Verfahrensinformation

Der Kläger, ein seit 1988 in Deutschland lebender türkischer Staatsangehöriger, ist als Asylberechtigter anerkannt und im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung. Die Behörde hat die von ihm beantragte Einbürgerung mangels ausreichender deutscher Sprachkenntnisse abgelehnt. Das Berufungsgericht hat - ebenso wie die Vorinstanz - die Klage auf Verpflichtung zur Einbürgerung als unbegründet angesehen, da der Kläger selbst einen einfachen deutschen Text nicht nach Diktat schreiben könne. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass auch bei Asylberechtigten auf schriftliche deutsche Sprachkenntnisse bei der Einbürgerung nicht gänzlich verzichtet werden könne. Hiergegen richtet sich die vom Bundesverwaltungsgericht zugelassene Revision des Klägers.


Urteil vom 20.04.2004 -
BVerwG 1 C 16.03ECLI:DE:BVerwG:2004:200404U1C16.03.0

Leitsatz:

Die Übergangsvorschrift des § 102 a AuslG erfasst die vor dem 16. März 1999 gestellten, noch anhängigen Einbürgerungsanträge unabhängig davon, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die erleichterte Einbürgerung nach dem Ausländergesetz alter Fassung (hier: der 15-jährige rechtmäßige gewöhnliche Aufenthalt nach § 86 Abs. 1 AuslG a.F.) zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Neuregelung bereits erfüllt waren.

  • Rechtsquellen
    AuslG § 102 a
    § 86 a.F.
    StAG § 8

  • VGH Kassel - 19.08.2002 - AZ: VGH 12 UE 1473/02 -
    Hessischer VGH - 19.08.2002 - AZ: VGH 12 UE 1473/02

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 20.04.2004 - 1 C 16.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:200404U1C16.03.0]

Urteil

BVerwG 1 C 16.03

  • VGH Kassel - 19.08.2002 - AZ: VGH 12 UE 1473/02 -
  • Hessischer VGH - 19.08.2002 - AZ: VGH 12 UE 1473/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 20. April 2004
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r ,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M a l l m a n n und R i c h t e r ,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht B e c k und den Richter am
Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. D ö r i g
für Recht erkannt:

  1. Das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. August 2002 wird aufgehoben.
  2. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
  3. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

