederschrift über die Durchsuchung und Beschlagnahme vom 23. Februar 2003 wurden in der vom Soldaten in .../B. bewohnten Stube 228 u.a. eine Kopie der Broschüre „Antwort auf die Goldhagen- und Spielberg-Lügen“, ein Schriftstück „SS-Family“, ein Ordner mit Kopien des „Kühnen-Buchs“, ein Ordner mit Kopien des Buches „Das goldene Band. Esoterischer Hitlerismus“ von Miguel Serrano, das Buch „Der Mythos des 20. Jahrhunderts“ von Alfred Rosenberg sowie neun Kopien von Abbildungen, die zum Teil Runen-Zeichen aufwiesen, aufgefunden und beschlagnahmt. Aus dem Protokoll vom 25. Februar 2003 ergibt sich zudem, dass im Dienstzimmer des Soldaten in SHAPE/Belgien des weiteren unter anderem ein Hefter mit dem Parteiprogramm der NPD, ein Buch „Volk und Reich der Deutschen“, ein Hefter „Runen und Rituale“ sowie eine CD-ROM mit Bild-, Ton- und Videomaterial beschlagnahmt wurden. Diese CD-ROM enthält u.a. die Ton-Datei „Noie Werte - Rudolf Hess“, in denen - jedenfalls nach summarischer Prüfung - der ehemalige führende NS-Politiker Rudolf Hess verherrlicht und als Märtyrer dargestellt wird, der im Spandauer Gefängnis „ermordet“ worden sei. Ferner enthält die CD-ROM unter anderem die Video-Datei „Triumph Of The Will 07 - Hitler Youth Ralley - Rare Nazi Film“, der filmischen Inszenierung von Auftritten Adolf Hitlers auf einer (oder mehreren) nationalsozialistischen (NS) Massenkundgebung(en) in den Jahren der NS-Diktatur. Außerdem finden sich auf der CD Ton-Dateien u.a. mit dem nationalsozialistischen „Horst-Wessel-Lied“ („Das Horst-Wessel-Lied-SA CHOR“) sowie die Ton-Datei „Wehrmacht - Leibstandarte SS Adolf Hitler - Die Fahne hoch“. Ferner sind Bestandteil der CD-ROM die Ton-Dateien „Wehrwolf - geboren um zu hassen“, „Wehrwolf - Herz aus Stahl“ und „Wehrwolf - Volk steh auf“ sowie die Ton-Dateien „gestapo white power“, „reichskammermusik - Waffen-SS Treue“ und „White Power Techno - Adolf Hitler“. Schließlich befinden sich bei den beschlagnahmten Beweismitteln u.a. zwei farbige Computerausdrucke, die jeweils die Überschrift „Die Wehrmacht“ tragen und einen darüber befindlichen symbolisierten Adler mit Hakenkreuz aufweisen.

Alle diese Materialien weisen einen besonderen Bezug zu Symbolen, Kennzeichen und anderen Propagandamitteln des NS-Regimes auf, teilweise in originalgetreuer Wiedergabe, teilweise in gegenwartsbezogenen Reproduktionsformen. Bei der im Rahmen des vorliegenden Verfahrens allein möglichen summarischen Prüfung besteht der hinreichende Verdacht, dass der Soldat mit dem Einbringen dieser Materialien in den Unterkunftsbereich bzw. den Bereich der militärischen Dienststelle von .../B. gegen Nr. 311 ZDv 10/5 verstoßen hat. Danach ist es untersagt, unter anderem solche Tonträger (z.B. CD), Bildträger (z.B. Bilder, Fotos, Filme, Video, CD), Datenträger (z.B. Disketten, CD), Schriften, Abzeichen oder ähnliche Gegenstände „in den Unterkunftsbereich bzw. den Bereich der militärischen Dienststelle auch nur vorübergehend einzubringen“, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten oder Kennzeichen oder Propagandamittel verfassungswidriger Organisationen darstellen oder enthalten. Die Regelung in Nr. 311 ZDv 10/5 stellt zur näheren Bestimmung solcher „Kennzeichen“ und „Propagandamittel“ - wie in ihrer Fußnote 2 klargestellt wird - insoweit auf die Begrifflichkeiten in §§ 86, 86 a StGB ab. Wie sich aus § 86 a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB und § 11 Abs. 3 StGB und § 86 a Abs. 2 StGB ergibt, brauchen die von der Vorschrift erfassten Kennzeichen oder „Propagandamittel“ nicht verkörpert zu sein. Auch Lieder fallen darunter (vgl. dazu u.a. BGH in MDR 1965, 923; BayObLG in NJW 1962, 1878; OLG Oldenburg in NJW 1988, 351; OLG Celle in NJW 1991, 1498; Tröndle/Fischer, StGB, 51. Aufl. 2003, § 86 a RNr. 4 m.w.N.).

