Beschluss vom 19.11.2019 -
BVerwG 5 PB 6.19ECLI:DE:BVerwG:2019:191119B5PB6.19.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 19.11.2019 - 5 PB 6.19 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:191119B5PB6.19.0]

Beschluss

BVerwG 5 PB 6.19

  • VG Saarlouis - 10.04.2018 - AZ: VG 8 K 978/17
  • OVG Saarlouis - 20.03.2019 - AZ: OVG 4 A 173/18

In der Personalvertretungssache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 19. November 2019
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen-Weiß und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Preisner
beschlossen:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 20. März 2019 wird zurückgewiesen.

Gründe

1 Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 1. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG kommt einer Rechtsfrage nur zu, wenn mit ihr eine für die erstrebte Rechtsbeschwerdeentscheidung erhebliche Frage aufgeworfen wird, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf. Die Rechtsfrage muss zudem klärungsfähig sein, was der Fall ist, wenn sie in der Rechtsbeschwerdeinstanz beantwortet werden kann. Das Darlegungserfordernis des § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 1 ArbGG setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Rechtsbeschwerdeentscheidung erheblichen Rechtsfrage sowie die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss substantiiert erläutern, dass und inwiefern die Rechtsbeschwerdeentscheidung zur Klärung einer bisher vom Bundesverwaltungsgericht nicht beantworteten, fallübergreifenden und entscheidungserheblichen Rechtsfrage führen kann (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 28. Juli 2014 - 5 PB 1.14 - juris Rn. 4 und vom 29. November 2016 - 5 PB 7.16 - juris Rn. 8). Dem genügt die Beschwerde nicht.

3 a) Die Beschwerde hält die Frage für rechtsgrundsätzlich bedeutsam:
"Ist im Falle einer Personalanforderung durch eine andere Dienststelle das Mitbestimmungsrecht des Personalrats der personalabgebenden Dienststelle gemäß § 85 Abs. 1 Nr. 6 lit. a BPersVG auch dann ausgeschlossen, wenn die Planung des die Personalanforderung auslösenden Einsatzes nicht in die Zuständigkeit des Leiters der personalabgebenden Dienststelle fällt, und deshalb die mitbestimmungspflichtige Maßnahme zwar nicht für die personalabgebende und daher für die Durchführung der Mitbestimmung zuständige, wohl aber für die personalanfordernde Dienststelle vorhersehbar bzw. planbar war?".

4 Insoweit genügt die Beschwerde nicht den Darlegungsanforderungen des § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG, weil sie jedenfalls nicht aufzeigt, dass die aufgeworfene Frage entscheidungserheblich ist und in einem Rechtsbeschwerdeverfahren geklärt werden kann. Denn die Fragestellung geht von einem tatsächlichen Umstand aus, den das Oberverwaltungsgericht so nicht festgestellt hat. Dieses hat nicht festgestellt, dass die "mitbestimmungspflichtige Maßnahme" für die personalanfordernde Dienststelle vorhersehbar bzw. planbar war, diese also vorhersehen und einplanen konnte, dass der Beteiligte die Beamten der Dienstgruppe 4 seiner Dienststelle, die nach dem regulären Dienstplan am 27. Mai 2017 dienstfrei haben sollten, an diesem Tag in maximaler Verfügbarkeit zum Dienst heranziehen musste, um die Bundespolizeiinspektion F. durch Gestellung eines Einsatzzuges und der Zugführung zu unterstützen. Die Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts, die mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen für das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 559 Abs. 2 ZPO bindend sind, weisen vielmehr in die entgegengesetzte Richtung.