I


Der Kläger erstrebt seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.
Der 1965 in der Türkei geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er kam im Mai 1988 in die Bundesrepublik Deutschland und wurde auf seinen Antrag hin als Asylberechtigter anerkannt. Seit Juli 1992 ist er im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis. Er ist mit einer türkischen Staatsangehörigen verheiratet und hat drei Kinder.
Im Frühjahr 1997 beantragte er für sich und seine Kinder die Einbürgerung. Das Regierungspräsidium Darmstadt lehnte dies mit Bescheid vom 25. November 1997 ab, weil der mit dem Kläger durchgeführte schriftliche Sprachtest nicht dem Erfordernis genügt habe, dass der Einbürgerungsbewerber die deutsche Sprache in Wort und Schrift in dem Maße beherrschen solle, wie dies von Personen seines Lebenskreises erwartet werde. Den Widerspruch des Klägers wies das Regierungspräsidium Darmstadt mit Bescheid vom 7. Mai 1998 zurück.
Mit seiner Klage hat der Kläger im Wesentlichen geltend gemacht, das Wohlwollensgebot des Art. 34 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) gebiete, die Einbürgerung von Flüchtlingen soweit wie möglich zu erleichtern. Er sei in deutsche Lebensverhältnisse integriert, seit fünf Jahren bei der gleichen Firma beschäftigt und in der Lage, sämtliche Dinge des täglichen Lebens zu bewältigen. Seine mündlichen Sprachkenntnisse müssten daher als ausreichend angesehen werden. Während des Klageverfahrens hat der Beklagte aus Anlass der ab Januar 2000 in Kraft getretenen Reform des Staatsangehörigkeitsrechts die Sprachkenntnisse des Klägers erneut - mit negativem Ergebnis - überprüft. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, da der Kläger nicht über die erforderlichen ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache verfüge.
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 19. August 2002 (NVwZ 2003, 762) zurückgewiesen. Er hat ebenso wie das Verwaltungsgericht offen gelassen, ob das Einbürgerungsbegehren des Klägers nach §§ 85 ff. AuslG oder § 8 StAG zu beurteilen sei. In beiden Fällen würden ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verlangt, die der Kläger nicht besitze. Das Verwaltungsverfahren sei zwar noch unter Geltung des früheren Einbürgerungsrechts durchgeführt worden, nunmehr komme es aber auch hinsichtlich der Sprachkenntnisse auf die neue Sach- und Rechtslage an. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich weiter im Einzelnen mit der Auslegung des Begriffs der ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache in § 86 Nr. 1 AuslG n.F. und in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundes zum Staatsangehörigkeitsrecht (StAR-VwV vom 13. Dezember 2000, GMBl 2001, 122) auseinander gesetzt und die Auffassung vertreten, dass dazu nach wie vor grundsätzlich auch die Fähigkeit gehöre, eigene oder fremde Gedanken schriftlich in deutscher Sprache wiederzugeben. Dem Kläger mangele es aber nach seinem eigenen Vorbringen an der Fähigkeit, wenigstens einen einfachen deutschen Text nach Diktat zu schreiben. Auf diese Fähigkeit könne auch unter Berücksichtigung seines besonderen Schicksals als anerkannter politisch Verfolgter nicht gänzlich verzichtet werden.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision macht der Kläger im Wesentlichen geltend: Da er seinen Einbürgerungsantrag bereits im Jahre 1997 gestellt habe, sei aufgrund der Übergangsregelung in § 102 a AuslG noch die vor In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts geltende alte Rechtslage anwendbar. Danach seien für eine Einbürgerung gemäß § 86 AuslG a.F. deutsche Sprachkenntnisse nicht erforderlich.
Er beantragt,
den Beklagten unter Abänderung der Urteile des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. August 2002 und des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 6. März 2002 und unter Aufhebung des Bescheids des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 25. November 1997 und des Widerspruchsbescheids vom 7. Mai 1998 zu verpflichten, ihn in den deutschen Staatsverband einzubürgern,
hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er meint, die Übergangsvorschrift des § 102 a AuslG sei vorliegend nicht anwendbar. Nach Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte gelte sie nur für solche Einbürgerungsanträge, die vor dem Stichtag des 16. März 1999 auf der Grundlage des Ausländergesetzes gestellt worden seien. Ein auf der Grundlage des § 8 RuStAG a.F. gestellter Antrag könne nicht nach den einbürgerungsrechtlichen Bestimmungen des alten Ausländerrechts beurteilt werden, weil die Voraussetzungen in beiden Regelwerken deutlich voneinander abwichen. Auch Sinn und Zweck der Vorschrift sprächen für eine Beschränkung auf Anträge nach dem Ausländergesetz. Sie solle solche Antragsteller begünstigen, die im Vertrauen auf die bestehenden gesetzlichen Anforderungen einen ausländerrechtlich begründeten Einbürgerungsantrag gestellt hätten. Wer dies nicht getan habe, weil etwa die zeitlichen Voraussetzungen für eine Einbürgerung nach § 86 AuslG a.F. nicht annähernd vorgelegen hätten, habe nicht darauf vertrauen können, ohne Deutschkenntnisse eingebürgert zu werden. Im Übrigen seien entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts schriftliche Kenntnisse der deutschen Sprache für die Einbürgerung nicht erforderlich. Gleichwohl sei das Berufungsurteil im Ergebnis zutreffend, weil die Sprachkenntnisse des Klägers auch im Übrigen nicht ausreichten.
Der Vertreter des Bundesinteresses tritt den Ausführungen des Beklagten bei.