Der Soldat macht hier zwar geltend, diese und die anderen beschlagnahmten Materialien seien nicht „rechtsextremistisch“; es sei „abwegig, aus dem Besitz bestimmter Gegenstände und Symbole einer längst unwiderruflich vergangenen kurzen geschichtlichen Epoche auf eine Nichtanerkennung der FDGO i.S.d. GG zu schließen“; wenn eine „Ära“ untergehe, würden ihre „Metaphern bedeutungslos“; nicht „wegen solcher beliebig austauschbarer Zeichen, Bilder und Gesänge“ sei „das Dritte Reich ein Unrechtsstaat“ gewesen, sondern „weil ihm Volkshoheit und Gewaltentrennung fehlten“. Die Lieder hätten eine „schöne eingängige Melodie“ und drückten zum Teil „wertvolle Gedanken“ aus, „so z.B. das ehrende Gemeinschaftsgefühl mit den für die gleiche Sache Gefallenen (‚marschier’n im Geist in unsern Reihen mit’)“. Bereits aus diesem Vorbringen des Soldaten folgt freilich, dass er damit in der Sache bestätigt, dass es sich bei diesen Materialien um „Zeichen, Bilder und Gesänge“ aus dem so genannten Dritten Reich handelt. Sowohl bei dem auf der Video-Datei enthaltenen Film „Triumph Of The Will ...“ (offenkundig eine englischsprachige Version des von Leni Riefenstahl gedrehten und von Adolf Hitler besonders geschätzten Films „Triumph des Willens“) als auch bei den - jedenfalls teilweise - von unverkennbarer NS-Ideologie geprägten Militärmärschen der Wehrmacht sowie insbesondere bei den verschiedenen Dateien mit dem „Horst-Wessel-Lied“ („Die Fahne hoch, die Reihen fest geschlossen. SA marschiert ...“) ergibt sich - bei der hier allein möglichen summarischen Prüfung - aus der Herkunft, ihren Ausdrucksformen sowie ihrem Inhalt, dass es sich um NS-Propagandamittel handelt, die objektiv geeignet und darauf angelegt waren, Zustimmung oder gar Begeisterung für die „nationalsozialistische Sache“ zu fördern. Angesichts der Fülle der vom Soldaten angesammelten beschlagnahmten Ton-, Bild- und Datenträger, Schriften und ähnlichen Gegenständen sowie ihres inhaltlichen Zusammenhangs besteht zudem - bei der hier allein möglichen summarischen Prüfung - die hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass ihre heutige Verwendung dem Zweck dient oder jedenfalls die Funktion erfüllt, die NS-Diktatur und ihre Verbrechen zu verharmlosen sowie solche Kennzeichen, Symbole und Bestandteile der NS-Ideologie (wieder) gesellschaftsfähig zu machen oder gar politische Bestrebungen zu fördern, die an die Ideologie und Politik verbotener NS-Organisationen anknüpfen.

Soweit der Soldat anführt, er habe lediglich ein historisches Interesse an diesen Kennzeichen und Propagandamitteln, spricht alles dafür, dass es sich dabei um eine bloße Schutzbehauptung handelt. Denn es ist kein Grund ersichtlich, weshalb der Soldat ein solches Interesse nicht in seinem Privatbereich außerhalb militärischer Liegenschaften befriedigen hätte können. Wenn es ihm nur um die Erfüllung eines privaten historischen Informationsbedürfnisses gegangen wäre, wäre nicht nur die Fülle der sichergestellten und beschlagnahmten NS-Propa-gandamittel unverständlich, sondern auch der Umstand, warum er diese dann insbesondere (auch) in sein Dienstzimmer im NATO-Hauptquartier einbringt, wo es gerade nicht seine Aufgabe ist, private Informationsbedürfnisse zu befriedigen. Abgesehen davon würde ein solches „historisches Interesse“ auch nichts daran ändern, dass er mit seinem Verhalten gegen Nr. 311 ZDv 10/5 verstieß und damit gegenüber seinen Vorgesetzten ungehorsam war (§ 11 Abs. 1 SG).

Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass Nr. 311 ZDv 10/5 gegen das Grundrecht der Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz GG), andere Verfassungsvorschriften oder gegen Bestimmungen der Europäischen Menschenrechts-Konvention (EMRK) verstößt, sind nicht ersichtlich.

