Beschluss vom 19.02.2019 -
BVerwG 1 B 17.19ECLI:DE:BVerwG:2019:190219B1B17.19.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 19.02.2019 - 1 B 17.19 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:190219B1B17.19.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 17.19

  • VG Gera - 05.11.2010 - AZ: VG 1 K 98/08 Ge
  • OVG Weimar - 30.05.2018 - AZ: OVG 3 KO 2/11

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 19. Februar 2019
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Berlit, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Fleuß und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Wittkopp
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge der Klägerin gegen den Beschluss vom 28. Januar 2019 - BVerwG 1 B 72.18 - wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

1 Die Anhörungsrüge hat jedenfalls keinen Erfolg.

2 1. Über die Anhörungsrüge nach § 152a VwGO ist in der dem Geschäftsverteilungsplan entsprechenden Besetzung zu entscheiden, nicht notwendigerweise in der genauen Besetzung, in welcher der Senat die angegriffene Entscheidung (bei der ein an sich zur zuständigen Besetzung gehörendes Senatsmitglied wegen Erkrankung verhindert war) erlassen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. November 2007 - 8 C 17.07 - juris Rn. 1 und vom 25. Oktober 2017 - 1 VR 10.17 - juris Rn. 1).

3 2. Der Rügebegründung ist keine Verletzung des Rechts der Klägerin auf rechtliches Gehör durch den angegriffenen Beschluss zu entnehmen.

4 2.1 Die Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO, deren Verletzung nach § 152a VwGO gerügt werden kann, verpflichtet das Gericht, das Vorbringen jedes Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gericht wird dadurch jedoch nicht verpflichtet, dem Vorbringen der Beteiligten zu folgen. Es muss in seiner Entscheidung auch nicht ausdrücklich und im Einzelnen sämtliche von den Beteiligten im Lauf des Verfahrens vorgetragenen Tatsachen und Rechtsansichten erörtern. Vielmehr sind in der Entscheidung nur diejenigen Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Das Gericht kann sich auf die Darstellung und Würdigung derjenigen rechtlichen Gesichtspunkte beschränken, auf die es nach seinem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblich ankommt. Daher kann aus dem Umstand, dass das Gericht nicht auf sämtliche Begründungselemente des Beteiligtenvorbringens eingegangen ist, nur dann geschlossen werden, es habe diesen Aspekt nicht berücksichtigt, wenn er nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts eine Frage von zentraler Bedeutung betrifft (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <145 f.>; BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1994 - 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 <209 f.> und Beschlüsse vom 21. Juni 2007 - 2 B 28.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 3 Rn. 6 und vom 1. März 2017 - 6 B 23.17 - juris Rn. 2).

5 2.2 Gemessen an diesen Maßstäben lässt sich der Anhörungsrüge der Klägerin nicht entnehmen, dass der Senat ihr Vorbringen übergangen hätte. Er hat es vielmehr berücksichtigt, aber nicht für durchgreifend erachtet. Wie sich aus § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO eindeutig ergibt, stellt die Anhörungsrüge kein Mittel dar, um darauf hinzuwirken, dass das Gericht die rechtlichen Erwägungen überdenkt, die seine Entscheidung, hier die Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde, tragen.

6 a) Soweit die Klägerin rügt, der Senat habe ihr Vorbringen nicht berücksichtigt, sie sei zwar keine Vertriebene, wohl aber Abkömmling eines Vertriebenen, vernachlässigt dies die Begründung des angefochtenen Beschlusses, der darlegt, dass und aus welchen Gründen die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision keinen Erfolg hatte. Der Sache nach wiederholt und vertieft die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Beschwerdeverfahren und wendet sich gegen dessen rechtliche Bewertung durch den Senat; namentlich vernachlässigt die Klägerin die rechtliche Beurteilung des Senats, bereits aus dem Wortlaut des Art. 116 Abs. 1 GG folge, dass ohne die Erweiterung durch das Bundesvertriebenengesetz Abkömmlinge nur dann erfasst sind, wenn sie gemeinsam mit einem Flüchtling oder Vertriebenen deutscher Volkszugehörigkeit Aufnahme gefunden haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 1989 - 9 C 26.89 - BVerwGE 84, 23 <27 f.> und vom 12. Mai 1992 - 1 C 54.89 - BVerwGE 90, 173 <176 ff.>). Hier wie auch sonst unterscheiden die überdies allein auf die Rechtsanwendung bezogenen Ausführungen nicht zwischen der Auslegung des Begriffs des "Vertriebenen" in Art. 116 Abs. 1 GG selbst und seiner von dem Gesetzesvorbehalt in Art. 116 Abs. 1 GG getragenen Ausformung durch das Bundesvertriebenengesetz, auf welche bereits das Berufungsgericht hingewiesen hatte.

7 b) Soweit die Klägerin geltend macht,
"Auch die Hinweise auf die Regelung des § 4 Abs. 3 BVFG und die Schlussfolgerungen, die der Senat zu Art. 116 Abs. 1 GG aus § 4 Abs. 3 BVFG ziehen, ist in keinster Weise nachvollziehbar, denn dem steht § 100 BVFG eindeutig entgegen, wonach auf Personen im Sinne des § 1 BVFG das Recht von vor dem 01.01.1993 anzuwenden ist",
rügt sie damit ebenfalls allein die rechtliche Bewertung des Senats. Unabhängig davon hat der Senat "die zentrale Argumentation und Behauptung der Klägerin" ebenso zur Kenntnis genommen wie das Berufungsgericht, aus welchen Erwägungen diese herleitet, sie sei im Rechtssinne "Abkömmling eines Vertriebenen deutscher Volkszugehörigkeit", dem der Senat und das Berufungsgericht indes aus Rechtsgründen nicht gefolgt sind; der Senat hat zudem auch die auf ein "Übersehen" des § 100 BVFG bezogene Gehörsrüge verworfen.

8 3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 152a Abs. 4 Satz 4, § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO [analog]).

9 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO).