Beschluss vom 21.02.2024 -
BVerwG 9 PKH 3.23ECLI:DE:BVerwG:2024:210224B9PKH3.23.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 21.02.2024 - 9 PKH 3.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:210224B9PKH3.23.0]
Beschluss
BVerwG 9 PKH 3.23
In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. Februar 2024
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bick, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Schübel-Pfister
beschlossen:
Der Antrag des Klägers, ihm für zwei Anhörungsrügen gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. August 2023 - 9 B 9.23 - Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
1 Dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für die - auch auf eine spätere Tatbestandsberichtigung und Entscheidungsergänzung abzielenden - Anhörungsrügen gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. August 2023 war nicht zu entsprechen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 121 Abs. 1 ZPO). Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss über die Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
2 Der Kläger trägt vor, der Senat habe im Tatbestand seines Beschlusses die Eintragung des - der Erschließung seines Grundstücks dienenden - Stichwegs im Baulastenverzeichnis der Hansestadt Wismar übergangen, obwohl es auf das nichtöffentliche Eigentum an einem althergebrachten öffentlichen Weg für die Frage der Straßenreinigungsgebühren entscheidungserheblich angekommen sei. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hätte das Bundesverwaltungsgericht schon deshalb nicht verneinen dürfen, weil eine "innerprozessuale Bindung" an die Berufungszulassung und das Berufungsurteil bestehe; insoweit fehle es auch an einer (erneuten) Anhörung des Klägers zu den Einlassungen der Beklagten im Beschwerdeverfahren. Die Einbeziehung der Baulast in die Revisionszulassung werde das Gesamtergebnis einer nicht reinigungspflichtigen Verkehrsfläche widerlegen.
3 Mit diesem Vorbringen hat der Kläger eine entscheidungserhebliche Verletzung seines Gehörsrechts nicht aufgezeigt (§ 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO). Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395 <409>). Das Gericht ist aber nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen; erst recht ist es nicht gehalten, der Rechtsansicht einer Partei zu folgen. Deshalb ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nur dargetan, wenn sich im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände klar ergibt, dass das Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder ersichtlich nicht erwogen worden ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Februar 2021 - 1 BvR 242/21 - juris Rn. 6 m. w. N.). Hierfür bestehen keine Anhaltspunkte.
4 In der Nichterwähnung der Eintragung in das Baulastverzeichnis liegt kein Gehörsverstoß. Anders als das Urteil des Oberverwaltungsgerichts enthält der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts keinen Tatbestand; es bestand auch keine Veranlassung dazu, den von der Vorinstanz gewürdigten Aspekt der Eintragung in das Baulastverzeichnis gesondert anzusprechen. In der Sache geht es dem Kläger vielmehr um die inhaltliche Korrektur einer von ihm für falsch gehaltenen Entscheidung, der das Verfahren der Anhörungsrüge - ebenso wie das Verfahren der Tatbestandsberichtigung - nicht dient (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. April 2018 - 2 C 36.16 - NVwZ-RR 2018, 592 Rn. 8).
5 Zudem verkennt der Kläger den Prüfungsumfang und den Prüfungsmaßstab, den der Senat bei der Entscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde zu legen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2014 - 5 PKH 51.13 - juris Rn. 4). Die Beschwerdebegründung muss den gesetzlichen Darlegungsanforderungen nach § 133 Abs. 3 VwGO entsprechen; auf dieses fristgebundene Vorbringen ist das Bundesverwaltungsgericht bei seiner inhaltlichen Überprüfung beschränkt. Dementsprechend bestand hier für eine (erneute) Anhörung des Klägers im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde keine Veranlassung. Wie der Senat ausgeführt hat, war die Beschwerde nicht gemäß den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO begründet worden; ein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO ließ sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen. Wegen der Fristbindung nach § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO konnte auch die Ankündigung einer weiteren Stellungnahme im Schriftsatz vom 15. August 2023 der Beschwerde nicht zur Zulässigkeit verhelfen. Das Bundesverwaltungsgericht ist bei der Beurteilung der Frage, ob der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommt, auch nicht an die vorangegangene Berufungszulassung durch das Oberverwaltungsgericht gebunden, sondern hat darüber eigenständig zu entscheiden (vgl. Berlit, in: BeckOK VwGO, Stand 1. Juli 2022, § 132 Rn. 22.2). Hier hatte das Berufungsgericht die Berufung im Übrigen nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung, sondern wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils zugelassen.