Art. 5 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz GG gewährleistet jedermann das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Das Grundrecht gilt - wie aus Art. 17 a GG folgt - uneingeschränkt auch für Soldaten („Staatsbürger in Uniform“) und kann für diese grundsätzlich nur in der gleichen Weise wie für andere Bürger eingeschränkt werden. Durch das Grundrecht verboten sind damit alle Eingriffe, die nach ihrer Eigenart und nach der Eigenart der jeweiligen Informationsmethode imstande sind, den konkreten Informationsvorgang unmöglich zu machen oder jedenfalls wesentlich zu erschweren. Dies ist schon dann der Fall, wenn eine allgemein zugängliche Information der an ihr interessierten Person zwar nicht vorenthalten, jedoch der Zugang zeitlich verzögert wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 1969 - 1 BvR 30/66 -, <BVerfGE 27, 88 [98]>). Ebenso verbietet die Informationsfreiheit, durch die Androhung von Strafen oder sonstigen Sanktionen den Informationszugang zu hemmen oder für rechtswidrig zu erklären (vgl. u.a. Herzog in: Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art. 5 RNr. 99 m.w.N.). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Denn ein Soldat, dem durch Nr. 311 ZDv 10/5 untersagt wird, bestimmte Kennzeichen und Propagandamittel in dienstliche Einrichtungen und Unterkünfte einzubringen, ist bereits im Besitz derselben. Er wird nicht gehindert, diesen Materialien die gewünschten Informationen zu entnehmen. Das Grundrecht der Informationsfreiheit garantiert nicht das Recht, die betreffenden Informationsmaterialien in jede beliebige Einrichtung oder Örtlichkeit einzuführen oder einzubringen, in der sich der Betreffende gerade aufhält oder aufzuhalten wünscht. Ob bestimmte Gegenstände in eine nicht dem Gemeingebrauch oder seiner Verfügungsgewalt oder seinem Hausrecht unterliegende Räumlichkeit eingeführt werden dürfen oder nicht, kann der Betreffende nicht eigenmächtig gegen den Willen des „Hausherrn“ bestimmen. Vielmehr ist diese Frage nach den allgemeinen gesetzlichen Regelungen zu beantworten. Die Informationsfreiheit unterliegt im Übrigen - ebenso wie die ebenfalls in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG garantierte Meinungsäußerungsfreiheit - dem Vorbehalt des Art. 5 Abs.  2 GG, wonach diese Grundrechte ihre Schranken unter anderem in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze und in dem Recht der persönlichen Ehre finden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 1969 - 1 BvR 30/66 -). Eine über Art. 5 Abs. 1 GG hinausgehende Schutzwirkung gewährleisten weder Art. 10 EMRK (vgl. dazu u.a. Grabenwerter, EMRK, 2003, § 23 RNrn. 5 ff. m.w.N.) noch eine andere Schutzvorschrift, insbesondere auch nicht Art. 8 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1 oder Art. 14 EMRK. Angesichts dessen kommt schon deshalb eine vom Soldaten angeregte Aussetzung des Verfahrens und Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG an das Bundesverfassungsgericht nicht in Betracht.

Indem der Soldat die in Rede stehenden NS-Propagandamittel in seine dienstliche Unterkunft sowie sein Dienstzimmer einbrachte, besteht auch der hinreichende Verdacht, dass er gegen seine in § 8 SG normierte soldatische Kernpflicht verstoßen hat, die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes anzuerkennen und durch sein gesamtes Verhalten für ihre Erhaltung einzutreten. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Vorschrift bestehen nach der gefestigten Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts und des beschließenden Senats nicht (vgl. dazu die Nachweise bei Scherer/Alff, SG, 7. Aufl. 2003, § 7 RNrn. 1 f.).

