Beschluss vom 20.12.2017 -
BVerwG 8 B 15.17ECLI:DE:BVerwG:2017:201217B8B15.17.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 20.12.2017 - 8 B 15.17 - [ECLI:DE:BVerwG:2017:201217B8B15.17.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 15.17

  • VG Berlin - 23.02.2017 - AZ: VG 29 K 198.15

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. Dezember 2017
durch
die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Held-Daab und Dr. Rublack und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Seegmüller
beschlossen:

  1. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 23. Februar 2017 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Klägerin macht vermögensrechtliche Ansprüche wegen des verfolgungsbedingten Verlustes der Beteiligungen der Eheleute Martha und Dr. Ernst von S. sowie von Dr. Arthur von W. an der D. AG geltend, die ihren Sitz bis zum 8. Mai 1945 in B. hatte. Die Beklagte lehnte die Anträge mit Bescheid vom 23. Juni 2015 ab. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte verpflichtet, die Berechtigung der Klägerin hinsichtlich der Beteiligungen der Genannten an der D. AG festzustellen.

2 Die auf den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Eine Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts liegt nur vor, wenn sich die Vorinstanz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem ihre Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz zu einem in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Widerspruch gesetzt hat (BVerwG, Beschlüsse vom 3. Juni 2008 - 9 BN 3.08 - juris Rn. 2 und vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 3 m.w.N.). Einen solchen Widerspruch von Rechtssätzen zeigt die Beklagte nicht auf.

3 Entgegen der Ansicht der Beklagten hat das Bundesverwaltungsgericht in seinen Entscheidungen vom 24. November 2004 - 8 C 15.03 - (BVerwGE 122, 219) und vom 28. November 2007 - 8 C 12.06 - (Buchholz 428 § 30 VermG Nr. 41) nicht den Rechtssatz aufgestellt, eine Bezugnahme auf Akten erfülle dann die Voraussetzungen einer wirksamen Anmeldung nach §§ 30, 30a VermG, wenn bereits die Bezeichnung der Akte einen Hinweis auf den Vermögenswert und seine Schädigung gebe und dieser Vermögenswert in der Akte selbst gegenständlich und örtlich bestimmt werde. Das Bundesverwaltungsgericht hat in den von der Beklagten zitierten Urteilen ausgeführt, dass ein Vermögensgegenstand nur dann wirksam nach § 30 Abs. 1 und § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG angemeldet ist, wenn die Anmeldung selbst oder die darin in Bezug genommenen Akten und Unterlagen zu ihm hinführen. Insoweit sei nicht erforderlich, dass die Anmeldung selbst die erforderlichen Angaben zur Individualisierbarkeit der Vermögenswerte enthalte. Es genüge vielmehr, dass diese sich aus Akten und Unterlagen ergebe, auf die in der Anmeldung verwiesen worden sei (vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 2004 - 8 C 15.03 - BVerwGE 122, 219 LS2 und S. 226, 228 f. und vom 28. November 2007 - 8 C 12.06 - Buchholz 428 § 30 VermG Nr. 41, Rn. 17). Dies setze voraus, dass die in Bezug genommenen Akten zu einem Schädigungstatbestand und einem bestimmten Vermögenswert hinführen (BVerwG, Urteil vom 28. November 2007 - 8 C 12.06 - Buchholz 428 § 30 VermG Nr. 41, Rn. 26).

4 Dazu genügt nach den angeblichen Divergenzentscheidungen, dass der Gegenstand der Akten ein Entziehungs- oder Schädigungstatbestand hinsichtlich eines bestimmten feststellbaren Vermögenswerts eines jüdischen Eigentümers ist und der angemeldete Vermögenswert in dem örtlichen Zuständigkeitsbereich des jeweiligen Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen belegen sein kann (BVerwG, Urteil vom 28. November 2007 - 8 C 12.06 - Buchholz 428 § 30 VermG Nr. 41, Rn. 23 und 26). Für andere Vermögenswerte als Grundstücke hat das Bundesverwaltungsgericht dazu auch zuletzt in der genannten Entscheidung keine örtliche Konkretisierung in den in Bezug genommenen Akten gefordert.

5 Von diesen Rechtssätzen ist das Verwaltungsgericht nicht abgewichen. Soweit es ausgeführt hat, die wirksame Anmeldung einer Unternehmensbeteiligung setze jedenfalls, wenn es um börsennotierte, im Handbuch der Aktiengesellschaften verzeichnete Unternehmen gehe, nicht zwingend voraus, dass sich die Belegenheit des Vermögenswertes aus einer in einer Globalanmeldung in Bezug genommenen Akte ergebe, ist diese Aussage mit der oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vereinbar. Denn hiernach kommt es nur darauf an, dass der geschädigte Vermögenswert sich anhand der Hinweise in den in Bezug genommenen Akten feststellen lässt. Insbesondere bei Grundstücken sind hierfür räumliche Konkretisierungselemente regelmäßig unabdingbar. Auf Aktien börsennotierter Unternehmen trifft dies jedoch nicht zu.

6 Im Übrigen ergibt sich der Sitz der D. AG aus der vom Verwaltungsgericht beigezogenen und in Bezug genommenen Rückerstattungsakte. In zwei in dieser Akte befindlichen Schreiben vom 28. August 1954 und 18. November 1954 wird auf den Sitz der D. AG in B. verwiesen. Das Urteil würde sich daher in dem von der Beklagten kritisierten Punkt selbst dann als richtig erweisen, wenn man ihrer Rechtsansicht folgte.

7 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.