5 Das Oberverwaltungsgericht hat in tatsächlicher Hinsicht insbesondere ausgeführt, aus der Anlassübersicht der übergeordneten Dienststelle vom 10. April 2017 ergebe sich, dass zu diesem Zeitpunkt keine Erkenntnisse vorgelegen hätten, die einen Großeinsatz nahelegten. Für das DFB-Pokalfinale sei kein Unterstützungsbedarf angemeldet gewesen und seitens der übergeordneten Dienststelle von einem Kräfteeinsatz im Regeldienst ausgegangen worden. Erst unter dem 18. Mai 2017 sei eine Kräfteanforderung seitens der Bundespolizeiinspektion F. erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt habe festgestanden, dass drei Sonderzüge mit Fans von F. nach B. fahren würden, was einen entsprechenden Bedarf an Einsatzkräften bedingte. Zudem habe festgestanden, dass für das Public Viewing in F. im Vorverkauf bereits 15 000 Karten verkauft worden seien, die als Ticket im R.-Verkehrsverbund benutzt werden könnten, und die Veranstalter mit 20 000 Besuchern rechneten. Nach der nicht substantiiert infrage gestellten Begründung der Einsatzanordnung hätten die zur Verfügung stehenden Kräfte der zuständigen Bundespolizeiinspektion F., der vorrangig heranzuziehenden Bundesbereitschaftspolizei und der eigenen Mobilen Kontroll- und Überwachungseinheit der übergeordneten Dienststelle nicht ausgereicht, um den Bedarf an Einsatzkräften abzudecken, der durch den Andrang der Fußballfans und die prognostizierte Nutzung der Bahn und der der D. AG zugehörigen Bahnhöfe hervorgerufen werde (UA S. 16 f.). In Würdigung dieser Umstände ist das Oberverwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass sich keine Planungsversäumnisse der übergeordneten Dienststelle aufdrängen bzw. solche nicht erkennbar seien (UA S. 16). Demgegenüber findet die in der von der Beschwerde aufgeworfenen Frage vorausgesetzte Tatsachenbewertung, dass die Maßnahme "für die personalanfordernde Dienststelle vorhersehbar bzw. planbar war", in den für das Rechtsbeschwerdegericht bindenden Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts keine Grundlage. Die Rechtsbeschwerde kann aber nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen werden, wenn das Tatsachengericht - wie hier - eine Tatsache nicht festgestellt hat, die für die Entscheidung der mit der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochenen Rechtsfrage in dem erstrebten Rechtsbeschwerdeverfahren erheblich sein würde.

6 b) Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage,
"Entfällt das Mitbestimmungsrecht des Personalrats gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG, wenn eine Dienstplanänderung auf einem Einsatz beruht, der für den Dienststellenleiter weder im Hinblick auf das 'ob' noch hinsichtlich des Ortes und der Zeit des Dienstes mit dem Personalrat verhandelbar ist?",
führt mangels Entscheidungserheblichkeit nicht zur Zulassung der Rechtsbeschwerde.

7 Das Oberverwaltungsgericht hat seine Entscheidung, die Anordnung des Beteiligten vom 23. Mai 2017, dass die Beamten der Dienstgruppe 4 seiner Dienststelle, die nach dem mitbestimmten Dienstplan am 27. Mai 2017 dienstfrei haben sollten, an diesem Tag in maximaler Verfügbarkeit zur Unterstützung der Bundespolizeiinspektion F. Dienst zu leisten hätten, verletze nicht das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers aus § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG, auf zwei selbstständig tragende Begründungen gestützt. Es hat zum einen darauf abgestellt, dass das vom Antragsteller geltend gemachte Mitbestimmungsrecht unter den streitauslösenden Umständen bereits durch § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BPersVG ausgeschlossen sei (vgl. UA S. 10 ff.). Darüber hinaus und ebenfalls selbstständig tragend (vgl. "unter der Prämisse der Anwendbarkeit der personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsrechte", "Ungeachtet dessen") hat es angenommen, dass die Voraussetzungen, unter denen der Antragsteller nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG mitzubestimmen haben könnte, nicht erfüllt seien (vgl. UA S. 18 ff.). Bei einer solchen Mehrfachbegründung kann die Rechtsbeschwerde nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jedes Begründungsstranges ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 21. April 2017 - 5 PB 4.16 - juris Rn. 11 m.w.N.). Das ist nicht der Fall.

8 Wie unter 1.a) dargelegt, greift die Grundsatzrüge, die sich gegen die erste Erwägung des Oberverwaltungsgerichts wendet, nicht durch.

9 2. Von einer weiteren Begründung wird nach § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 5 Satz 5 Alt. 1 ArbGG abgesehen.