Diese Pflicht verlangt nicht, dass der Soldat sich mit den Zielen oder einer bestimmten Politik der jeweiligen Bundesregierung oder der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien identifiziert und diese unterstützt. Dies folgt schon da-raus, dass auch für Soldaten gemäß Art. 1 Abs. 3 GG i.V.m. § 6 Satz 1 SG die grundrechtliche Gewährleistung des Art. 3 Abs. 3 GG gilt, wonach „niemand wegen ... seiner ... politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden“ darf. Die in § 8 SG normierte Verpflichtung stellt auch nicht in Frage, dass der Soldat in Wahrnehmung der ihm zustehenden Grundrechte an Erscheinungen oder Entwicklungen in Staat und Gesellschaft Kritik üben und für Änderungen der bestehenden Verhältnisse einschließlich des geltenden Verfassungsrechts innerhalb des dafür von der Verfassung (Art. 79 Abs. 3 GG) gezogenen Rahmens und mit den verfassungsrechtlich zulässigen Mitteln eintreten darf. Sie verlangt jedoch von jedem Soldaten, die durch Art. 79 Abs. 3 GG jeder Verfassungsänderung entzogenen „Grundsätze“ der Art. 1 und 20 GG (vor allem Bindung aller staatlichen Gewalt an die im Grundgesetz konkretisierten Grund- und Menschenrechte, Volkssouveränität, Mehrparteiensystem, Chancengleichheit für alle Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung der Opposition, Gewaltenteilung, Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber dem Parlament, Gesetzmäßigkeit von Regierung und Verwaltung, Unabhängigkeit der Gerichte) zu bejahen, sie als schützenswert anzuerkennen und aktiv für sie einzutreten. Mit dieser Pflicht hat der Gesetzgeber sicherstellen wollen, dass nur diejenigen Personen Soldaten und damit Angehörige der Streitkräfte werden und bleiben dürfen, die sich von allen Bestrebungen fernhalten, die die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekämpfen, und die darüber hinaus aktiv und aus Überzeugung für deren Erhaltung eintreten. Es sollte damit ausgeschlossen oder jedenfalls erschwert werden, dass die Streitkräfte zu einer Macht werden, die die freiheitliche demokratische Grundordnung gefährdet, oder dass sie gegen sie eingesetzt werden. Mit der in § 8 SG normierten soldatischen Kernpflicht ist insbesondere ein Verhalten unvereinbar, das objektiv geeignet oder gar darauf angelegt ist, die Ziele des verbrecherischen NS-Regimes zu verharmlosen sowie Kennzeichen, Symbole oder sonstige Bestandteile der NS-Ideologie (wieder) gesellschaftsfähig zu machen (vgl. Urteil vom 12. Februar 2003 - BVerwG 2 WD 8.02 - <Buchholz 236.1 § 7 SG Nr. 48 = NZWehrr 2001, 214 = DokBer 2003, 225> und Beschluss vom 29. August 2002 - BVerwG 2 WDB 6.02 -). Denn das NS-Regime, das zur Durchsetzung und Aufrechterhaltung seiner Diktatur die Menschenrechte systematisch missachtete und verletzte sowie zur Realisierung seiner Eroberungs-, Raub- und Ausrottungspläne mit Weltherrschaftsvisionen Angriffskriege entfesselte, in deren Verlauf Millionen Menschen Leben, Gesundheit sowie Hab und Gut verloren, ist mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes schlechthin unvereinbar. Dies gilt auch für die zentralen Bestandteile seiner Ideologie und politischen Zielvorstellungen sowie alle Bestrebungen, die objektiv oder subjektiv darauf angelegt sind, im Sinne der „nationalsozialistischen Sache“ zu wirken. Dementsprechend hat der Senat in seiner gefestigten Rechtsprechung mehrfach entschieden, dass eine Verletzung der in § 8 SG normierten Pflicht nicht nur dann vorliegt, wenn ein Soldat Propagandamaterial einer verfassungswidrigen Organisation wie einer NSDAP-Auslands-organisation verbreitet (Urteil vom 1. Juni 1983 - BVerwG 2 WD 48.82 -); vielmehr ist dies auch dann der Fall, wenn ein Soldat das „Horst-Wessel-Lied“ singt (Urteil vom 4. September 1980 - BVerwG 2 WD 74.79 -), wenn er NS-Gesten und -Äußerungen verwendet, in dem er z.B. „Sieg Heil“ ruft (Urteil vom 25. Januar 2000 - BVerwG 2 WD 43.99 - <BVerwGE 111, 45 [f.] = Buchholz 236.1 § 7 SG Nr. 34 = NZWehrr 2000, 255 = ZBR 2000, 423 = NVwZ 2000, 1421>) oder in der Öffentlichkeit den „Hitler-Gruß“ ausführt (Urteil vom 25. Januar 2000 - BVerwG 2 WD 43.99 - <a.a.O.> und Beschluss vom 29. August 2002 - BVerwG 2 WDB 6.02 -), wenn er die Massenmorde an Menschen jüdischen Glaubens während des NS-Regimes ernsthaft in Zweifel zieht und den Angriff des Deutschen Reichs auf Polen leugnet (Urteil vom 20. Oktober 1999 - BVerwG 2 WD 9.99 - <BVerwGE 111, 25 m.w.N. = Buchholz 236.1 § 7 Nr. 32 = NJW 2000, 1433 = NZWehrr 2000, 126 = ZBR 2000, 349), wenn er im Unterkunftsbereich vor der NS-Haken-kreuzfahne oder anderen NS-Symbolen posiert und sich fotografieren lässt (Urteil vom 12. Februar 2003 - BVerwG 2 WD 8.02 - <a.a.O.>), im Dienst Ausdrücke verwendet, die auf Sympathien zum NS-Regime und zur Waffen-SS schließen lassen (Urteil vom 21. November 2000 - BVerwG 2 WD 27.00 - <Buchholz 236.1 § 17 SG Nr. 34 = NZWehrr 2001, 171 = ZBR 2001, 255 = DokBer B 2001, 187>), wenn er die Erschießung und Vergasung von in Deutschland lebenden „Nichtariern“ und damit Gewalttaten im Sinne der NS-Ideologie propagiert (Urteil vom 22. Januar 1997 - BVerwG 2 WD 24.96 -, <BVerwGE 113, 48, [51] = Buchholz 236.1 § 7 SG Nr. 12 = NJW 1997, 2338 = NZWehrr 1997, 161= NVwZ 1997, 1002 [LS]>) oder wenn er einzelnen in Deutschland lebenden Bevölkerungsgruppen das Existenzrecht abspricht (Urteil vom 24. Januar 1984 - BVerwG 2 WD 40.83 - <NZWehrr 1984, 167 [f.]>). Ruft ein Soldat durch sein dienstliches oder außerdienstliches Verhalten (z.B. durch die Verwendung menschenverachtender Formulierungen, vgl. Urteil vom 22. Januar 1997 - BVerwG 2 WD 24.96 - <a.a.O.>) eine Erinnerung an die Verbrechen und Ideologie des NS-Regimes wach oder gerät er sonst in den Verdacht, dass er das NS-Regime und dessen verbrecherische Ideologie und Politik rechtfertigt oder als Vorbild hinstellt, und hält er dies für unbegründet, ist er gehalten, glaubhaft diesem Eindruck aktiv entgegenzuwirken und unzweideutig darzutun, dass dieser Verdacht ungerechtfertigt ist. Denn er muss sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen distanzieren, die die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes angreifen, bekämpfen oder diffamieren (BVerfG, Urteil vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 -, <BVerfGE 39, 334 [348] = NJW 1975, 1641>). Nur dann erfüllt er seine Pflicht, durch sein gesamtes Verhalten für die Erhaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes aktiv einzutreten.