II


Die Revision des Klägers ist begründet. Das Berufungsurteil verletzt Bundesrecht. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht den Einbürgerungsanspruch des Klägers auf der Grundlage der §§ 85 ff. AuslG in der am 1. Januar 2000 aufgrund des Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15. Juli 1999 (BGBl I S. 1618) in Kraft getretenen neuen Fassung beurteilt und die Übergangsregelung des § 102 a AuslG unberücksichtigt gelassen. Da der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen nicht abschließend entscheiden kann, ob der Kläger die bisher noch nicht geprüften weiteren Voraussetzungen für den Anspruch auf Einbürgerung nach § 86 AuslG a.F., § 102 a AuslG erfüllt, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
Die Übergangsregelung des § 102 a AuslG, die durch Art. 2 Nr. 3 des Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts mit Wirkung vom 1. Januar 2000 eingefügt worden ist und jetzt in der durch das Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus (Terrorismusbekämpfungsgesetz) vom 9. Januar 2002 (BGBl I S. 361) mit Wirkung vom 1. Januar 2002 geänderten neuen Fassung anzuwenden ist, lautet:
Auf Einbürgerungsanträge, die bis zum 16. März 1999 gestellt worden sind, finden die §§ 85 bis 91 in der vor dem 1. Januar 2000 geltenden Fassung mit der Maßgabe Anwendung, dass die Einbürgerung zu versagen ist, wenn ein Ausschlussgrund nach § 86 Nr. 2 oder 3 vorliegt, und dass sich die Hinnahme der Mehrstaatigkeit nach § 87 beurteilt.
Da der Kläger seinen Einbürgerungsantrag bereits im Frühjahr 1997 und damit vor dem Stichtag des 16. März 1999 gestellt hat, folgt aus dem Wortlaut des § 102 a AuslG ohne weiteres, dass auf ihn die Vorschriften der §§ 85 bis 91 in der alten, vor dem 1. Januar 2000 geltenden Fassung Anwendung finden (bis auf die ausdrücklich für anwendbar erklärten § 86 Nrn. 2 und 3 und § 87 der Neufassung). Das bedeutet, dass hinsichtlich der übrigen Voraussetzungen das alte Rechtsregime gilt, so dass die Anspruchsvoraussetzungen des § 86 AuslG a.F. maßgeblich sind. Die Anspruchseinbürgerung nach dieser Vorschrift setzt zwar eine längere Aufenthaltsdauer als die jetzige Regelung in § 85 AuslG n.F., nämlich 15 statt 8 Jahre, voraus, verlangt aber keine deutschen Sprachkenntnisse. Vielmehr wurde nach der alten Rechtslage unwiderleglich vermutet, dass der Ausländer bei einem 15-jährigen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hinreichend - auch sprachlich - in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert ist. Mit der Änderung durch das Staatsangehörigkeitsrechtsreformgesetz wurden mit Wirkung vom 1. Januar 2000 die erforderlichen Aufenthaltszeiten auf 8 Jahre verkürzt (Neuregelung des Grundtatbestandes der Anspruchseinbürgerung in § 85 Abs. 1 AuslG n.F.), dafür aber der Ausschlussgrund der nicht ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache in § 86 Nr. 1 AuslG eingefügt. Mit der Altfallregelung für Ausländer, die bereits vor Einbringung des Gesetzentwurfs in den Deutschen Bundestag die Einbürgerung beantragt hatten, sollten diese von den neuen, teilweise strengeren Einbürgerungsanforderungen verschont bleiben. In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es hierzu:
In Nummer 3 wird ein neuer § 102 a eingefügt, der eine Übergangsregelung für Ausländer vorsieht, die vor dem festgesetzten Stichtag die Einbürgerung beantragt haben. Für sie bleibt es grundsätzlich bei den Regelungen des bisherigen Rechts, außer im Hinblick auf die Ausnahmen vom Grundsatz der Vermeidung von Mehrstaatigkeit, die sich nach dem neuen Recht richten (BTDrucks 14/533 S. 20).
