Beschluss vom 19.01.2024 -
BVerwG 11 VR 1.24ECLI:DE:BVerwG:2024:190124B11VR1.24.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 19.01.2024 - 11 VR 1.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:190124B11VR1.24.0]
Beschluss
BVerwG 11 VR 1.24
In der Verwaltungsstreitsache hat der 11. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 19. Januar 2024
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. Külpmann und die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Emmenegger und Dr. Wiedmann
beschlossen:
- Der Antrag wird abgelehnt.
- Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3 750 € festgesetzt.
Gründe
I
1 Die Antragsteller begehren Eilrechtsschutz gegen eine Anordnung zur Duldung von Vorarbeiten für eine Höchstspannungsfreileitung.
2 Die Beigeladene ist Vorhabenträgerin für den Neubau der 380 kV-Höchstspannungsleitung Raitersaich - Ludersheim - Sittling - Altheim (sog. Juraleitung). Das Vorhaben ist als Nr. 41 der Anlage zum Bundesbedarfsplangesetz in den Bedarfsplan nach § 1 Abs. 1 BBPlG aufgenommen. Die Antragsteller sind Eigentümer eines landwirtschaftlich genutzten Grundstücks, auf dem die Beigeladene Untersuchungen für einen künftigen Maststandort (M 57) durchführen lassen möchte.
3 Nach erfolglosen Versuchen einer gütlichen Einigung ordnete die Regierung der Oberpfalz mit Bescheid vom 4. Dezember 2023 gegenüber den Antragstellern unter anderem die Duldung einer geophysikalischen Dolinenerkundung, einer schweren Rammsondierung sowie einer Kleinrammbohrung oder einer Kernbohrung am Maststandort auf dem Grundstück an und drohte für den Fall der Zuwiderhandlung jeweils ein Zwangsgeld an.
4 Die Antragsteller begehren die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer gegen die Duldungsanordnung erhobenen Klage (11 A 1.24 ). Der Antragsgegner und die Beigeladene treten dem Antrag entgegen.
II
5 Über den Antrag entscheidet das Bundesverwaltungsgericht, weil die Duldungsanordnung der Vorbereitung eines Vorhabens dient, dessen Planfeststellung nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO i. V. m. § 6 Satz 1 BBPlG und Nr. 41 der Anlage zu § 1 Abs. 1 BBPlG in die sachliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts fällt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Juni 2023 - 4 VR 3.23 - UPR 2023, 392 Rn. 6).
6 Der Antrag bleibt erfolglos. Er ist unbegründet. Die im Rahmen von § 80a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung geht zu Lasten der Antragsteller aus. Dem Vollzugsinteresse nach der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit nach § 44 Abs. 4 Satz 1 EnWG kommt erhebliches Gewicht zu. Es überwiegt das Interesse der Antragsteller, jedenfalls ab dem Zeitpunkt des Eingangs des Antrags von einem Vollzug der Anordnung verschont zu werden. Denn die binnen der Begründungsfrist (§ 44 Abs. 4 Satz 2 EnWG) vorgetragenen Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (vgl. bereits zu § 43e Abs. 1 Satz 2 EnWG: BVerwG, Beschlüsse vom 28. Februar 2013 - 7 VR 13.12 - UPR 2013, 345 Rn. 9 und vom 26. April 2023 - 4 VR 6.22 - juris Rn. 10), zeigen nicht auf, dass die Klage in der Hauptsache Erfolg haben könnte.
7 Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 EnWG haben Eigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte zur Vorbereitung der Planung und der Baudurchführung eines Vorhabens oder von Unterhaltungsmaßnahmen notwendige Vermessungen, Boden- und Grundwasseruntersuchungen einschließlich der vorübergehenden Anbringung von Markierungszeichen, bauvorbereitende Maßnahmen zur bodenschonenden Bauausführung, Kampfmitteluntersuchungen und archäologische Voruntersuchungen einschließlich erforderlicher Bergungsmaßnahmen sowie sonstige Vorarbeiten durch den Träger des Vorhabens oder von ihm Beauftragte zu dulden. Auf Antrag des Trägers des Vorhabens soll die Planfeststellungsbehörde die Duldung der Vorarbeiten anordnen (§ 44 Abs. 2 Satz 2 EnWG).
8 Die zu duldenden Maßnahmen sind Vorarbeiten im Sinne von § 44 Abs. 1 EnWG. Sie dienen dazu, die Tragfähigkeit des Bodens für den geplanten Mast zu erkunden. Ihre Notwendigkeit legt der Bescheid unter Hinweis auf einzelne technische Regelwerke ausreichend dar. Allerdings halten die Antragsteller einen alternativen Maststandort an der Grundstücksgrenze für vorzugswürdig und verweisen auf Überlegungen, an dem geplanten Maststandort eine Halle für einen landwirtschaftlichen Betrieb zu errichten. Diese Einwände betreffen die Abwägung hinsichtlich des Standortes eines einzelnen Mastes (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. April 2023 - 4 VR 6.22 - juris Rn. 23). Sie können in einem Verfahren gegen eine Duldungsanordnung für Vorarbeiten nicht gehört werden, sondern nur Gegenstand eines gegen den Planfeststellungsbeschluss gerichteten Klageverfahrens sein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Dezember 2021 - 4 VR 2.21 - juris Rn. 24 m. w. N.).
9 Die Einwände gegen die Ermessensausübung greifen nicht durch. Die Antragsteller halten eine Baugrunderkundung allein mit Hilfe geophysikalischer Verfahren für möglich. Sie legen aber weder dar, welche Verfahren das sein könnten, noch zeigen sie auf, dass diese gleich geeignet wären, um die Eigenschaften des Untergrundes hinreichend verlässlich zu erkunden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Juni 2023 - 4 VR 3.23 - juris Rn. 19 f.). Die Forderung, die Position der Bohrpunkte näher zu erläutern, geht ins Leere. Die Bohrungen sollen nach dem Bescheid "am Maststandort" erfolgen, dessen Lage sich aus dem beigefügten Lageplan ergibt. Weitere Angaben waren nicht geboten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Juni 2023 a. a. O. Rn. 21).
10 Mit der Ablehnung des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz erledigt sich der Antrag auf Erlass einer Zwischenentscheidung (sog. Hängebeschluss).
11 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und orientiert sich an Nr. 34.2.6 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.