Nach dem dem Senat aus den vorgelegten Akten bislang bekannten Sachstand begründete der Soldat mit dem Einbringen der angeführten NS-Propagandamittel in den Unterkunfts- und Dienstbereich im NATO-Hauptquartier in .../B. den Verdacht, dass er dem NS-Regime und dessen verbrecherischer Ideologie und Politik mit Sympathien gegenübersteht. Andernfalls ist die Fülle des in seinem NS-Propagandacharakter gleichartigen Materials kaum erklärbar. Dieser Verdacht wird dadurch erhärtet, dass auch im Privat-Kfz des Soldaten und in seiner Wohnung in Koblenz NS-Propagandamaterialien aufgefunden wurden. Ausweislich des von der Kriminalinspektion Koblenz erstellten Sicherstellungsprotokolls vom 22. Februar 2003 wurden im Kfz des Soldaten an jenem Tage um 19.27 Uhr unter anderem die selbst gebrannten CDs „SA- und SS-Lieder“, „Hitlerjugend“ und „Panzerlieder“ sowie sieben „CDs in einer Hülle, SA- und SS-Lieder“ beschlagnahmt. Bei der durch Kriminaloberkommissar Krechel von der Kriminaldirektion Koblenz am selben Tage gleich anschließend durchgeführten Durchsuchung der elterlichen Wohnung des Soldaten in Koblenz wurden ausweislich des vorliegenden Sicherstellungs- und Beschlagnahmeprotokolls unter anderem ein Wandanhänger „Hakenkreuz“, eine Tüte mit Hakenkreuz, eine Hakenkreuzflagge sowie weitere CDs und eine Diskette aufgefunden und sichergestellt bzw. beschlagnahmt. An Hand der beschlagnahmten Materialien ergab sich nach der in den Beschlagnahmeprotokollen festgehaltenen Einschätzung der Polizeibeamten der Verdacht einer Straftat nach §§ 86 a, 130 StGB. Auch wenn dem Senat im vorliegenden Verfahren diese Materialien und CDs nicht vollständig vorgelegt worden sind, so dass eine nähere Prüfung insoweit nicht hat durchgeführt werden können, besteht aufgrund der in den Beschlagnahmeprotokollen enthaltenen Angaben dennoch eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Soldat durch sein Verhalten den schwerwiegenden Verdacht begründet hat, dass er in erheblichem Umfang NS-Propagandamittel zu seiner Verfügungsgewalt an verschiedenen Stellen (Kfz, Wohnung, dienstliche Unterkunft, Dienstzimmer) bereit hielt, um sie zu gebrauchen. Dies legt - jedenfalls bei der im vorliegenden Verfahren allein möglichen summarischen Prüfung - die Schlussfolgerung nahe, dass er diese NS-Propagandamittel für „gesellschaftsfähig“ hält und sie entsprechend nutzt. Ein solcher Umgang mit NS-Propagandamitteln begründet den Eindruck, dass der Soldat mit dem NS-Regime und dessen verbrecherischer Ideologie und Politik sympathisiert, sie verharmlost oder sich gar zum Vorbild nimmt.

Diesem Eindruck ist der Soldat weder bei seinen durch seinen Disziplinarvorgesetzten und den Wehrdisziplinaranwalt durchgeführten Vernehmungen noch im vorliegenden Verfahren substantiiert und glaubhaft entgegengetreten. Es ist auch nicht ersichtlich, dass er sonst erfolgreich darum bemüht ist, unzweideutig darzutun, dass der entstandene Eindruck unbegründet ist. Im Gegenteil: Das offenkundig von ihm gebilligte schriftsätzliche Vorbringen seines Verteidigers im vorliegenden Verfahren nährt in starkem Maße gerade den Verdacht, dass der Soldat nicht bereit oder nicht in der Lage ist, die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes anzuerkennen und durch sein gesamtes Verhalten aktiv für ihre Erhaltung einzutreten.