Soweit der Beklagte und der Vertreter des Bundesinteresses der Auffassung sind, dass § 102 a AuslG einschränkend dahin gehend auszulegen sei, dass nur "ausländerrechtlich begründete" Einbürgerungsanträge erfasst würden, bei denen die wesentlichen Anspruchsvoraussetzungen der §§ 85 ff. AuslG a.F. spätestens zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Neuregelung am 1. Januar 2000 bereits erfüllt gewesen seien, kann dem nicht gefolgt werden. Dieser Standpunkt, der zum Teil auch in der Literatur vertreten wird (Renner, Ausländerrecht, Nachtrag "Staatsangehörigkeitsrecht" zur 7. Aufl., Stand: Juni 2000, § 102 a AuslG Rn. 7; wohl auch Hailbronner, in: Hailbronner/Renner, Staatsangehörigkeitsrecht, 3. Aufl., 2001, § 102 a AuslG Rn. 1), setzt voraus, dass zwischen einem Einbürgerungsantrag nach den §§ 85 ff. AuslG und einem solchen nach dem Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG - (seit dem 1. Januar 2000 Staatsangehörigkeitsgesetz - StAG -) unterschieden werden kann, wenn dem Antrag selbst eine solche Differenzierung nicht zu entnehmen ist. Das ist in der Regel nicht der Fall, weil der Ausländer grundsätzlich die Einbürgerung als solche erstrebt, sich auf sämtliche denkbaren Anspruchsgrundlagen stützen und seinen Einbürgerungsantrag nicht beschränken will. Dementsprechend enthält auch das Antragsformular, das der Kläger ausgefüllt hat, keine Angaben zu den Rechtsgrundlagen für die begehrte Einbürgerung. Streitgegenstand ist bei derartigen Verfahren das Begehren auf Einbürgerung, für das verschiedene Anspruchsgrundlagen in Betracht kommen können. Das Eingreifen der Übergangsregelung des § 102 a AuslG kann deshalb nicht mit der Begründung verneint werden, es sei kein Einbürgerungsantrag im Sinne dieser Vorschrift gestellt worden. Dass die Übergangsregelung nur im Ausländergesetz und nicht auch im Staatsangehörigkeitsgesetz enthalten ist und deshalb der Einbürgerungsanspruch nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz auch bei Altanträgen seit dem 1. Januar 2000 nach der neuen Fassung des § 8 StAG zu beurteilen ist, findet seine Erklärung darin, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ermessenseinbürgerung nach dieser Vorschrift nicht in vergleichbarer Weise verschärft worden sind und deshalb kein Bedürfnis für eine Begünstigung von Altantragstellern bestand. Die systematische Betrachtung rechtfertigt deshalb keine Einschränkung der Übergangsregelung des § 102 a AuslG, die sich aus dem Wortlaut ohnehin nicht ergibt.
Auch aus Sinn und Zweck der Übergangsvorschrift lässt sich eine einschränkende Auslegung nicht herleiten. Es mag zwar einiges dafür sprechen und unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten auch vertretbar sein, die Altantragsteller nur dann zu begünstigen, wenn sie etwa bei In-Kraft-Treten der Neuregelung bereits die Anspruchsvoraussetzungen nach altem Recht erfüllten, und damit die künftige Anwendung des alten Rechts auch in zeitlicher Hinsicht zu begrenzen. Diese Erwägungen haben aber im Wortlaut des Gesetzes keinen Niederschlag gefunden, obwohl eine entsprechende Klarstellung angesichts sonstiger präziser Übergangsvorschriften und Stichtagsregelungen gerade im Staatsangehörigkeitsrecht nahe gelegen hätte, wie etwa die Ergänzung um den Halbsatz "sofern die gesetzlichen Voraussetzungen bis zum 31. Dezember 1999 erfüllt waren". Schließlich lässt sich auch der Entstehungsgeschichte kein Hinweis auf eine einschränkende Auslegung entnehmen (vgl. die oben zitierte Begründung des Gesetzentwurfs in BTDrucks 14/533 S. 20). Die jüngste Anpassung der Übergangsregelung durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz zeigt vielmehr, dass der Gesetzgeber selbst von einem weiten, auch noch zwei Jahre später relevanten Anwendungsbereich der Vorschrift ausgeht. Von der Übergangsregelung werden damit grundsätzlich alle vor dem dort genannten Stichtag gestellten, noch anhängigen Einbürgerungsanträge erfasst, unabhängig davon, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Anspruchseinbürgerung nach dem Ausländergesetz alter Fassung zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Neuregelung bereits erfüllt waren (vgl. im Ergebnis auch Urteil vom 17. März 2004 - BVerwG 1 C 5.03 - <juris>; VGH Mannheim, Urteil vom 11. Juli 2002 - 13 S 1111/01 - <juris>; wohl auch Berlit, in: GK-StAR, IV-3 § 102 a AuslG Rn. 19).