In den Schriftsätzen lässt er zwar vortragen, er sei Soldat geworden, „um die freiheitlichdemokratische Grundordnung (FDGO) zu verteidigen“. Er gibt ihr jedoch einen Inhalt, den sie ersichtlich nach dem Grundgesetz nicht hat („getrennte persönliche Mehrheitswahl aller Abgeordneten, Beamten und Richter auf allen Ebenen, Gemeinde, Land, Bund, Europa, und nur auf Zeit unmittelbar durchs Volk ...“) und setzt dem in polemisch zugespitzter Form dann die in seinen Augen „schlechte Wirklichkeit“ entgegen. Da die nach seiner Auffassung notwendigen „Voraussetzungen“ einer in seinem Sinne „freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ nicht vorliegen, diffamiert er die gegenwärtige Staats- und Gesellschaftsordnung unter Berufung auf Samuel von Pufendorf, einem Naturrechtler aus der Zeit des Absolutismus, als „derzeit real existierendes Machtgebilde, ... etwas Regelwidriges und einem Ungeheuer ähnliches Wesen“, als „Nicht-GG-Rechtstaat“, als „Verhöhnung des GG-Rechtsstaates“, als "systematische verfassungswidrige Gesinnungsdiktatur" und als Form „einer Gewalt- und Willkürherrschaft“ im Sinne des § 92 Abs. 2 Nr. 6 StGB. Die Richter des Truppendienstgerichts seien „Verräter zu Lasten des Betroffenen“, „nicht volkslegitimierte gewalteneinheitstyrannische .(Montesquieu) Truppendienstrichter“, „Verfassungswidrigkeitspatrioten“ und „verfassungswidrige Rechtsprechungsusurpatoren“, deren „Erzeugnisse“ als „sittenwidrige Verwaltungsakte unmittelbar nichtig ex tunc und unwirksam“ seien. Dieses Vorbringen ist ersichtlich auf eine Diffamierung demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen und Institutionen angelegt, die in ihrer Diktion Erinnerungen an antidemokratische Bestrebungen in der Weimarer Republik (vgl. dazu u.a. Knut Sontheimer, Antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik, 4. Aufl. 1994, S. 113 ff., 141 ff.), namentlich der Nazi-Bewegung, wecken. Die Nähe zur Ideologie des verbrecherischen NS-Regimes kommt etwa auch darin zum Ausdruck, dass zur Rechtfertigung des Verstoßes gegen Nr. 311 ZDv 10/5 explizit auf das Vorbild der Wehrmacht im NS-Regime hingewiesen und an dessen Kriegerkult angeknüpft wird. So wird vorgetragen, die Soldaten der Wehrmacht hätten im Zweiten Weltkrieg „nach dem Urteil nahezu aller nichtdeutschen Fachleute am besten und tapfersten gekämpft“, ohne dabei auch nur mit einem Wort auf die verbrecherischen Zwecke und Ziele der Raub- und Vernichtungsfeldzüge einzugehen, in denen die Wehrmacht zum Einsatz kam. Von einer eindeutigen Distanzierung vom NS-Regime und seinen Verbrechen sowie von Gruppen und Bestrebungen, die musikalisch oder auf andere Weise nach wie vor für die „nationalsozialistische Sache“ eintreten und die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes angreifen, bekämpfen oder diffamieren, kann nach alledem keine Rede sein.

Angesichts dessen besteht der hinreichende Verdacht, dass der Soldat nicht nur in schwerwiegender Weise gegen das Waffengesetz verstoßen hat, sondern auch NS-Kennzeichen und NS-Propagandamittel besessen und genutzt sowie entgegen Nr. 311 ZDv 10/5 in den Unterkunfts- und Dienstbereich einer militärischen Dienststelle eingebracht und dadurch seine Pflichten zum Gehorsam (§ 11 Abs. 1 SG), zum Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung (§ 8 SG) sowie zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten im Dienst (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG) verletzt hat. Damit besteht die hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Soldat schuldhaft ein besonders schwerwiegendes Dienstvergehen gemäß § 23 Abs. 1 SG begangen hat, für das er gemäß § 10 Abs. 1 SG aufgrund seines Vorgesetztendienstgrades verschärft zu haften hat. Das besondere Gewicht dieses Dienstvergehens ergibt sich daraus, dass bereits die Missachtung der Bestimmungen des Waffengesetzes ernsthafte Zweifel an der Rechtstreue, der persönlichen Integrität und der dienstlichen Zuverlässigkeit des Soldaten wecken. Vor allem aber der daneben bestehende hinreichende Verdacht einer Verletzung der Kernpflicht des Soldaten, durch sein gesamtes Verhalten für die Erhaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten, ist geeignet, die für den Fortbestand des Dienstverhältnisses unabdingbare Vertrauensgrundlage unheilbar zu zerstören.

Die getroffenen Maßnahmen einer vorläufigen Dienstenthebung sowie des Uniformtrageverbotes sind auch geeignet und erforderlich, um dadurch Nachteile und Gefahren - insbesondere für die Disziplin und die Ordnung in den Streitkräften - sowie eine Schädigung des Ansehens der Bundeswehr in der Öffentlichkeit abzuwehren. Insbesondere der dringende Verdacht eines Verstoßes gegen die Kernpflicht des § 8 SG hat bei der gebotenen objektiven Betrachtungsweise die unabdingbare Vertrauensgrundlage zwischen dem Dienstherrn und dem Soldaten erschüttert. Gerade angesichts des bisherigen Einsatzes des Soldaten in einem multinationalen NATO-Hauptquartier im Ausland, das sich in besonderem Maße einer kritischen Öffentlichkeit zu stellen hat, ist es unabdingbar, dass geeignete Vorkehrungen getroffen werden, um Derartiges künftig zu vermeiden. Die Einlassungen des Soldaten lassen nach wie vor kaum Unrechtsbewusstsein oder Einsicht in sein Fehlverhalten erkennen, so dass zu befürchten steht, dass er ohne die angeordneten vorläufigen Maßnahmen dieses fortsetzt. Dies wäre, was keiner weiteren Darlegung bedarf, mit einer erheblichen Ansehensschädigung der Bundeswehr und ihrer Angehörigen verbunden. Ohne die getroffenen Anordnungen entstünde in der Öffentlichkeit möglicherweise sogar der Eindruck, die zuständigen Vorgesetzten des Soldaten billigten sein Fehlverhalten. Mit den getroffenen Anordnungen werden dem Soldaten auch keine Nachteile zugefügt, die außer Verhältnis zu dem Interesse des Dienstherrn stehen, einen Soldaten, der eines schweren Dienstvergehens verdächtig ist, bis zur endgültigen Klärung dieses Vorwurfs von der Dienstausübung auszuschließen. Ihm wird zwar untersagt, seinen Dienst auszuüben und seine Uniform zu tragen, so dass in seinem privaten und beruflichen Umfeld der Eindruck begründet und möglicherweise gefestigt wird, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe seien zutreffend, obwohl das gerichtliche Disziplinarverfahren insoweit eine abschließende Klärung noch nicht gebracht hat. Diese Folgen sind jedoch angesichts der sonst drohenden erheblichen Nachteile für den Dienstbetrieb sowie das Ansehen der Bundeswehr und ihrer Angehörigen unvermeidbar. Der Soldat muss sie hinnehmen, zumal er für diese Situation angesichts seines mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erfolgten Fehlverhaltens letztlich verantwortlich ist.

b) Auch die gesetzlichen Voraussetzungen für die mit der Einleitungsverfügung vom 10. März 2003 verbundene Anordnung, die Hälfte der jeweiligen Dienstbezüge des Soldaten einzubehalten, sind erfüllt. Nach § 126 Abs. 2 WDO kann die Einleitungsbehörde mit der vorläufigen Dienstenthebung oder später anordnen, dass dem Soldaten ein Teil, höchstens die Hälfte der jeweiligen Dienstbezüge einbehalten wird, wenn im gerichtlichen Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Dienst erkannt werden wird. Für die Prognose der Verhängung der disziplinaren Höchstmaßnahme genügt die Feststellung, dass der Soldat das ihm zur Last gelegte Dienstvergehen, das geeignet ist, das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem Dienstherrn unheilbar zu zerstören, mit einem hinreichenden Grad von Wahrscheinlichkeit begangen hat. Das ist - wie vorstehend dargelegt - hier der Fall. Denn der Soldat erscheint bei der hier gebotenen summarischen Betrachtung hinreichend verdächtig, in gravierender Weise seine Dienstpflichten zum Gehorsam gegenüber Vorgesetzten (§ 11 Abs. 1 SG), zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten (§ 17 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SG) sowie seine Kernpflicht zum aktiven Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung (§ 8 SG) verletzt zu haben.