Für das Einbürgerungsbegehren des Klägers ist deshalb nach Maßgabe des § 102 a AuslG die alte Rechtslage, also § 86 AuslG a.F. zu Grunde zu legen, der keine deutschen Sprachkenntnisse verlangt. Die Berufungsentscheidung, die zu Unrecht die Neufassung der §§ 85 ff. AuslG zu Grunde gelegt und den Einbürgerungsanspruch wegen mangelnder deutscher Sprachkenntnisse des Klägers verneint hat, kann deshalb keinen Bestand haben.
Der Senat kann nicht abschließend in der Sache entscheiden, weil es zu einzelnen, bisher nicht geprüften Einbürgerungsvoraussetzungen des § 86 AuslG a.F., § 102 a AuslG noch weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf. Allerdings erfüllt der Kläger - wie auch der Beklagte einräumt - inzwischen das Erfordernis eines 15-jährigen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalts im Bundesgebiet nach § 86 Abs. 1 AuslG a.F. Er hat unmittelbar nach seiner Einreise im Mai 1988 einen Asylantrag gestellt, ist unanfechtbar als Asylberechtigter anerkannt worden und seit 1992 im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis. Da die Zeit des Asylverfahrens nach § 55 Abs. 3 AsylVfG auf die Dauer seines rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalts im Bundesgebiet anzurechnen ist, hat er im Mai 2003 die erforderliche Aufenthaltszeit erreicht. Diese allein durch Zeitablauf eingetretene unstreitige neue Sachlage kann auch im Revisionsverfahren berücksichtigt werden, da dies einer endgültigen Erledigung des Rechtsstreits dient (vgl. z.B. Urteile vom 17. März 2004 - BVerwG 1 C 5.03 - <juris> und vom 20. Februar 2001 - BVerwG 9 C 20.00 - BVerwGE 114, 16 <25> m.w.N.). Schließlich erfüllt der Kläger als Inhaber einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis auch das Erfordernis des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis nach § 86 Abs. 3 i.V.m. § 85 Abs. 2 Satz 1 AuslG a.F. Hinsichtlich der Voraussetzung des § 86 Abs. 1 Nr. 1 AuslG a.F. (Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit) gilt für das Absehen von dieser Voraussetzung durch Hinnahme der Mehrstaatigkeit nach der ausdrücklichen Regelung in § 102 a AuslG das neue Recht. Hiernach erfüllt der Kläger als politisch Verfolgter im Sinne von § 51 AuslG die Voraussetzungen für eine Hinnahme der Mehrstaatigkeit nach § 87 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 6 AuslG n.F. Zu den weiteren Voraussetzungen der Straffreiheit und der Unterhaltsfähigkeit des Klägers nach § 86 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 AuslG a.F. fehlt es dagegen bisher ebenso an Feststellungen wie zum Nichtvorliegen der Ausschlussgründe nach § 86 Nrn. 2 und 3 AuslG n.F., die nach § 102 a AuslG auch in Altfällen anwendbar sind. Dies wird das Berufungsgericht bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung zu klären haben.
Da der Kläger gegebenenfalls bereits einen Anspruch auf erleichterte Einbürgerung nach dem Ausländergesetz hat und deshalb mit seinem Hauptantrag auf Verpflichtung der Beklagten zur Einbürgerung Erfolg haben kann, braucht auf die Frage, ob er auch einen Anspruch auf erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Einbürgerungsantrag nach § 8 StAG hätte, nicht eingegangen zu werden.