Da die in § 8 SG normierte Pflicht zu den elementarsten soldatischen Pflichten gehört, ist ihre Verletzung eine der schwersten denkbaren Pflichtwidrigkeiten (Urteile vom 24. Januar 1984 - BVerwG 2 WD 40.83 - <a.a.O.>, vom 28. September 1990 - BVerwG 2 WD 27.89 - <BVerwGE 86, 321 [327]>, vom 25. Januar 2000 - BVerwG 2 WD 43.99 - <a.a.O.> und vom 7. November 2000 - BVerwG 2 WD 18.00 - <NZWehrr 2001, 168 = Buchholz 236.1 § 7 SG Nr. 40 = NVwZ 2001, 1413 = ZBR 2002, 141>). Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen ist daher nach der ständigen Rechtsprechung des Senats stets die Entfernung aus dem Dienstverhältnis (vgl. dazu: Urteile vom 4. September 1980 - BVerwG 2 WD 74.79 -, vom 24. Oktober 1996 - BVerwG 2 WD 22.96 - <BVerwGE 113, 13 = NZWehrr 1997, 83>, vom 25. Januar 2000 - BVerwG 2 WD 43.99 - <a.a.O.> und vom 7. November 2000 - BVerwG 2 WD 18.00 - <a.a.O.>). Nur wenn besondere Milderungsgründe in der Tat vorliegen, kann ausnahmsweise von der Höchstmaßnahme abgesehen werden. Hatte der Soldat - wie vorliegend - zum Tatzeitpunkt bereits eine Vorgesetztenstellung inne, fällt dies erschwerend ins Gewicht. Je höher ein Soldat in den Dienstgradgruppen steigt, umso größer sind auch die Anforderungen, die an seine Zuverlässigkeit, sein Pflichtgefühl und sein Verantwortungsbewusstsein gestellt werden müssen, und umso schwerer wiegt eine Pflichtverletzung, die er sich zuschulden kommen lässt (vgl. Urteile vom 9. Juli 1991 - BVerwG 2 WD 41.90 - <BVerwGE 93, 126 [132] = NZWehrr 1994, 254> und vom 24. Juni 1992 - BVerwG 2 WD 62.91 - <BVerwGE 93, 265 = NZWehrr 1993, 76 = NVwZ-RR 1993, 91>). Von dem Soldaten hätte auf Grund seiner herausgehobenen Dienststellung als Vorgesetzter, der in Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel zu geben hat (§ 10 Abs. 1 SG), und des Vertrauens, das er bei seinen Vorgesetzten genoss, erwartet werden müssen, dass er strikt jeden Eindruck von Sympathie für das NS-Regime und dessen Symbole, Kennzeichen, Liedgut und Ideologie vermied und sich davon gegebenenfalls distanzierte. Daran hat er sich nicht gehalten. Dadurch gab er ein denkbar schlechtes Beispiel. Auch die (mögliche) Ansehensschädigung der Bundeswehr wiegt sehr schwer. Denn die Bundeswehr wurde dadurch - jedenfalls potenziell - dem Vorwurf ausgesetzt, in ihren Reihen werde NS-Ideologie tradiert und NS-Brauchtum gepflegt.

Milderungsgründe, die von der Verhängung der disziplinaren Höchstmaßnahme absehen ließen, sind bei der hier gebotenen summarischen Betrachtung nicht ersichtlich, zumal der Soldat nach dem bisherigen Sachstand auch einen schweren Verstoß gegen das Waffengesetz begangen haben dürfte. Milderungsgründe in der Tat sind nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nur dann gegeben, wenn die Situation, in der der Soldat versagt hat, von so außergewöhnlichen Besonderheiten gekennzeichnet war, dass ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten von ihm nicht mehr erwartet und daher auch nicht vorausgesetzt werden konnte (vgl. Urteile vom 27. Januar 1987 - BVerwG 2 WD 41.86 - <BVerwGE 83, 278 [281]>, vom 26. März 1996 - BVerwG 2 WD 36.95 - und vom 18. März 1999 - BVerwG 2 WD 30.98 - <BVerwGE 113, 317 = Buchholz 236.1 § 7 SG Nr. 28 = NZWehrr 1999, 211 = ZBR 1999, 346 = NVwZ-RR 1999, 768>). Als solche Besonderheiten sind unter anderem ein Handeln in einer ausweglos erscheinenden, unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage, die auf andere Weise nicht zu beheben war, sowie ein Handeln unter schockartig ausgelöstem psychischen Zwang oder unter Umständen anerkannt worden, die auf eine unbedachte persönlichkeitsfremde Augenblickstat eines ansonsten tadelfreien und im Dienst bewährten Soldaten hindeuten (vgl. Urteile vom 27. Januar 1987 - BVerwG 2 WD 11.86 - <BVerwGE 83, 273 [275]> und vom 23. Oktober 1990 - BVerwG 2 WD 40.90 - <BVerwGE 86, 341 [344] = NZWehrr 1991, 79>). Hierfür fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten. Auch sonstige Milderungsgründe in den Umständen der Tat sind nicht ersichtlich.

Daher ist es - auch in Ansehung der relativ ordentlichen dienstlichen Leistungen des Soldaten während seiner bisherigen knapp sechsjährigen Dienstzeit - nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Einleitungsbehörde gemäß § 126 Abs. 2 Satz 1 WDO angeordnet hat, dass die Hälfte seiner jeweiligen Dienstbezüge ab 1. April 2003 einbehalten werden. Die Entscheidung hält sich in den gesetzlichen Grenzen und ist erkennbar am Zweck der gesetzlichen Ermächtigung ausgerichtet. Sie genügt auch dem Verhältnismäßigkeitsgebot, da sie für den Soldaten wirtschaftlich tragbar erscheint und nicht außer Verhältnis zu dem ihm vorgeworfenen Fehlverhalten steht. Konkrete Anhaltspunkte, die eine andere Schlussfolgerung nahe legen könnten, sind von dem Soldaten weder vorgetragen noch sonst erkennbar geworden.

3. Da das gerichtliche Beschwerdeverfahren nach § 114 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 126 Abs. 5 WDO ein Nebenbestandteil des gerichtlichen Disziplinarverfahrens ist, bleibt die Kostenentscheidung der Endentscheidung vorbehalten.